Festsetzung nach BRAGO, WEG, Fahrtkosten

  • Hallo Zusammen!

    Ich habe hier ein älteres Verfahren und komme bei der Kostenfestsetzung nicht so recht weiter. Vielleicht könnt Ihr mir helfen.

    Klage wird 2003 wegen einer Forderung nach § 16 II WEG erhoben. Antragsteller sind die "Miteigentümer des Grundstücks X Gemeinschaft nach WEG als Mitgläubiger (§ 432 BGB) wie Eigentümerliste ohne Antragsgegner".

    Der Antrag wird im Herbst 2003 zurückgewiesen. Kosten tragen die Antragsteller. Diese legen noch 2003 Beschwerde ein. Ende 2003 wird Insolvenz über das Vermögen des Antragsgegners eröffnet, das Verfahren ist unterbrochen. Ende 2009 wird die Insolvenz aufgehoben und das Verfahren fortgeführt.

    2011 wird das ergeht ein Beschluss des LG, dass die Hauptsache erledigt ist und der Antragsgegner sämtliche Kosten zu tragen hat.

    Mit liegt nun ein KFA nach BRAGO für Verfahren und Beschwerde vor.

    Hier nun meine Fragen:

    1. Muss ich beide Instanzen nach BRAGO abrechnen, obwohl das Beschwerdeverfahren erst 2011 beendet wurde?

    2. Muss ich die Problematik Erhöhungsgebühr WEG nach damaligem Rechtsstand oder nach heutigem beurteilen? Der Antragsgegner wendet sich nämlich gegen die Erhöhungsgebühr. Gleiches gilt für die Fahrtkosten und Fotokopien.

    Kann mir da jemand weiterhelfen? Vielen Dank schonmal.

  • Ja, hier ist in beiden Fällen die BRAGO anzuwenden, da die Angelegenheit jeweils vor der Einführung des RVG begonnen worden ist.

    Rechtssprechung zur Entstehung der Erhöhungsgebühr und bzgl. Fahrtkosten/Fotokopien sind vom Stand heute anzuwenden, sofern sich diese auf die BRAGO übertragen lassen.

  • Okay, dann stimmt die Abrechnung des RA also grundsätzlich. Darf ich nochmal hinsichtlich den einzelnen Problemen nachfragen?

    1. Erhöhungsgebühr
    Meiner Meinung nach bekommt er eine 20/10 Erhöhungsgebühr, da nicht die WEG an sich gegen einen Dritten vorgeht, sondern die einzelnen Eigentümer gegen einen weiteren. So verstehe ich sowohl Gerold/Schmidt, RVG, § 1008 Rn. 128 am Ende als auch Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, § 6 RN. 13. Vollmacht an den RA hat damals übrigens der Verwalter erteilt.

    2. Fotokopien
    Der Antragsteller gibt an, die Kopien wären für die Unterrichtung des Gerichts notwendig gewesen und hätten bei Nichtvorlage angefordert werden müssen. Die heute gültige Regelung bez. der Fotokopien wäre erst 2004 mit dem RVG eigenführt worden. Im oben genannten BRAGO-Kommentar habe ich allerdings gelesen, dass auch damals die Kopien grundsätzlich mit den Gebühren abgegolten waren (§ 27 Rn. 1). Ich würde die Kopien also größtenteils streichen. Ein Teil davon sind Kopien aus der Grundakte, höchstens die würde ich als erstattungsfähig ansehen.

    3. Reisekosten
    Die WEG hat ihren Sitz in A, das Gericht ist in B (Entfernung 40 km). Die Verwalterin hat ihren Sitz in C (Entfernung B - C ca. 500 km). Gelted gemacht werden 1/3 der entstandenen Bahnkosten (zwei weitere Termine am gleichen Tag). Nach heutigem Stand würde ich die Reisekosten als ersattungsfähig ansehen, da der RA am Sitz der Vewalterin, auf die abzustellen ist, ist.

    Ansonsten beantragt der RA folgende Gebühren: zwei mal eine 10/10 Prozessgebühr (Verfahren und Beschwerde) sowie eine 10/10 Verhandlungsgebühr. Die Gebühren müssten stimmen, wenn ich das richtig gelesen hab (10/10 Gebühr auch für Beschwerde wegen § 63 II BRAGO).

    Was meint Ihr?

  • 1. Erhöhungsgebühr
    Meiner Meinung nach bekommt er eine 20/10 Erhöhungsgebühr, da nicht die WEG an sich gegen einen Dritten vorgeht, sondern die einzelnen Eigentümer gegen einen weiteren. So verstehe ich sowohl Gerold/Schmidt, RVG, § 1008 Rn. 128 am Ende als auch Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, § 6 RN. 13. Vollmacht an den RA hat damals übrigens der Verwalter erteilt.


    Ohne den genauen Inhalt der Klage zu kennen: Grds. ist es seit 2005 aufgrund der Rechtsprechung des BGH so, daß die WEG als teilrechtsfähiger Verband auch klagen und verklagt werden kann. Gerade der Fall des (Wohngeld) säumigen Miteigentümers ist der klassische Fall, in dem der Verband klagt und nicht die einzelnen Eigentümer. Der Fall, daß die Eigentümer (und damit mehrere Auftraggeber des RA) untereinander streiten, ist dann gegeben, wenn es um die innere Willensbildung des Verbandes, also zwischen den Miteigentümern geht. Typisches Beispiel ist die Anfechtungsklage von Eigentümern aufgrund eines Beschlusses der WEG.

    In Deinem Fall scheint es um den ersteren Fall des Verbandes WEG zu gehen. Dazu hat der BGH wiederum entschieden, daß die WEG erstattungsrechtlich nur als ein Auftraggeber zählt. Allerdings hat er in einer weiteren Entscheidung (die ich gar nicht parat habe) entschieden, daß für die Fälle, in denen noch vor seiner Entscheidung 2005 im Namen der Eigentümer (und nicht des teilrechtsfähigen Verbandes als WEG) gegen einen anderen wegen Zahlungsrückstandes Klage erhoben worden ist, die Erhöhungsgebühr der RA beanspruchen kann. Dasselbe dürfte dann auch für das Beschwerdeverfahren gelten, da ja die Partei nicht plötzlich "ausgetauscht" werden kann.

    2. Fotokopien
    Der Antragsteller gibt an, die Kopien wären für die Unterrichtung des Gerichts notwendig gewesen und hätten bei Nichtvorlage angefordert werden müssen. Die heute gültige Regelung bez. der Fotokopien wäre erst 2004 mit dem RVG eigenführt worden. Im oben genannten BRAGO-Kommentar habe ich allerdings gelesen, dass auch damals die Kopien grundsätzlich mit den Gebühren abgegolten waren (§ 27 Rn. 1). Ich würde die Kopien also größtenteils streichen. Ein Teil davon sind Kopien aus der Grundakte, höchstens die würde ich als erstattungsfähig ansehen.


    Hier verstehe ich nicht ganz, um welche Kopien bzw. was genau gestritten wird. Kannst Du das nochmal näher erläutern?

    3. Reisekosten
    Die WEG hat ihren Sitz in A, das Gericht ist in B (Entfernung 40 km). Die Verwalterin hat ihren Sitz in C (Entfernung B - C ca. 500 km). Gelted gemacht werden 1/3 der entstandenen Bahnkosten (zwei weitere Termine am gleichen Tag). Nach heutigem Stand würde ich die Reisekosten als ersattungsfähig ansehen, da der RA am Sitz der Vewalterin, auf die abzustellen ist, ist.


    :daumenrau Zustimmung.

    Ansonsten beantragt der RA folgende Gebühren: zwei mal eine 10/10 Prozessgebühr (Verfahren und Beschwerde) sowie eine 10/10 Verhandlungsgebühr. Die Gebühren müssten stimmen, wenn ich das richtig gelesen hab (10/10 Gebühr auch für Beschwerde wegen § 63 II BRAGO).


    :daumenrau Auch hier Zustimmung.

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  • Danke schonmal. Das hilft mir auf jeden Fall weiter.

    Zur Erhöhungsgebühr:
    Ja, es handelt sich um Wohngeld. Nachdem mein Verfahren vor 2005 begonnen hat, müsste ich dann die alte Rechtsprechung weiter anwenden, oder? Das würde ja dann bedeuten, dass die Erhöhungsgebühr jeweils erstattungsfähig ist. Werde mal noch nach der von Dir genannten Entscheidung suchen.

    Zu den Fotokopien:
    Geltend gemacht werden über 100 Kopien ohne nähere Erläuterung. Die Gegenseite moniert, dass diese nicht erstattungsfähig sind, da sie durch die Gebühren abgegolten sind. Ich gehe davon aus, dass es sich bei den meisten Kopien um Anlagen zur Klage und zu weiteren Schriftsätzen handelt (z. B. Versammlungsprotokolle u. ä.). Davon wurden nämlich viele Seiten eingereicht. Diese Kosten sind meiner Meinung nach aber allgemeine Geschäftskosten, die durch die Gebühren abgedeckt sind. Auf einer wegen Nachweis der Kosten für einen Grundbuchauszug eingereichten Kostenrechnung des Grundbuchamtes sind Kopiekosten für Kopien aus der Grundakte aufgeführt. Die würde ich evtl für erstattungsfähig erachten, da es Kopien aus einer Gerichtsakte sind. Hoffe, dass ichs jetzt verständlicher geschrieben hab.

  • So, jetzt nochmal zu den Fotokopien. Das mit den Fotokopien aus der Grundakte hat sich erledigt, die Kopien betrafen ein anderes Verfahren des RA.
    Es bleiben also weiterhin die über 100 Seiten als Information für das Gericht. Der RA argumentiert, dass es sich bei dem alten WEG-Verfahren um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Amtsermittlung handelte. Das Gericht hätte die Unterlagen also anfordern müssen, wenn sie nicht eingereicht worden wären. Das mag ja durchaus sein, aber ändert das was an der Erstattungsfähigkeit? Ich bin eigentlich weiterhin der Meinung, dass die Kopien nicht erstattungsfähig sind. Es ist keine der in § 27 BRAGO genannten Alternativen erfüllt.

    Und dann gibt es noch einen Streit hinsichtlich der Mehrwertsteuer. Der RA gibt an, dass die WEG nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Der Gegner widerspricht. Die WEG wäre zumindest früher vorsteuerabzugsberechtigt gewesen. Der RA legt daraufhin ein Protokoll aus einer WEG-Versammlung (März 2004) vor, in der beschlossen wird, die Rücknahme der Option zur Mehrwertsteuer zu überprüfen. Die WEG war also wohl tatsächlich mal vorsteuerabzugsberechtigt. Was daraus geworden ist, wird nicht mitgeteilt. Welcher Zeitpunkt ist denn der maßgebliche für die Vorsteuerabzugsberechtigung? Und muss ich das überhaupt überprüfen oder kann ich die Mehrwertsteuer aufgrund der abgegebenen Erkläung über die Vorsteuerabzugsberechtigung einfach festsetzen?

  • Ich weiß auch nicht, unter welcher Nr. des § 27 BRAGO der RA diese Kopien (Anlagen der Klage?) subsumieren will...

    Was die USt angeht: Du brauchst Dir darüber keinen Kopf machen. Für die Festsetzung der USt reicht die entsprechende Erklärung des Antragstellers aus. Nur bei absolut offensichtlicher Nichtberechtigung wärst Du gehalten, die USt abzusetzen. Die Rechtsprechung verweist den Erstattungspflichtigen daher auf § 767 ZPO. Im KfV ist die tatsächliche Berechtigung jedenfalls nicht weiter zu klären.

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  • Und von einer offensichtliche Nichtberechtigung kann ich bei so einem komplizierten Sachverhalt wohl gerade nicht ausgehen.

    Die genannte BGH-Entscheidung hab ich übrigens gefunden, das müsste BGH VII ZB 89/06 vom 08.02.07 sein.

    Dann werd ich mal meinen KFB machen (das war dann meine erste und hoffentlich auch letzte BRAGO-Festsetzung). Vielen Dank für die Hilfe!

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