P- Konto (Rück)-Wirkung gerichtlicher Entscheidungen

  • Hi zusammen,

    ich habe grade eine (vielleicht etwas blöde) Frage:
    Insoverfahren wird im Januar eröffnet

    Schuldner erwirtschaftet seit April pfändbares Einkommen
    Im Juni beantragt er die Erhöhung des pfändungsfreien Betrages auf den Betrag, den ihm der Arbeitgeber überweist

    Im Juni wird dem Antrag entsprochen- der pfändungsfreie Betrag wird auf den Betrag erhöht, den der Arbeitgeber überweist

    wenige Tage später meldet sich der Schuldner erneut und beantragt, eine Rückwirkung der ergangenen Entscheidung auszusprechen für die Zeit ab April,
    weil er da ja schon pfändungsfreie Beträge, die den Sockelfreibetrag übersteigen, überwiesen bekommen hat

    Ich habe präsent, dass eine Rückwirkung allenfalls auf den Zeitpunkt der Antragstellung hin ausgesprochen werden kann;
    eine weitergehende Rückwirkung sei nicht möglich
    Ich kann dazu leider nix finden
    als wenn ich der allererste wäre, dem diese Frage in die Finger läuft:(

    Was meint ihr?

    Vielen Dank schonmal und viele Grüße


    P.S. seht mir meine Wirrness ggfs. nach: es ist heiß und schwül und mein Gehirn schmilzt

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Mh, ich kann der Entscheidung leider fast gar nix dazu entnehmen.
    In der Entscheidung gings darum, dass der Schuldner dem Treuhänder die Einkünfte seines Ehegatten erst spät offen gelegt hat und deswegen der Treuhänder erst spät §850c IV-Antrag stellen konnte.
    Hier hatte der TH erfolglos eine Rückwirkung beantragt

    Weil der Antrag keinen Erfolg hatte, wurde die RSB antragsgemäß versagt, weil der Schuldner Einkommen verheimlicht habe- vor allem hiermit beschäftigt sich der BGH

    Die Frage der Rückwirkung auf die Antragstellung erscheint lediglich in der Sachverhaltsdarstellung und auch nur als Feststellung, dass der TH den Antrag gestellt hatte, aber nur eine Rückwirkung auf die Antragstellung ausgesprochen werden konnte

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  • Gute Frage. Spontan könnte ich mich auch nicht entscheiden. Rechtsprechung zur Frage der Rückwirkung ist mir nicht bekannt.

    Sofern Schuldner Anträge auf Erhöhung des unpfändbaren Betrages wegen Nachzahlungen auf das P-Konto stellen, kann nach wohl überwiegender Meinung ein entsprechender Beschluss des Vollstreckungsgerichtes ergehen, solange sich das Geld noch auf dem Konto befindet. Das gilt auch, wenn der Antrag eigentlich hätte schon ein oder zwei Monate eher gestellt werden können.

    Von daher würde ich hier eher dazu tendieren, eine entsprechende Rückwirkung auszuprechen.

  • Diese Frage umtreibt uns auch immer wieder. da gibt es ja mehrere Ansätze. Schaue Dir mal AG Norderstedt, Beschluss vom 02.08.2017, - 66 IN 119/10 - (in juris auffindbar) an. Der Kollege hat ein bisschen obergerichtliche Rechtsprechung zur Rückwirkung (bei § 850i ZPO) herausgearbeitet. Ein bisschen was steht auch in den BGH Entscheidungen IX ZA 42/09 Rz. 2, und IX ZB 25/20 Rz. 28, und IX ZB 40/16 Rz. 20. Letztlich wohl ab Antragstellung, aber vielleicht auch noch weiter zurück; vielleicht auch solange die Zwangsvollstreckung nicht abgeschlossen ist für alle Beträge, die noch da sind, wobei wieder offen gelassen wurde, ob mit Überweisung der Überschussbeträge auf das Sonderkonto die Zwangsvollstreckung abgeschlossen ist oder erst mit Verteilung usw. irgendwie ein echtes "Wurschtel-Problem" ;)

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • "Wurschtel-Problem" trifft es sehr gut. Wir tendieren hier dazu, den Tenor schwammig zu fassen, also z.B. zwar einen neuen Freibetrag für das P-Konto zubestimmen, aber in den Beschluss nicht reinzuschreiben ab wann. Ob die Bank dann so weit zurückrechnet, wie sie noch nicht abgeführt hat...? Sie könnte jedenfalls, weil der Beschluss (bewusst) ungenau ist.

    Streng genommen darf ich erst mal nur ab dem Monat, in dem der Antrag einging, neu festsetzen. Ich frage mich aber, ob das nicht sogar immer für den Monat davor geltend müsste, weil die Bank diese Beträge wegen des Moratoriums aus § 900 ZPO einen Monat zurückhalten muss. Also ganz konkret wäre dann die Frage, ob ich z.B. bei Antragseingang im August mit einstweiliger Einstellung bis zur Entscheidung den Freibetrag ab Juli ändern sollte (durch die Einstellung bleiben ja dann auch die zurückgehaltenen Beträge aus Juli erst mal bei der Bank).

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Ich schreibe ganz stoisch das Antragsdatum rein. Ob die Bank das dann so auslegt das der Vormonat da mit drin ist wegen der 4 Wochen Regelung ist mir egal kann sie machen. Hab aber auch noch nie da Rückfragen gekriegt.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Ich schreibe ganz stoisch das Antragsdatum rein. Ob die Bank das dann so auslegt das der Vormonat da mit drin ist wegen der 4 Wochen Regelung ist mir egal kann sie machen. Hab aber auch noch nie da Rückfragen gekriegt.

    machen wir auch so, Rückwirkung auf Antragseingang.

  • ich tendiere zunehmend zu folgender Auffassung:

    Eine Rückwirkung der Entscheidung ist möglich auf den Zeitpunkt der Antragstellung
    und zwar mit Wirkung für sämtliche Beträge, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht an den Insolvenzverwalter ausgekehrt sind

    Das Schutzobjekt (Guthabenbetrag auf P-Konto) ist zum Zeitpunkt der Antragstellung noch in der Vermögenssphäre des Schuldners vorhanden und kann daher Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung sein.

    Das Verbot, weiter zurückzuwirken, als zu dem Zeitpunkt der Antragstellung rührt ja daher, dass die Vollstreckung mit Auskehr an den Gläubiger bewirkt ist und daher das Rechtsschutzinteresse fehlt.

    Im Kontext des Pfändungsschutzkontos betrachte ich die Auskehr an den IV als die Bewirkung der Vollstreckung.

    In Abgrenzung zur Mobiliarvollstreckung gehe ich allerdings davon aus, dass auch wenn nach Antragstellung an die Masse geleistet wurde, noch eine gerichtliche (Schutz-)Entscheidung möglich und zulässig ist und dass der IV erforderlichenfalls an den Schuldner zurückleisten muss.

    tatsächlich ist die Vollstreckung nämlich erst mit der Verteilung an die Gläubiger abgeschlossen.

    Die "Bewirkung der Vollstreckung" durch Auskehrung an den IV hat hier, denke ich, lediglich den Zweck eines Abgrenzungskriteriums, welche Gegenstände (Guthabenbeträge) noch der schutzfähigen Vermögenssphäre des Schuldners zugeordnet werden können und welche nicht- und welche auf welche Gegenstände sich infolgedessen Schutzentscheidungen des Schuldners beziehen können (und auf welche nicht).

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  • ich tendiere zunehmend zu folgender Auffassung:

    Eine Rückwirkung der Entscheidung ist möglich auf den Zeitpunkt der Antragstellung
    und zwar mit Wirkung für sämtliche Beträge, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht an den Insolvenzverwalter ausgekehrt sind

    Das Schutzobjekt (Guthabenbetrag auf P-Konto) ist zum Zeitpunkt der Antragstellung noch in der Vermögenssphäre des Schuldners vorhanden und kann daher Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung sein.

    Das Verbot, weiter zurückzuwirken, als zu dem Zeitpunkt der Antragstellung rührt ja daher, dass die Vollstreckung mit Auskehr an den Gläubiger bewirkt ist und daher das Rechtsschutzinteresse fehlt.

    Im Kontext des Pfändungsschutzkontos betrachte ich die Auskehr an den IV als die Bewirkung der Vollstreckung.

    Das sehe ich genauso

  • In Abgrenzung zur Mobiliarvollstreckung gehe ich allerdings davon aus, dass auch wenn nach Antragstellung an die Masse geleistet wurde, noch eine gerichtliche (Schutz-)Entscheidung möglich und zulässig ist und dass der IV erforderlichenfalls an den Schuldner zurückleisten muss.

    tatsächlich ist die Vollstreckung nämlich erst mit der Verteilung an die Gläubiger abgeschlossen.

    Die "Bewirkung der Vollstreckung" durch Auskehrung an den IV hat hier, denke ich, lediglich den Zweck eines Abgrenzungskriteriums, welche Gegenstände (Guthabenbeträge) noch der schutzfähigen Vermögenssphäre des Schuldners zugeordnet werden können und welche nicht- und welche auf welche Gegenstände sich infolgedessen Schutzentscheidungen des Schuldners beziehen können (und auf welche nicht).

    Dem kann ich mich keinesfalls anschließen.
    Der Zugriff eines Einzelzwangsvollstreckungsgläubigets geht doch nicht weiter als der des Insolvenzverwalters. Die pfändungsschutzvorschriften und -antragsmöglichkeiten sind in der inso die gleichen wie in der EZWV. Es muss also das gleiche in die Masse kommen wie an einen Gläubiger gehen würde

  • Dem kann ich mich keinesfalls anschließen.
    Der Zugriff eines Einzelzwangsvollstreckungsgläubigets geht doch nicht weiter als der des Insolvenzverwalters. Die pfändungsschutzvorschriften und -antragsmöglichkeiten sind in der inso die gleichen wie in der EZWV. Es muss also das gleiche in die Masse kommen wie an einen Gläubiger gehen würde


    Ich meine es ergibt sich schon ein Unterschied, auch wenn die Zugriffsvorschriften die gleichen sind, weil sich das Gesamtkonstrukt unterscheidet.

    Der Unterschied besteht darin, dass die -das Rechtsschutzbedürfnis zerstörende- Auskehrung an den Gl. noch nicht abschließend erfolgt ist (vorausgesetzt es wurde nicht verteilt- klar)

    In praktischer Hinsicht: muss man Einstellungsentscheidungen gem. §§906 III Nr. 2, 732 ZPO treffen? Ich meine dass das nicht erforderlich ist

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    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • ja, wir treffen Einstellungsentscheidungen

    und weisen die Anträge zurück, wenn schon von der Bank an den Verwalter ausgekehrt wurde

    Wenn das Geld erst einmal Teil der Masse geworden ist, ist ja auch die Verteilungsreihenfolge zu beachten (also als allererstes Kosten)

  • ich denke, es dürfte zu differenzieren sein:
    Ab Antragstellung habe ich einzustlelen, da ist von "Rückwirkung" keine Rede, es geht nur um die Verlagerung der Freigabe auf den Antragszeitpunkt. Die Einstellung hat auch Guthaben auf Separierungskonten zu umfassen.
    Eine "echte" Rückwirkung wäre gegeben, wenn auch Beträge freigegeben werden sollen, die vor der Antragstellung umfasst werden. Hierbei ist wiederum danach zu unterscheiden, ob sich diese Beträge noch auf einem Separierungskonto befinden, oder bereits dem Sonderkonto zugeflossen sind.
    Sofern jemad Rückwirkungsentscheidungen beabsichtigt - wofür es durchaus Gründe geben kann - ist wiederum danach zu unterscheiden, ob die Beträge bereits dem Sonderkonto gutgeschrieben wurden. In letzterem Falle würde eine rückwirkende Freigabe zu einem bereicherungsrechtlichen Anspruch des Schuldners gegen die Masse schaffen. Hierbei dürfte aber die Reihenfolge von §§ 54, 55 InsO zu beachten sein.
    Dies alles ist nicht mit "Nachzahlungsfällen" zu verwechseln !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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