Vollstreckung aus Zwangsgeld - Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

  • Hallo zusammen,
    gegen die nun ehemaligen Betreuerin habe ich ein Zwangsgeld über 1.000 € festgesetzt wg. Nichteinreichung von Jahresbericht und Rechnungslegung. Nach Eintritt der Rechtskraft (Sache war auf ihre Beschwerde beim LG) hat die Betreuerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Auf ihren Antrag hin habe ich entsprechend Fristverlängerung bewilligt. Nach Ablauf dieser Frist habe ich letzte Woche eine Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen und ihr Konto gepfändet (harte Maßnahme, ich weiß; war aber nötig und angemessen), da sie sich nicht gemeldet geschweige denn die Unterlagen eingereicht hat.
    Nun geht eine weitere Anschluss-AU ein: weiter bis Mitte Juli arbeitsunfähig erkrankt.
    Wie geh ich nun vor? Ehem. Betreuerin anschreiben und mitteilen, dass deine AU die Vollstreckung nicht „hindert“? Oder drauf eingehen und dem DS mitteilen, dass zunächst auf die Rechte aus dem PÜ verzichtet wird? Ich hatte so einen Fall noch nie und würde mich freuen, wenn jemand Rat wüsste.
    Danke Euch!

  • Kann es sein, dass die Betreuerin wegen Ihrer Arbeitsunfähigkeit den Bericht und die Rechnungslegung nicht erstellen kann? In diesem Fall würde das Zwangsgeld nichts bringen.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde mir von solchen "Problembetreuern" auch regelmäßig vorgelegt. Ich meine, die nicht akzeptieren zu müssen, da ich nicht der Arbeitgeber der Betreuer bin. Erschwerend kommt hinzu, dass sich aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht ergibt, welche Erkrankung tatsächlich vorliegt. Zudem werden in unserem Bezirk von einigen "amtsbekannten" Ärzten regelmäßig Gefälligkeitskrankschreibungen erstellt. Daher halte ich den Beweiswert einer solchen Bescheinigung im Zwangsgeldverfahren für gering.

    Ich sehe von der Zwangsgeldvollstreckung nur ab, wenn der Betreuer durch aussagekräftige Unterlagen nachweist, dass er der Pflicht nicht nachkommen kann (ich orientiere mich hierbei an den Voraussetzungen des § 275 BGB). Entsprechende Belege werden natürlich außerhalb der Verfahrensakte in einer Sonderakte verwahrt, die dem besonderen Datenschutz unterliegt.

  • Kann es sein, dass die Betreuerin wegen Ihrer Arbeitsunfähigkeit den Bericht und die Rechnungslegung nicht erstellen kann? In diesem Fall würde das Zwangsgeld nichts bringen.

    Die Antwort ist eindeutig: nein.

    Dann würde ich weiter vollstrecken und festsetzen bis die gewünschten Handlungen von der Betreuerin vorgenommen wurden.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Ok, danke für Eure Rückmeldungen. :daumenrau
    Aber muss ich der ehem. Betreuerin doch zumindest auf die eingereichte AU antworten, dass diese die ZV nicht hindert und ggf. aussagekräftige Unterlagen vorgelegt werden mögen, aus denen sich ergibt, dass ihr die Erstellung/Vorlage der Unterlagen aktuell unmöglich ist? Hinweis bzw. Belehrung auf die Möglichkeit der Erinnerung gegen den PÜ muss ich ja nicht geben, oder?

  • Einem an „Burn-Out“ erkrankten ehemaligen Betreuer kannst du Zwangsgeld auf Zwangsgeld festsetzen und vollstrecken können. Er wird, so lange er erkrankt ist, keinen Bericht erstellen und keine sinnvolle Rechnungslegung erstellen können. Er kann es einfach nicht. Und das müssen wir als Gericht ggf. auch akzeptieren.

    Hast du noch nie einen Kollegen gehabt, der einfach nicht mehr kann. Den kannst du jeden Tag ins Büro setzen. Er wird nicht eine Akte bearbeiten können. Auch hier besteht eine Verpflichtung des Kollegen, jeden Tag ein Pensum an Akten zu bearbeiten. Und was macht der Arbeitgeber? Zwangsgelder festsetzen und vollstrecken?

    Wenn der ehemalige Betreuer schlau ist, dann legt er dir irgendetwas vor, was er mit Bericht und Rechnungslegung umschreibt. Dann bist du m.E. mit deinen Mitteln (Zwangsgeldfestsetzung und -Vollstreckung) am Ende. Der Betreuer ist dann nämlich seiner Pflicht -wenn auch nur unvollständig- nachgekommen. Dir bleibt dann nur der Prüfungsvermerk.

    Was sagt den der neue Betreuer?

    Ich glaube, dass im Handbuch Betreuungsrecht zu diesem Problemfeld ausgeführt wird, dass der Betroffene bzw. dann neue Betreuer einen zivilrechtlichen Anspruch gegen den ehemaligen Betreuer auf ordnungsgemäße Rechnungslegung hat und diesen ggf. auch auf dem Zivilrechtsweg einklagen kann. Ggf. Kommt dort dann ein vollstreckbares Urteil raus und nicht nur ein nicht zum Ziel führendes Zwangsgeld.


  • Ich glaube, dass im Handbuch Betreuungsrecht zu diesem Problemfeld ausgeführt wird, dass der Betroffene bzw. dann neue Betreuer einen zivilrechtlichen Anspruch gegen den ehemaligen Betreuer auf ordnungsgemäße Rechnungslegung hat und diesen ggf. auch auf dem Zivilrechtsweg einklagen kann. Ggf. Kommt dort dann ein vollstreckbares Urteil raus und nicht nur ein nicht zum Ziel führendes Zwangsgeld.

    Das stimmt zwar, verlagert das Problem aber nur. Wenn ich mein Zwangsgeldverfahren einstelle, der neue Betreuer (mutmaßlich erfolgreich) auf Auskunftserteilung klagt und der bisherige Betreuer (warum auch immer) weiterhin die Rechnungslegung verweigert, landen wir ganz schnell bei § 888 ZPO. Damit ist dem ehemaligen Betreuer nun auch nicht geholfen.

    Daher stelle ich mein Zwangsgeldverfahren nur bei nachgewiesener Unmöglichkeit i.S.d. § 275 BGB ein (darunter könnte man wohl auch ein ordentlich nachgewiesenes "Burn-Out" packen). In diesem Fall dürfte auch eine zivilrechtliche Klage gegen den ehemaligen Betreuer scheitern und es muss tatsächlich nichts mehr vorgelegt werden.

    Stelle ich mein Zwangsgeldverfahren voreilig ein und verweise den Betroffenen auf den Klageweg, verursache ich diesem eventuell vermeidbare Gerichts- und Rechtsanwaltskosten.

  • So, ich hole mein Thema nochmal hoch. Die Betreuerin hat nun weiterhin vorgetragen, dass sie an einer Spinalkanalstenose leidet, aber die dringend notwendige Operation wegen akuter Herzbeschwerden abgesagt werden musste. Darüber hinaus reicht sie noch einen Überweisungsschein Ihres Hausarztes an die Kardiologie ein; Befund: zunehmende Minderbelastung und Beinödeme, Schulter-Arm-Syndrom rechts. Aus einem Arztbrief ist noch ersichtlich: transitorische ischämische Attacke (wohl Anzeichen für erhöhtes Schlaganfallrisiko), arterielle Hypertonie, KHK mit Zustand nach 2-facher Stenteinlage.
    Tja und nu? Reicht das um von "Unmöglichkeit" auszugehen? Die Betreuerin ist Ende 70.
    Ich kenne mich überhaupt nicht mit § 275 BGB aus und brauche daher ein bisschen Unterstützung. Vom Gefühl her würde ich sagen, dass "bei ihr nichts mehr zu holen" ist, weil sie es einfach nicht mehr "hinkriegt". In den letzten beiden Jahren haben sich Erinnerungen, Fristverlängerungsanfragen etc. sehr gehäuft und es kamen immer wieder irgendwelche Ausreden und Erklärungen, warum etwas nicht vorgelegt werden konnte. Lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, wenn ich nach den nun vorgetragenen Diagnosen/Erkrankungen von "Unmöglichkeit" ausgehe?
    Danke Euch!

  • Meines Erachtens sind hier die Voraussetzungen für das Absehen gegeben. Es ist in der Gesamtschau einfach zuviel, Alter, gesundheitliche Einschränkungen.

    Ich hege gewisse Zweifel, ob das Absehen von der Rechnungslegung hier tatsächlich gerechtfertigt ist.

    Es handelt sich nicht um einen der "typischen" Fälle, in denen (ehemalige) Betreuer wegen Burnout/Depression zu kaum noch etwas in der Lage sind.

    Hier liegen "nur" körperliche Diagnosen vor, mit denen man sich näher befassen müsste.

    Bluthochdruck und erhöhtes Schlaganfallrisiko sind im Alter nichts Ungewöhnliches, Stents haben auch viele, Beinödeme gleichfalls. Diese Diagnosen stehen m. E. schriftlichen Tätigkeiten nicht entgegen.

    Schwerwiegender sind natürlich die Probleme mit der Wirbelsäule und dem Herz sowie das Schulter-Arm-Syndrom.

    In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob rechtlich ggf. die Verpflichtung der (ehemaligen) Betreuerin besteht, sich bei der Erstellung von Jahresbericht und Rechnungslegung helfen zu lassen, wenn ihr das (längere) Schreiben wegen des Schulter-Arm-Syndroms z. B. nicht mehr möglich sein sollte? :gruebel: Sie müsste dann den nach Diktat gefertigten Jahresbericht und die nach ihren Unterlagen erstellte Rechnungslegung nur noch unterschreiben.

  • In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob rechtlich ggf. die Verpflichtung der (ehemaligen) Betreuerin besteht, sich bei der Erstellung von Jahresbericht und Rechnungslegung helfen zu lassen, wenn ihr das (längere) Schreiben wegen des Schulter-Arm-Syndroms z. B. nicht mehr möglich sein sollte? :gruebel: Sie müsste dann den nach Diktat gefertigten Jahresbericht und die nach ihren Unterlagen erstellte Rechnungslegung nur noch unterschreiben.

    Den Ansatz finde ich bedenkenswert. Kann ein ehem. Betreuer, der zwar in der Lage ist die für die Erstellung der RL und des Schlussberichts erforderliche "geistige" Tätigkeit zu leisten, aber körperlich nicht dazu in der Lage ist, diese auch zu Papier zu bringen und die Unterlagen zusammenzustellen darauf verwiesen werden, für diese Tätigkeit Hilfe in Anspruch zu nehmen?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Unabhängig von der Zwangsgelderhebung lege ich solche Akten auf jeden Fall dem Richter vor zur Prüfung der Geeignetheit des Betreuers.

    Es geht ja letztlich nicht nur um die Rechnungslegung, sondern man muss sich fragen, inwieweit der Betreuer überhaupt noch seinen Verpflichtungen nachkommt.

    Sei nett zu Tieren, du könntest selbst eins sein. (Norbert Blüm)

  • Das ist richtig, aber hier geht es ja schon um eine ehemalige Betreuerin.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Unabhängig von der Zwangsgelderhebung lege ich solche Akten auf jeden Fall dem Richter vor zur Prüfung der Geeignetheit des Betreuers.

    Es geht ja letztlich nicht nur um die Rechnungslegung, sondern man muss sich fragen, inwieweit der Betreuer überhaupt noch seinen Verpflichtungen nachkommt.

    Sie hatte nur noch 2 Verfahren und ist nun in beiden entlassen. :daumenrau

  • In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob rechtlich ggf. die Verpflichtung der (ehemaligen) Betreuerin besteht, sich bei der Erstellung von Jahresbericht und Rechnungslegung helfen zu lassen, wenn ihr das (längere) Schreiben wegen des Schulter-Arm-Syndroms z. B. nicht mehr möglich sein sollte? :gruebel: Sie müsste dann den nach Diktat gefertigten Jahresbericht und die nach ihren Unterlagen erstellte Rechnungslegung nur noch unterschreiben.

    Den Ansatz finde ich bedenkenswert. Kann ein ehem. Betreuer, der zwar in der Lage ist die für die Erstellung der RL und des Schlussberichts erforderliche "geistige" Tätigkeit zu leisten, aber körperlich nicht dazu in der Lage ist, diese auch zu Papier zu bringen und die Unterlagen zusammenzustellen darauf verwiesen werden, für diese Tätigkeit Hilfe in Anspruch zu nehmen?

    Ja, genau. Gute Frage. :confused: Mal das Wochenende drüber schlafen.
    Danke für Eure Denkanstöße! :)

  • In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob rechtlich ggf. die Verpflichtung der (ehemaligen) Betreuerin besteht, sich bei der Erstellung von Jahresbericht und Rechnungslegung helfen zu lassen, wenn ihr das (längere) Schreiben wegen des Schulter-Arm-Syndroms z. B. nicht mehr möglich sein sollte? :gruebel: Sie müsste dann den nach Diktat gefertigten Jahresbericht und die nach ihren Unterlagen erstellte Rechnungslegung nur noch unterschreiben.

    Den Ansatz finde ich bedenkenswert. Kann ein ehem. Betreuer, der zwar in der Lage ist die für die Erstellung der RL und des Schlussberichts erforderliche "geistige" Tätigkeit zu leisten, aber körperlich nicht dazu in der Lage ist, diese auch zu Papier zu bringen und die Unterlagen zusammenzustellen darauf verwiesen werden, für diese Tätigkeit Hilfe in Anspruch zu nehmen?

    Natürlich, wieso sollte man das nicht verlangen können.

    Ich gehe doch auch davon aus, das er sich selbst eine Brille besorgt, wenn er nichts mehr sieht
    (Ich weiß das das überspitzt und nicht das selbe ist, aber das selbe Prinzip schon)

  • Guten Morgen,
    also ich ab jetzt mal den Palandt bei § 275 BGB gewälzt und gefunden (RN23ff): „Subjektive Unmöglichkeit ist gegeben, wenn der Schuldner zur Leistung außerstande ist. Das Leistungshindernis muss unüberwindbar sein, während ein Dritter die Leistung erbringen könnte. Abs. I. ist nur anwendbar, wenn der Schuldner auch zur Beschaffung oder Wiederbeschaffung und zwar auch unter Mithilfe Dritter nicht in der Lage ist.“ Verwiesen wird auf BGH NJW 13, 152 - die Entscheidung habe ich nur überflogen, dabei geht’s um einen Domain-Namen, ich versteh‘s nicht ganz. :oops:
    Also ich werde die ehemalige Betreuerin nochmal unter Verweis auf Palandt anschreiben, bin mir – ich kenne sie nun schon sehr lange – aber relativ sicher, dass sie sich der Hilfe von Dritten nicht bedienen wird. Ich warte auf eine Reaktion und werde dann bestimmt weiter berichten. :cool:

  • Guten Morgen,
    auf mein Anschreiben hat die bisherige Betreuerin mit einem weiteren Fristverlängerungsantrag nebst weiterer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reagiert. Dies beides ist – so hatte ich es ihr auch schon angekündigt – für mich unbeachtlich, die Frist für die Festsetzung des nächsten Zwangsgeldes ist auch nun abgelaufen. Innerhalb der Frist wurde mir allerdings auch noch ein Arztbericht vorgelegt (vom Arzt direkt). Dieser berichtete ausführlich über die für mich grds. unbeachtlich körperlichen Einschränkungen – gegen Ende führt er allerdings aus, dass die ehem. Betreuerin unter „erheblicher Minderung der Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit bezüglich administrativer Tätigkeiten“ leidet.
    Bislang habe ich ja den Standpunkt vertreten, dass die ehem. Betreuerin geistige Tätigkeiten erledigen und – mit Hilfe z. B. einer Schreibkraft – die Schlussrechnungslegung erstellen und vorlegen kann. Da der Arzt sich aber jetzt so geäußert hat, bin ich nun tatsächlich geneigt, die Sache (Festsetzung weiterer Zwangsgelder, Weiterverfolgung der Einreichung der SRL) ruhen zu lassen.
    Was meint Ihr, ist das vertretbar?
    Vielen Dank!

  • "erheblicher Minderung der Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit bezüglich administrativer Tätigkeiten"

    ich muss ehrlich sagen: WOW, das ist mal nett geschrieben.

    Daher auch die Frage dazu: Welcher Facharzt hat diese Formulierung gewählt- das klingt für mich eher nach einem Gefälligkeitsattest des Hausarztes...

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