Hallo,
die bei Arbeitnehmern z.T. nun zu gewährende EPP wird insolvenzrechtlich zu nicht unerheblichen Problemen führen. Ausgezaht wird sie- sofern die Vorasusetzungen vorliegen, mit dem Septembergehalt.
Die Problemstruktur insolvenzrechtlich erweist sich in mehracher Hinsicht:
a) laufendes Verfahren
Berechnung des pfädnbaren AE
ggfls. KOntofreigaben
b) aufgehobenes Verfahren
Berechnung des pfändbaren AE
Das könnte ein "heißer Herbst" werden, Ahrens (NJW-Spezial 2022, 341) und Wipperfürth (ZInsO 2022, 1665) halten die EPP für pfändbar. Für den Masseumfang würde dies bedeuten, dass diese nicht dem pfändbaren AE zuzurechnen wäre, sondern beim pfändbaren Einkommen "on top" käme.
Nachstehend einige Gedanken zu der Problematik:
Die EPP und wieder einmal gesetzgeberisches Desaster[FONT=&][1][/FONT]https://www.rechtspflegerforum.de/#_ftn1
A. Einführung
Die EPP wurde im Gesetzgebungsverfahren aufgrund der Initiative des Finanzausschusses in das Steuerentlastungsgesetz eingefügt (vgl. BT-Drs. 20/1765).
Es könnte sich um einen „Gehaltszuschuss“, der nicht vom Arbeitgeber zu tragen ist, aber für die größte Fallgruppe der Arbeitnehmer von diesem als „Zahlstellte“ abzurechnen ist, handeln.
Festzuhalten ist, dass es sich nicht um einen Bestandteil des Gehalts handeln, da die EPP nicht wegen geleisteter Dienste gezahlt wird. Damit unterfällt sie nicht der Lohnpfändung und auch nicht einer Lohnabtretung. Für das laufende Insolvenzverfahren ist mit dieser Erkenntnis wenig gewonnen, da § 35 InsO gilt (Nacherwerbsbeschlag). § 36 InsO hilft hier m.E, auch nicht weiter, da die darin in Bezug genommenen Vorschriften nicht einschlägig sind. Ebenfalls hilft § 765a ZPO nicht weiter, wenn es um die Auseinandersetzung zwischen Verwalter und Schuldner darum geht, ob Insoslvenzbeschlag gegeben ist. Ohne konkret vollstreckungsrechtliche Maßnahme/Gegenmaßnahme[FONT=&][2][/FONT] wäre ein entsprechender Streit vor dem Prozessgericht auszutragen.[FONT=&][3][/FONT]
B. Bewertung
Die rechtliche Einordnung der EPP macht mir immer noch Schwierigkeiten. Ich meine, dass es sich um eine Einmalgewährung einer Steuerminderung für Berufstätige handelt, die bei den Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber vorgenommen wird. Dies hindert m.E. die Einordnung als Sozialleistung. Die Einordnung als Sozialleistung wäre für die Praxis simpel, da diese allenfalls im Rahmen des § 54 SGB I pfändbar wäre, was aber wg. des Einmalcharakters vorliegend ausscheiden würde.[FONT=&][4][/FONT]
Interessant dürfte sein, ob man die EPP mit Kindergeld vergleichen könnte[FONT=&][5][/FONT]. Bei letzterem handelt es sich ähnlich wie bei der EPP um eine Steuervergünstigung (sofern man mir hierin folgen mag bzgl. der EPP).
Kindergeld stellt keine Sozialleistung in formellem Sinne dar, eine sondern eine einkommensteuerrechtliche Förderung der Familie durch eine Sozialzwecknorm (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Januar 2007 III B 167/06, BFH/NV 2007, 865).
Aus dem sozialzwecknormgerichteten Charakter ließe sich m.E. die Unpfändbarkeit herleiten.
C. BMF zur Thematik[FONT=&][6][/FONT]https://www.rechtspflegerforum.de/#_ftn6
I. BMF
Das Bundesministerium der Finanzen hat mit den obersten Finanzbehörden der Länder die FAQs zur Energiepreispauschale (EPP) aktualisiert (Stand: 20.07.2022). Es werden Fragen beantwortet u.a. zur Anspruchsberechtigung, zur Festsetzung mit der Einkommensteuerveranlagung, zur Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber, zum Einkommensteuer-Vorauszahlungsverfahren und zur Steuerpflicht.
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ…spauschale.html
VI. Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber
27. Ist die EPP als Arbeitslohn pfändbar?
Die EPP ist von einer Lohnpfändung nicht umfasst, da es sich arbeits- und sozialversicherungsrechtlich nicht um „Arbeitslohn“ oder „Arbeitsentgelt“ handelt. Die steuerrechtliche Einordnung der EPP als Arbeitslohn ist insoweit unbeachtlich.
XI. Nichtberücksichtigung als Einkommen bei Sozialleistungen
Ist die EPP bei einkommensabhängigen Sozialleistungen als Einkommen zu berücksichtigen?
Nein. Die EPP ist bei einkommensabhängigen Sozialleistungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, da die EPP ebenfalls eine staatliche Sozialleistung darstellt.
II. Stellungnahme
Die Aktion des BMF als Rechtserkenntnisquelle könnte grds. fraglich sein, einmal unabhängig von der Richtigkeit der mitgeteilten Auffassung. Die Jurisdiktion ist nicht an Exekutiveinrichtungen gebunden, sofern wir uns außerhalb von Rechtsverordnungen bewegen.[FONT=&][7][/FONT]
Die sub VI. Rz. 27 gemachte Äußerung ist juristisch zutreffend, dies ergibt sich trotz aller Unklarheiten zur Rechtsnatur der EPP bereits durch die Abstraktion von den geleisteten Diensten.
Die sub XI. gemachte Äußerung mag im ersten Satz ja oki sein, aber die Qualifizierung als Sozialleistung ist mir nicht verständlich, da die EPP ähnlich dem Kindergeld ausgestaltet ist, was wiederum keine Sozialleistung „im formellen Sinne“ darstellt, auch wenn es eine entsprechende Funktion erfüllt.
D. Ergebnis:
EPP ist „wie“ eine Sozialleistung zu behandeln, die wegen der Einmalgewährung einer Zusammenrechnung unzugänglich ist.
[FONT=&][1][/FONT] Das Desaster folgt daraus, dass der Gesetzgeber des Steuerentlastungsgesetzes 2022 die Verschuldung von Haushalten komplett ausblendet !
[FONT=&][2][/FONT] Z.B. Freigabeantrag zgl. P-Konto.
[FONT=&][3][/FONT] Vgl. Beschluss vom 7.4.2016–IX ZB 89/15- m..Anm. Henning in https://www.soziale-schuldnerberatung-hamburg.de/2016/bgh-der-s…ht-auszutragen/
; BGH B. v. 11.05.2010 -IX ZB 268/09-;
[FONT=&][4][/FONT] @ ....: Sozialleistungen können sehr wohl pfändbar sein….
[FONT=&][5][/FONT] @ ....: danke für den Hinweis !
[FONT=&][6][/FONT] @ ...: Danke für den Hinweis !
[FONT=&][7][/FONT] Wobei die Bindung auch keine strikte ist, aber dies bedarf einer weiteren Erläuterung hier nicht.
Viel "Spass" beim Lesen und ich bin mal gespannt.
PS: es wird wohl kurzfristig noch ein Aufsatz erscheinen (nein, nicht von mir) der von der Unpfändbarkeit ausgeht....
greez Def