Rangrücktritt eines Leibgedings

  • Die Betreute hat ein eingetragenes Leibgeding (Wohnungsrecht, Wart- und Pflege, Reinigung der Wäsche, sowie Reallast) am Grundstück ihrer Schwester. Diese benötigt Geld und möchte einen Kredit aufnehmen und diesen als Grundschuld dinglich absichern. Die Bank verlangt nun einen Rangrücktritt des Leibgedings. Dem Leibgeding gehen bereits Rechte vor; insbesondere eine Grundschuld aufgrund eines eingeräumten Rangvorbehalts.

    Mein Problem ist die Berechnung der Entschädigungszahlung an die Betreute. Zur Löschung würde ich natürlich das Recht bewerten und den gesamten Wert ansetzen. Nehme ich nun bei einem Rangrücktritt einen geringeren Wert? Den Wert der Grundschuld, die dem Leibgeding vorgeht muß ich doch auch berücksichtigen, da es für die Betreute einen Unterschied macht, ob ihrem Recht 10.000 € oder 100.000 € vorgehen.

    Kann mir jemand einen Tipp geben?

  • Das Problem einer Abfindungszahlung stellt sich hier nicht.

    Im Genehmigungsverfahren nach § 1821 Abs.1 Nr.1 BGB (Verfügung über ein Recht -hier: mehrere Rechte-) ist lediglich zu prüfen, ob die Sicherheit des Leibgedings durch den Rangrücktritt über Gebühr beeinträchtigt würde. Es kommt also in erster Linie darauf an, ob der Eigentümerin die Bonität besitzt und das Einkommen hat, das es ihr ermöglicht, die laufenden Tilgungs- und Zinsleistungen für das aufgenommene Darlehen auf Dauer zu erbringen.

    Falls ja, kann der Rangrücktritt genehmigt werden. Falls nein, dann eben nicht. Für eine Entschädigungszahlung an die Betreute ist somit aus Rechtsgründen kein Raum. Dass dem so ist, ergibt sich im übrigen schon daraus, dass die Kreditaufnahme der Eigentümerin im Falle einer Entschädigungszahlung an die Betreute von vorneherein höher ausfallen müsste. Denn wenn die Schwester schon jetzt Geld benötigt, muss sie die Entschädigungszahlung ja notgedrungen aus den Kreditmitteln aufbringen. Die Kontraproduktivität einer solchen Verfahrensweise dürfte auf der Hand liegen.

    Das eigentliche Problem des vorliegenden Falles scheint mir dasjenige der unentgeltlichen Verfügung i.S. des § 1804 BGB i.V.m. § 1908 i Abs.2 S.1 BGB zu sein, weil die Betreute für ihre Leistung (Rangrücktritt) keine Gegenleistung erhält. Sofern das von der Schwester der Betreuten aufzunehmende Darlehen in die Leibgedingsimmobilie fließt und/oder die Sicherheit des Leibgedings nach Sachverhalt nicht gefährdet erscheint, hätte ich damit allerdings kein Problem, weil der Rangrücktritt im erstgenannten Fall mittelbar auch dem Wohl der Betreuten dient (Erhaltung des Hauses, in dem sie ein Wohnungsrecht hat) und im letztgenannten Fall keine wirtschaftliche Beeinträchtigung vorliegt.

  • Mit einer Entschädigungszahlung würde ich das Problem der Schenkung natürlich auch umgehen! Dafür dass die Betreute eine gute Rangposition aufgibt erhält sie eine Entschädigung! Es ist mir natürlich klar, dass dadurch uU die Kreditaufnahme höher ausfällt und uU auch eine höhere Grundschuld eingetragen werden muß.

    Die Bonität der Betreuerin kann derzeit gegeben sein, aber in Zukunft wegfallen. Selbst wenn ich mir nachweisen lasse, welches Einkommen sie hat und welche monatlichen Lasten (einschließlich der Zahlungen aus der Reallast). Sobald die Betreuerin nicht mehr zahlen kann und die Bank das Grundstück versteigert, fällt die Betreute ggf. mit ihrem Recht aus. Diese Gefahr ist nach einem Rangrücktritt noch größer. Also finde ich eine Entschädigung angebracht (damit der Rücktritt nicht unentgeltlich ist).

    By the way: Das Geld soll tatsächlich der Renovierung des Anwesens dienen.

  • Die Frage kann ich leider nicht beantworten, da die Betreuerin nur eine grundsätzliche Anfrage an mich gerichtet hat. Ob es überhaupt genehmigt werden kann, was das Recht wert ist und wie lange sowas bei Gericht dauert....

  • Da die Darlehensgelder in das Objekt fließen sollen, hätte ich mit der Genehmigung des Rangrücktritts (ohne Entschädigungszahlung)grundsätzlich kein Problem, sofern gesichert ist, dass die Eigentümerin die Tilgungs- und Zinsleistungen für alle Kredite (incl. des Neukredits) relativ problemlos erbringen kann und sofern eine wirtschaftliche Abwägung ergibt, dass der Gesamthöhe der valutierten Vorbelastung/Neubelastung im Verhältnis zum Gesamtwert des (renovierten!) Objekts akzeptabel ist.

    Außerdem würde ich die Betreute persönlich anhören. Wenn sie ihren zustimmenden (zumindest natürlichen) Willen äußern kann, ist das Problem ohnehin vom Tisch.

    Schließlich darf man auch die familiäre Komponente der Angelegenheit nicht vernachlässigen. Es kommt mitunter vor, dass Wohnungs- oder Leibgedingsberechtigte mit ihren Rechten im Rang zurücktreten müssen, weil der Übernehmer aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen einen mit einer Grundschuldbestellung verbundenen Bankkredit aufnehmen möchte. Die Berechtigten prüfen dann unter wirtschaftlichen Aspekten die für sie evtl. bestehenden Gefahren und treten dann im Rang zurück oder auch nicht. Was einem gesunden Berechtigten gestattet ist, kann aber auch einem kranken Betreuten nicht grundsätzlich verwehrt sein.

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