Alleinerbschein- Gemeinschaftlicher Erbschein

  • Bin noch dunerfahren im Nachlassrecht fund hatte heute folgenden Fall
    Frau x erscheint mit dem privatschriftl. Testament der ERbl.
    Hieraus ergibt sich die Alleinerbschaft der x;
    y soll das Hausgrundstück bekommen;
    z das Sparbuch.Auf Nachfragen ergab sich, dass die Werte etwa gleich sind.
    Die Parteiend sind einig, dass x als Erbin ausgewiesen wird und die Teilungsanordnungen erfüllt.
    Wie verhält sich ein kompetenter Rechtspfleger?
    Erbschein x,y,z, zu je 1/3 Anteil, Alleinerbschein?
    Wie sieht die steuerliche Seite aus; wird bei der Steuerlast für die Alleinerbin die Belastung des Nachlasses durch die Vermächtnisse mindernd berücksichtigt oder ist es für die Beteiligten günstiger, wenn 3 ERben im Erbschein beteiligt sind.
    Verwandtschaftsverhältnisse 3. Grades bzw keine.
    Im Ergebnis habe ich das Testament eröffnet und die Leute zum Notar geschickt, aber wohl fühle ich mich damit nicht.

  • Nach dem Sachverhalt ergibt sich aus dem Testament "die Alleinerbschaft der X". Nicht das ich daran zweifeln will: Aber wie ist das Testament formuliert? Etwa: "Ich setze ... zu meiner Alleinerbin ein"?

    Ist X die Ehefrau und sind Y und Z die Kinder? Oder sind es anderweitige Verwandte bzw. mit dem Erblasser überhaupt nicht verwandte Personen?

    Welchen Verkehrswert hat das Hausgrundstück, wie hoch ist das Sparguthaben und welchen Wert hat der Restnachlass?

    Die Leute zum Notar zu schicken, war sicherlich nicht der richtige Weg, weil das NachlG im Hinblick auf die eingetretene Erbfolge von Amts wegen zu ermitteln hat (§ 2358 Abs.1 BGB) und der Notar mit den bisherigen Angaben auch nicht schlauer ist als Du. Hinzu kommt noch, dass beim Notar für die im Zusammenhang mit dem Erbscheinsantrag zu beurkundende eidesstattliche Versicherung Mehrkosten von 19 % (Umsatzsteuer) zuzüglich Auslagen anfallen und man den Beteiligten diese Kosten hätte ersparen können.

    Die steuerliche Seite der Dinge lässt sich erst beurteilen, wenn das Verwandtschaftsverhältnis der drei Bedachten zum Erblasser und die vorstehend erfragten Werte feststehen.

  • Im Testament ist x als alleinige Erbin benannt.
    x ist Großcousine der ERbl.
    Y ( Sparbuch) und z ( Hausgrundstück ) sind nicht verwandt.
    Der Bestand des Sparbuchs ist 300000 EUR; das Hausgrundstück etwa ebenso geschätzt und restl bleiben für die Erbin ebenfalls ca 300000. EUR.

    Da wegen des beteiligten Grundstücks ein Notar irgendwann eh von nöten ist, fand ich meine Idee des Wegschickens auch im Hinblick auf eine evtl juristische Beratung vertretbar, auch wenn MWST anfällt!Aber dumm will ich nicht bleiben!( Bitte entschuldigt meine gräßlichen Tippfehler, bin wie fimmer eilig).

  • Woraus setzt sich der X verbleibende Restnachlass zusammen? Nur aus Geldvermögen oder auch aus weiterem Grundbesitz? Und wenn weiterer Grundbesitz vorhanden ist: Wie ist dieser Grundbesitz wertmäßig im Verhältnis zum übrigen der X verbleibenden Restnachlass zu veranschlagen?

  • Nun denn:

    Wenn X im Testament als "alleinige Erbin" benannt wurde, ist die Sache klar. Sie ist als "Herrin des Nachlasses" Alleinerbin und die Zuwendungen an Y und Z stellen Vermächtnisse dar, sodass der Grundbesitz durch X an Y und das Sparguthaben durch X an Z zu übereignen ist.

    Steuerlich ist die Sache ebenfalls klar. X versteuert nur das, was ihr nach Abzug der Vermächtnisse verbleibt, also netto 300.000 €. In gleicher Weise versteuert Z sein Vermächtnis in Höhe von 300.000 €, während Y lediglich den (wohl weit niedrigeren) Steuerwert der ihm zugewendeten Immobilie zu versteuern hat. Damit ist Y im Vergleich zu X und Z begünstigt, was aber lediglich Folge der getroffenen Erblasseranordnungen ist. Alle drei Bedachten haben die schlechteste Steuerklasse III. X und Z haben somit mit einem Steuersatz von 29 % zu rechnen, während Y -je nach Steuerwert der Immobilie (niederiger oder höher als 52.000 €) mit 17 % oder 23 % "davonkommt". Der Erbschaftsteuerfreibetrag beläuft sich für alle drei Erben jeweils auf lediglich 5.200 €. Je nach Höhe des steuerpflichtigen Erwerbs kommt unter Umständen für jeden Bedachten auch der Härteausgleich nach § 19 Abs.3 ErbStG in Betracht (für X und Y wahrscheinlich). Aber derlei (komplizierte) Berechnungen würden hier zu weit führen.

    Da zwischen den drei Beteiligten im Sinne der vorstehenden Ausführungen Einigkeit über das Alleinerbrecht von X besteht, ist die Angelegenheit aus Sicht des NachlG insbesondere aufgrund der im Testament enthaltenen eindeutigen Alleinerbeneinsetzung von X nicht mehr weiter zu hinterfragen. X kann somit erneut erscheinen und den entsprechenden Erbscheinsantrag (samt) eV stellen. Das bereits geäußerte Einverständnis von Y und Z kann in einem Aktenvermerk niedergelegt werden, sodass der zügigen Erbscheinserteilung nichts mehr im Wege steht.

    Nebenbei:

    Wenn jemand Alleinerbe ist, gibt es zugunsten Dritter keine Teilungsanordnungen, sondern nur Vermächtnisse, weil eine Teilungsanordnung begrifflich das Vorhandensein von mehreren Miterben voraussetzt. Und selbst wenn mehrere Miterben vorhanden wären, bliebe immer noch zu prüfen, ob eine (ausgleichungspflichtige) Teilungsanordnung, oder ein (nicht ausgleichungspflichtiges) Vorausvermächtnis vorliegt.

  • Danke,
    meine Erfahrung mit meinem Richter ist schon so, dass er auch bei Einigkeit unter den Beteiligten den Erblasserwillen umsetzen will.
    Was die steuerliche Behandlung angeht, fühl ich mich jetzt jedenfalls gefeiter, allerdings ist in meinem Arbeitsalltag kein Raum für große Überlegungen.
    Zum Schluss noch eine letzte dumme Frage:
    Die Erblasserin hat in ihrem Testament noch die Alleinerbin x zur Testamentsvollstreckerin eingesetzt. Hier habe ich auf die Schnelle gemeint, dass diese Bestimmung ins Leere läuft.War wenigstens dies richtig?
    Noch zur Teilungsanordnung: Bin ja davon ausgegangen, dass ich hier 3 Erben haben könnte.....
    Danke schon jetzt an Juris 2112

  • Die Alleinerbin kann nicht Testamentsvollstreckerin sein, weil sie bereits in ihrer Eigenschaft als Alleinerbe alleine verfügungsbefugt ist und er sich nicht nach § 2211 Abs.1 BGB in seiner eigenen Verfügungsbefugnis beschränken kann. Der Erbschein ist daher ohne TV-Vermerk zu erteilen.

    Im übrigen:

    Was soll die Frage: "Wer wenigstens dies richtig?"

    Wir haben alle einmal (relativ "unwissend") angefangen und wenn ich manchmal etwas direkt antworte, dann nur deshalb, weil ich die Dinge gerne auf den Punkt bringe, und nicht deshalb, weil ich den Fragesteller in irgendeiner Weise herabwürdigen möchte. Denn wenn der Fragesteller eine dezidierte Anwort wünscht, dann hilft es ja nichts, um den heißen Brei herumzureden.

  • Ich hatte die Entscheidung des BGH nicht erwähnt, weil der dort beschriebene Ausnahmefall nicht vorliegt. Der BGH hat eine Personalunion von Alleinerbe und TV für möglich gehalten, wenn der Alleinerbe zugleich i.S. des § 2223 BGB zum Vermächtnis-TV ernannt wurde und die vom Erblasser angeordneten Vermächtnisse als auf beiden Seiten handelnder TV erfüllen soll, womit zwei TV's im Rechtssinne -eine für den Erben und eine für die Vermächtnisnehmer- vorliegt (BGH FamRZ 2005, 614 = Rpfleger 2005, 658). Diese Rechtsauffassung des BGH ist unzutreffend, weil einem Alleinerben bereits die alleinige Verfügungsbefugnis über den Nachlass zukommt und er sich daher i.S. des § 2211 Abs.1 BGB begrifflich nicht in seiner eigenen Verfügungsbefugnis beschränken kann und sich hieran nichts ändert, wenn der Erbe zum Vermächtnis-TV ernannt wurde, weil die Vermächtnis-TV nur den Vermächtnisnehmer (und nicht den Erben) in seiner Verfügungsbefugnis beschränkt (Bestelmeyer FamRZ 2005, 1830 und Rpfleger 2006, 526, 531).

  • @juris: Habe mir das Urteil des BGH mal zu Gemüte geführt, schwere Kost um diese Uhrzeit, schließlich bin ich a.D.:D Also der Fall ist schon etwas anders, aber ich habe meine Zweifel, ob man die Schlussfolgerung des Gerichts so ganz außer acht lassen kann. Allerdings bin ich nicht wirklich der Nachlaßexperte. Hab' ich letzmalig so um 1988 bearbeitet, also im letzten Jahrtausend.
    Aus dem Sachverhalt lässt es so zwar nicht ableiten, aber kann es nicht sein, dass die Erblasserin die TV genau für die konkrete Abwicklung der Vermächtnisse angeordnet hat (Mit Kontrolle des Nachlassgerichts). Wobei sich natürlich die Frage stellt warum sie dazu keinen Dritten benannt hat.
    Ich gebe zu, ist ein bisschen ins Blaue fabuliert, aber vielleicht hast du ja noch Lust auf ein wenig "Rechtsberatung".;)

  • Die von mir in #10 zitierte Entscheidungsanmerkung (FamRZ 2005, 1830) lautet wie folgt:

    Der in FamRZ 2005, 614 abgedruckten Entscheidung des BGH kann nicht zugestimmt werden, weil sie ausweislich der Urteilsgründe nicht mit den getroffenen Erblasseranordnungen in Einklang steht und die im Leitsatz der Entscheidung zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung mit Annahmen und Überlegungen begründet wird, die im Gesetz keine ausreichende Stütze finden.

    Im vorliegenden Fall war alleine entscheidungserheblich, ob ein unbeschränkter Alleinerbe oder alleiniger Vorerbe sein eigener (Erben-)Testamentsvollstrecker sein kann. Diese Rechtsfrage wurde bisher nahezu einhellig verneint, weil der Alleinerbe ohnehin alleiniger Herr des Nachlasses ist und sich daher nach § 2211 I BGB im Rechtssinne nicht in seiner eigenen Verfügungsbefugnis beschränken kann (statt vieler vgl. RGZ 77, 177 und BayObLG, FamRZ 2002, 991 = ZEV 2002, 24; a.A. nur Adams, ZEV 1998, 321 und ZEV 2005, 206). Dass demgegenüber alle Miterben gemeinschaftlich als Testamentsvollstrecker amtieren können, ist ausschließlich auf die unterschiedlichen rechtlichen Normen im Verhältnis zwischen erbengemeinschaftlichem Handeln und Testamentsvollstreckerhandeln zurückzuführen und ändert demzufolge nichts an dem Grundsatz der Unvereinbarkeit von Alleinerbenstellung und Testamentsvollstreckeramt (RGZ 163, 57; BayObLG a.a.O.). Dass der Alleinerbe im vorliegenden Fall für die minderjährige Vermächtnisnehmerin zum Vermächtnistestamentsvollstrecker i.S. des § 2223 BGB ernannt werden konnte, versteht sich ohnehin von selbst, weil eine solche Testamentsvollstreckung nicht den Alleinerben, sondern ausschließlich den Vermächtnisnehmer beschwert und es im Hinblick auf die Verfügung über einen Nachlassgegenstand demzufolge schon begrifflich zu keiner Kollision zwischen der Verfügungsbefugnis des Alleinerben und dem Verfügungsrecht des Testamentsvollstreckers kommen kann. Aus diesem Grunde ist im vorliegenden Fall auch sorgfältig zwischen der vom Erblasser angeordneten Erben-Testamentsvollstreckung und der vom Erblasser angeordneten weiteren rechtlich selbständigen (zweiten) Vermächtnistestamentsvollstreckung i.S. des § 2223 BGB zu unterscheiden.

    Obwohl diese Grundsätze vom BGH ausdrücklich anerkannt werden, kommt er gleichwohl zu dem Ergebnis, dass die in rechtlicher Hinsicht fragliche „Personalunion“ von alleiniger Vorerbenstellung und Erbentestamentsvollstreckeramt im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden und demzufolge von der Wirksamkeit der betreffenden Erblasseranordnung auszugehen sei. Die hierfür angeführten Argumente vermögen jedoch nicht zu überzeugen. So ist bereits die Annahme unzutreffend, dass das Testamentsvollstreckeramt des alleinigen Vorerben verhindern könne, dass Eigengläubiger des Erben in die Vermächtnisgegenstände vollstrecken (§ 2214 BGB), weil diese Rechtsfolge bereits aus der (unstreitig vorliegenden) bloßen Anordnung einer Erben-Testamentsvollstreckung resultiert und demzufolge nichts mit der Frage zu tun hat, wer in personeller Hinsicht (wirksam) zum Testamentsvollstrecker ernannt werden kann. Hinzu kommt, dass es der Anordnung einer Testamentsvollstreckung zur Herbeiführung des genannten Vollstreckungsschutzes im Fall angeordneter Nacherbfolge ohnehin nicht bedarf, weil eine Vollstreckung durch Eigengläubiger des Vorerben bereits aufgrund der Vorschrift des § 2115 S.1 BGB leerlaufen würde. Aber auch soweit der BGH darauf verweist, der Erbe müsse bei Nichterfüllung der ihm als Erben-Testamentsvollstrecker auferlegten Pflichten aufgrund der getroffenen Erblasseranordnungen damit rechnen, selbst unter die Testamentsvollstreckung eines vom Nachlassgericht ernannten Dritten zu geraten, konnte sich diese angebliche „Gefahr“ im vorliegenden Fall überhaupt nicht verwirklichen, weil der Erblasser die von ihm angeordnete Erben-Testamentsvollstreckung ausdrücklich gegenständlich auf die von seinen Vermächtnisanordungen erfassten Nachlassgegenstände beschränkt hat (§ 2208 I S.2 BGB) und ein nach der Auffassung des BGH drohender Entzug der Verfügungsbefugnis zu Lasten des Vorerben (auch) im Hinblick auf die ihm endgültig verbleibenden übrigen Nachlassgegenstände somit im Rechtssinne nie zur Debatte stand.

    Da sich der BGH mit seiner Urteilsbegründung somit im Widerspruch zu den getroffenen Erblasseranordnungen befindet und auch keine anderen Argumente für seine Rechtsauffassung ins Feld zu führen vermag, verbleibt es dabei, dass der Grundsatz der Unvereinbarkeit von Alleinerbenstellung und Erben-Testamentsvollstreckeramt auch im vorliegenden Fall zur Unwirksamkeit der Testamentsvollstreckerernennung des alleinigen Vorerben (aber natürlich nicht zur Unwirksamkeit der Testamentsvollstreckungsanordnung als solcher) führt. Damit hatte der Alleinerbe rechtlich zulässigerweise lediglich das Amt des Vermächtnistestamentsvollstreckers inne, während ihm gleichzeitig aufgrund der vom Erblasser angeordneten Erben-Testamentsvollstreckung nach § 2211 I BGB die Verfügungsbefugnis im Hinblick auf die Vermächtnisgegenstände entzogen war. Ob der vom Erblasser benannte (erste) Ersatz-Testamentsvollstrecker automatisch in das „verwaiste“ Amt des Erben-Testamentsvollstreckers eingerückt war oder ob seinerzeit nach § 2200 BGB ein Erben-Testamentsvollstrecker vom Nachlassgericht zu ernennen gewesen wäre, ist für die Problematik des Entzugs der Verfügungsbefugnis im Anwendungsbereich des § 2211 I BGB ohne Belang, weil dieser Entzug in jedem Fall bereits im Zeitpunkt des Erbfalls wirksam wurde (BGHZ 25, 275; BGHZ 48, 214). Hieraus folgt, dass die beklagte Bank im vorliegenden Fall an den sich als Erben-Testamentsvollstrecker gerierenden nicht verfügungsbefugten Alleinerben und damit im Rechtssinne an einen Nichtberechtigten geleistet hat. Dass sich die Bank im Hinblick auf ihre angeblich erfolgte schuldbefreiende Leistung (hilfsweise) auch nicht auf Nr.5 der Banken-AGB berufen kann, folgt für den vorliegenden Fall schon daraus, dass sich der Alleinerbe zwar durch eine beglaubigte Testamentsabschrift und die entsprechende nachlassgerichtliche Eröffnungsniederschrift als vorgeblicher Erben-Testamentsvollstrecker „legitimiert“ hat, man von den Volljuristen der Rechtsabteilung eines Kreditinstitutes unter gebotener Anlegung objektiver und strenger Maßstäbe aber erwarten muss, dass sie gerade im Hinblick auf den Regelungsgehalt von Nr.5 Banken-AGB zumindest über grundlegende Kenntnisse des Testamentsvollstreckungsrechts im Sinne der Unvereinbarkeit von Alleinerbenstellung und Erben-Testamentsvollstreckeramt verfügen. Wollte man insoweit weniger strenge Maßstäbe anlegen, würde Nr.5 Banken-AGB den Kreditinstituten nicht nur eine haftungsmäßige Freizeichnung von jeder fahrlässigen rechtsfehlerhaften Beurteilung ihrer Angestellten ermöglichen, sondern auch eine Außer-Kraft-Setzung der Gutglaubensvorschriften (§§ 2365-2368 BGB) und eine hieraus folgende inakzeptable einseitige Risikoabwälzung auf den wahren Berechtigten bewirken (LG Darmstadt, ZEV 2002, 320).

    Aus den genannten Gründen hätte die eingelegte Revision gegen das klageabweisende Berufungsurteil Erfolg haben müssen. Es ist zu bedauern, dass sich der BGH den Weg zu einer rechtlich zutreffenden Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes durch eine Fehlinterpretation der Vorschrift des § 2214 BGB und eine nicht durchgängige Berücksichtigung der gegenständlich beschränkten Tragweite der getroffenen Testamentsvollstreckungsanordnungen verbaut hat. Dies gilt umso mehr, als im vorliegenden Prozess die Interessen einer im Zeitpunkt des Erbfalls minderjährigen Vermächtnisnehmerin in Frage standen.

    Worin die eigentliche Problematik des vorliegenden Falles besteht, wird deutlich, wenn man die historische Vorgeschichte des Revisionsverfahrens einer näheren Betrachtung unterzieht. Zunächst ist festzuhalten, dass der mit der Testamentserrichtung befasste Notar eine Erben-Testamentsvollstreckungsanordnung des Erblassers beurkundete, deren Wirksamkeit im Hinblick auf die Person des ernannten Testamentsvollstreckers in jedem Fall sehr zweifelhaft sein musste. Dass der für die Testamentseröffnung zuständige Rechtspfleger des Nachlassgerichts ebenfalls keine diesbezüglichen Überlegungen anstellte, ergibt sich aus der in Gegenwart des Alleinerben gefertigten nachlassgerichtlichen Niederschrift, in welcher die Problematik der Unvereinbarkeit von Alleinerbenstellung und Erben-Testamentsvollstreckeramt und die rechtliche Verschiedenheit von Erben- und Vermächtnistestamentsvollstreckung nicht erwähnt und lediglich die undifferenzierte „Annahme des Testamentsvollstreckeramtes“ beurkundet wurde. Der nach dem Eintritt des Erbfalls von der sorgeberechtigten Mutter der minderjährigen Vermächtnisnehmerin eingeschaltete Anwalt hat es anschließend über längere Zeit versäumt, den Alleinerben zur unverzüglichen Erfüllung der vom Erblasser angeordneten Vermächtnisse zu veranlassen. Hierdurch wurde der Alleinerbe in die Lage versetzt, den vorhandenen Vermächtnisgrundbesitz auf eigene Rechnung mit Grundpfandrechten zu belasten und die hieraus resultierenden Darlehensvaluten im Gesamtbetrag von etwa 1.000.000 DM ersatzlos für sich selbst zu verbrauchen. Des weiteren ist es ihm gelungen, die zum Gegenstand des vorliegenden Prozesses gemachten und von den Vermächtnisanordnungen des Erblassers umfassten Wertpapiere im Betrag von 125.000 DM trotz erfolgter Prüfung der Rechtslage durch die hierfür zuständigen Stellen des beklagten Kreditinstituts an sich zu ziehen und den entsprechenden Veräußerungserlös zum Nachteil der Vermächtnisnehmerin ebenfalls ersatzlos für eigene Zwecke zu verwenden.

    Der derzeit amtierenden anwaltlichen Erben- und Vermächtnistestamentsvollstreckerin ist es im Lauf der Jahre gelungen, zunächst die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Wirksamkeit der genannten Grundpfandrechte und schließlich die Löschung dieser Grundpfandrechte und damit einen unbelasteten Eigentumsübertragung des Vermächtnisgrundbesitzes auf die Vermächtnisnehmerin herbeizuführen. Im Hinblick auf den weitaus größten Teil des zum Nachteil der Vermächtnisnehmerin eingetretenen und nicht durch Amtshaftungsansprüche abgedeckten Vermögensschadens ist die Testamentsvollstreckerin allerdings mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den vormaligen Anwalt der Minderjährigen in den ersten beiden Instanzen vor den Prozessgerichten gescheitert. Über die Revision der Klägerin gegen das klageabweisende Berufungsurteil wurde nach Kenntnis des Verfassers noch nicht entschieden. Es bleibt abzuwarten, ob die vermögensrechtlich erheblich geschädigte und am Verlauf der Dinge völlig unschuldige Klägerin in diesem Revisionsverfahren eine verdiente „Kompensation“ für die vorliegende Entscheidung des BGH erfahren wird. Falls dies nicht der Fall sein sollte, verbleibt der von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Testamentsvollstreckerin zum Zwecke der Vermeidung eines zeitraubenden Prozesses gegen den nicht über Eigenvermögen verfügenden Vorerben nur noch die Möglichkeit, die in ihrer Eigenschaft als Vermächtnistestamentsvollstreckerin geltend gemachten Ansprüche der Vermächtnisnehmerin in ihrer Eigenschaft als Erben-Testamentsvollstreckerin in vollstreckbarer Form notariell anzuerkennen und aufgrund dieses Titels in ihrer Eigenschaft als Vermächtnistestamentsvollstreckerin in den vorhandenen Vorerbengrundbesitz oder in die dem Vorerben zustehenden Nutzungen der Vorerbschaft zu vollstrecken. Die Schutzvorschrift des § 2115 BGB steht einer solchen Vollstreckung nicht entgegen, weil es sich bei einem Vermächtnisanspruch um den Anspruch eines Nachlassgläubigers handelt (§ 2115 S.2 BGB). Dass die Vermächtnisnehmerin beim Ableben des Vorerben als eine von mehreren Personen selbst zur Mitnacherbin berufen sein wird, führt allerdings dazu, dass sie einen Teil (aber eben auch nur einen Teil) ihrer Ansprüche nach dem Eintritt des Nacherbfalls faktisch selbst begleicht. Aus diesem Grunde war es im vorliegenden Fall auch durchaus im Interesse der Vermächtnisnehmerin und der übrigen Nacherben, die Rechtsverfolgung zunächst gegen andere denkbare Anspruchsschuldner in Angriff zu nehmen.

    Damit steht im Ergebnis fest, dass der BGH eine minderjährige Vermächtnisnehmerin durch seine Entscheidung um ihr wohlverdientes "Erbe" gebracht hat. Die verklausulierten und noch dazu unrichtigen Erwägungen des BGH vermögen hierfür keinerlei Rechtfertigung zu bieten.

  • @juris: Bin heute nicht mehr so ganz aufnahmefähig, werde mir #12 morgen in Ruhe zu Gemüte führen. Vielleicht beim Frühstück. Vielen Dank für deine Mühe.

  • Danke raicro: dein Link war hilf und lehrreich
    Mein Gott Juris 2112: wann schläftst du mal!
    Ich habe deine Ausführung ausgedruckt und nehme sie mit in den Urlaub.
    Liebe Grüße an alle



  • Die Leute zum Notar zu schicken, war sicherlich nicht der richtige Weg, weil das NachlG im Hinblick auf die eingetretene Erbfolge von Amts wegen zu ermitteln hat (§ 2358 Abs.1 BGB) und der Notar mit den bisherigen Angaben auch nicht schlauer ist als Du. Hinzu kommt noch, dass beim Notar für die im Zusammenhang mit dem Erbscheinsantrag zu beurkundende eidesstattliche Versicherung Mehrkosten von 19 % (Umsatzsteuer) zuzüglich Auslagen anfallen und man den Beteiligten diese Kosten hätte ersparen können.




    Gönnt uns Notaren doch auch mal was.

    Ad.Vocat

  • Gegönnet sei's Euch Notaren
    Voller Wissen
    Das Nachlassgericht ist mit Euch
    Ihr seid gesegnet unter den Juristen
    Und gesegnet ist Eure Kasse vereinnahmten Geldes
    Notare in höheren Gefilden
    Bittet für uns Beamte
    Jetzt und für die Stunde unserer Pensionierung
    Danke


  • :2weglach:
    Super, juris, echt.

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