Vorlage Erbausschlagungsgenehmigung

  • Folgende Praxis ist mir bei einem badischen Familiengericht ( nicht meinem eigenen ) zu Ohren gekommen :

    Elternteil schlägt beim Notariat/Nachlassgericht ( in Ba-Wü ist dies so ) Erbschaft für Minderjährigen aus und wird dann am selben Tag weiter geschickt zum Familiengericht wegen Genehmigung
    ( Notariat/Nachlassgericht und Familiengericht sind im selben Gebäude ! ).
    Im Rahmen der Anhörung dort erklärt der Elternteil zu Protokoll , dass das Familiengericht bevollmächtigt wird, die Genehmigung zur Erbauschlagung im Auftrag des Elternteils bzw. der Eltern an das Nachlassgericht zum Zwecke der Wirksamkeit vorzulegen.
    Das Nachlassgericht erhält dann Genehmigungsbeschluss vom Familiengericht mit Abschrift dieses Protokolls.

    Abgesehen davon , dass dies einer "schlanken " Verwaltung entspricht; ist diese Verfahrensweise auch möglich ?
    Was meint Ihr ?

  • ich meine, man nennt das einen unzulässigen Verzicht auf die Entgegennahme der Genehmigung, der ges. Vertreter soll auch nach der Erteilung die Entscheidungsfreiheit haben, sie weiterzugeben oder nicht.

  • ich meine, man nennt das einen unzulässigen Verzicht auf die Entgegennahme der Genehmigung, der ges. Vertreter soll auch nach der Erteilung die Entscheidungsfreiheit haben, sie weiterzugeben oder nicht.




    Ich halte die Bevollmächtigung grundsätzlich für zulässig; es ist z. B. gängige Praxis bei vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungen von Notarverträgen, dass dem Notar von beiden Beteiligten eine sog. Doppelvollmacht erteilt wird. Warum soll das beim FamG nicht gehen.

    Frage ist allenfalls: Wer ist das FamG, das heißt, wem wird diese Vollmacht konkret erteilt? Wer vertritt das FamG hier?

  • Jeder, der das FamG nach außen repräsentieren kann, also grundsätzlich jeder Rechtspfleger oder Richter des FamG ohne Rücksicht auf die interne Geschäftsverteilung des FamG. Natürlich genügt es auch, wenn die Geschäftsstelle des FamG auf Verfügung des Betreffenden tätig wird.

  • Nachdem die Konstruktion des besagten Familiengerichtes ( wohl in Absprache mit dem Nachlassgericht getroffen ) zulässig ist ( vgl. den Thread , auf den Bezug genonmmen wird ) , muss ich mir mal Gedanken machen, ob dies auch bei meinem Notariat was wäre.
    Dieses "residiert" auch nur 100 m Luftlinie von mir weg...

    Ich will damit nicht zum Ausdruck bringen, dass diese Praxis von der Entfernung zum Nachlassgericht abhängt.
    Für ausschlagende Eltern ist es allerdings schon ein nicht zu überbietender Bürgerservice , wenn sie direkt zum in der Nähe liegenden Familiengericht nach Ausschlagung geschickt werden und die Rechtspfleger ohne Voranmeldung gleich eine Anhörung durchführen.
    Dies geht ja auch ohne eine bereits angelegte Akte.

  • Die hier in Rede stehende Handhabung bietet auch noch einen weiteren nicht zu unterschätzenden Vorteil:
    Man muss nicht hinter dem Ausschlagenden herlaufen, damit dieser die Erteilung der Genehmigung auch tatsächlich dem Nachlassgericht bekannt gibt. Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht, dass eine Menge von Leuten :eek: gibt, denen kann man erklären und schreiben, was man will, sie kriegen die Mitteilung einfach nicht auf die Reihe. Was das beim FamG für Arbeit verursacht, brauche ich ja nicht zu schildern.:mad:

  • Zur argumentativen Abdeckung der oben geäußerten Zulässigkeit der Vollmacht:
    Bei Grundstücksveräußerungen hat kein Mensch Bedenken gegen die "Doppelvollmacht". Dieses Institut ist ja geschaffen worden, um den umständlichen Weg 1. § 1828 BGB 2.) 1829 BGB abzukürzen. Warum soll dann eine dem FG/VG erteilte Vollmacht, die Genehmigung dem Nachlassgericht mitzuteilen, nicht möglich sein.
    Diese Konstruktion hat einiges Gefährdungspotential, weil dem Inhaber der elterlichen Sorge/dem Vormund/dem Pfleger/dem Betreuer die Möglichkeit abgeschnitten wird, in letzter Sekunde gewonnene neue Erkenntnisse durch Nichtweitergabe der Genehmigung umzusetzen. Auch ein Grund, der zur "Vorbescheidsentscheidung" des BVG geführt hat.

  • Ich denke, dass die vorliegende Frage nichts mit der bekannten Entscheidung des BVerfG zu tun hat. Denn dort ging es um die Frage, dass der Vertretene selbst am Verfahren nicht beteiligt wurde, während es im vorliegenden Fall der gesetzliche Vertreter ist, der sein eigenes Handeln an einen Dritten delegiert.

  • Diese Konstruktion hat einiges Gefährdungspotential, weil dem Inhaber der elterlichen Sorge/dem Vormund/dem Pfleger/dem Betreuer die Möglichkeit abgeschnitten wird, in letzter Sekunde gewonnene neue Erkenntnisse durch Nichtweitergabe der Genehmigung umzusetzen.



    genauso hat es mir der Prof in BadMü eingetrichtert

  • genauso hat es mir der Prof in BadMü eingetrichtert




    Hat der Prof auch erzählt, wieviele Beispiele er kennt, in denen sich tatsächlich zwischen Erteilung der Genehmigung und Bekanntgabe herausstellte, dass der Nachlass doch nicht überschuldet ist?:strecker

  • Das Gefährdungpotentials hat m. E. zu der Entscheidung des BVG beigetragen. Sicherlich ging es dem BVG in erster Linie um das Spannungsfeld "richterliche Kontrolle des Rechtspflegers in § 11 RpflG - § 55 FGG". Da hat juris vollkommen Recht. Ich glaube aber nicht, dass die von mir geschilderten Gefahren keine Rolle bei den Überlegungen gespielt haben.
    Der damalige Rpfl.-Entscheidungsträger hatte einfach vergessen, die Pflegschaft für Unbekannte insoweit aufzuheben, als diese ermittelt worden waren. Weiter hat er vergessen, die Ermittelten in das Genehmigungsverfahren einzubinden. Er hat sie weiterhin als durch den Pfleger vertreten behandelt.
    Der Grundsatz, dass die Einbindung dessen, den es angeht, mittels Vorbescheides zu erfolgen hat, dürfte hier genauso eine Rolle spielen.

  • cheyenne:

    Welcher Prof. das in Bad Münstereifel war, kann ich mir denken. Wenn es derjenige ist, von dem ich glaube, dass er es ist, hat er in der Praxis nie Angelegenheiten der vorliegenden Art in eigener Zuständigkeit bearbeitet.

    Sei es wie es sei.

    Wir diskutieren hier darüber, ob es dem gesetzlichen Vertreter gestattet ist, seine eigene Tätigkeit im Anwendungsbereich des § 1829 BGB auf einen Dritten zu delegieren. Es dürfte Einvernehmen darüber bestehen, dass dies schon deshalb nicht auf Zulässigkeitsbedenken stößen kann, weil ansonsten jede übliche notarielle Doppelvollmacht unwirksam wäre. Wer der betreffende bevollmächtigte "Dritte" ist, liegt im Belieben des gesetzlichen Vertreters.

    Die Rechte des vertretenen Kindes werden durch die geschilderte Verfahrensweise somit überhaupt nicht berührt. Sie würden nach der Rechtsprechung des BVerfG allenfalls berührt, wenn es -falls verfahrensfähig- am Genehmigungsverfahren nicht beteiligt oder wenn ihm -falls nicht verfahrensfähig- kein Verfahrenspfleger für das Genehmigungsverfahren bestellt wurde. Diese Dinge haben aber mit der hier diskutierten Vollmacht des gesetzlichen Vertreters im Rechtssinne nichts zu schaffen.

  • Hat der Prof auch erzählt, wieviele Beispiele er kennt, in denen sich tatsächlich zwischen Erteilung der Genehmigung und Bekanntgabe herausstellte, dass der Nachlass doch nicht überschuldet ist?:strecker

    stimmt, hat er nicht und ist mir auch noch nicht vorgekommen-Theorie und Praxis .......:D

  • Es ist aber nun mal so, dass der Gesetzgeber für Verträge den § 1828 BGB und den § 1829 BGB geschaffen hat. Der gesetzliche Vertreter, an den die Genehmigung zu richten ist (§ 16 FGG), soll bis zum letzten Augenblick die Zügel in der Hand halten. Ratet, warum. Ganz einfach: Er soll die Chance haben, sich die ganze Angelegenheit nochmals zu durchdenken.
    Bei einseitig empfangsbedürftigen Willenserklärungen gibt es § 1828 BGB neben § 1831 BGB. Der gesetzliche Vertreter, der die Genehmigung des FG/VG erwirkt hat, ist ja nicht gezwungen, im Anschluss daran die genehmigte e. e. WE abzugeben.
    Dass bei e. e. WE wie Erbausschlagungen die Genehmigung auch nachträglich erteilt werden kann, ist von der Rechtsprechung aus Gründen der Praktikabilität entwickelt worden, ändert aber nichts an dem erkennbaren Absichten des Gesetzgebers.

    Auch wenn "neue Erkenntnisse" noch nie aufgetreten sind: Der Gesetzgeber hat der Möglichkeit ihres Auftretens Rechnung tragen wollen.

  • Der gesetzliche Vertreter hat bis zum letzten Augenblick die Zügel in der Hand, weil er die erteilte Vollmacht jederzeit widerrufen oder den Vollmachtnehmer anweisen kann, von der Vollmacht keinen Gebrauch zu machen. Wer sich in seiner Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter nach notarieller oder gerichtlicher Belehrung über die rechtlichen Abläufe des Genehmigungsvorgangs bewusst dafür entscheidet, die (Doppel)Vollmacht dennoch erteilen zu wollen, dem kann im Rechtssinne auch kein "Unrecht" geschehen.

  • Die von jedem Vertragspartner erteilte Vollmacht stellt m. E. keine "isolierte" Willenserklärung außerhalb des Vertrages auf dem gleichen Stück Papier dar, sondern ist ihm Rahmen des Vertrages als vertraglich vereinbart zu sehen.
    Jede Vertragspartei muss sich auf die von dem anderen erteilte Vollmacht verlassen können, weshalb ein Widerruf nicht nur vertragswidrig wäre, sondern auch dem Grundsatz widerspräche, dass Teile eines Vertrages nicht einseitig aufgekündigt werden können. Auch spielt der Grundsatz von Treu und Glauben eine Rolle.
    Die Anweisung, "von der Vollmacht keinen Gebrauch zu machen", kann ich im diskutierten Bereich rechtlich nicht einordnen. Sie kann ja wohl nur das Innenverhältnis betreffen, nicht aber das Außenverhältnis.

    Im übrigen kann die Genehmigung schon beim Notar eingegangen sein, bevor die "neuen Erkenntnisse" gewonnen worden sind und ein "Widerruf" überlegt und ausgesprochen wird.

  • Die abstrakte Vollmacht wird im Verhältnis Vollmachtgeber/Vollmachtnehmer erteilt. Die Vollmacht ist somit auch dann widerruflich, wenn der Vollmachtgeber durch ihren Widerruf gegen schuldrechtliche Verpflichtungen gegenüber einem Dritten (seinem Vertragspartner) verstoßen sollte. Damit spielt es auch keine Rolle, ob die Vollmacht bindender "Vertragsbestandteil" ist (was ich sehr bezweifle).

    Selbst eine ausdrücklich unwiderruflich erteilte Vollmacht (bei der Doppelvollmacht nie der Fall) kann beim Vorliegen eines wichtigen Grundes stets widerrufen werden. Neue Erkenntnisse über die Sinnhaftigkeit eines abgeschlossenen genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts dürften zweifelsfrei einen solchen wichtigen Grund darstellen.

    Selbst wenn die Anweisung, von einer Vollmacht keinen Gebrauch zu machen, nur das Innenverhältnis beträfe (was wohl zutrifft), bleibt es ebenfalls dabei, dass dem gesetzlichen Vertreter seine Einflussnahme im Hinblick auf das Wirksamwerden des Rechtsgeschäfts nicht entzogen ist, weil der Vollmachtnehmer an die Anweisungen seines Geschäftsherrn gebunden ist.

    Und wenn die Genehmigung schon vor einem evtl. Vollmachtswiderruf oder einer Nichtgebrauchmachungsanweisung des Vollmachtgebers beim Notar eingegangen ist und dieser bereits von der Doppelvollmacht Gebrauch gemacht hat, so ist damit doch nur der von der (wirksamen) Vollmacht bezweckte Erfolg eingetreten.

    Ich verstehe überhaupt nicht, was es dabei groß zu diskutieren gibt.

  • Ich möchte das Thema "Vollmacht" für das FamG gerne noch von einer anderen Seite beleuchten.
    juris, du siehst da zwar offenbar keinerlei Probleme, aber ich frage mich, ob das FamG sich überhaupt bevollmächtigen lassen darf, für eine Privatperson zu handeln. Immerhin übernimmt es damit eine gewisse Verantwortung, die nicht in seinen Aufgaben-/Zuständigkeitsbereich fällt. Das FamG könnte ja beispielsweise die Bekanntgabe verbaseln, der gesetzliche Vertreter verlässt sich natürlich drauf und schon ist die :oops: am dampfen!
    Oder seh' ich das zu eng?

  • Rein theoretisch natürlich denkbar, praktisch aber nachgerade unwahrscheinlich, weil das FamG gerade im Hinblick auf die Ausschlagungsfrist in jedem Fall um eine eilige Erledigung besorgt sein wird.

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