Betroffener verweigert Umzug in eine WG. Was tun?

  • In einer meiner Betreuungen gibt es ein Problem.

    Ein psychisch kranker Betroffener (kann laut amtsärztlichem Gutachten keinen freien Willen bilden) wohnt zur Zeit allein in einer Wohnung. Das klappt aber nicht mehr, weil der Betroffene lethargisch ist und den ganzen Tag garnichts tut. Er vergisst auch zu essen, putzt nicht, wäscht nicht, ... Ambulante Versorgung (Essen auf Rädern usw. ) ist eigentlich nicht machbar, weil der Betroffene oft die Tür nicht öffnet und auch telefonisch trotz Handy so gut wie nie zu erreichen ist.

    Die Betreuerin hat nun einen Platz in einer WG für ihn gefunden, was den Vorteil hätte, dass dort ein geregelter Tagesablauf dafür sorgen würde, dass der Betroffene sich wieder besser zurecht findet.
    Gestern war ich bei dem Betroffenen zur Anhörung (weil die Betreuerin die Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung zur Kündigung der Mietwohnung beantragt hat).
    Auf Anfrage erklärte der Betroffene auf keinen Fall in die WG umziehen zu wollen. Einen vernünftigen Grund konnte er nicht nennen.
    In der Anhörung (1 Stunde) wurde klar, dass es so wie es zur Zeit ist wirklich nicht bleiben kann.
    Die Frage ist nun, was tun?

    Nach meiner Kenntnis kann das Gericht keine entsprechende Anordnung erlassen.
    Eine zwangsweise Verbringung durch den Betreuer ist ja eigentlich auch nicht möglich.

    Gibt es in dem Fall, dass der Betroffene bei seiner Weigerung bleibt überhaupt eine Möglichkeit für den Betreuer tätig zu werden?

    Für Rückmeldungen wäre ich dankbar!

  • Grundsatz:
    Der ausgeprochene Wunsch eines Betreuten ist auch dann relevant, wenn dieser geschäftsunfähig ist

    Regulativ/Ausnahme:
    Dies gilt nicht, wenn der Wunsch nicht seinem Wohle entspricht.


    Nach der Sachverhaltsschilderung gilt die Ausnahme. Also Kündigung des Wohnungsmietvertrages wäre genehmigungsfähig, Umzug in die WG vorzunehmen.
    Im Rahmen der Aufenthaltsbestimmung (dieser WK müsste zugebilligt sein) kann der Beteruer den Umzug tatsächlich durchsetzen. Da gibt es lt Palandt eine Abhandlung von Krüger in BtPrax 95, 165 und eine Entscheidung des BayObLG FamRZ 99, 1299.

  • Den Aufsatz kenne ich nicht, die Entscheidung gibt für den Fall nichts her.

    Ein Betreuer kann gegen den Willen des Betroffenen diesen nicht ohne richterlichen Beschluss zwangsweise in ein Heim verbringen, auch nicht mit Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung. Daher halte ich die vorgeschlagene Vorgehensweise für problematisch: Wenn (wirksam) gekündigt wird und kein richterlicher Beschluss zum zwangsweisen Umzug vorliegt, wird d. Betreute mit betreuungsgerichtlicher Hilfe obdachlos.

  • Hatten mal einen ähnlichen Fall.
    Betreuer hatte es aber etwas zuspitzen lassen (Nahrungsaufnahme wurde hier ebenfalls verweigert, von den häuslichen Zuständen ganz zu schweigen) und aufgrund ärztlicher Einweisung (Hausarzt wurde gerufen) wurde der Betroffene ins KH verbracht und von dort direkt ins Heim. Im Nachgang soll dieser dankbar gewesen sein.
    Im Zweifel zur eigentlichen Kündigung auch noch einen Verfahrenspfleger bestellen, da Betroffener die Tragweite seiner Entscheidung (nichts zu tun) nicht abschätzen kann.
    Die Sache könnte man aber auch nochmal mit dem Richter besprechen.

  • Zitat

    Gibt es in dem Fall, dass der Betroffene bei seiner Weigerung bleibt überhaupt eine Möglichkeit für den Betreuer tätig zu werden?

    Wenn ich da als Betreuerin dann mal darf....
    Die Wohnungskündigung scheint mir nicht das adäquate Mittel.
    Ich würde zunächst versuchen eine psychiatrische Behandlung durchzusetzen. Medikamente können Einsichtsfähigkeit manchmal steigern. Letztendlich hängt alles vom Grad der Eigengefährdung beim Verbleib in der eigenen Wohnung ab. Wenn dieser sehr hoch, oder als zu hoch eingeschätzt wird -bei absolut fehlender Einsicht- könnte nur noch der Antrag auf die geschlossene Unterbringung in einer passenden Einrichtung gestellt werden.
    Dem vorausgehen würden bei mir aber wie gesagt, psychiatrische Ambulanz, und einfache Gespräche mit dem Kunden. Sobald z.B. klar ist die Alternativen sehen so aus: ambulanter Pflegedienst bekommt einen Schlüssel, Wohnung wird halbwegs geputzt, Pflegedienst kümmert sich um das Essen usw., Betreutes Wohnen wird minimal installiert und akzeptiert (wurde das schon angeboten?) oder eine geschlossene Unterbringung muss beantragt werden, kann man manchmal durchdringen.
    Denn letztendlich würde es darauf hinauslaufen. Ein Mensch der nicht da sein will wo er dann ist, läuft weg. Heime oder auch WG`s dürfen keinen festhalten. Grundsätzlich gilt ja auch immer noch der Grundsatz: ambulant vor stationär.

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