Urlaubsentschädigungsanspruch

  • Hallo, wie handhabt ihr die Pfändbarkeit / Freibetrag bei einem Entschädigungsanspruch für "Nicht-genommenen-Urlaub" nach Kündigung.
    Fall: Arbeitnehmer wurde im November 07 fristlos entlassen - ist zwischenzeitlich arbeitlos und aktuell Bezieher von ALG I.
    Fristlose Kündigung wurde durch ArbGer. bestätigt; jedoch Schadenersatzanspruch wegen noch nicht genommenen Jahresurlaub 2007.
    Die ehemalige Firma zahlt nun den"Urlaubsentschädigungsanspruch" auf das gepfändete Konto des Schuldners.
    Der Schuldner stellt jetzt Antrag nach § 850 K ZPO und beruft sich auf
    § 850 a Ziff.2 ZPO und möchte den vollen Betrag als Freigabebetrag.
    Nach den zahlreichen Fundstellen die "Onkel Kurt" liefert gehen da die Rechtsauffassungen erheblich auseinander.:gruebel:
    Habe drei Hauptmeinungen herausgelesen:
    a) gar nicht pfändbar
    b) bedingt pfändbar mit analoger Anwendung § 850 a Ziff 4 ZPO.
    wie Weihnachtsgeld bis max 500,00 €
    c) voll pfändbar nach § 850 c ZPO mit Freibetrag aus Tabelle

    Zu beachten ist, dass es kein laufendes Arbeitseinkommen zum Zusammenrechnen mehr gibt und sich aus der Zahlung nicht ergibt für wieviel Tage entgangenen Urlaub(Zeitraum) die "Schadenersatzzahlung" erfolgte.
    Kennt jemand hierzu eine aktuelle Entscheidung?

  • Ich tendiere als Arbeitsrechtler zu Auffassung "c". Bei dem hier geschilderten Sachverhalt lautet die korrekte Bezeichnung "Urlaubsabgeltung". Da in Deutschland Urlaub bezahlter Urlaub ist, erhält der Arbeitnehmer Arbeitseinkommen auch dann, wenn er nicht arbeitet, sondern im Urlaub ist. Kann er den Urlaub nicht mehr nehmen und das Arbeitsverhältnis ist beendet, so ändert das nichts daran, dass die Urlaubsabgeltung nach Grund und Höhe Arbeitslohn ist.

    Für diese Lösung spricht auch die in der Praxis häufig zu beobachtende Tendenz, nach Ausspruch der Kündigung aber vor dem Ende der Kündigungsfrist eine Freistellung unter Anrechnung des noch offenen Resturlaubs zu gewähren. Dann wird derselbe Urlaub genommen und der Arbeitslohn bezahlt, während in unserem Fall der Unterschied nur sozusagen zufällig darin liegt, dass der Kündigungstermin schon verstrichen, der Urlaub also nicht mehr genommen und bezahlt, sondern "abgegolten" und bezahlt wird.

    Also bei der Pfändung m. E. ganz normales Arbeitseinkommen.

  • Kennt jemand hierzu eine aktuelle Entscheidung?




    Bitteschööön:

    http://lexetius.com/2001,1797

    Ich persönlich finde aber die Argumentation bei Stöber logischer.

    Dazu kommt noch, dass es Murks ist, wenn das Arbeitsverhältnis beendet sein soll, über diesen Zeitpunkt hinaus noch AE geben soll. Wenn es ein neuen AV geben sollte gibt es schon Probleme mit der Steuer (2. Steuerkarte für möglicherweise nur wenige Tage etc...)

  • @ Hego:

    Danke. Die mir unbekannte BAG-Entscheidung deckt sich mit meiner o. g. Auffassung.

    Das Problem mit der Lohnsteuerkarte hat man doch bei allen möglichen Lohnkomponenten, warum also nicht hier. Ein Kollege behauptete gerade letzte Woche, es sei steuerrechtlich umstritten, ob eine Urlaubsabgeltung für 2007, die 2008 erfolgt, nicht doch auf 2007 läuft. Das kann ich mir zwar nicht vorstellen, würde aber nur die Frage betreffen, um welche Lohnsteuerkarte es geht.

  • So,
    wenn ich die bezeichnete Entscheidung des BAG richtig verstanden habe,
    muss ich jetzt für den aktuellen Monat Februar so zu tun als würde das Arbeitsverhältnis noch bestehen und das ALG sei der regelmäßige Arbeitslohn und den gezahlten Entschädigungsanspruch ohne Steuer und Sozialabgeben mit dem aktuellen Anspruch auf ALG I zusammenzurechnen;
    sodann aus dem kummulierten Betrag den Freibetrag aus der Tabelle zu § 850 c ZPO ermitteln. ?!?
    In meinem Fall würde das ergeben, dass dem Schuldner ca. 1.500,00 € von den gezahlten 2.300,00 € verbleiben würden.
    Erscheint mir auf Anhieb ziemlich viel.
    Warte noch ein Weilchen auf andere Meinungen; insbesondere die des angehörten Gläubigers.

  • Die Frage ist, was der "aktuelle" (!) Anspruch auf Alg I ist! Denn auch im Verhältnis zur Agentur für Arbeit ist die Urlaubsabgeltung Arbeitslohn (ein weiteres Argument für die hier vertretene Auffassung), weshalb bei Zahlungen durch die Agentur für Arbeit der Urlaubsabgeltungsanspruch auf das Alg. angerechnet wird.

  • Also ich finde, wie ich schon gesagt habe, die unpfändbare Variante besser und logischer weil der Schuldner einen finanziellen Ausgleich für einen unpfändbaren Anspruch auf Erholungsurlaub (als Ersatz) erhält. Das BAG konstruiert hier einen Fall, dass der Schuldner nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch arbeitet weil die bezahlten Urlaubstage das Arbeitsverhältnis künstlich verlängern.

    Steuerlich gilt natürlich auch hier das Zuflussprinzip und das in diesem Jahr gezahlte Urlaubsentgelt ist auch dann 2008 zu versteuern, wenn es für 2007 gezahlt wurde (sonstiger Bezug).

  • Ich weiß nicht, was sich der Stöber da denkt. Was bringt es denn, an der BAG-Entscheidung vorbei zu agieren, wenn eine etwaige Drittschuldnerklage vor den Arbeitsgerichten zu führen wäre, die sich dann am BAG orientieren?

    Außerdem muss der Drittschuldner, wie ich gestern schon schrieb, den Forderungsübergang auf die Bundesagentur für Arbeit berücksichtigen. Und auch diese Behörde sieht die Urlaubsforderung als Arbeitsentgelt an.

  • Habe ich nicht gewollt, ich habe nur meine unmaßgebliche Meinung dazu gesagt, dass der finanzielle Ersatz für den unpfändbaren Urlaubsanspruch ebenfalls unpfändbar sein sollte.

    Aber nachdem auch der Taschengeldanspruch, der nur dann realisiert wird wenn er von dem Berechtigten geltend gemacht wird, für pfändbar erklärt wird wundert mich nichts mehr.

  • Habe ich auch nicht so aufgefasst. :einermein

    Ich wollte nur nicht, dass Du denkst ich würde mich über die von mir genannte Entscheidung des BAG hinwegsetzen.

    Wenn ich das wollte, hätte ich sie wohl nicht hier angeführt:cool:


  • Ich wollte nur nicht, dass Du denkst ich würde mich über die von mir genannte Entscheidung des BAG hinwegsetzen. Wenn ich das wollte, hätte ich sie wohl nicht hier angeführt:cool:

    Eben! Drum habe ich ja das spätere Posting nicht verstanden. Also auch von mir: :einermein!

  • Hierzu habe ich auch einen Fall. Ich verstehe das Ganze nicht so recht.
    Der Pfüb ist aus 2010. Lohn und Rente sind gepfändet, Zusammenrechnung ist angeordnet. Dann endete Ende 2/2014 das Arbeitsverhältnis. Ein ermittelter Urlaubsabgeltungsanspruch (15 Tage) wurde unter Bezugnahme auf das Urteil des BAG 9 AZR 611/99 vom 28.08.2001 März 2014 zugerechnet. Dann gab es eine Nachberechnung des Urlaubsabgeltungsanspruches, Korrektur nun auf insgesamt 54 Tage. Und nun besteht Unklarheit (so der Drittschu), ob die noch abzugeltenden 39 Urlaubstage dem Zeitraum März 2014 - Mai 2014 oder nur März zuzuordnen sind.
    Es heißt ja , dass der Abgeltungsanspruch dem Zeitraum zuzurechnen ist, für den er gezahlt ist. Ich habe mir das Schreiben über die Nachberechnung der Urlaubsansprüche vorlegen lassen, woraus sich ergibt, dass der Urlaubsanspruch für die Zeit von 2012 - 28.02.2014 entstanden ist.
    Und jetzt ist meine Verwirrung perfekt, wegen der von dem Drittschuldner genannten Zeiträume. Müsste jetzt eine Zuordnung für die Zeit 2012- 28.02.2014 erfolgen und müssten nun diese Monate nachberechnet werden?

  • Hierzu habe ich auch einen Fall. Ich verstehe das Ganze nicht so recht.
    Der Pfüb ist aus 2010. Lohn und Rente sind gepfändet, Zusammenrechnung ist angeordnet. Dann endete Ende 2/2014 das Arbeitsverhältnis. Ein ermittelter Urlaubsabgeltungsanspruch (15 Tage) wurde unter Bezugnahme auf das Urteil des BAG 9 AZR 611/99 vom 28.08.2001 März 2014 zugerechnet. Dann gab es eine Nachberechnung des Urlaubsabgeltungsanspruches, Korrektur nun auf insgesamt 54 Tage. Und nun besteht Unklarheit (so der Drittschu), ob die noch abzugeltenden 39 Urlaubstage dem Zeitraum März 2014 - Mai 2014 oder nur März zuzuordnen sind.
    Es heißt ja , dass der Abgeltungsanspruch dem Zeitraum zuzurechnen ist, für den er gezahlt ist. Ich habe mir das Schreiben über die Nachberechnung der Urlaubsansprüche vorlegen lassen, woraus sich ergibt, dass der Urlaubsanspruch für die Zeit von 2012 - 28.02.2014 entstanden ist.
    Und jetzt ist meine Verwirrung perfekt, wegen der von dem Drittschuldner genannten Zeiträume. Müsste jetzt eine Zuordnung für die Zeit 2012- 28.02.2014 erfolgen und müssten nun diese Monate nachberechnet werden?

    Ende Arbeitsverhältnis = 02/14. Also abzugeltender Urlaubsanspruch für die Zeit ab 01.03.2014. Ich würde dann die 39 Tage als Arbeitstage rechnen und nicht als Kalendertage, also ab 24.03.2014, weil die 15 Tage im März bereits abgerechnet wurden.

    Allerdings muss der AG den Zusammenrechnungsbeschluss beachten und zu dem Anteil für März natürlich auch die bereits abgerechneten Tage berücksichtigen.

    Es spielt keine Rolle, wann der Urlaubsanspruch entstanden ist, der abgegolten werden soll. Das hat das BAG in der Entscheidung klar gemacht.

  • Also ab 24. 03. 39 Tage bzw. ab 01.03. 51 Tage.

    Ja genau, ab dem 01.03.2014 54 (Arbeits-) Tage oder ab dem 24.03.2014 (die zusätzlichen) 39 (Arbeits-) Tage.

    51 oder 54 Tage, das musst Du wissen :gruebel:

  • So, jetzt habe ich mich hier inhaltlich schlau gemacht und bekomme plötzlich Zweifel an meiner Zuständigkeit. Man müsste den Antrag des Drittschuldners meiner Meinung nach als Erinnerung gem. § 766 ZPO werten. Es gibt ja grundsätzlich die Möglichkeit, daraufhin einen klarstellenden Beschluss zu erlassen. Aber fällt die Entscheidung über die zeitliche Zuordnung tatsächlich in den Bereich des Vollstreckungsgerichts?

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