Zugriff des Sozialamtes auf Vermögen

  • Hallo,

    ein Betreuter, der bislang von Sozialhilfe lebte , hat einen Betrag von 15.000,-- EUR geerbt. Das Sozialamt hat die Zahlungen eingestellt und bestimmt, dass der Betreute die nächsten Monate von dem Vermögen zu leben habe und erst wieder in 6 Monaten einen Sozialhilfeantrag stellen solle. Bin ich verpflichtet, die Betreuervergütung zurückzufordern oder kann ich darauf verzichten ?

  • Hallo,

    ein Betreuter, der bislang von Sozialhilfe lebte , hat einen Betrag von 15.000,-- EUR geerbt. Das Sozialamt hat die Zahlungen eingestellt und bestimmt, dass der Betreute die nächsten Monate von dem Vermögen zu leben habe und erst wieder in 6 Monaten einen Sozialhilfeantrag stellen solle. Bin ich verpflichtet, die Betreuervergütung zurückzufordern oder kann ich darauf verzichten ?

    Die Entscheidung des Sozialamtes dürfte keinen Einfluss auf den Vergütungsregress haben.

    Hat Dir der Betreuer gleichzeitig mit seiner Mitteilung an das Sozialamt von der Erbschaft Mitteilung gemacht? Wenn ja, wieso hast du dann bisher noch nicht über den Regress entschieden?

  • Vergütungsregress und Sozialhilferegress

    http://www.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung/wiki/Mittellosigkeit

    Durch Leistungsbescheid zum Zeitpunkt des Gerichtsbeschlusses titulierte Forderungen des Sozialhilfeträgers sind vom Vermögen in Abzug zu bringen: LG KoblenzFamRZ 2004, 1899

    Verbindlichkeiten bleiben bei der Mittellosigkeitsprüfung unberücksichtigt, auch wenn sie bereits tituliert, aber noch nicht vollstreckt sind: BayObLGZ2003, 271 = FamRZ2004, 308; a.A.: OLG ZweibrückenFamRZ 1999, 799


    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…317&pos=0&anz=1
    BGHXII ZB 582/12 Beschluss vom 06.02.2013:
    Dieses Vermögen war in dem Zeitraum, für den der Betreuer Vergütung verlangt, als Aktivvermögen vorhanden. Allein der Umstand, dass der Landkreis in der Vergangenheit soziale Hilfeleistungen erbracht hat, rechtfertigt es nicht, diese Leistungen vermögensmindernd zu berücksichtigen. Hierfür bedarf es zumindest einer Konkretisierung der Rückforderung durch Leistungsbescheid oder Überleitungsanzeige (BayObLG BtPrax 2002, 262; LG Koblenz FamRZ 2004, 1899, 1900; aA OLG Zweibrücken BtPrax 1999, 32).


    vgl. auch
    https://www.rechtslupe.de/familienre...treuers-358665

    OLG Stuttgart, Beschluss vom 29.6.2007, 8 W 245/07; FamRZ 2007, 1912 = BtMan 2007, 203 (Ls) = FGPrax 2007, 270 = NJW-RR 2007, 1593 = BWNotZ 2008, 57:

    http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender...cht=bw&nr=8796

    https://www.reguvis.de/betreuung/wik...20ausreicht%2C

  • Es gibt aber wohl keinen Rückforderungs-/Leistungsbescheid.

    Vielmehr sagt das Sozialamt wohl: "Wir stellen unsere Leistungen ein. Komm in 6 Monate wieder."

    Insofern müsste ein Regressbeschluss möglich sein. Und ggf. tritt eben bereits schon in 3 oder 4 Monaten (wieder) Sozialhilfebedürftigkeit ein.

  • Es gibt aber wohl keinen Rückforderungs-/Leistungsbescheid.

    Vielmehr sagt das Sozialamt wohl: "Wir stellen unsere Leistungen ein. Komm in 6 Monate wieder."

    Insofern müsste ein Regressbeschluss möglich sein. Und ggf. tritt eben bereits schon in 3 oder 4 Monaten (wieder) Sozialhilfebedürftigkeit ein.

    Dem stimme ich zu.

  • Hallo,

    ein Betreuter, der bislang von Sozialhilfe lebte , hat einen Betrag von 15.000,-- EUR geerbt. Das Sozialamt hat die Zahlungen eingestellt und bestimmt, dass der Betreute die nächsten Monate von dem Vermögen zu leben habe und erst wieder in 6 Monaten einen Sozialhilfeantrag stellen solle. Bin ich verpflichtet, die Betreuervergütung zurückzufordern oder kann ich darauf verzichten ?

    Randbemerkung zum Verständnis von Vermögen und Einkommen in der Sozialhilfe:
    Der Betreute ist zum Zeitpunkt der Erbschaft im Leistungsbezug. Von daher ist die Erbschaft für das Sozialamt kein Vermögen sondern Einkommen. Der Zufluss von 15.000 € wird auf einen Zeitraum von 6 Monaten umgelegt (15.000 : 6 = 2.500 € /M.) und als monatliches EK angenommen. Von daher "fällt" der Betreute aus dem Leistungsbezug und wird auf sein EK verwiesen.
    Wäre die Erbschaft vor der Antragsstellung von Sozialhilfe zugeflossen, würde es als Vermögen betrachtet und wäre teilweise geschützt (mindestens 5.000 €).

  • Hallo,

    ein Betreuter, der bislang von Sozialhilfe lebte , hat einen Betrag von 15.000,-- EUR geerbt. Das Sozialamt hat die Zahlungen eingestellt und bestimmt, dass der Betreute die nächsten Monate von dem Vermögen zu leben habe und erst wieder in 6 Monaten einen Sozialhilfeantrag stellen solle. Bin ich verpflichtet, die Betreuervergütung zurückzufordern oder kann ich darauf verzichten ?

    Randbemerkung zum Verständnis von Vermögen und Einkommen in der Sozialhilfe:
    Der Betreute ist zum Zeitpunkt der Erbschaft im Leistungsbezug. Von daher ist die Erbschaft für das Sozialamt kein Vermögen sondern Einkommen. Der Zufluss von 15.000 € wird auf einen Zeitraum von 6 Monaten umgelegt (15.000 : 6 = 2.500 € /M.) und als monatliches EK angenommen. Von daher "fällt" der Betreute aus dem Leistungsbezug und wird auf sein EK verwiesen.
    Wäre die Erbschaft vor der Antragsstellung von Sozialhilfe zugeflossen, würde es als Vermögen betrachtet und wäre teilweise geschützt (mindestens 5.000 €).

    Wo findet man das bitte im Gesetzestext?

    Diese Handhabung finde ich schon etwas merkwürdig im Vergleich zum hier diskutierten Regress wegen Betreuervergütung. Da wird dem Betroffenen nämlich sein Vermögensschonbetrag von mindestens 5.000,- € zugestanden. Wenn er vor der Erbschaft kein oder kaum Vermögen besaß, ist ein gewisser Teil des geerbten Vermögens geschützt.

  • Randbemerkung zum Verständnis von Vermögen und Einkommen in der Sozialhilfe:
    Der Betreute ist zum Zeitpunkt der Erbschaft im Leistungsbezug. Von daher ist die Erbschaft für das Sozialamt kein Vermögen sondern Einkommen. Der Zufluss von 15.000 € wird auf einen Zeitraum von 6 Monaten umgelegt (15.000 : 6 = 2.500 € /M.) und als monatliches EK angenommen. Von daher "fällt" der Betreute aus dem Leistungsbezug und wird auf sein EK verwiesen.
    Wäre die Erbschaft vor der Antragsstellung von Sozialhilfe zugeflossen, würde es als Vermögen betrachtet und wäre teilweise geschützt (mindestens 5.000 €).

    Das mag in der Sozialhilfe bzw. auch der Sicht des Sozialamts so sein. Für mich als Betreuungsgericht ist aber eine Erbschaft grundsätzlich Vermögen und kein Einkommen. Mir ist nicht bekannt, dass ich als Betreuungsgericht eine Erbschaft -egal wie groß sie ist- als Einkommen sehen muss und d.h. in der Folge nie für einen Regress verwenden kann. Eine riesige Erbschaft wäre dann in der Folge ein ewiges Einkommen. D.h. ich führe gegen den Betroffenen einen Vergütungsregress durch. Wenn der Betroffene bzw. der Betreuer der Auffassung ist, die Erbschaft sei auch im Betreuungsrecht Einkommen (und zwar Einkommen für viele, viele Monate), so kann bzw. muss er gegen den Regressbeschluss ins Rechtsmittel gehen. Auf jeden Fall muss ich mir die Sicht des Sozialamts im Betreuungsrecht nicht zu eigen machen.

  • Au weia, das Vergütungsrecht folgt dem Sozialhilferecht. Mal in die Verweise in § 1836c schauen. Das erweiterte Zuflussprinzip (seit 2016) für Einmalzahlungen (§ 82 Abs. 6 SGB XII) führt dazu, dass Erbschaften wie diese in 6 Monatsraten das Einkommen erhöhen. Eine Heranziehung als Vermögen ist solange nicht möglich, da es ja solange gar kein Vermögen darstellt, sondern Einkommen.

    Bis zum 1.1.23 ist es aber möglich, das Einkommen heranzuziehen (danach auch nicht mehr). Das wäre dann diese Rechnung:
    Nettoeinkommen
    + 1/6 des Aktivnachlasses
    -Versicherungsbeiträge nach § 82 Abs. 2 SGB XII
    - Warmmiete (ohne Strom)
    - Freibetrag von 898 €
    (bei Alleinstehenden)

    Wenn es dann einen Überhang gibt, kann der nach § 1836 c Nr 1 herangezogen werden, wobei zunächst noch über § 87 SGB XII Härtegesichtspunkte (insbes behinderungsbedingter Mehrbedarf, Schuldentilgung) zu berücksichtigen sind.

    Ab 1.1.23 wird Einkommen nicht mehr herangezogen. Aber was bisher im Sozialhilferecht Einkommen ist, bleibt es auch nach dem 1.1.23, denn die Vermögensdefinition des § 90 SGB XII gilt ja weiter - und ist eben nicht das Einkommen nach § 82.

  • Au weia, das Vergütungsrecht folgt dem Sozialhilferecht. Mal in die Verweise in § 1836c schauen. Das erweiterte Zuflussprinzip (seit 2016) für Einmalzahlungen (§ 82 Abs. 6 SGB XII) führt dazu, dass Erbschaften wie diese in 6 Monatsraten das Einkommen erhöhen. Eine Heranziehung als Vermögen ist solange nicht möglich, da es ja solange gar kein Vermögen darstellt, sondern Einkommen.

    ....

    Das halte ich nicht für zutreffend, vgl. auch LG Verden, Beschluss vom 22. Oktober 2018 – 1 T 121/18 –, Rn. 10, juris:

    Zitat

    Der Betroffene ist nicht mittellos im Sinne des § 1836d BGB, sondern vermögend. Er hat gemäß § 1836c Nr. 2 BGB i.V.m. § 90 SGB XII für die Kosten der Betreuung sein gesamtes verwertbares Vermögen einzusetzen, soweit dieses das Schonvermögen gemäß § 90 Abs. 2 SGB XII übersteigt. Das Erbe des Betroffenen, das nach den letzten Angaben des Betreuers einen Wert von 32.520,41 € hat, ist Bestandteil seines Vermögens und vom Testamentsvollstrecker gemäß § 2217 BGB zur Entrichtung der Betreuervergütung freizugeben.

    In der zugehörigen Beschwerdeentscheidung meinte der BGH, Beschluss vom 24. Juli 2019 – XII ZB 560/18 –, Rn. 10, juris:

    Zitat

    Ob bzw. inwieweit die Staatskasse den Betreuten aus der übergegangenen Forderung tatsächlich in Anspruch nehmen kann, bestimmt sich nach dessen Leistungsfähigkeit. Maßstab hierfür ist das nach § 1836 c BGB einzusetzende Einkommen und Vermögen des Betreuten, auf das seine Inanspruchnahme begrenzt ist (Senatsbeschluss vom 26. November 2014 - XII ZB 542/13 - FamRZ 2015, 488 Rn. 8). Das vom Betreuten einzusetzende Vermögen bestimmt sich gemäß § 1836 c Nr. 2 BGB nach § 90 SGB XII. Dabei geht § 90 Abs. 1 SGB XII von dem Grundsatz aus, dass das gesamte verwertbare Vermögen für die Betreuervergütung einzusetzen ist, soweit es nicht zu dem in § 90 Abs. 2 SGB XII abschließend aufgezählten Schonvermögen gehört. Im Übrigen bleibt gemäß § 90 Abs. 3 SGB XII Vermögen unberücksichtigt, dessen Einsatz oder Verwertung für den Betroffenen eine Härte bedeuten würde (Senatsbeschluss vom 26. November 2014 - XII ZB 542/13 - FamRZ 2015, 488 Rn. 8 f. mwN).

    In beiden Entscheidungen finden sich keine Ausführungen dazu, dass das geerbte Vermögen anteilig das Einkommen des Betreuten erhöhen bzw. als solches zu behandeln wäre. Auch sonst habe ich dergleichen in der Rechtsprechung oder Kommentierung nicht lesen können.

  • Hallo Frog, die Zitate widersprechen meinen Ausführungen doch überhaupt nicht. Es wird zigmal auf das Vermögen IM SINNE DES § 90 SGB-XII verwiesen (also nicht der Eigentumsbegriff des BGB). Aber Vermögen im Sinne des Sozialhilferechtes ist eben nicht das Einkommen im Sinne des § 82 SGB XII. Es wird normalerweise am Ende des Zuflussmonats zu Vermögen, aber eben nach der ausdrücklichen Neuregelung des § 82 Abs. 6 bei Einmaleinkünften erst nach 6 Monaten. Man kann auch im Vergütungsrecht nicht A sagen ohne B. Und eine ausdrückliche - und eindeutige Gesetzesregelung - kann kein Gericht für unwirksam erklären.

    Bitte macht euch doch mal frei von eurem zivilrechtlich geprägten Denkmuster. Ich finde es im übrigen auch unlogisch, dass im Vergütungsrecht auf das Sozialhilferecht rekurriert wird. Beim GNotKG wärs besser aufgehoben. Das war damals (1999) zu kurz gedacht - von Sparkommissaren aus den Landesjustizministerien - und leider auch weiter nicht berichtigt. Vielleicht kommt ja was im Rahmen des Bürgergeldes. Wie ich gehört habe, wird der Vermögensfreibetrag angehoben. Auf mindestens 15.000 €.

    übrigens noch eine Ergänzung: in den Beschlüssen gings ja um den Staatsregress. Sobald die Erbschaft Vermögen iSd § 90 geworden ist, ist natürlich der Regress in die Vergangenheit gerichtet, theoretisch ja rückwirkend bis zur 1. Staatskassenzahlung nach dem 1.1.1999 (wobei in der Praxis ja die Verjährungseinrede kommt). Das ist tatsächlich ein Unterschied zur Sozialhilfe. Bei dieser ist ja nichts rückwirkend zurückzuzahlen (also keine Sozialhilfw aus der Zeit vor dem Erbfall). Der Regressanspruch ist also eine schärfere Kostenhaftung als im Sozialhilferecht. Das ändert aber nichts an der Definition, was Einkommen und was Vermögen ist.

  • Hallo Frog, die Zitate widersprechen meinen Ausführungen doch überhaupt nicht. Es wird zigmal auf das Vermögen IM SINNE DES § 90 SGB-XII verwiesen (also nicht der Eigentumsbegriff des BGB). Aber Vermögen im Sinne des Sozialhilferechtes ist eben nicht das Einkommen im Sinne des § 82 SGB XII. Es wird normalerweise am Ende des Zuflussmonats zu Vermögen, aber eben nach der ausdrücklichen Neuregelung des § 82 Abs. 6 bei Einmaleinkünften erst nach 6 Monaten. Man kann auch im Vergütungsrecht nicht A sagen ohne B. Und eine ausdrückliche - und eindeutige Gesetzesregelung - kann kein Gericht für unwirksam erklären. Bitte macht euch doch mal frei von eurem zivilrechtlich geprägten Denkmuster. Ich finde es im übrigen auch unlogisch, dass im Vergütungsrecht auf das Sozialhilferecht rekurriert wird. Beim GNotKG wärs besser aufgehoben. Das war damals (1999) zu kurz gedacht - von Sparkommissaren aus den Landesjustizministerien - und leider auch weiter nicht berichtigt. Vielleicht kommt ja was im Rahmen des Bürgergeldes. Wie ich gehört habe, wird der Vermögensfreibetrag angehoben. Auf mindestens 15.000 €. übrigens noch eine Ergänzung: in den Beschlüssen gings ja um den Staatsregress. Sobald die Erbschaft Vermögen iSd § 90 geworden ist, ist natürlich der Regress in die Vergangenheit gerichtet, theoretisch ja rückwirkend bis zur 1. Staatskassenzahlung nach dem 1.1.1999 (wobei in der Praxis ja die Verjährungseinrede kommt). Das ist tatsächlich ein Unterschied zur Sozialhilfe. Bei dieser ist ja nichts rückwirkend zurückzuzahlen (also keine Sozialhilfw aus der Zeit vor dem Erbfall). Der Regressanspruch ist also eine schärfere Kostenhaftung als im Sozialhilferecht. Das ändert aber nichts an der Definition, was Einkommen und was Vermögen ist.

    Da ist der BGH (BGH, Beschl. v. 9. 1. 2013 – XII ZB 478/11) aber anderer Ansicht: "Das im Sozialhilferecht geltende „Prinzip der Bedarfsdeckung aus dem Einkommen im Zuflussmonat“ gilt für den auf die Staatskasse übergegangenen Vergütungsanspruch nicht." und "Die Rechtsbeschwerde führt jedoch zutreffend aus, dass der in § 1836 c Nr. 1 BGB enthaltene Verweis auf die §§ 82, 85 I und 86 SGB XII allein der Ermittlung der Einkommensgrenze dient. Das ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des § 1836 c Nr. 1 BGB, der allein auf die Einkommensgrenze abstellt."

  • Hallo, auch das ist doch das, was ich im letzten Abschnitt geschrieben habe, nämlich die Kostenhaftung ggü der Staatskasse für vergangene Zeiträume (und zwar nicht nur des Vermögens, sondern auch des Einkommens). Bei der Sozialhilfe selbst könnten Einkünfte eines Monats nur mit dem theoretischen Sozialhilfeanspruch dieses Monats verrechnet werden.

    Um also beim Ausgangsfall zu bleiben. Nach § 1836c Nr 1 BGb kann das Einkommen (inkl 1/6 des Aktivnachlasses) sowohl für die laufende Betreuervergütung eingesetzt werden (nachdem vorher die Einkommensbereinigung nach den §§ 85, 87 SGB XII stattgefunden hat) und - falls dann noch etwas überbleibt, auch für den Staatsregress nach § 1836e. Alles, ohne den § 1836c Nr 2 und § 90 SGB XII zu tangieren. Ist nur etwas umständlicher zu berechnen.

  • Hallo, auch das ist doch das, was ich im letzten Abschnitt geschrieben habe, nämlich die Kostenhaftung ggü der Staatskasse für vergangene Zeiträume (und zwar nicht nur des Vermögens, sondern auch des Einkommens). Bei der Sozialhilfe selbst könnten Einkünfte eines Monats nur mit dem theoretischen Sozialhilfeanspruch dieses Monats verrechnet werden.

    Um also beim Ausgangsfall zu bleiben. Nach § 1836c Nr 1 BGb kann das Einkommen (inkl 1/6 des Aktivnachlasses) sowohl für die laufende Betreuervergütung eingesetzt werden (nachdem vorher die Einkommensbereinigung nach den §§ 85, 87 SGB XII stattgefunden hat) und - falls dann noch etwas überbleibt, auch für den Staatsregress nach § 1836e. Alles, ohne den § 1836c Nr 2 und § 90 SGB XII zu tangieren. Ist nur etwas umständlicher zu berechnen.


    Die "etwas umständlichere Berechnung" des Einkommens mit 1/6 des Aktivnachlasses ist m. E. hinsichtlich des Vergütungsregress unzutreffend, siehe auch #13.

    Stattdessen ist der Vermögenserhalt des Betreuten ausschließlich als Vermögen zu behandeln.

    Beispiel:

    (langjährig) Betreuter mit bisherigem Vermögen von 3.000,- €; durch Erbschaft Erhalt von 15.000,- €; damit einsetzbares Vermögen von 18.000,- € - 5.000,- € (Schonbetrag) = 13.000,- €

    bisherige aus der Staatskasse gezahlte Betreuervergütungen von insgesamt 10.000,- €

    damit Anordnung einer Einmalzahlung von 10.000,- €

    (eventuell mögliche Einrede der Verjährung mal außen vor gelassen).


    Im Übrigen halte ich auch den Verweis auf den "Aktivnachlass" nicht für ganz glücklich. Grundsätzlich kommt es auf Verbindlichkeiten hinsichtlich des einzusetzenden Vermögens nicht an, BeckOK BGB/Bettin, 62. Ed. 1.5.2022, BGB § 1836c Rn. 5:

    Zitat

    Bei der Prüfung kommt es nur auf das Aktivvermögen an; Verbindlichkeiten – auch titulierte – sind unerheblich (BGH BeckRS 2021, 46672; BeckRS 2021, 23489; BayObLG FGPrax 2004, 25; 2005, 108).

  • hatte den gleichen Fall. Habe dann die Betreuervergütung zurückgefordert, die Betreuerin legte dies dem Sozialamt vor und bekam einen neuen Bescheid: dahingehend, dass das Geld nun für kürzere Zeit als ausreichend angesehen wird, die Sperrzeit um mehrere Monate verkürzt wird.
    Wäre ja auch nicht richtig, Geld nicht anzutasten, da es zum Verbrauch gedacht ist- auch für uns gilt da ja die gleiche Rechtslage: reine Absicht ist kein Grund nicht zurückzufordern. Machen wir in anderen Fällen ja auch nicht, wenn das Sozialamt nicht im Spiel ist...

    Werde es auch weiter so machen.

    Hilft es?

  • ->Frog: das mit dem Aktivnachlass hatte ich ehrlich gesagt nur erwähnt, um es euch nicht noch unübersichtlicher zu machen. Denn sonst müsste man jeden Monat, nachdem irgendeine Nachlassverbindlichkeit getilgt wurde, die Rechnung wieder von vorne beginnen. Also habe ich stillschweigend unterstellt, dass der Betreuer als gesetzlicher Vertreter des Erben aus dem angenommenen Nachlass auch die offenen Verbindlichkeiten (die meist wohl vor allem in den Bestattungskosten liegen dürften), auch begleicht. Es ist natürlich richtig, dass eine strenge Begrenzung der Haftung auf den Aktivnachlass nur in der umgekehrten Konstellation besteht, nämlich der, dass der Betreute selbst verstorben ist und es jetzt um die Kostenhaftung des Erben geht. (Und zu dem Rspr.hinweis unter #13: dessen Bedeutung habe ich doch unter #14 erklärt).

    Aus dem ganzen Diskussionsverlauf ansonsten habe ich jedenfalls wichtige Impulse in Bezug auf die weiter dringend nötige Reform der Mittellosigkeitsdefinition entnommen. In der AG beim BMJ (anlässlich der 2023er Reform war es allgemeine Ansicht, dass die Einkommensheranziehung nach § 1836c nr 1 BGB umständlich ist und ihr Ertrag den Ermittlungsaufwand nicht lohnt. Weshalb sie zum 1.1.23 ja auch abgeschafft wird. Leider ist der Gesetzgeber den Weg nicht konsequent gegangen und hat es bei der Definition des Vermögens beim Verweis auf § 90 SGB XII belassen. Und dieser erklärt sich ja nur aus der Abgrenzung vom Einkommensbegriff. Leider ist mir das selbst in der AG (im Jahre 2019) nicht aufgefallen, da es auch um zig andere Dinge ging. Sinnvoller wäre es, sich am GnotKG zu orientieren, um Arbeit zu ersparen und alle Kosten gleich zu behandeln. Naja, was nicht ist, kann noch kommen. Nach der Reform ist vor der Reform. Die Evaluation steht für Ende 2024 im Gesetz und die Betreuerverbände toben jetzt schon wegen der Inflation. Die Halbwertszeit der Regelungen wird eh immer kürzer, weils ja mit der heißen Nadel gestrickt wird.

    -> Insulaner: ja, der 6-Monatszeitraum nach § 82 Abs. 6 (jetzt verschoben in Abs. 7) SGB XII ist die normale Zeitspanne. Es steht dort ja, dass in begründeten Ausnahmefällen eine andere Regelung möglich ist. So etwas sollte dann aber - wie hier geschehen- nur gemeinsam mit dem SHT erfolgen, damit das Ganze nicht vollkommen unübersichtlich läuft. Das war jedenfalls die korrekte Verfahrensweise bei dieser eher verrückten Gesetzeslage (statt einfach alles als Vermögen zu behandeln).

    Man sollte als Hintergrund noch wissen, die Reform des § 82 Abs. 6 (7) SGB XII diente ja dazu, dem SHT die Anrechnung zu erleichtern - und Sozialhilfe einzusparen. Dass das Ganze im Bereich der Vergütung sich zu Lasten der Justizkasse auswirkt, war ein sicher nicht gewollter „Kollateralschaden“. Der aber die Notwendigkeit der Abkoppelung unterstreicht.

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