Pflegerbestellung nach §§ 1960,1961 BGB oder nach § 1913 BGB

  • Hallo, bin relativ neu im Sachgebiet und hoffe auf fachliche Hilfe.
    Folgender Sachverhalt: Sämtliche Erben haben ausgeschlagen; Nachlass überschuldet, jedoch hoch belastete Eigentumswohnung in Süddeutschland vorhanden; dortige Bank beantragt bei mir (in Niedersachsen- letzter Wohnsitz des Erblassers) Pfelgschaft nach § 1961 BGB zur Vorbereitung der Zwangsversetigerung; kommt überhaupt eine Nachlasspflegschaft in Betracht, da der Pfleger den Nachlass grds. nur zu sichern und nicht zu verwerten hat oder empfiehlt sich hier alleine aus Kostengründen die günstigere Bestellung eines Pflegers nach § 1913 BGB.
    Falls Nachlasspflegschaft: Kann ich nach Süddeutschland abgeben, ohne auf Widerstand zu stoßen; Kostenvorschuss bei § 1961 BGB?
    Ich hoffe ein paar Anregungen.:confused:

  • Da alle Erben, lt. Schilderung, ausgeschlagen haben, würde ich die Feststellung des Fiskalerbrechts nach
    § 1936 BGB in Betracht ziehen.
    Eine Abgabe nach Süddeutschland würde sich dann auch erübrigen.

  • Dass die Vorschriften des §§ 1960,1961 BGB vorrangig gegenüber § 1913 BGB gesehen werden, habe ich auch gelesen. Für mich stellt sich nur die Frage, ob der Zweck der erstgenannten Vorschriften (Sicherung des Nachlasses für die unbekannten Erben) bei Vollstreckungshandlungen/Verwertungen bzgl. Grundbesitzes nicht entgegensteht und evtl. durch die allgemeinere Vorschrift des § 1913 BGB, die lediglich ein Fürsorgebedürfnis erfordert, besser abgedeckt ist.

  • Es ist Nachlasspflegschaft und keine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte anzuordnen, weil nicht der unbekannte Beteiligte, sondern der Nachlass, an dem ein unbekannter beteiligt ist, der Fürsorge bedarf (Soergel/Zimmermann § 1913 RdNr.2 a.E. m.w.N.). Damit ist eine Gerichtsgebühr nach § 106 KostO zu erheben. Selbst wenn die Anordnung einer Pflegschaft nach § 1913 BGB in Betracht käme, wäre sie nicht als Dauerpflegschaft, sondern als Pflegschaft für einen Kreis einzelner Rechtshandlungen konzipiert, sodass nicht § 92 Abs.2 KostO, sondern § 93 KostO einschlägig wäre.

    Ein Vorschuss für die Gerichtskosten der Nachlasspflegschaft kann nicht verlangt werden, weil nach § 6 KostO insoweit "nur die Erben" haften. Nach hM kann auch kein Vorschuss für die Vergütung des Nachlasspflegers verlangt werden (OLG Düsseldorf Rpfleger 2002, 227; LG Oldenburg Rpfleger 1989, 460; Staudinger/Marotzke § 1961 RdNr.9; MünchKomm/Leipold § 1961 RdNr.12; Firsching/Graf RdNr.4.687; a.A. RGRK/Johannsen § 1961 RdNr.6; Weithase Rpfleger 1988, 434 und Rpfleger 1993, 143). Wenn ein die Vergütung und die Auslagen des Pflegers deckender Nachlass nicht erkennbar ist, kann die Anordung der Nachlasspflegschaft aber abgelehnt werden. Diese ablehnende Entscheidung kann der Antragsteller dann abwenden, indem er die Kosten des Nachlasspflegers freiwillig vorschießt (MünchKomm/Leipold § 1961 RdNr.12).

  • Dass die Vorschriften des §§ 1960,1961 BGB vorrangig gegenüber § 1913 BGB gesehen werden, habe ich auch gelesen. Für mich stellt sich nur die Frage, ob der Zweck der erstgenannten Vorschriften (Sicherung des Nachlasses für die unbekannten Erben) bei Vollstreckungshandlungen/Verwertungen bzgl. Grundbesitzes nicht entgegensteht.



    M. E. hat lediglich § 1960 die Nachlasssicherung zum Zweck, nicht aber § 1961.

  • M. E. hat lediglich § 1960 die Nachlasssicherung zum Zweck, nicht aber § 1961.

    Richtig, § 1961 soll es den Gläubigern ermöglichen, ihr Rechte gegen den Nachlaß bzw. die unbekannten Erben zu verfolgen. Die Vorschrift dient daher dem Schutz der Gläubiger und nicht wie § 1960 der Sicherung des Nachlasses.

  • OK, den nachvollziehbaren Ausführungen zufolge kommt wohl nur eine Nachlasspflegschaft und weniger eine Pflegschaft nach § 1913 BGB in Betracht. Bleiben noch die Hinweise auf eine Fiskuserbenstellung einzuordnen. Stünde dem etwas entgegen?

  • Ich mache die Fiskuserbenfeststellung nur bei (möglichem) Aktivnachlass oder irgendeiner sonstigen Besonderheit (wenn die Sache z. B. von größerem Umfang und der Sachverhalt unklar ist). Ansonsten spare ich mir dieses Prozedere.

    Wenn der NL überschuldet ist, gibt es zeitsparendere und effektivere Möglichkeiten (Zwangsvollstreckung, NL-Insolvenz).

  • Vielen Dank für Eure Antworten:daumenrau.
    Hinsichtlich des Fiskuserbrechts würde ich mich auf den Standpunkt von raicro stellen und vorliegend davon absehen.
    Obwohl ich eine komplette Abgabe des Verfahrens nach Süddeutschland für sinnvoller erachten würde, werde ich wohl hier eine Pflegschaft nach
    § 1961 BGB einrichten (Pflegerempfehlung aus Süddeutschland liegt bereits vor), wenn die Kosten freiwillig vom Gläubiger vorgeschossen werden.

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