Ergänzungsbetreuer für Erbausschlagung?

  • Hallo,

    der Vater eines Betreuten ist verstorben. Der Betreute ist das einzige Kind, seine Mutter die Betreuerin, u. a. mit dem Aufgabenbereich der Vermögenssorge. Ein Testament liegt nicht vor. Die Ehe bestand im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, also erben ja grundsätzlich die überlebende Ehefrau und das einzige Kind zu je 1/2.

    Nun möchte aber die Betreuerin = Miterbin für die Betreute ausschlagen, für sich jedoch nicht. Ich weiß nicht, ob die Eltern des Erblassers noch leben oder Geschwister des Verstorbenen. In jedem Fall würde sich aber durch die Ausschlagung der gesetzliche Erbteil der Betreuerin erhöhen (§ 1931 Abs. 1 BGB), ggf. wird sie sogar Alleinerbin.

    Für mich riecht dies sehr nach einem Interessenkonflikt, nur nach welcher Vorschrift (§ 181 BGB?)? Würdet ihr die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers (z. B. für den Aufgabenbereich Regelung der Erbangelegenheiten des Betreuten) anregen?

  • Zunächst würde ich mir ein Verzeichnis über den Nachlass des Verstorbenen und die zugehörigen Nachweise vorlegen lassen. Wenn keine Überschuldung vorliegt, kommt eine Genehmigung nicht in Betracht.

    Wenn die Frage Überschuldung oder nicht zweifelhaft ist, würde ich einen Ergänzungsbetreuer bestellen lassen.

  • Ein gesetzlicher Vertretungsausschluss kommt nur nach § 181 BGB in Betracht.

    Bei ausschließlich amtsempfangsbedürftigen Erklärungen (wie der Erbausschlagung) wird danach unterschieden, ob der Vertreter die Erklärung (z.B. nach den §§ 875 Abs.1 S.2, 876, 1183 BGB) auch gegenüber sich selbst hätte abgeben können (dann Vertretungsausschluss nach § 181 BGB) oder ob das Gericht nicht nur formell, sondern auch der Sache nach Erklärungsempfänger ist (dann kein Vertretungsausschluss nach § 181 BGB). Die Ausschlagung einer Erbschaft kann daher vorbehaltlich des gerichtlichen Genehmigungserfordernisses auch dann vom gesetzlichen Vertreter erklärt werden, wenn er durch die Erbausschlagung selbst Erbe wird bzw. sich sein Erbteil durch die Erbausschlagung erhöht (OLG Frankfurt FamRZ 1964, 154; BayObLGZ 1983, 213, 220; MünchKomm/Schramm § 181 RdNr.31 a; Staudinger/Schilken § 181 RdNr.40; Coing NJW 1985, 9; a.A. Buchholz NJW 1003, 1161; Heldrich [FS Lorenz] S. 97).

    Die Interessen des Kindes müssen daher im familiengerichtlichen bzw. (hier) im vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungsverfahren gewahrt werden.

  • Konnte jetzt noch nicht die im Palandt zitierte Rechtsprechung nachschauen, ob diese auch anwendbar ist, wenn der Betreuer neben dem Betreuten schon Erbe ist.

    Falls ja, müsste dann durch richterlichen Beschluss explizit die Vermögenssorge hinsichtlich Regelung der Erbangelegenheit erfolgen oder einfach die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers für diesen Aufgabenkreis?

  • Handelt ein Vormund, Pfleger oder (wie hier) ein Betreuer, ist die Sache klar, weil § 1822 Nr.2 BGB in keiner Weise differenziert: Jede Ausschlagung ist genehmigungspflichtig.

    Beim Elternhandeln gilt § 1643 Abs.2 S.2 BGB, wonach die Genehmigung ebenfalls in jedem Fall erforderlich ist, wenn der vertretende Elternteil von voneherein neben dem Kind zum (Mit)Erben berufen war. Aber auch wenn dies nicht der Fall ist und eine famG Genehmigung der Erbausschlagung nach dem Wortlaut des § 1643 Abs.2 S.2 BGB nicht erforderlich wäre, wird im Wege der teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs der Ausnahmevorschrift der Genehmigungsvorbehalt wieder hergestellt, wenn die Kindesausschlagung dazu führt, dass der vertretende Elternteil selbst erbt oder die Erbschaft einem anderen Kind anfällt (Palandt/Diederichsen § 1643 RdNr.5 m.w.N.).

    Im vorliegenden Fall schlägt eine Betreuerin die Erbschaft aus. Also besteht eindeutig die Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr.2 BGB.

  • @ Borrelio
    Muß ich auch noch einmal nachlesen, habe einen ähnlichen Fall,bei dem ich auf dieses Problem noch gar nicht gekommen war. Ich denke aber, dass es im Ergebnis dasselbe ist, ob der gesetzliche Vertreter durch die Ausschlagung Erbe wird oder ob sich "nur" sein Erbanteil erhöht.

  • @ juris

    Die Frage der Genehmigungspflicht ist wohl unstreitig.

    Bleibt die Frage, ob die Betreuerin in diesem Fall vertreten kann. Ich bin der Meinung, der Betreuerin ist die Vertretungsmacht insoweit zu entziehen, es sei denn, man stellt nach dem Nachlassverzeichnis fest, dass die Ausschlagung nicht genehmigungsfähig ist und die Betreuerin gibt dann auf.

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