Ermessensentscheidung bei § 850 c Abs.4 ZPO

  • Also ich meine, dass in Bezug auf die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit i.S.v. § 850c IV ZPO bereits mehrere Gerichte gesagt haben , dass auf den individuellen sozialhilfrechtlichen Bedarf der Unterhaltsberechtigten Person abgestellt werden darf und dieser Bedarf in Anwendung der SGB II bzw. SGB XII erfolgen kann.

    Somit würde ich persönlich mich nicht irritieren lassen und im Hinblick auf die Frage der pauschalisierten Berücksichtigungsfähigkeit i.S.v. § 850c IV ZPO, die m.E. unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Unterhaltspflicht zu sehen ist, an meine o.g. Berechnung halten und den weitergehenden Nichtberücksichtigungsantrag, soweit man mit der eigenen Berechnung nicht ohnehin zur vollständigen Nichtberücksichtigung kommt, zurückweisen.

    Mag uns das LG eines besseren belehren.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Wer oder was bitte ist die "GNeuMoP"?

    Unser LG sagt, dass es nicht Ermessensfehlerhaft sei, die Vorschriften des SGB XII zur Frage anzuwenden, ob und in welchem Umfang die eigenen Einkünfte den Bedarf der U.b.P. decken. Für den noch offenen Restbedarf ist die u.b.P. im Rahmen des § 850c ZPO, beschränkt auf den Tabellensatz als Maximalbetrag, zu berücksichtigen.

    Letztlich ist es mir also verhältnismäßig egal, was die Gl.-V. auf meine Ankündigung der Berechnung so äußern...

    Eine sinnvolle Äußerung, die zu einer anderweitigen Berechnung führen würde, habe ich in diesem Zusammenhang noch nicht erhalten.

    Du hast allerdings insoweit recht, als dass zur Frage der maximal berücksichtigungsfähigen Miethöhe die Anwendbarkeit des § 8 WohnGG umstritten ist.

    Ggf. wäre auf die tatsächliche Miethöhe (soweit dem Gl. bekannt), beschränkt auf die maximale Berücksichtigungsfähigkeit (konsequenterweise müsste man hierbei auf § 29 SGB XII abstellen) zu berücksichtigen.

    In Hamburg wird bei Anwendung des § 29 SGB XII vom Sozialamt eine Tabelle angewandt, für deren Anwendung man das Fertigstellungsjahr der Wohnung kennen müsste und deren Beträge teilweise unterhalb und teilweise oberhalb der sich aus § 8 WohnGG ergebenden Sätze liegen, weswegen ich bisher noch § 8 WohnGG mangels konkreter Angaben diesbezüglich anwende (sei es bei § 850c IV ZPO oder auch bei der Bemessung des Freibetrags nach § 850d ZPO).

    the bishop :kardinal:

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  • Is ja schon gut, hab vergessen "Entwurf" dazu zu setzen.

    Wenn Deine Frage erst gemeint war, dann kannst Du hier den derzeit aktuellen Stand des Entwurfs lesen.

  • Okok - ich verdränge diesen Entwurf, zu dem ich schon Stellung bezogen habe, aktiv (Hildesheimer).;)

    Die Begrifflichkeit "GNeuMoP" war mir im vorletzten Posting aber wirklich nicht mehr geläufig.

    Danke für den Link.

    Lustig, dass die Entscheidungen der Obergerichte in Bezug auf die Miethöhe alle irgendwie auf § 29 SGB XII hinaus wollen (ok - bis zur 2. oder 3. Instanz ist die tatsächliche Miethöhe dann auch bekannt und da kann man als Richter dann auch den Larry heraushängen lassen, wie dämlich das Vollstreckungsgericht ist, § 8 WohnGG anzuwenden ...), die Praxis (zumindest in HH) bei Unkenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten (Regelfall) aber § 8 WohnGG anwendet und nun auch im Entwurf des GNeuMoP in Bezug auf die Miethöhe das WohnGG angewandt werden soll ... :D

    the bishop :kardinal:

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  • Deine Stellungnahme war mir durchaus noch in Erinnerung und deswegen habe ich nicht gewusst, ob ich das ernst nehmen soll oder muss.

  • Neuer Fall:
    Der Schuldner wurde zum Antrag des Gläubigers auf Nichtberücksichtigung der Ehefrau angehört. Er teilt nun mit, dass das Geld, dass die Frau verdient, zur Begleichung von Kosten im Zusammenhang mit den Kindern (u.a. Fahrten zur Frühförderung) benötigt wird. Spielen erhöhte Aufwendungen der Kinder eine Rolle bei der Ermittlung des Bedarfs der Ehefrau? Im Stö finde ich dazu nichts.

  • Zunächst mal ist das Einkommen für den eigenen Bedarf der Ehefrau da. Wenn das Einkommen hoch genug ist, fällt die Ehefrau ganz oder teilweise raus.

    Für irgendwelche andere notwendigen Ausgaben kann der Schuldner allenfalls § 850f Abs. 1 ZPO strapazieren.

  • Könnten die Zusatzkosten dann eine Rolle spielen, wenn der beim Schuldner pfändbare Betrag sie nicht völlig deckt, d.h. ein 850f-Antrag nicht ganz weiterhilft?

  • Soweit es sich um die Kinder des Schuldners handelt, werden diese durch den Tabellensatz zu § 850c ZPO bereits berücksichtigt. Lediglich ein erhöhter Bedarf i.S.v. § 850f I ZPO könnte zu einer weitergehenden Berücksichtigung führen. Ich würde die Argumentation i.Ü. dem Gläubiger überlassen, der zum Einwand des Schuldners ja anzuhören ist.

    the bishop :kardinal:

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  • Immer diese Abänderungsanträge!

    Schuldner hat Ehefrau, die bei der Berechnung aufgrund des Antrages nach § 850 c Abs. 4 ZPO wegfällt. Nunmehr ist sie arbeitslos. Bei der Bundesagentur für Arbeit liegt ihr Antrag auf Zahlung von Sozialhilfe.

    Problem: Momentan bekommt sie zwar 0,00 €, aber im Fall einer Bewilligung werden ihr ja rückwirkend Gelder gezahlt. Wie soll ich denn da eine Berechnung anstellen? Gläubiger widerspricht der Abänderung. Müsste ich also selbständig ermitteln wieviel ALGI ihr momentan zusteht? Wie würdet ihr verfahren? :confused:

  • Wenn die Ehefrau 0,00 € eigenes Einkommen hat, dann liegen die Voraussetzungen für die Nichtberücksichtigung nach § 850c Abs. 4 ZPO nicht vor.

    Wieso liegt bei der BA der Antrag auf Sozialhilfe? Hat sie keinen Anspruch auf ALG?

    Es könnte doch sein, dass kein Anspruch auf Sozialhilfe besteht und dann auch kein Einkommen da ist, oder?

  • Wenn die Ehefrau 0,00 € eigenes Einkommen hat, dann liegen die Voraussetzungen für die Nichtberücksichtigung nach § 850c Abs. 4 ZPO nicht vor.

    Wieso liegt bei der BA der Antrag auf Sozialhilfe? Hat sie keinen Anspruch auf ALG?

    Es könnte doch sein, dass kein Anspruch auf Sozialhilfe besteht und dann auch kein Einkommen da ist, oder?


    Hab mich da ungünstig ausgedrückt. Sie hat dort den Antrag auf ALGI zu laufen. Bekanntlich dauert das aber. Aber an sich hat sie ja keine 0 € Einkommen, denn sie erhält ja von der BA sodann das Geld rückwirkend erstattet. DAS ist mein Problem. Oder kann man jetzt dem Antrag des Schuldners statt geben und die Frau wieder komplett berücksichtigen und sobald die Frau wieder Einkommen inform von ALGI hat, könnte der Gl. erneut den Antrag stellen (aber wie soll er denn dann an die Info herankommen, dass die Frau ab dem Tag XY wieder Geld bekommt)...

  • Ich würde es nicht auf den Anspruch abstellen sonder auf tatsächliches Einkommen (wie es auch in Abs. 4 steht), das sie im Moment nicht hat.

    Aber das dürfte nicht unbedingt die Zustimmung aller finden ;)


  • Aber das dürfte nicht unbedingt die Zustimmung aller finden ;)



    In der Tat.

    Mag sie - wie jeder unverheiratete arbeitslos gewordene Bürger, der nichts zu beißen hat, auch - einen entsprechenden Vorschussantrag beim Arbeítsamt oder der ARGE (unter Abtretung bzw. in Anrechnung der bestehenden Ansprüche aus ALG I) stellen. Eine Änderung des bereits getroffenen Beschlusses nach § 850c IV ZPO würde ich erst nach Vorliegen der Höhe des ALG I treffen. GGf. wäre m.E. über eine Einstellung der Zwvo im Umfang der Nichtberücksichtigung der Ehefrau bis zur Feststellung der Höhe des ALG I durch den Sch. bzw. dessen Ehefrau nachzudenken.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • GGf. wäre m.E. über eine Einstellung der Zwvo im Umfang der Nichtberücksichtigung der Ehefrau bis zur Feststellung der Höhe des ALG I durch den Sch. bzw. dessen Ehefrau nachzudenken.



    :daumenrau Wäre sicherlich sinnvoll.

    Vielleicht ist der Anspruch ja so gering, dass die Höhe des Einkommens die Nichtberücksichtigung nicht mehr rechtfertigt oder nur noch eine Teilnichtberücksichtigung.

  • GGf. wäre m.E. über eine Einstellung der Zwvo im Umfang der Nichtberücksichtigung der Ehefrau bis zur Feststellung der Höhe des ALG I durch den Sch. bzw. dessen Ehefrau nachzudenken.



    :daumenrau Wäre sicherlich sinnvoll.

    Vielleicht ist der Anspruch ja so gering, dass die Höhe des Einkommens die Nichtberücksichtigung nicht mehr rechtfertigt oder nur noch eine Teilnichtberücksichtigung.



    Das gefällt mir sehr gut und werde ich dann heute mal in die Tat umsetzen.

  • Ich habe hier nun einen nachträglichen Antrag nach § 850 c Abs. 4 ZPO (Nichtberücksichtigung Kind) durch einen Gläubiger auf dem Tisch und verstehe noch so einige Dinge nicht. Diese Anträge kommen bei mir selten vor und meistens sind sie eindeutig bzw. der Schuldner meldet sich nicht.

    Eckdaten:
    Schuldnereinkommen netto: ca. 1.600,00 EUR
    Einkommen Kind (19 Jahre in Ausbildung) netto: ca. 800,00 EUR

    Im Rahmen der Anhörung macht der Schuldner nun den Bedarf des Kindes wie folgt (ohne Nachweise) geltend:
    - Regelbedarf 391,00 EUR
    - Kosten für das Handy in Höhe von pauschal 30 EUR/Monat
    - Werbungskosten pauschal 50,00 EUR
    - Fahrtkosten zur Arbeit bei 25 Kilometern in Höhe von 130,00 EUR (=5,20 EUR x 25 Km) [= wird dann wohl wegen § 3 Abs. 6 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII sein]
    - Abzahlungsverpflichtung PKW-Kredit in Höhe von monatlich 150,00 EUR
    - Kosten für dienstliche Kleidung in Höhe von pauschal 80 EUR/Monat [=bei einem Unternehmen beschäftigt, bei dem das Tragen von Anzügen Pflicht ist]
    - anteilige Wohnkosten in Höhe von ca. 350,00 EUR warm [= Warmmiete geteilt durch 2 Personen, also Schuldner und Kind]
    Im Ergebnis kommt er auf einen Bedarf des Kindes von ca. 1200,00 EUR.

    Ich bin mir leider noch immer nicht sicher, wie genau ich bei solchen Anträgen den konkreten Bedarf des Kindes zu ermitteln habe. Folgende Fragen stelle ich mir insbesondere:

    1.) Der Regelbedarf müsste doch so wie ich das sehe 313 EUR betragen, da dies der derzeitige Regelbedarf für über 18 jährige im Haushalt der Eltern nach dem SGB ist. Hierin enthalten wäre m. E. dann auch die Ausgabe für ein Handy.
    2.) Wenn ich das (im Beitrag #3) richtig gelesen habe, dann bewilligt man diesen Zuschlag von 30-50 % gem. BGH nur bei Erwerbstätigen. Soweit so gut, dieser Fall ist hier gegeben, sodass ich einen entsprechenden Zuschlag gewähren würde.
    3.) Was ist denn nun alles von diesem Zuschlag abgegolten? Denn auch bei berufstätigen Personen, die keine konkreten berufsbedingten Ausgaben geltend machen, würde man doch den Zuschlag gewähren. Müsste ich dann alle geltend gemachten Ausgaben extra berücksichtigen?
    4.) Können solche nicht substantiierten bzw. nachgewiesenen Pauschalen und zudem Abzahlungsverpflichtungen (hier PKW) im Rahmen des § 850 c Abs. 4 ZPO überhaupt geltend gemacht werden? (vgl. Werbungskostenpauschale, Pauschale für Dienstkleidung, wobei ich hier unterstelle, dass er Anzüge auch im privaten Bereich tragen wird)
    5.) Wenn ich die Wohnkosten bei dem Kind berücksichtige, habe ich dann nicht die Wohnkosten doppelt berücksichtigt? Denn bei dem dem Schuldner gem. § 850 c Abs. 1 ZPO zustehenden Grundfreibetrag sind die Wohnkosten doch bereits enthalten. Der Schuldner leistet den vollen Wohnkostenbeitrag und zugleich gewähre ich ihm einen Zuschlag für eine Unterhaltsverpflichtung, weil ich bei dem Kind anteilige Wohnkosten berücksichtige und so den Bedarf des Kindes erhöhe. Die Wohnkosten sind bei weiteren Personen im Haushalt ja normalerweise nicht wesentlich höher, sodass auch ohne Kind die Wohnkosten in einer vergleichbaren Höhe von dem Schuldner gezahlt werden müssten und in seinem Freibetrag enthalten wären. Müssten man in diesen Fällen nicht sagen, dass Wohnkosten lediglich bei dem Schuldner berücksichtigt werden und dieser einen Antrag auf Erhöhung seines pfändungsfreien Betrages stellen müsste wegen erhöhter Wohnkosten aufgrund eines größeren Haushaltes.

    Ich hoffe euch mit den Fragen nicht erschlagen zu haben, für Hilfe wäre ich jedenfalls dankbar.


  • Ich würde mir an dieser Stelle ggf. noch gar nicht so einen großen Kopf machen.

    > Den Gläubiger zur Schuldner-Replik anhören und den Schuldner auffordern, seinen Sachvortrag im Einzelnen zu belegen.

    Finde den Antrag des Gläubigers vorliegend aber jedenfalls nicht von vorne herein aussichtslos.

    Berichte mal, wie sich so die Parteien weiter einlassen.

    Einmal editiert, zuletzt von zsesar (23. Oktober 2014 um 21:37)


  • Der Gläubiger schreibt zu den einzelnen Positionen eigentlich gar nichts, hatte ihn bereits angehört :(
    Was ich mich ehrlich gesagt frage ist, wie tief ich jetzt genau in diese SGB-Vorschriften rein muss. Der BGH gewährt einen Zuschlag von 30-50 % auf den Grundfreibetrag. Zugleich bestätigt er, dass man die SGB-Vorschriften als Maßstab nehmen kann.
    Wenn ich aber doch die SGB-Vorschriften anwenden soll, dann müsste ich doch theoretisch sämtliche Vorschriften anwenden. Müsste ich dann nicht auch die Absetzungen vom Einkommen des Kindes vornehmen, wie sie § 11b Abs. 1 SGB II vorsieht? Und in diesem Zusammenhang wären dann ggf. Pauschalen nach § 6 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-V) zu berücksichtigen. Die Berechnung wäre damit viel umfangreicher als pauschal 30-50 % bei Erwerbstätigen auf den Grundfreibetrag drauf zu rechnen.......

    Wie lassen sich diese pauschalen 30-50% des BGH´s mit den restlichen Vorschriften des SGB vereinbaren?

    edit: Und gibt es hier einen SGB-Experten, der mir sagen kann, ob KFZ-Raten berücksichtigungsfähig sind? :) (und in diesem Zusammenhang, ob man vom Schuldner einen Zahlungsnachweis im Rahmen des § 850 c Abs. 4 ZPO verlangen kann)

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