InsO vs. AnfG?

  • Über das Vermögen des Schuldners ist im Januar 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Quotenaussicht besteht nicht.

    Wir sind sowohl Insolvenzgläubiger als auch Neugläubiger von Steuerschulden, die der Schuldner nach Verfahrenseröffnung begründet hat (Der Schuldner selbst, nicht der Verwalter, es handelt sich nicht um Masseverbindlichkeiten).

    Der Schuldner war Eigentümer eines Fahrzeugs. Dieses wurde, wie wir vor kurzem erfahren haben, im Dezember 2002 (5 Wochen vor der Verfahrenseröffnung) von der Zulassungsstelle umgeschrieben auf eine GmbH, bei der eben der Schuldner Geschäftsführer ist und mit der er quasi seine berufliche Tätigkeit weiterführt.

    Besagtes Fahrzeug taucht aber in den damaligen GmbH-Bilanzen nicht auf! Erst im Juni 2004 wird von der GmbH ein Fahrzeug aktiviert, bei dem es sich um die "Schuldnergabe" handeln könnte, das lässt sich allerdings aus den mir vorliegenden GmbH-Unterlagen mangels Angaben des amtlichen Kennzeichens nicht sicher ablesen. Allerdings würde das Fahrzeug in der Bilanz sonst komplett fehlen...
    (wobei der bilanzierte Wert deutlich unter dem tatsächlichen Wert liegen dürfte)

    Im Vermögensverzeichnis des Schuldners nach § 153 InsO wird der PKW (ein älteres Cabrio „mit Stern“, so 20-30 Jahre alt) nicht aufgeführt.

    Nun ist der Wert des Fahrzeugs eher „Erdnüsse“ im Verhältnis zu den ganzen angemeldeten Insolvenzforderungen, aber die später begründeten Neuschulden könnten damit wohl abgedeckt werden...

    Es stellt sich somit die Frage der Anfechtung.

    Unser Kommentar zur InsO (Nerlich/Römermann) sagt in Rd-Nr. 17 zu § 129: "Gläubiger, die keine Insolvenzgläubiger sind, sind an der Ausübung der Anfechtung nach dem AnfG auch während des Insolvenzverfahrens nicht gehindert."


    Hingegen heisst es im AnfG-Kommentar (Huber) in Rd-Nr. 58 zu § 1: "Außerdem ist § 16 Abs. 1 S. 1 entsprechend anwendbar für Gläubiger, die ihre Forderungen erst nach Verfahrenseröffnung erworben haben und die nicht zu den Massegläubigern gehören (sog. Neugläubiger)." So auch Rd-Nr. 6 zu § 18.


    Verstehen kann ich das nicht wirklich, denn § 16 AnfG spricht ausdrücklich von den Insolvenzgläubigern...




    Kann hier also der Neugläubiger, dessen Ansprüche ja vom Inso-Verfahren nicht betroffen sind, nach dem AnfG anfechten oder steht dem das noch anhängige Inso-Verfahren entgegen?:gruebel:

  • Ich denke, dass auch der Neugläubiger während des laufenden InsVerfahrens nicht nach AnfG vorgehen kann:

    Zum ist das AnfG nach § 1 Abs. 1 nur für Anfechtungen außerhalb eines Insolvenzverfahrens anwendbar. Bereits daraus kann m.E. geschlossen werden, dass im Konkurrenzverhältnis der Anfechtung durch den IV und durch den Gläubiger (egal ob Insolvenz- oder Neu-) letzterer nach Vorstellung des Gesetzgebers den Kürzeren ziehen soll.

    Zum anderen dürfte ein Vorgehen nach AnfG aber auch als Maßnahme der Zwangsvollstreckung anzusehen sein, weshalb § 89 Abs. 2 InsO der Anfechtung nach AnfG entgegensteht (vgl. Kübler/Prütting/Paulus, § 1 AnfG Rz. 18).

    Aber wenn man einen Kommentar hat, der was anderes sagt und der Streitwert klein ist, könnte man doch das Risiko eines Rechtsfortbildungsversuchs eingehen.:)

  • Ich denke, dass auch der Neugläubiger während des laufenden InsVerfahrens nicht nach AnfG vorgehen kann:

    Zum ist das AnfG nach § 1 Abs. 1 nur für Anfechtungen außerhalb eines Insolvenzverfahrens anwendbar. Bereits daraus kann m.E. geschlossen werden, dass im Konkurrenzverhältnis der Anfechtung durch den IV und durch den Gläubiger (egal ob Insolvenz- oder Neu-) letzterer nach Vorstellung des Gesetzgebers den Kürzeren ziehen soll.



    Na, das ist doch gleich doppelt der Fall:

    Der Neugläubiger nimmt ja nicht am Inso-Verfahren teil, ist also stets außerhalb.:D

    Und die anfechtbare Handlung fand schließlich vor Verfahrenseröffnung statt...:unschuldi

    Zum anderen dürfte ein Vorgehen nach AnfG aber auch als Maßnahme der Zwangsvollstreckung anzusehen sein, weshalb § 89 Abs. 2 InsO der Anfechtung nach AnfG entgegensteht (vgl. Kübler/Prütting/Paulus, § 1 AnfG Rz. 18).



    § 89 Abs. 2 InsO sagt ja aber nur, dass Zwangsvollstreckungen in künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge während der Verfahrensdauer unzulässig sind, auch für Neugläubiger. DAS hat ja aber niemand vor.

    Aber wenn man einen Kommentar hat, der was anderes sagt und der Streitwert klein ist, könnte man doch das Risiko eines Rechtsfortbildungsversuchs eingehen.:)



    Wie sieht es aus mit der Verjährung des Anfechtungsanspruchs des Verwalters?
    (eigenartigerweise ist hier im Inso-Kommentar [Loseblatt!] noch eine alte Fassung von § 146 InsO nebst Kommentierung drin...:eek:)

  • 1. Allgemein denke ich, dass man § 1 AnfG so lesen muss, dass Anfechtungsansprüche, die in einem laufenden Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können, ein Vorgehen nach AnfG ausschließen. Nur das enspricht dem umfassenden Insolvenzbeschlag und der par condicio creditorum.

    2. Die Verjährung des Insolvenzanfechtungsrechts ist natürlich ein interessanter Gedanke:

    Nach altem § 146 InsO verjährte der Anfechtungsanspruch in zwei Jahren ab Insolvenzeröffnung. Nach neuem § 146 gilt (auch) für den Anfechtungsanspruch die gesetzliche Regelverjährung, also drei Jahre ab Endes des Jahres der Kenntnis. Als Übergangsregelung gilt Art. 229 § 6 EGBGB entsprechend: Vor dem 15.12.2004 nach altem Recht verjährte Anfechtungsansprüche bleiben verjährt, die zu diesem Stichtag noch unverjährten verjähren nach der kürzeren Frist. Die neue Verjährung kommt daher nur für nach dem 15.12.04 eröffnete Verfahren in Betracht.

    Zu beachten ist natürlich auch nach der alten Frist § 146 II - und der könnte selbst dann ein Hindernis für das Vorgehen nach AnfG sein, wenn die Insolvenzanfechtung vorliegend schon verjährt ist.

    Aber wie schon motiviert: Versuch macht kluch!



  • Hm, da das Insolvenzverfahren bereits im Januar 2003 eröffnet wurde, die anfechtungsrelevanten Informationen aber offenbar dem Verwalter nicht bekannt waren (wohl auch bislang nicht sind) und auch uns erst jetzt bekannt wurden (pikanterweise hat uns erst der Anwalt des Schuldners drauf gebracht, wohl eher unbeabsichtigt...:cool:), scheidet eine Anfechtung durch den Verwalter wegen Art. 229 § 12 EGBGB i.V.m. Art. 229 § 6 BGB aus, right?

    § 146 Abs. 2 InsO dürfte bei der Konstellation dieses Falles m.E. nicht praktisch werden, da die Insolvenzmasse nicht betroffen wird.

  • Dann brauchst Du ja nur noch eine schlüssige Anfechtungsklage basteln und Argumente für die Zulässigkeit zurechtlegen.:D



    Als Behörde können wir ja fieserweise andersrum vorgehen: Duldungsbescheid erteilen und dann auf Widerspruch und Anfechtungsklage des Anfechtungsgegners warten.:D


    Es ging mir aber hier zunächst darum, erst mal Meinungen zu bekommen. Eine hab ich nun zumindest. Vielen Dank dafür, Chick!:daumenrau

  • Als Behörde können wir ja fieserweise andersrum vorgehen: Duldungsbescheid erteilen und dann auf Widerspruch und Anfechtungsklage des Anfechtungsgegners warten.:D



    Wenn das tatsächlich geht, dann habe ich auch was dazu gelernt. Mein bisheriger Kenntnisstand ist, dass die Anfechtung nach AnfG nur durch Klage geltend gemacht werden kann (§ 13 AnfG) und in die ausschließliche Zuständigkeit der Zivilgerichte fällt (Kübler/Prütting/Paulus, § 13 AnfG Rz. 10).

  • :guckstduhhttp://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__191.html

    Im Kommentar von Huber findet sich da hauptsächlich was bei der Kommentierung von § 7 AnfG (Rand-Nr. 17-29), ansonsten finden sich bei anderen Paragrafen nur kurze Verweise auf die o.g. Rand-Nrn.

    Es war wohl vorgesehen, mit Einführung der InsO diese Möglichkeit entfallen zu lassen, doch machte der Gesetzgeber dann eine Kehrtwende und änderte zum 01.01.2000 dann den § 191 der Abgabenordnung, der aufgrund landesrechtlicher Verweisung auch für uns als Kommunalbehörde Anwendung findet.

    Huber hat sich dazu auch unter der Überschrift "Gläubigeranfechtung durch Duldungsbescheid - oder: Die unglaubliche, aber wahre Geschichte einer Kehrtwende des Gesetzgebers" in ZIP 2000, 337 geäußert. Wenn diesen Aufsatz jemand haben sollte::habenw

  • Huber hat sich dazu auch unter der Überschrift "Gläubigeranfechtung durch Duldungsbescheid - oder: Die unglaubliche, aber wahre Geschichte einer Kehrtwende des Gesetzgebers" in ZIP 2000, 337 geäußert. Wenn diesen Aufsatz jemand haben sollte::habenw



    ZIP hamwa - bitte PN mit FaxNr.

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