Nachlasspfleger trotz möglicher Erben ?

  • Hallo,
    wie würden Ihr folgendes Sachverhalt handhaben :
    Es ist Grundbesitz vorhanden, sowie Vermögen i.H.v. ca 100.000 €, es gibt einen Bevollmächtigten, der auch Vollmacht über den Tod hinaus hat.
    Ein Testament ist leider unwirksam, so dass gesetzliche Erbfolge gilt. Die Erblasserin hatte keine Kinder, die Eltern sind vorverstorben, keine Geschwister, d.h. dritte Ordnung.
    Es meldet sich nun eine Cousine großmütterlicherseits, die sich teilweise um die Erbfolge gekümmert hat, aber auch nur um den Zweig der Mutter. Die Großmutter hatte 6 Geschwister, alle verstorben, Kinder und Kindeskinder, auch teilweise verstorben. Sie legt einige Urkunden vor trägt aber vor, dass die Verwandten aus Polen kamen und einige Geburtsurkunden nicht zu beschaffen sind, dh. ihre eigene Erbstellung kann zur Zeit nicht nachgewiesen werden. Überhaupt stoße sie an die Grenzen ihrer Möglichkeiten weiter zu ermitteln.
    Bestellt ihr in diesem Fall einen Pfleger für die (teilweise) unbekannten Erben, der die Erben ggf mit Hilfe eines Erbenermittlers sucht oder sollte die Beauftragung des Ermittlers durch die bekannte Erbin erfolgen ? Könnte ggf. auch der Bevollmächtigte einen Erbenermittler beauftragen ?
    Danke im Voraus für Eure Hilfe

  • Bei einem solch hohen Nachlass würde ich der Erbin raten sich an einen Erbenermittler zu wenden, sofern sie die Erbfolge selbst nicht ermitteln kann. Das Erfordernis für einen Nachlasspfleger sehe ich vorliegend nicht, dieser würde lediglich weitere Kosten verursachen.

  • Bei einem solch hohen Nachlass würde ich der Erbin raten sich an einen Erbenermittler zu wenden, sofern sie die Erbfolge selbst nicht ermitteln kann. Das Erfordernis für einen Nachlasspfleger sehe ich vorliegend nicht, dieser würde lediglich weitere Kosten verursachen.

    was bitte hat die Höhe des Nachlasses damit zu tun bzw. warum ist diese massgeblich?

    ich stelle fest: Testament ungültig, eigene Urkunden zum Beweis der (Mit-)Erbenstellung sind aktuell nicht da, und ein im Inland befindliches fürsorgebedürftiges Vermögen (inkl. des Rechts ggf. auf Überprüfung der Tätigkeit des postmortal Bevollmächtigten)

    Hier kommt es auf die postmortale Vollmacht an, ob diese den Schutz (aller!!!) Erben gewährleistet oder nicht... ggf. ist dennoch ein Pfleger zu bestellen, wenn etwa nicht alle potentiellen Erben gleichlaufende Interessen haben..

  • Willst du den Fall für dich und alle Beteiligten schnell lösen?

    Dann höre die bekannten Erben an und schlage vor, dass du einen (fähigen) Nachlasspfleger für den gesamten Nachlass bestellen willst.

    Wenn nicht, dann mach alles andere, was schon geschrieben wurde oder ggf. noch geschrieben wird.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Es meldet sich nun eine Cousine großmütterlicherseits, die sich teilweise um die Erbfolge gekümmert hat, aber auch nur um den Zweig der Mutter. Die Großmutter hatte 6 Geschwister, alle verstorben, Kinder und Kindeskinder, auch teilweise verstorben. Sie legt einige Urkunden vor trägt aber vor, dass die Verwandten aus Polen kamen und einige Geburtsurkunden nicht zu beschaffen sind, dh. ihre eigene Erbstellung kann zur Zeit nicht nachgewiesen werden. Überhaupt stoße sie an die Grenzen ihrer Möglichkeiten weiter zu ermitteln. Bestellt ihr in diesem Fall einen Pfleger für die (teilweise) unbekannten Erben, der die Erben ggf mit Hilfe eines Erbenermittlers sucht oder sollte die Beauftragung des Ermittlers durch die bekannte Erbin erfolgen ? Könnte ggf. auch der Bevollmächtigte einen Erbenermittler beauftragen ? Danke im Voraus für Eure Hilfe

    Nachlasspflegschaft anordnen.

    Die Erbenstellung der Cousine kann "zur Zeit nicht nachgewiesen werden", also ist die Erbenstellung der Cousine ungewiss bzw. unbekannt. Ein Sicherungsbedürfnis im Sinne von § 1960 BGB ist nach obergerichtlicher Rechtsprechung auch vorhanden, denn:

    Bei der Frage, ob ein Sicherungsbedürfnis besteht, ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht allein auf den zu sichernden Nachlass abzustellen. Ein Sicherungsbedürfnis ist vielmehr auch dann gegeben, wenn die gesetzlichen Erben ohne die Ermittlungen eines Nachlasspflegers überhaupt nicht die Möglichkeit haben, von ihrem Erbe Kenntnis zu erlangen (KG OLGZ 1971, S. 210; OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14; OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).

    Das Kammergericht hat bereits im Jahr 1971 festgestellt: „Die Sicherung und Erhaltung des Nachlaßvermögens ist daher nicht Selbstzweck. Dieses Vermögen soll nicht um seiner selbst willen, sondern für diejenigen Personen, die sich als Erben herausstellen, gesichert und erhalten werden. Das erfordert jedoch auch, daß die Erben, wenn sie unbekannt sind, ermittelt werden und eine Verbindung zwischen ihnen und dem Nachlaß hergestellt wird, weil dieser für sie verloren ginge, falls sie von seinem Vorhandensein und von ihrer Erbenstellung keine Kenntnis erlangen. Die Erbenermittlung ist daher eine Maßnahme der Nachlaßsicherung, so daß ein (Sicherungs-) Bedürfnis zur Einleitung einer Nachlaßpflegschaft allein auf Grund der Notwendigkeit gegeben sein kann, unbekannte Erben zu ermitteln, auch wenn das Nachlaßvermögen in seinem Bestand selbst nicht gefährdet ist. Deshalb gehört die Ermittlung der unbekannten Erben zu den wesentlichen Aufgaben des Nachlaßpflegers (KGJ 40, 37 [38]; Staudinger-Lehmann aaO, § 1960 Rdn. 51) und kann sogar seine Hauptaufgabe sein (KG OLGR 8, 269).“ (KG OLGZ 1971, S. 210; so auch OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14; OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).

    Das OLG Hamm führt in der vorzitierten Entscheidung weiter aus: „Da es sich bei einer Nachlasspflegschaft um eine Personenpflegschaft für den zurzeit noch nicht bekannten Erben handelt, ist für jedes Erbteil und jeden möglichen Erben gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorliegen“.

    Wenn - wie dargelegt - die Voraussetzungen für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft vorliegen, kann ich nicht erkennen, warum diese nicht angeordnet wird, es sei denn, das Nachlassgericht will die erforderlichen Erbenermittlungen selbst vornehmen.

    Aus der obergerichtlichen Rechtsprechung ergibt sich ferner, dass die (noch nicht festgestellte) Teilerbin nicht darauf verwiesen werden kann, selbst einen gewerblichen Erbenermittler einzuschalten.

    Auch der Bevollmächtigte wird in der Regel nicht in der Lage sein, die Erben selbst zu ermitteln. Aus hiesiger Sicht wäre zur Kontrolle eines Bevollmächtigten durch die unbekannten Erben ohnehin ein Nachlasspfleger zu bestellen.

    Ein Nachlasspfleger darf nicht vorschnell einen in der Regel wesentlich kostenintensiveren gewerblichen Erbenermittler einsetzen. Er hat zunächst selbst Ermittlungen anzustellen.

    Nach alledem kann ich nicht erkennen, dass die unbekannten Erben mit erheblichen Kosten eines durch Teilerbin oder Bevollmächtigten beauftragten gewerblichen Erbenermittlers belastet werden sollen, wenn doch das Gesetz und die obergerichtliche Rechtsprechung die Bestellung eines (fähigen) Nachlasspflegers allein zum Zweck der Erbenermittlung vorsieht.

  • Hallo,

    Bestellt ihr in diesem Fall einen Pfleger für die (teilweise) unbekannten Erben, der die Erben ggf mit Hilfe eines Erbenermittlers sucht oder sollte die Beauftragung des Ermittlers durch die bekannte Erbin erfolgen ? Könnte ggf. auch der Bevollmächtigte einen Erbenermittler beauftragen ?
    Danke im Voraus für Eure Hilfe

    Ich habe leider keinen juris-Zugang, daher kann ich nur zu diesem Teil deiner Frage etwas beitragen: Der Erbe ist so lange unbekannt, wie ein Erbschein nicht erteilt wurde. Das gilt auch für die sog. Teil-Erbscheine, also bleibt bei vorliegendem Sachverhalt nur die Bestellung eines NL-Pflegers für den gesamten Nachlass.

  • IDer Erbe ist so lange unbekannt, wie ein Erbschein nicht erteilt wurde.


    Stimmt so nicht. Es genügt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Person Erbe geworden ist. Dass bereits ein Erbschein erteilt wurde, ist gerade nicht Voraussetzung dafür (MüKoBGB/Leipold, 9. Aufl. 2022, BGB § 1960 Rn. 112).

    Die ist im vorliegenden Fall nicht gegeben - hohe Wahrscheinlichkeit bedeutet ‚Erbscheinsreif‘ durch Urkunden nachgewiesen; alles andere wäre grob fahrlässig.

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