fremdfinanzierter Erwerb von Beteiligungsrechten an einem Bürgerwindpark

  • Hallo zusammen,
    im Jahresbericht für 2016 – 2021 (Akte war verfächert) wurde von Vater = Betreuer angegeben, dass der sein Sohn Mitgesellschafter einer Bürgerwindpark GmbH &. Co. KG geworden ist. Weitere vom Betreuer eingeholte Informationen bzw. eigene Recherchen haben ergeben was folgt:
    Der Betreute ist als Kommanditist mit einer Einlage von 75.000 € der GmbH & Co. KG im HR eingetragen. Aus den vorherigen Jahresberichten ergibt sich, dass der Betreute bis 2016 Vermögen knapp über dem Schonbetrag hatte. Der Vater/Betreuer hat in Höhe von 10.000 € aus seinem Vermögen eine Schenkung an den Betreuten vorgenommen und bzgl. der restlichen 65.000 € in Vertretung seines Sohnes einen Kredit bei einer Sparkasse aufgenommen zu 1,450% Jahreszins und einer jährlichen Tilgungsrate von ca. 7.030 €. Das Darlehen ist befristet bis Ende Juni 2028, Sondertilgungen sind möglich und als Sicherheit ist der Vater/Betreuer Bürge.
    Aus einer vom Betreuer vorgelegten tabellarischen Übersicht ergeben sich die jährlichen Ausschüttungen wie folgt:

    1. 2017: 3.345 €
    2. 2018: 3.750 €
    3. 2019: 6.750 €
    4. 2020: 9.000 €
    5. 2021: 10.500 €


    Festzustellen ist also, dass ab 2020 die jährliche Ausschüttung die jährliche Tilgungsrate übersteigt.
    Aus weiteren Spalten dieser Tabelle ergibt sich, dass ab 2019 die tatsächlichen Ausschüttungen die prognostizierten Ausschüttungen teils deutlich übersteigen.
    Aus einem nachgereichten „Vermögensanlage-Informationsblatt (VIB)“ ergibt sich zunächst: „Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.“ (dick und fett als „Obersatz“). Es folgen viele verschiedene Informationen, die ich hier nicht darstellen, aber ggf. gern via PN übersenden kann.
    Meine Frage ist jetzt natürlich ob Kredit und Erwerb von Beteiligungsrechten an der Gesellschaft genehmigungsfähig sind.
    Der Betreute hat das Down-Syndrom. Ich habe ihn im Rahmen des VTs schon mal kennen gelernt. Einfache Sachverhalte versteht er und kann auch seinen Interessen entsprechend Stellung nehmen; diese Angelegenheit wird er nicht verstehen können, ich würde einen Verfahrenspfleger (Fachanwalt für Gesellschaftsrecht?) bestellen.

    Ach, eins noch: Der Vater/Betreuer ist ein (einzelvertretungsberechtigter) Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH, diese als phG der KG. Besteht insoweit sogar ein Interessenkonflikt und/ oder Vertretungsausschluss? Ich krieg’s grad im Kopf nicht sortiert… In den vorgelegten Unterlagen zum (ich sag mal unjuristisch) "Eintritt in die Gesellschaft" haben immer alle 3 je einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH unterschrieben.

    Herzlichen Dank für Eure Unterstützung!

  • Da ist alles mit dabei, Vertretungsausschluss, Insichgeschäft, fehlende Genehmigung (wie ist das denn bitte zum HR angemeldet worden?!), ggf. auch Straftatbestände (Untreue).

    Aber einen Fachanwalt für Gesellschaftsrecht würde ich nicht nehmen - die gesellschaftsrechtlichen Tatbestände (Eintritt in die KG) sind für sich betrachtet vollkommen unproblematisch. Problematisch ist, ob sie dem Interesse des Betreuten dienen oder nicht.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Also aus den mir vorliegenden bzw. für mich einsehbaren HR-Unterlagen ergibt sich an keiner Stelle, dass der Sohn unter Betreuung steht und sein Vater der Betreuer ist. Der Betreute hat immer brav alles mit unterschrieben und gut. :(
    Ich dachte an den Fachanwalt, weil dieser doch bestimmt, viel besser als ich (mit HR noch nie was zu tun gehabt), beurteilen kann, ob der Erwerb der Beteiligungsrecht für den Betreuten (wirtschaftlich) sinnvoll ist oder nicht... oder bin ich da aufm Hozweg? :oops:

  • Der Betreute hat immer brav alles mit unterschrieben und gut. :(

    Also wenn der Vater im Nahmen der Gesellschaft und der Sohn im eigenen Namen gehandelt hat, stellt dich die Frage nach dem Insichgeschäft und der Genehmigung nicht mehr. Sofern der Betreute geschäftsfähig ist, kann er Verträge schließen wie er will. Das Betreuungsgericht steht dann hilflos daneben und kann nur zuschauen.

  • Der Betreute hat immer brav alles mit unterschrieben und gut. :(

    Also wenn der Vater im Nahmen der Gesellschaft und der Sohn im eigenen Namen gehandelt hat, stellt dich die Frage nach dem Insichgeschäft und der Genehmigung nicht mehr. Sofern der Betreute geschäftsfähig ist, kann er Verträge schließen wie er will. Das Betreuungsgericht steht dann hilflos daneben und kann nur zuschauen.

    Wie gesagt, der Betreute hat das Down-Syndrom, ich halte ihn nicht für geschäftsfähig. GdB 100% und der Gutachter hat ausgeführt: "Der Betreute ist in seiner natürlichen Willensbildung gestört und es besteht eine große Gefahr, dass durch selbständig getroffene Entscheidungen er sich in allen Bereichen des täglichen Lebens massiv schädigen kann."

  • Gut, dass du ihn für geschäftsunfähig hältst, ging aus dem bisherigen Post nicht hervor. Nach den von dir zitierten gutachterlichen Feststellungen könnte der Vertrag ohnehin (mangels Geschäftsfähigkeit des einen Geschäftspartners) unwirksam sein. Dann würde sich doch ohnehin die Frage einer Ergänzungsbetreuung für Nachgenehmigung oder Rückabwicklung der Verträge stellen....

    Damit du über eine Genehmigung entscheiden kannst, brauchst du ja erstmal einen wirksamen Vertrag. Daher wird erst einmal ein Ergänzungsbetreuer zu bestellen sein, dieser hat über die Bestätigung der Verträge zu entscheiden und erst danach kommt eventuell dein Genehmigungsverfahren.

  • Die Frage, um die sich doch alles dreht ist: wurde der Betroffene bei Vertragschluss durch den Betreuer vertreten. ja. Oder nein?

    Liegt keine Vertreterhandeln vor, ist das Betreuungsgericht außen vor. Dann hat der Betroffene ausschließlich alleine gehandelt. Geschäftsfähigkeit wird vermutet. Die angeordnete Betreuung hat keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit. Die ganze Sache geht dann das Betreuungsgericht nichts an.

    Liegt ein Vertreterhandeln vor, dann könnt ihr das ganz große Fass aufmachen und alle Register ziehen (Insichgeschäft, Genehmigungsverfahren, Verfahrenspfleger, …). Ungemütlich wird es für das gesamte Geschäft (Darlehensaufnahme, gesellschaftsrechtliche Beteiligung, Registereintragung) dann, wenn der Betroffene geschäftsunfähig ist. Dann muss aber ein Gutachten her. Die bloße Aussage „ich halte den Betroffenen für geschäftsunfähig“ reicht hier nicht aus. Zumal die Feststellung der Nichtigkeit der gesamten Verträge in der Zuständigkeit des Zivilgerichts liegt. Hier hat das Betreuungsgericht nichts zu sagen.

    Aber die Grundfrage ist: lag überhaupt ein Vertreterhandeln vor? Ja? Oder nein?

  • Die Frage, um die sich doch alles dreht ist: wurde der Betroffene bei Vertragschluss durch den Betreuer vertreten. ja. Oder nein?

    Offenbar nein, siehe #3.

    ....Ungemütlich wird es für das gesamte Geschäft (Darlehensaufnahme, gesellschaftsrechtliche Beteiligung, Registereintragung) dann, wenn der Betroffene geschäftsunfähig ist. Dann muss aber ein Gutachten her. Die bloße Aussage „ich halte den Betroffenen für geschäftsunfähig“ reicht hier nicht aus. Zumal die Feststellung der Nichtigkeit der gesamten Verträge in der Zuständigkeit des Zivilgerichts liegt. Hier hat das Betreuungsgericht nichts zu sagen. ...

    M. E. hat hier das Betreuungsgericht durchaus etwas zu sagen.

    Es muss sich positionieren, ob zur Prüfung der Rückabwicklung der Verträge ein Ergänzungsbetreuer bestellt wird. Bei entsprechenden Zweifeln an der Wirksamkeit der Rechtsgeschäfte im Hinblick auf das Betreuungsgutachten und den persönlichen Kontakt zum Betroffenen sollte der Rechtspfleger die Akte zur entsprechenden Prüfung dem zuständigen Betreuungsrichter vorlegen.

    Gerade im vorliegenden Fall wird der involvierte Vater als Betreuer wohl kaum eine zivilgerichtliche Prüfung auf Wirksamkeit der Veträge herbeiführen.

  • Bei entsprechenden Zweifeln an der Wirksamkeit der Rechtsgeschäfte im Hinblick auf das Betreuungsgutachten und den persönlichen Kontakt zum Betroffenen sollte der Rechtspfleger die Akte zur entsprechenden Prüfung dem zuständigen Betreuungsrichter vorlegen.

    Wir machen uns aber keine Gedanken über eine evtl. Genehmigungsfähigkrit bzw. zum Inhalt der Beteiligungsrechte. Wir machen uns derzeit allenfalls Gedanken über eine evtl. Rückabwicklung und deshalb über eine evtl. richterliche Anordnung einer Ergänzugsbetreuung.

  • Guten Morgen und danke für Eure Rückmeldungen!

    Zur Frage der Geschäftsfähigkeit kann ich noch weiter aus dem eingeholten Gutachten zitieren: Das Datum, den Wochentagsnamen und das Jahr konnte der Betroffene nicht nennen. Auch sein Geburtsdatum konnte er nicht sagen. Er meinte, er sei 20 Jahre alt. Er hat die Hauptschule besucht. Der Betreute arbeitet aktuell in den Werkstätten. Der Betreute selbst gab an, nicht rechnen zu können und dass er es mit Schreiben und Lesen sehr schwer hätte.
    Als Befund gab der SV an: Es bestehen Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen. Das Sprachverhalten gegenüber dem SV ist zögerlich-ängstlich, das Sprachverständnis eingeschränkt, ebenso das Ausdrucksvermögen. Das formale Denken ist eingeschränkt, ebenso das inhaltlich Denken. Klinisch besteht eine leichte Intelligenzminderung. Der Betroffene leidet an einer geistigen Behinderung. … weiter siehe oben in #5.
    Also zur Frage der Geschäftsfähigkeit würde ich kein Gutachten mehr einholen, da der Betreute – auch nach meinem persönlichen Eindruck im Verpflichtungstermin – gerade in Bezug auf die vorliegenden Rechtsgeschäfte für mich eindeutig nicht geschäftsfähig ist. Für die weitere Bearbeitung der Akte wäre es mir anders auch sehr viel lieber, aber das kann ich beim besten Willen nicht machen. Für mich ist die Sache insoweit klar. Deswegen hab ich in #1 auch direkt so viele Details mit aufgenommen, weil ich schon bei der Frage der Genehmigungsfähigkeit war.

    Deine Aussagen @Balzac, dass wir uns keine Gedanken über eine etwaige Genehmigungsfähigkeit, sondern nur über eine Rückabwicklung machen müssen, versteh ich die richtig, als dass – da nirgendwo in den Verträgen/Unterlagen ausdrücklich angegeben ist, dass der Betreute, vertreten durch den Betreuer handelt – die Verträge nichtig sind? Oder unwirksam? Kann man die Verträge nicht, weil ja sowohl der Vater/Betreuer als auch der Sohn/Betreute beide alles unterschrieben haben (vgl. #3 „mit unterschrieben“), dahin gehend auslegen, dass der Betreute doch durch seinen Betreuer vertreten worden ist?
    Und ich lass mal meinen Gedanken/Fragen weiter freien Lauf: Bei Nichtigkeit gibt’s nur die Möglichkeit der Rückabwicklung durch den zu bestellenden Ergänzungsbetreuer? Und bei Unwirksamkeit könnte der Aufgabenkreis lauten „Prüfung und ggf. nachträglicher Genehmigung des vom Hauptbetreuer abgeschlossenen Darlehensvertrages und des vom Hauptbetreuer vorgenommenen Erwerbs von Beteiligungsrechten an der Bürgerwindpark GmbH & Co. KG oder Rückabwicklung dieser Rechtsgeschäfte“ (oder so ähnlich)? :confused:

  • Der Sachverständige spricht von einer leichten Intelligenzminderung.

    Leg die Akte dem Richter vor. Mal schauen, wie er die Sache sieht.

  • Der Sachverständige spricht von einer leichten Intelligenzminderung.

    Leg die Akte dem Richter vor. Mal schauen, wie er die Sache sieht.

    Das mach ich auf jeden Fall. Könntest Du bitte noch kurz zu meinen Fragen im 2. Absatz was sagen? Ich bin da echt unsicher... :oops: Danke. :)

    Wurde der Betroffene durch den Betreuer vertreten? Liegt ein Vertretungsausschluss i.S. der §§ 1908i, 1795 BGB vor? Liegt ein Fall des § 181 BGB vor?

    Nur wenn der Betroffene durch den Betreuer vertreten wurde, musst du dir über evtl. Genehmigungen Gedanken machen. Und ansonsten erst, wenn ein evtl. bestellter Ergänzungsbetreuer für den Betroffenen handelt. Aber soweit sind wir ja noch nicht.

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