Verwendung gegenständlich beschränkter Erbschein oder anderer Erbnachweis

  • Es soll ein vererbliches Vorkaufsrecht (für jeden Verkaufsfall) gelöscht werden. Der Berechtigte ist bereits 1984 verstorben. Es wurde seinerzeit lediglich ein gegenständlich beschränkter Erbschein erteilt (in Anwendung des Rechts der ehem. DDR hinsichtlich aller zum Nachlass gehörenden Rechte und Grundstücke in der ehem. DDR).

    Dieser Erbschein reicht sicher nicht aus, um die Erbfolge nachzuweisen und das besagte Vorkaufsrecht zu löschen.

    Die Sache ist etwas verzwickt, da der Berechtigte beträchtliches Vermögen hinterlassen hat, was natürlich dazu führt, dass der Erbschein, der nun über das gesamte Vermögen zu erteilen wäre, ein erhebliches Sümmchen kosten würde. Dieses Sümmchen ist natürlich niemand bereit zu zahlen, da die (nicht ordnungsgemäß nachgewiesenen) Rechtsnachfolger zwar grundsätzlich schon Löschungsbewilligungen erteilt haben, aber natürlich kein Interesse daran haben, einen teuren Erbschein zu beantragen. Zudem ist auch ein weiterer Erbschein (für dessen Sohn) erforderlich, für welchen ein ähnliches Vermögen Grundlage sein dürfte.

    Das Grundstück ist bereits verkauft und die Käufer sind nicht bereit das Recht zu übernehmen.

    Sieht hier irgendjemand eine andere Möglichkeit als einen (normalen/teuren) Erbschein zum Nachweis der Rechtsnachfolge zu beantragen? Einen Erbschein nur für das Grundbuchamt gibt es ja leider nicht mehr und den seinerzeit erteilten Erbschein kann man nicht verwenden. :confused:

  • Grundsätzlich werden mE zwei Erbscheine oder ein zusammengefasster einheitlicher Erbschein benötigt.

    Sowohl für den allgemeinen Nachlass ohne das Grundvermögen in der ehemaligen DDR einerseits, als auch für das Grundvermögen in der ehemaligen DDR andererseits ist die Erbfolge je für sich zu beurteilen, da Rechtsfolge einer auf § 25 Abs. 2 RAnwG-DDR beruhenden Nachlassspaltung materiell-rechtlich ist, dass es sich um zwei nach verschiedenen Rechtsordnungen vererbte Nachlässe handelt.

    Das OLG Hamm, 15. Zivilsenat, führt dazu in Rz. 23 des Beschlusses vom 15.05.1996, 15 W 256/95, aus:
    „Die Nachlassspaltung hat zur Folge, dass das Grundvermögen in der ehemaligen DDR als selbständiger Nachlass anzusehen ist, der Erblasser in Abweichung vom Grundsatz der Universalsukzession über die einzelnen Nachlassteile selbständig verfügen kann, und die Rechtsfolgen von Todes wegen für jede Nachlassmasse nach dem jeweiligen Erbstatut gesondert zu beurteilen sind“.

    Das entspricht den Ausführungen des BayObLG im Beschluss vom 12. 10. 1999 - 1Z BR 34/99:

    „Die Nachlassspaltung hat zur Folge, dass die in der ehemaligen DDR gelegenen, unter § 25 II DDR-RAG fallenden Gegenstände einen selbständigen Nachlass bilden, bei dem sich die Erbfolge im Grundsatz nach den Regeln des DDR-ZGB richtet, während der übrige Nachlass den Regeln des BGB unterliegt. Die Erbfolge ist hinsichtlich der verschiedenen Nachlassteile je für sich zu beurteilen. Der Erblasser kann die Erbfolge für jeden Nachlassteil gesondert regeln; er kann hinsichtlich des einen Teils kraft Gesetzes, hinsichtlich des anderen kraft letztwilliger Verfügung beerbt werden (BayObLG, NJW 1998, 241 = FamRZ 1997, 391 [392]; OLG Hamm, ZEV 1997, 502 = VIZ 1998, 49 = FamRZ 1998, 121 [122])“.

    Grziwotz geht im Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2022, § 2353 RN 177, davon aus, dass jede Erbfolge selbstständig zu bezeugen ist, selbst wenn sie im Ergebnis für beide Nachlassteile übereinstimme. Dies könne durch zwei sich insoweit ergänzende Einzelerbscheine oder in einem Doppelerbschein (Sammelerbschein), der die beiden Erbscheine und dadurch bezeugten Erbfolgen zusammenfasst, geschehen.

    Dabei geht er in RN 179 davon aus, dass sich die grundsätzliche Verwendbarkeit und Wirksamkeit nach der Wiedervereinigung für Erbscheine, die vor dem 3.10.1990 in der alten Bundesrepublik oder in der ehemaligen DDR erteilt wurden, in dem Sinn beurteile, dass sie für das ganze deutsche Gebiet formell als Erbscheine anerkannt werden

    Enthalte ein solcher Erbschein keinen eingeschränkten Geltungsvermerk, genüge ausnahmsweise auch eine Ergänzung durch nachträgliche Anbringung des Geltungsvermerks (siehe dazu die Nachweise in Fußnote 711).

    Das entspricht der Darstellung von Cromwell in seinem Beitrag vom 05.11.2011
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post753978
    Er geht unter 3. (Erteilung von ZGB-Erbscheinen bzw. eines Ergänzungsbeschlusses) davon aus, dass bei einem in Westdeutschland erteilten Erbschein, dann, wenn die Erbfolgen nach BGB und DDR-ZGB identisch sind, ein Ergänzungsbeschluss genügen kann. Wegen der Kosten ist auf die Abhandlung von Bestelmeyer im JurBüro 1996, 620 verwiesen. In der Kurzfassung in der FHZivR 43 Nr. 9886 ist dazu ausgeführt: „Eine den Geschäftswert erhöhende Berücksichtigung des Grundbesitzes bzw. Restitutionsanspruchs mit dem Wert zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung [3. 10. 1990] bzw. zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des VermG [29. 9. 1990] oder mit dem Wert zum Zeitpunkt der Erbscheinserteilung ist angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 107 Abs. 2 S. 1 HS. 1 KostO unzulässig.

    § 107 Absatz 2 S. 1 HS. 1 KostO lautete: „Erstrecken sich die Wirkungen eines Erbscheins nur auf einen Teil des Nachlasses, bleiben diejenigen Gegenstände, die von der Erbscheinswirkung nicht erfasst werden, bei der Berechnung des Werts außer Betracht“.

    Dem entspricht nunmehr § 40 Absatz 3 Satz 1 GNotKG: „Erstrecken sich die Wirkungen eines Erbscheins nur auf einen Teil des Nachlasses, bleiben diejenigen Gegenstände, die von der Erbscheinswirkung nicht erfasst werden, bei der Berechnung des Geschäftswerts außer Betracht“.

    Frage ist, ob die Ausführungen zur Ergänzung eines Erbscheins, der keinen eingeschränkten Geltungsvermerk verlautbart, auch im umgekehrten Fall (auf das Grundvermögen in der ehemaligen DDR beschränkter Erbschein, aber Geltung auch im übrigen Bundesgebiet) gelten können (dazu habe ich bislang nichts gefunden) und ob dies unter Geltung des GNotKG gebührenrechtliche Auswirkungen hätte.

    Gehe ich davon aus, dass sich die grundsätzliche Verwendbarkeit und Wirksamkeit nach der Wiedervereinigung für Erbscheine, die vor dem 3.10.1990 in der alten Bundesrepublik oder in der ehemaligen DDR erteilt wurden, in dem Sinn beurteile, dass sie für das ganze deutsche Gebiet formell als Erbscheine anerkannt werden (MüKo/Grziwotz, § 2353 RN 179), dann würde wohl lediglich nur noch ein weiterer Erbschein erforderlich sein, dessen Wert nach § 40 Absatz 3 Satz 1 GNotKG nach dem Wert des Restnachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls (1984) zu berechnen wäre, wobei die Neuregelungen durch das GNotKG zu berücksichtigen wären (siehe Wilsch, „Neuregelungen des Kostenrechts aus amtsgerichtlicher Sicht“, FGPrax 2013, 47/50 unter 4. Erbscheinsverfahren: „Nach § 40 Abs. 1 S. 1 und 2 ist der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls maßgeblich, reduziert lediglich um die Erblasserschulden, nicht aber mehr auch um die Erbfallschulden (so bislang § 107 Abs. 2 S. 1 KostO; zur Neuregelung vgl. BT-Drs. 17/11471, 253)“.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen lieben Dank für diese ausführliche Antwort.

    Wenn ich das richtig zusammenfasse, könnte hier wohl ein Ergänzungsbeschluss ausreichen. Aber kostenrechtlich würde auch dieser zu Buche schlagen, da das Gesamtvermögen (ohne DDR-Grundbesitz) zu berücksichtigen wäre.

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