Organisation/Begleitung des Transports eines Kindes über die Bundesländer hinweg

  • Ich bin Einzelvormünderin (Amtsgericht, nicht Jugendamt).
    Volle Vormundschaft für Kind, 13.
    Kind ist seit Februar 2022 abgängig. Seit sie 5 ist, ist sie in Jugendhilfeeinrichtungen.
    Vermutung, dass sich Kind (unerlaubt) bei der Mutter aufhält.
    Von der Polizei mehrfach aufgegriffen und in die Einrichtung verbracht. Von dort ist sie jedes Mal wieder abgehauen.

    Jugendamt hat nun eine Einrichtung in Schleswig-Holstein gefunden; wir sind in Berlin; 4 Bundesländer betroffen.

    Hat jemand Wissen darüber, wer den Transport organisieren muss? Einzelvormund oder Jugendamt (Regionaler Sozialdienst)? Und muss Einzelvormund den Transport begleiten und/oder Regionaler Sozialdienst?

    Kind könnte ggfs. unterwegs abhauen, vielleicht sogar angreifen. Ist Polizeischutz möglich? Wie kann dieser organisiert werden?

  • Hallo HildegardNeumann,

    Einen Transport gegen den Willen einer Jugendlichen hatte ich als Amtsvormund zu verantworten. Sie war in Hessen in Obhut genommen worden und sollte nach Brandenburg.
    Einige Punkte sind mir in Erinnerung:
    -Beschluss des Familiengerichts.
    Es hatte die Herausgabe des Kindes an mich angeordnet, auch gegen seinen Willen.
    Das Familiengericht hat festgestellt, dass Gefahr für Leib und Leben besteht und zur Abwehr der Kindeswohl-Gefahr alle in Frage kommenden. Behörden um Unterstützung gebeten werden.
    Es hat eine beruhigende Medikation genehmigt.
    -Organisation der Polizei
    Die Polizei habe ich um Amtshilfe gebeten, beginnend mit der Transportplanung. Und das hat sie sehr selbständig gemacht. Transport erfolgte in einem RTW der Feuerwehr. Anfangs fuhr ein Arzt mit. Das wurde in NRW geändert. Da war die Erreichbarkeit eines Notarztes von Kreis zu Kreis organisiert.
    Der begleitende Polizist wechselte an jeder Landesgrenze.
    Ich war überrascht, dass seitens der Polizei unterwegs eine Übernachtung organisiert war. Bei dieser Gelegenheit gab es übrigens einen erfolglosen Entweichungsversuch. Bei Magdeburg bin ich dann hinzugestoßen und fuhr im RTW mit. Wahnsinnig laut das Fahrzeug. Deshalb war kein Gespräch möglich.

    Dann der neue Vormund am Unterbringungsort.
    Die größten Probleme gab es, einen neuen Vormund zu finden und zu bestallen. Ich habe einen Entlassungsantrag mit Entscheidung vor dem Unterbringungstermin gestellt. Da brauchte es schon den Nachdruck aus Hessen, wo man die noch nicht strafmündige Straftäterin möglichst loswerden wollte.

    Die neue Vormundin berichtete mir später, dass die beschwerliche Reise, das tagelange Warten in Zellen und die unfreundliche Behandlung gewirkt haben: Das Mädel wollte so etwas nicht noch einmal erleben und ist in BB geblieben.

  • Hallo Moosi,
    danke, sehr hilfreiche Informationen.
    Dann hast du einen Antrag nach § 1631 BGB gestellt?
    Es geht nicht um eine geschlossene Unterbringung, sondern offene Jugendhilfeeinrichtung.
    Ist dann wohl ein Antrag nach § 1631 BGB überhaupt nötig? Da ich eine Herausnahme als Vormund ja grds. auch ohne richterlichen Beschluss veranlassen kann.

  • Soweit ich mich entsinne habe ich nach der Bestellung dem Familiengericht mitgeteilt, dass trotz des Sorgerechtsentzugs das KW weitergefährdet ist, ich mich zur Gefahrenabwehr nicht in der Lage sehe und ich deshalb das Gericht bitte, weitergehende Maßnahmen zu beschließen.

  • Gibt es hier Erfahrungen zum Thema Strafanzeige gegen die Mutter, die das Mündel unerlaubt einbehält?

    (Polizeiliche) Herausnahmen waren erfolglos. Das Mündel ist auf dem Absatz umgedreht, wenn es in die Einrichtung zurückgebracht wurde, und wieder - vermutlich zur Mutter - zurückgegangen.

    Eine Unterbringung des Mündels bei der Mutter geht im Grundsatz nicht, da es dort nicht angemeldet werden kann. Mutter ist auch nicht gemeldet und darf von den Mietern aus auch nicht angemeldet werden.

    Hat jemand Tipps für geschlossene Jugendhilfeeinrichtungen?

  • Wie wäre es mit einer Einrichtung für Mutter und Kind? Wenn dem Kind nicht vermittelt werden kann, wieso es nicht bei der Mutter leben kann, bringen die Versuche nichts.
    An geschlossenen Unterbringungen beteilige ich mich nicht mehr, seit ein Mündel (eines Kollegen) aus dem Fenster gesprungen ist.
    Meiner Meinung nach braucht der Vormund dafür eine familiengerichtliche Genehmigung.

    Strafverfahren gegen Elternfunktionieren nur bei vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht und wenn körperliche Verletzungen zugefügt werden.
    Spätestens seit der BGH im Münsteraner Missbrauchsfall die mitwissende Mutter mit Milde behandelt wissen will, sind die Hürden für eine Verurteilung hoch.

  • Es ist eine Abwägungsfrage. Lasse ich als Vormund eine 13-Jährige unerlaubt bei der Mutter, die partout eine Unterbringung der Tochter und aber auch eine Mutter-Kind-Einrichtung oder eine über eine Einzelfallhilfe gesuchte Sozialwohnung ablehnt? Oder schaue ich nach einer anderen Lösung? Geschlossene Jugendhilfeeinrichtungen scheint es nicht mehr zu geben, vermutlich aufgrund der schlechten Erfahrungen damit.
    In diesem Fall komme ich mit meinen rechtlichen Möglichkeiten einfach nicht weiter aufgrund der mangelnden Kooperation der Mutter. D.h. dann -> Kind geht nicht mehr in die Schule, nimmt keine dringend erforderlichen Arzttermine mehr wahr. Und: natürlich auch der drohende Absturz in eine unerfreuliche Jugendhilfekarriere.
    Kennt jemand diese Konflikte und hat Lösungsideen?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!