GbR, Vor-und Nacherbfolge, Vorausvermächtnis

  • Liebe Grundbüchler, ich habe folgenden Fall: Eigentümerin diverser Grundstücke ist eine GbR - bestehend aus den Gesellschaftern A + B. Gesellschafter A ist verstorben und laut Nachlasszeugnis beerbt worden von der Gesellschafterin B als befreite Vorerbin. Nacherbfall soll beim Tod der Vorerbin eintreten; Nacherben sind die beiden Söhne aus erster Ehe von A. Die Berichtigung des Grundbuchs ist bisher nicht beantragt, so dass auch kein Nacherbenvermerk (im Umfang des Anteils des verstorbenen A) im Grundbuch steht.

    Die B, die aufgrund Vollbeendigung der GbR nun Alleineigentümerin ist, verkauft die Grundstücke nun an ihre B GmbH & Co. KG. Der B steht (laut Kaufvertrag) nach einem Testament des A, welches dem GBA nicht vorliegt, ein Vorausvermächtnis in Höhe von mehreren Millionen zu. Zu dem Vorausvermächtnis macht das Nachlasszeugnis keine Angaben. Dieses Vermächtnis konnte mangels ausreichender Mittel bisher wohl nicht erfüllt werden. Die Kaufpreisforderung, die übrigens auch gestundet wird, soll daher "in Erfüllung des Vermächtnisses" in das nicht nacherbschaftlich belastete Eigentum der A übergehen. Beantragt ist der Vollzug der Auflassung an die B GmbH & Co. KG.

    Fragen: 1. Muss ich trotz § 40 GBO auf die vorherige Berichtigung des Grundbuchs hinwirken, damit auch ein Nacherbenvermerk im Umfang des Anteils des verstorbenen A eingetragen werden kann? 2. M.E. kann die befreite Vorerbin ohne Zustimmung der Nacherben handeln, da die Erfüllung eines Vermächtnisses als entgeltlich anzusehen ist. Ob es das vorgetragene Vermächtnis wirklich gibt, hat das GBA nicht zu prüfen. Richtig? 3. Habe ich etwas übersehen? Ich habe Bauchschmerzen, da hier durch den Vollzug diverser Grundbesitz einfach so aus dem Nachlass verschwindet. Vielen Dank für euer Mitdenken!

  • Was sagt denn der Gesellschaftsvertrag bzgl. des Ausscheidens eines Gesellschafters durch Tod ? Wenn es keine Regelung dazu gibt, gilt die GBR als aufgelöst, § 727 BGB.
    Möglich wäre z.B. Weiterführung mit den Erben oder Anwachsung an die übrigen Gesellschafter.
    Gibt es denn Anhaltspunkte zum Gesellschafterbestand zum Zeitpunkt des Todes ? Wer sagt denn, dass das immer noch nur A+B waren ?

    Lies hierzu mal im Schöner/Stöber, Rn 4273 ff.

    Du kannst jedenfalls nicht so ohne weiteres davon ausgehen, dass die Erben jetzt Mitglieder der GBR sind.

  • Es gibt keinen Gesellschaftsvertrag, so dass ich davon ausgehe, dass durch den Tod des Gesellschafters A Vollbeendigung der GbR eingetreten und die B daher nunmehr Alleineigentümerin ist.

  • Nach dem unten angefügten Beitrag von Cromwell gehe ich davon aus, dass beim Tod der B die GbR wieder auflebt und die Nacherben daher durch einen Nacherbenvermerk im Umfang des Anteils des Gesellschafters A zu schützen sind.

    Zitat von Cromwell an anderer Stelle: (Das Zitieren klappt leider nicht)

    II. Stellungnahme zum Sachverhalt im vorliegenden Thread (ab #19)


    Im Gegensatz zu den vom BGH und vom OLG Hamburg entschiedenen Fallgestaltungen hat der Erblasser keine Testamentsvollstreckung, sondern nur eine Nacherbfolge angeordnet. Auf diesen Sachverhalt ist die genannte Rechtsprechung nach meiner Ansicht nicht übertragbar, weil sich aus § 2143 BGB eindeutig ergibt, dass erloschene Rechtsverhältnisse erst im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls wieder aufleben, und zwar nach einhelliger Rechtsauffassung nicht rückwirkend, sondern lediglich ex nunc ab dem Eintritt des Nacherbfalls (vgl. insoweit die von anderen Usern bereits zitierte Literatur).

    Hieraus folgt:

    Die GbR ist mit dem Erbfall liquidationslos erloschen und das Eigentum ist persönlich auf die überlebende Gesellschafterin als Alleineigentümerin übergegangen.

    Die vom Erblasser angeordnete Nacherbfolge erstreckt sich nach meiner Ansicht und dem hierzu bereits Gesagten auf einen Hälfteanteil des Grundbesitzes. Im Gegensatz zu den Fällen der Gütergemeinschaft oder der Erbengemeinschaft geht es hier aber nicht darum, dass durch die Nacherbfolge auch der oder die anderen Gesamthänder in ihrer Verfügungsbefugnis im Hinblick auf den Grundbesitz beeinträchtigt würden, weil durch die Vollbeendigung der GbR für das gesamte Eigentum (und nicht nur für den Anteil des Erblassers) ein Wechsel hin zu einem völlig anderen Rechtsträger stattfindet und die Ehefrau auch ihren eigenen und nicht von der Nacherbfolge betroffenen "Eigentumsanteil" erst durch die Vollbeendigung der GbR erhält.

    Folgt man dem, muss im genannten Umfang auch ein Nacherbenvermerk eingetragen werden.

    Tritt aufgrund des Ablebens der Witwe später die Nacherbfolge ein, lebt die GbR wieder auf (§ 2143 BGB) und die beiden nunmehr wieder selbständigen Gesellschaftsanteile stehen einerseits den Erben (oder anderweitigen Rechtsnachfolgern) der Ehefrau und andererseits den Nacherben des Ehemannes zu (bei Fortbestand der GbR quotal entsprechend den Erbquoten und bei deren Beendigung in Erbengemeinschaft). Der eingetragene Nacherbenvermerk ist sodann im Zuge der betreffenden Grundbuchberichtigungen zu löschen."



  • Nachdem ich mich gestern abend noch stundenlang mit diesem Fall beschäftigt habe, bin ich zu folgendem Ergebnis gekommen:

    Wenn die befreite Vorerbin ein Vorausvermächtnis erfüllt, ist die Verfügung als entgeltlich und damit wirksam gegenüber den Nacherben anzusehen (Schöner/Stöber, Rn. 3485). Die Nacherben müssen in einem solchen Fall nicht mitwirken. Der Umstand, dass der Kaufpreis nicht dem Nachlass, sondern der befreiten Vorerbin selbst zugute kommt, ändert daran nichts (Schöner/Stöber, Rn. 3485 vorletzter Satz).

    Auch einer Voreintragung der befreiten Vorerbin bedarf es nicht, wenn sie die Entgeltlichkeit der Verfügung nachweist (Meikel, GBO, 11. Aufl., Böttcher § 40 Rn. 7).

    Dass hier die Vorerbin in dem Kaufvertrag lediglich vorträgt, dass es laut Testament ein Vorausvermächtnis von ... Millionen in bar zu ihren Gunsten gibt, sehe ich jedoch nicht als ausreichenden Nachweis der Entgeltlichkeit. Ich würde daher zum Nachweis der Entgeltlichkeit das Testament anfordern oder alternativ die Zustimmung der Nacherben zum Vollzug der Auflassung verlangen.

    Eure Meinungen dazu würden mir sehr helfen. Danke.

  • .....Die B, die aufgrund Vollbeendigung der GbR nun Alleineigentümerin ist, verkauft die Grundstücke nun an ihre B GmbH & Co. KG. .....

    Was bedeutet „ihre“ B GmbH & Co.KG ? Handelt es sich um eine Ein-Personen-GmbH & Co. KG, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der alleinige Gesellschafter der Komplementär-GmbH zugleich als deren alleiniger Geschäftsführer fungiert und alleiniger Kommanditist der KG ist (siehe dazu Fröhler im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.04.2021, § 181 BGB RN 217 mwN in Fußnote 423).

    Die Ausführungen von Cromwell finden sich übrigens hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post940795

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ja. Das bedeutet es.

    Die von dir angegebene Literatur kann ich heute leider nicht mehr nachlesen, denn ich starte in Kürze in meinen Urlaub. Ich danke dir aber schon mal sehr für deine Antwort und werde mich dann im September wieder mit diesem Fall beschäftigen. Ein schönes Wochenende!

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