"Kettenformwechsel" von GmbH & Co. KG in Aktiengesellschaft und sofort in eine SE

  • Eine GmbH & Co. KG soll gemäß Art. 2 Abs. 4 iVm Art. 37 SE-VO im Wege des Formwechsels in eine Aktiengesellschaft und eine logische Sekunde später im Wege des Formwechsels in eine Europäische Gesellschaft (SE) umgewandelt werden.
    Ein socher "Kettenformwechsel" ist in der Literatur wohl streitig, nach einem Aufsatz des Autors von der Höh, AG 2018, 185 - 194 aber zulässig. Ist also ein "Kettenformwechsel" herrschene Meinung und als zulässig zu erachten? Ich meine: ja. Liege ich richtig?

    Die Gesellschaft überreicht nunmehr zwei notarielle Urkunden:
    1. Eine Urkunde betreffend die 'Offenlegung gemäß Art. 37 Abs. 5 SE-VO'. Darin wird erklärt, dass die GmbH & Co. KG den Kettenformwechsel vorhat und dass gem. § 61 S. 2 UmwG (nur) ein Hinweis auf die Einreichung des Umwandlungsplans zum Handelsregister veröffentlicht werden muss.
    2. Umwandlungsplan,
    Ich beabsichtige, beide Urkunden im Registerordner der GmbH & Co. KG - zur Einsichtnahme im Web - freizugeben und folgenden Hinweis im Registerportal unter dem Abschnitt 'Registerbekannmachungen nach dem UmwG' zu veröffentlichen (frei formuliert):

    Die Gesellschaft strebt den Formwechsel in die Rechtsform der Europäischen Gesellschaft (SE) an. Es ist beabsichtigt, die Gesellschaft in einem ersten Schritt im Wege des Formwechsels in eine Aktiengesellschaft und unmittelbar anschließend in einem zweiten Schritt nach den Vorschriften der SE-VO (Verordnung EG Nr. 2157/2001) in die Rechtsform der Europäischen Gesellschaft (SE) umzuwandeln. Die Gesellschaft beabsichtigt, den Formwechsel der Aktiengesellschaft in die Rechtsform der (Europäischen Gesellschaft (SE) im Wege eines so genannten "Kettenformwechsels" vorzunehmen.

    Als nicht eingetragen, wird bekannt gemacht, dass die Gesellschaft den Umwandlungsplan zum Handelsregister HRXXXXX Amtsgericht XXXXX eingereicht hat.

    Ist das so in Ordnung, ist was falsch oder fehlt noch was? Ich mache das als Rechtspfleger zum ersten Mal und habe keinerlei Vorlagen.
    Ich bin für jeden rechtlichen und praktischen Hinweis dankbar!

    edit by Kai: Klardaten entfernt

  • Danke für die schnelle Reaktion und die Herausnahme der Daten. Das kommt von der Hektik des Arbeitsalltags nach stundenlanger Recherche. Ich habe meine Word-Vorlage hier hereinkopiert. Das nächste Mal werde ich besser aufpassen.
    Kann mir jemand dennoch zum Inhalt meiner Anfrage helfen?
    Nach MüKoAktg/Schäfer SE-VO Art. 37 Rn. 19, 20 ist nur die Tatsache der Einreichung des Planes bekannt zu machen. Nach Habersack/Drinhausen/Bücker SE-VO Art. 37 Rn 32, 33 veröffentlicht das Registergericht einen Hinweis auf die Hinterlegung des Umwandlungsplanes.
    Danach könnte auch die folgende Bekanntmachung ausreichen: Dem Registergericht ist ein Umwandlungsplan eingereicht worden.

    Den Umwandlungsplan gebe ich zur Web-Einsicht im Registerordner frei.

    Vielen Dank für Eure Stellungnahmen.

  • Ich muss schon bei Deiner ersten Frage einhaken und leise Bedenken gegen einen - ansonsten zulässigen - Kettenformwechsel anmelden:

    Diese Bedenken gründen sich auf Art. 2 Abs. 4 SE-VO. Danach ist Voraussetzung, dass die umzuwandelnde AG "seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft hat." Hier soll die AG erst durch Formwechsel aus der GmbH & Co. KG entstehen und kann daher nach der juristischen Sekunde noch gar nicht schwanger geschweige denn seit zwei Jahren Mutter sein. Der vorgeschaltete Formwechsel stellt aus meiner Sicht eine unzulässige Umgehung dar, zumal die (erst nachträglich eingeführte und von Misstrauen begleitete) Norm ohnehin eng auszulegen sein wird. So ist es denn auch der Zweck der gesetzten Zweijahresfrist, "eine Umwandlung auf der Grundlage rascher Ausgründungen zu verhindern" (MüKoAktG/Oechsler, 5. Aufl. 2021, SE-VO Art. 2 Rn. 49). Ob dies tatsächlich zur Unzulässigkeit führt, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen; mein Bauchgefühl spricht eher dafür.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Im Umwandlungsplan ist dargelegt, dass der formwandelnde Rechtsträger (GmbH & Co. KG) bereits seit mehr als 2 Jahren mehrere Tochterfirmen hat, die dem Recht eines anderen EU-Mitgliedsstaates unterliegen. Dadurch werde auch die Aktiengesellschaft nach deutschem Recht, die im Wege des Formwechsels im 1. Schritt entsteht, die Voraussetzungen für eine formwechselnde Umwandlung in eine SE nach Art. 2 Abs. 4 SE-VO, Art. 37 SE-VO erfüllen.
    Sind deine Bedenken beseitigt? Die Register-Richterin hat keine durchgreifenden Bedenken gegen den Kettenformwechsel.

  • Im Umwandlungsplan ist dargelegt, dass der formwandelnde Rechtsträger (GmbH & Co. KG) bereits seit mehr als 2 Jahren mehrere Tochterfirmen hat, die dem Recht eines anderen EU-Mitgliedsstaates unterliegen. Dadurch werde auch die Aktiengesellschaft nach deutschem Recht, die im Wege des Formwechsels im 1. Schritt entsteht, die Voraussetzungen für eine formwechselnde Umwandlung in eine SE nach Art. 2 Abs. 4 SE-VO, Art. 37 SE-VO erfüllen.
    Sind deine Bedenken beseitigt? Die Register-Richterin hat keine durchgreifenden Bedenken gegen den Kettenformwechsel.

    Meine Bedenken bestehen fort, auch wenn nach Lektüre einschlägiger Literatur wohl eher die Zulässigkeit anzunehmen sein wird:

    • Rinke (in: Schmitt/Hörtnagl/Hörtnagl/Rinke, 9. Aufl. 2020, SE-VO Art. 2 Rn. 27): "Die Gründer können auch innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums in eine AG/GmbH umgewandelt worden sein."
    • Harald Gesell/Nefail Berjasevic (in: Jung/Krebs/Stiegler, Gesellschaftsrecht in Europa, 1. Auflage 2019, § 4 Europäische Aktiengesellschaft, Rn. 97): "Nicht erforderlich ist, dass die formwechselnde Gesellschaft während der Mindest-Haltefrist von zwei Jahren in der Rechtsform der Aktiengesellschaft bestand. Demgemäß ist es zulässig, eine GmbH in eine Aktiengesellschaft und anschließend – ohne zusätzliche Wartezeit – in eine SE umzuwandeln."
    • Schröder (in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft SE, 3. Auflage 2019, SE-VO Art. 2 Rn. 59a): "Fraglich ist, ob eine ausreichend lange gegebene Mehrstaatlichkeit auch durch Gesamtrechtsnachfolge erworben werden kann. Die Frage stellt sich z.B., wenn eine als Gründerin auftretende Aktiengesellschaft innerhalb der letzten zwei Jahre zwar keine eigene ausländische Tochtergesellschaft hatte, auf sie jedoch zwischenzeitlich eine andere Gesellschaft verschmolzen wurde, die ihrerseits seit mindestens zwei Jahren eine Auslandstochter hatte. Die Frage ist zu bejahen."


    Anderslautende Stimmen habe ich auf die Schnelle nicht gefunden, so dass man wohl meine - unmaßgeblichen - Bedenken hintanstellen kann. :cool:

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

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