Gutachterbestellung des FamG

  • Zwei minderjährige Kinder haben von ihrem Großvater einen Millionennachlass geerbt, der u.a. aus erbschaftsteuerlich privilegiertem Betriebsvermögen i.S. des § 19 a ErbStG bestand. Aufgrund erheblicher Einkommen- und Erbschaftsteuerlasten mussten steuerschädliche Betriebsentnahmen in Höhe von 440.000 € getätigt werden, die zur Erhaltung der genannten steuerlichen Privilegierung bis Ende 2006 wieder ausgeglichen werden müssen. Zu diesem Zweck wurde beim FamG die Genehmigung einer Kreditaufnahme in genannter Höhe für das Privatvermögen beantragt, um die monatlichen Betriebseinnahmen in Höhe von ca. 35.000 € in Zukunft zum Ausgleich der erfolgten Entnahmen ungeschmälert ansparen zu können. Da sich die zuständige Rechtspflegerin des FamG nicht zur Beurteilung der steuerlichen Problematik in der Lage sah, hat sie trotz hiergegen erhobenen Widerspruchs des gesetzlichen Vertreters einen Steuerberater als „Gutachter“ bestellt. Hierfür sind Kosten von mehr als 2.000 € angefallen, die den Kindern in Rechnung gestellt wurden.

    Ich bin der Auffassung, dass diese Kosten nach § 16 KostO niederzuschlagen sind, weil sich das Gericht die erforderlichen Rechtskenntnisse für die Anwendung deutschen Rechts selbst zu beschaffen hat. Nach OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 1367 ist die Erholung eines Gutachtens nur zulässig, wenn es sich um die Anwendung ausländischen Rechts handelt oder wenn die Anwendung inländischen Rechts ähnlich schwierig wie die Anwendung ausländischen Rechts erscheint.

    Was meint ihr?

  • Das sehe ich auch so. Bevor ich für so was einen Gutachter beauftragt hätte, hätte ich wohl einen Beweisbeschluss erlassen, gegen den dann wohl Beschwerde eingelegt worden wäre. Die Notwendigkeit des Gutachtens wäre dann gleich zweitinstanzlich geklärt gewesen. Außerdem hätte womöglich ein Anruf beim Finanzamt ausgereicht, um sich die notwendigen Informationen zu besorgen.

  • Im Online-Kommentar zur KostO bei RA-MICRO-Verlag habe ich in § 16 Anm. 8 geschrieben:

    § 16 Anm. 8

    Einzelfragen zu *Gerichtskosten-Fällen nach § 16* sind entschieden worden zB über
    - Einholung eines Rechtsgutachtens zu ausländischem Erbrecht mit unüblichem Zeitumfang von über 200 Stunden und Kosten von mehr als 23.000 Euro (BayObLGZ 2004, 55 = Rpfleger 2004, 525 = KostRsp § 16 Nr. 87 mit Anm. von Lappe) sowie
    - zur Rechnungslegungsprüfung durch Sachverständigen wegen personeller Unterbesetzung des Gerichts (AG Bad Oeynhausen FamRZ 2004, 284).
    Weitere Einzelfragen sind dargestellt in Korintenberg § 16 Rn. 5-28a; Rohs/Wedewer § 16 Rn. 3-20; Assenmacher/Mathias, Nichterhebung von Kosten 1.-1.2.5; Hartmann § 16 Rn. 5-45.

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