Ablieferungspflicht bei Berufsbetreuer, welche Beamte sind

  • Nachdem ich mich etwas eingelesen habe, der angekündigte Nachtrag zur Frage der Ablieferungspflicht:

    Das Ergebnis vorweg:
    Wenn der Berufsbetreuer aus Mitteln des Betroffenen bezahlt wird, dann kommt m.E. eine Ablieferung nicht in Betracht. Nicht so eindeutig ist das Ergebnis, wenn der Berufsbetreuer aus öffentlichen Mitteln bezahlt wird. Und das Ergebnis kann sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden, da die fraglichen Regelungen differieren. Eine Entscheidung, die konkret eine Ablieferungspflicht eines nebenamtlichen Berufsbetreuers zum Gegenstand hatte, habe ich allerdings nicht gefunden.


    Im Detail:
    Maßgebliches Kriterium, ob eine Nebentätigkeit ausgeübt wird, die dem öffentlichen Dienst gleichgestellt wird, dürfte nach der Rechtsprechung des BVerwG die Frage sein, wer die vom Beamten erbrachten Leistungen entgegennimmt (z.B. BVerwG, Urteil vom 03.07.2003 - 2 C 17/02, unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung). Allerdings wird dieses Kriterium nicht alleine zur Entscheidung herangezogen, sondern ergänzend wird auf zwei weitere Gesichtspunkte abgestellt, nämlich
    - wer den Auftrag zur Leistung erteilt hat und
    - wer dafür bezahlt (beides z.B. in BVerwG, Urteil vom 23.02.1989 - 2 C 44.86.)

    Deswegen kommt z.B. das VG Ansbach (Urteil vom 12.11.2002 - AN 1 K 00.01345) zum Ergebnis, es würde ausreichen, dass bei einem Schiedsgericht einer der beiden Streitenden eine im Mehrheitsbesitz der Öffentlichen Hand befindliche Gesellschaft ist, obwohl die Deutsche Telekom AG damals eindeutig eine juristische Person des Privatrechts war und Auftraggeber bei einem Schiedsgerichtsverfahren beide Parteien sind und die Tätigkeit selbst "selbständig" erbracht wird. Und auch das VG München (Urteil vom 27.03.2007 - M 5 K 05.6147) hat, nach der o.g. Entscheidung des BVerwG, für eine Treuhändertätigkeit für eine Bank die Tatsache, dass diese Bank eine Anstalt des öffentlichen Rechts war, zur Ablieferungspflicht ausreichen lassen.

    Auf der sicheren Seite ist man wohl nur, wenn alle drei Kriterien nicht zutreffen (z.B. Urteil des OVG Münster vom 18.04.2013 - 1 A 2093/12 - zu einem Richter, der für die privatrechtlich organisierte Fortbildungsgesellschaft einer Rechtsanwaltskammer Vorträge für Rechtsanwälte gehalten hat - allerdings hat sogar hier der Dienstherr versucht, die Ablieferungspflicht durchzusetzen, weil die "Mutter" der Fortbildungsgesellschaft doch öffentlich-rechtlich organisiert sei, sogar wenn die Mittel dieser RAK sich aus Mitgliedsbeiträgen der Anwälten speisen)

    Wenn man versucht, diese Maßstäbe an die Frage anzulegen, ob ein nebenamtlicher Berufsbetreuer ablieferungspflichtig sein könnte, dann lässt sich m.E. folgendes feststellen:

    a) Der "Auftrag" wird durch eine öffentliche Stelle erteilt (Berufung zum Betreuer durch das Betreuungsgericht)
    b) Die "Leistung" nimmt, zumindest ganz überwiegend, nämlich von der Rechnungslegung einmal abgesehen, der Betreute entgegen
    c) Die Bezahlung kann sowohl aus öffentlichen wie auch aus privaten Mitteln erfolgen, aus öffentlichen Mitteln dann, wenn der Betreute nicht hinreichend leistungsfähig ist.

    Das wären ggf. 2 von 3 Kriterien. M.E. kann man zwar nicht auf die Finanzierung abstellen, weil es sich hier faktisch um eine Sozialleistung für den mittellosen Betreuten handelt, aber wer weiß, was ein eifriges Verwaltungsgericht daraus machen würde.

    Es dürfte, nach dem was ich nun gelesen habe, dagegen nicht darauf ankommen, ob man die Tätigkeit als Selbständiger erbringt oder nicht. So sind z.B. als "Selbständige" tätige Geschäftsführer von privatrechtlich verfassten, aber finanziell von Kommunen beherrschten Gesellschaften reihenweise zur Ablieferung entsprechender Bezüge verurteilt worden. Und auch jemand, der als Architekt tätig war, musste abliefern, weil er zufällig eine Schule geplant hat (VGH München, Urteil vom 11.05.1994 - 3 B 93-1517)


    Und noch ein kleiner Nachtrag zum Beitrag von Frog:
    Ich kann mir durchaus ein Szenario vorstellen, in dem Betreuungsrechtspfleger von ihrem Dienstherren zur Übernahme von Betreuungen aufgefordert werden - nämlich dann, wenn wir mal soweit sein sollten, dass es viele (alte) ehemalige Beamte als Betreute gibt und der Dienstherr entdeckt, dass es billiger sein kann, seine Rechtspfleger nebenher einzusetzen. Ich hoffe nur, diesen Zeitpunkt nicht mehr zu erleben. ;)


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (17. April 2015 um 17:08) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Nun, verfassungsrechtlich greifen hier die hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentum gem. Art. 33 Abs. 5 GG. Dort das Alimentationsprinzip und die volle Hingabepflicht wegen der 40% Regelung bei den Nebentätigkeiten. Innerhalb dieses Alimentationsprinzipes wäre im vorliegenden Fall zu prüfen, ob ein Verstoß gegen die verbotene Doppelalimentation vorliegen könnte. Einfach gesetzlich verklausuliert wäre § 86 Nr. 2 LGB einschlägig. Konkretisiert wird dies durch die Rechtsverordnung, dort § 8 NebVO.

    Bei mittellosen Betreuten hat der Betreuer einen Anspruch gegen die Staatskasse.

    Regressansprüche der Staatskasse

    Ist der Betroffene mittellos, d.h. kann er Vergütung oder Auslagen der Betreuungsperson

    • nicht
    • nur zum Teil
    • nur in Raten
    • nur dadurch, dass er Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend macht


    zahlen, wird die Betreuungsperson zunächst aus der Staatskasse entschädigt, § 1836d BGB. Neu ist, dass es sich bei den Zahlungen aus der Staatskasse jedoch nur um eine Vorleistung handelt.
    Siehe für Einzelheiten unter Regress der Staatskasse.


    Grundsätzliches

    Die Staatskasse (Landeskasse) kann durch den Bezirksrevisor Regressforderungen gegen den Betreuten geltend machen, wenn Betreuervergütungen und Aufwendungsersatz (einschl. der Aufwandspauschale) wegen früherer Mittellosigkeit aus der Staatskasse bewilligt wurden und der Betreute nunmehr zur (auch ratenweisen) Zahlung imstande ist (§ 1836e BGB).
    Seit dem In-Kraft-Treten des 1. BtÄndG am 01.01.1999 handelt es sich bei den Zahlungen aus der Staatskasse nur noch um eine Vorleistung. Wenn die Staatskasse Auslagen oder Vergütung an den Betreuer gezahlt hat, kann sie sich diese Beträge vom Betroffenen zurückholen, wenn er Einkünfte oder Vermögen hat, das über der Grenze der Mittellosigkeit liegt (aber zur vollständigen Befriedigung der Ansprüche des Vormunds, Pflegers oder Betreuers nicht ausreicht, entsprechend § 1836d BGB).

    Ein Regressanspruch entsteht auch dann, wenn der Betreute später Vermögen erwirbt (z.B. durch eine Erbschaft, vgl. § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Nach dem Tod des Betreuten kann die Staatskasse sich an den Nachlass halten.
    Der Freibetrag für den Erben eines verstorbenen Sozialhilfeempfängers (§ 102 SGB XII) sowie für den Erben des verstorbenen Betreuten (§ 1836e BGB) beträgt 2.292 € (Stand 1.1.2013, ab 2014: 2346 Euro). Der Freibetrag für pflegende Angehörige nach den obigen Bestimmungen bleibt bei Sozialhilfe bei 15340,-- €, bei ALG 2 nach § 35 SGB II bei 15.500,-- Euro.

    http://www.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung/wiki…der_Staatskasse

    Demnach wäre die Betreuervergütung aus der Staatskasse eine Vorleistung und mithin keine Vergütung des Staats und damit keine Doppelalimentation, oder?

  • Halte ich für gut vertretbar, ich bin ja, wie oben bereits ausgeführt, wegen des Sozialleistungscharakters der Bezahlung aus der Staatskasse, der Ansicht, dass keine Ablieferungspflicht besteht.

    Was dann ein zufällig fiskusfreundliches Verwaltungsgericht aus meiner Ansicht macht, wäre die andere Frage :cool:
    (3 Juristen, 4 Meinungen und der Instanzenzug ... Cromwell singt, nicht ohne Anlass, zur Zeit in einem anderen Thread ja ein Lied davon, was er von manchen Entscheidungen sogar des BGH hält :teufel:)

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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