Beiträge von Hasso

    Zitat

    Die Wortwahl "das Führen eines Anfechtungsprozesses eine höchstpersönliche Regelaufgabe des Verwalters" ist misslich und verwirrend.

    Das muss man im Gesamtkontext der konkreten BGH-Entscheidung lesen. Klar ist das Führen eines Anfechtungsprozesses höchstpersönliche Aufgabe des Verwalters - was jedoch nicht bedeutet, dass sich der Verwalter im Prozess nicht von einem Rechtsanwalt vertreten lassen darf.

    Absolut. Aber es bleibt "misslich und verwirred", besser kann man es nicht ausdrücken. Aber der Text der Entscheidung ist nun mal in der Welt und die gleichzeitig genannten Aufgaben gehören zu den höchstpersönlichen Aufgaben des IV:

    Ein Insolvenzverwalter kann sein Amt als solches nicht auf einen anderen übertragen; vielmehr ist er mit diesem höchstpersönlich betraut. Insolvenzverfahrensspezifische Handlungen darf der Verwalter, wenn auch der Einsatz von Mitarbeitern in größeren Verfahren praktisch unvermeidbar oder gar geboten sein kann, nur persönlich vornehmen. Dazu gehören etwa die Führung eines Anfechtungsprozesses oder die Aufnahme eines nach § 240 ZPO unterbrochenen Prozesses, die Entscheidung über die Kündigung und Entlassung von Arbeitnehmern sowie die Entscheidung über die Art der Verwertung der Masse. Auch die zentralen Aufgaben des Insolvenzverwalters wie die Berichtspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss (§ 58 Abs. 1 Satz 2, §§ 69, 79, 152, 156 InsO), seine Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans nach § 218 InsO auf entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung (§ 157 InsO) wie auch die Schlussrechnungsregelung (§ 66 InsO) muss er unbeschadet etwaiger Zulieferungs- und Hilfsarbeiten seiner Mitarbeiter im Wesentlichen selbst vornehmen (BGH, Beschluss vom 19. September 2013 - IX AR (VZ) 1/12, BGHZ 198, 225 Rn. 9; vom 25. September 2014 - IX ZB 11/14, WM 2014, 2230 Rn. 27 f).

    Nicht ganz. Es spielt keine Rolle, ob EK oder Sozietät. Es kommt nur darauf an, ob er es selbst erledigt. Bei EK versteht sich das von selbst; ein IV einer Sozietät, der eine bestimmte Aufgabe erledigt und nach § 5 InsVV abrechnet, ist im Ergebnis einem EK gleichgestellt. Bei Delegation an einen Kollegen der eigenen Sozietät, wie in IX ZB 305/04, erfolgt kein Abzug von der Berechnungsgrundlage.

    Die missliche und irreführende Formulierung entstammt der BGH-Feder. Wie ein Insolvenzverwalter, der nicht selbst Volljurist ist, ohne fremde Hilfe einen Anfechtungsprozess (erfolgreich) führen soll, ist mir schleierhaft.

    Für die Masse ergibt sich ein geringfügiger Unterschied zwischen Delegation und § 5 InsVV, da im letzteren Fall die Kosten nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 a) InsVV von der Berechnungsgrundlage abgezogen werden.

    IX ZR 138/21 ist ziemlich aktuell und hilft mir schon mal weiter, danke.

    Ich finde die Abgrenzung - würde ein nicht-Anwalt einen RA beauftragen - immer hilfreich.

    Also außergerichtliche anfordern, MB = Regelaufgabe

    Streitiger Zivilprozess mit RA beim Gegner = Verwalter darf auch RA abrechnen

    Anmeldung in drittverfahren = Regelaufgabe - da ist ja noch so gar keine Schwierigkeit dabei, kann auch jeder gläubiger ohne RA

    Danke, so handhabe ich das bislang auch. Aber was entgegne ich der BGH-Entscheidung zum Anfechtungsprozess, auf die ich angesprochen wurde?

    "Find' ich halt gut so" wird man mir trotz vertrauensvoller Zusammenarbeit nicht abkaufen.

    Ich falle mal gleich mit der Tür ins Haus: Gem. BGH Beschluss v. 13.10.2016 - IX AR (VZ) 7/15 ist das Führen eines Anfechtungsprozesses eine höchstpersönliche Regelaufgabe des Verwalters. Dazu gibt es Alternativmeinungen, denen ich mich auch anschließe. Aber aktuell fehlt es mir an Argumentationsgrundlagen, um die vorgenannte Entscheidung aus dem Weg zu räumen. Wie seht Ihr das?

    Wie sieht es mit der Forderungsanmeldung in einem Drittverfahren aus, ist die dortige Forderungsanmeldung (einfacher Fall einzelner offener Rechnungen) zwar delegationsfähig aber die verauslagten Kosten auf die Vergütung anzurechnen?

    Genau im "bezahlt" liegt oder lag mein Problem. Ohne Mittelzufluss oder fingiertes Lieferantendarlehen kannst Du die Vorsteuer aus der Verteilung nur schrittweise geltend machen. Aber ich verstehe jetzt, dass diese Vorsteuer gleich vollumfänglich in der Berechnungsmasse in Ansatz gebracht werden darf.

    Hinsichtlich der Vorsteuer aus der Verwaltervergütung gehen BFH V R 15/15 vom 02.12.2015 und BGH IX ZB 9/13 vom 26.02.2015 verschiedene Wege, da letztere Entscheidung die Iteration der Berechnungsgrundlage ablehnt.

    Der Unterschied zwischen Vergütung und Verteilung ist hier, dass bei der Verteilung der enthaltene Vorsteuerbetrag unveränderlich feststeht, wohingegen der vereinnahmte Vorsteuerbetrag aus der Vergütung wiederum die Nettovergütung erhöht und somit die in der Vergütung enthaltene Vorsteuer degressiv erhöht.

    Der enthaltene Vorsteuerbetrag steht in der max. Höhe zwar fest, allerdings fließt er der Masse nur ratierlich zu (und in der Regel auch nicht in voller Höhe). Ergo erhöht die so in Raten eingenommene Vorsteuer auch jedes mal die Berechnungsmasse...

    Wirfst Du hier die Vorsteuer aus Vergütung und Verteilung in einen Topf?

    Danke für die Antworten. Die tönernen Füße von IX ZB 9/13 sehe ich auch.

    Hinsichtlich der Vorsteuer aus der Verteilung bliebe dann tatsächlich nur die schrittweise Ausschüttung oder eben ein Darlehen in Ausschüttungsrunde X. Eine falsche USt.-Voranmeldung kann nicht das Mittel der Wahl sein, selbst wenn sie sich rückblickend als richtig herausstellt.

    Der Unterschied zwischen Vergütung und Verteilung ist hier, dass bei der Verteilung der enthaltene Vorsteuerbetrag unveränderlich feststeht, wohingegen der vereinnahmte Vorsteuerbetrag aus der Vergütung wiederum die Nettovergütung erhöht und somit die in der Vergütung enthaltene Vorsteuer degressiv erhöht.

    ficht der IV eine mit Umsatzsteuer behaftet Zahlung des Schuldners an, ist die vereinnahmte Umsatzsteuer eine Masseverbindlichkeit..

    Im Gegensatz zur Vergütungsberechnung kann man bei der Verteilung keine Iteration der zu erwartenden Vorsteuer betreiben, sondern nur aus den tatsächlichen Zahlungen aus der Masse. Dazu gibt es eine Entscheidung des BFH, die aber augenblicklich zu weit weg ist von meinem Liegestuhl und Schirmchendrink. Da schaue ich nächste Woche einmal nach

    Bei der Anfechtung ist das etwas Anderes, der Anspruch entsteht erst mit Insolvenzeröffnung. Da sehe ich die zugehörige Umsatzsteuer klar als Masseverbindlichkeit.

    Zwischen der Vergütung und der Verteilung gibt es einen entscheidenden Unterschied: Die Nettovergütung erhöht sich durch die erstattete Vorsteuer, somit erneut die Vorsteuer. Daher wurden (teils wilde) Iterationsrechnungen angestellt. Aber ich glaube mich zu erinnern, dass diese Berechnung vor einiger Zeit dahingehend eingeschränkt wurde, dass die Vorsteuererstattung nur noch einmalig in die Berechnungsgrundlage einbezogen werden kann.

    Die Iteration bei der Verteilung wäre rein technischer Natur, da die Summe der Vorsteuer gleich bleibt:

    Kontostand: 1.000

    5 Gläubigerforderungen zu je 2.380: 11.900

    Quote: 10%

    Jeder hätte 238 zu bekommen aber nach der 4. Zahlung sind nur noch 48 übrig. Also wartet der Verwalter bis zur Erstattung der Vorsteuer aus den vorangegangenen 4 Zahlungen, dann fehlen immer noch 38 um den letzten Gläubiger zu befriedigen.

    Wenn die Seebeine nach der Kreuzfahrt einen Gang in die Bibliothek zulassen, würde ich mich über die BFH-Entscheidung sehr freuen. Bis dahin gute Erholung! 🍹

    Die Praxislösung wäre sicherlich, den errechneten Vorsteuerbetrag vorzuschießen und eine Schlusszahlung zu machen. Andernfalls wäre eine Iteration erforderlich, bis es an der 2. Nachkommastelle keine Veränderung mehr gibt, rein theoretisch.

    Du kannst doch nicht verlangen dass der Verwalter der Masse einen Vorschuss gibt

    Ich verlange das sicher nicht. Mir geht es an der Stelle um die praktische Umsetzung. Denkbar wäre auch, die Gläubiger in Gruppen zu befriedigen. Spätestens mit der letzten 100 EUR Zahlung stell sich dann die Frage: Woher kommen die 19 EUR" Umsatzsteuer?

    Hasso

    wenn Du XI R 5/16 ansprichst, es geht um den Zeitpunkt. Nicht nur bei der Anfechtung, sondern auch bei der Ausschüttung.

    Queen

    Warum nur 2x?

    Das Procedere kann und muss man dann so oft durchführen, bis nichts mehr zu erstatten ist. Das ist das gleiche Spiel wie weiland das mit der Itterierung bei der Vorsteuer aus der Verwaltervergütung .

    Die BFH-Entscheidungen verstehe ich so, dass die Berichtigung für den ursprünglichen Anmeldeszeitraum berichtigt werden müssen. Das Vorsteuerguthaben würde nur dann in die Masse fallen, wenn vom FA vorinsolvenzlich nichts mehr zu verrechnen ist.

    Die Praxislösung wäre sicherlich, den errechneten Vorsteuerbetrag vorzuschießen und eine Schlusszahlung zu machen. Andernfalls wäre eine Iteration erforderlich, bis es an der 2. Nachkommastelle keine Veränderung mehr gibt, rein theoretisch.

    Der IV setzt als Teil seiner Berechnungsgrundlage Vorsteuer an, die seiner Meinung nach im Rahmen der Schlussverteilung wieder der Masse zufließen wird.

    Abgesehen von dem Problem, dass hier Gelder ausgeschüttet werden sollen, die (noch) nicht vorhanden wären, stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Richtigkeit des Vorgehens.

    Nach den Grundsätzen der BFH-Entscheidungen vom 15.12.2016 (V R 26/16) und vom 29.03.2017 (XI R 5/16) sind Umsatz- und Vorsteuer für den ursprünglichen Zeitraum zu berichtigen. Somit wäre wieder die Aufrechnungsmöglichkeit des FA gegeben und die Vorsteuer nicht Massebestandteil. Oder übersehe ich da etwas?

    Das ist gängige Praxis und nach BGH zulässig.

    Aufrechnen geht nicht, da anspruch der Masse zusteht, da kann FA nicht mit Insolvenzforderung aufrechnen

    Danke, ich sehe das tatsächlich zum ersten Mal. Hast Du eine BGH-Entscheidung zur Hand?

    Auch frage ich mich, wie die Vorsteuer erstattet wird, wenn sie doch erst ausgeschüttet werden muss. Wer geht in Vorlage oder Massekredit? Fragen über Fragen.

    Der IV setzt als Teil seiner Berechnungsgrundlage Vorsteuer an, die seiner Meinung nach im Rahmen der Schlussverteilung wieder der Masse zufließen wird.

    Abgesehen von dem Problem, dass hier Gelder ausgeschüttet werden sollen, die (noch) nicht vorhanden wären, stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Richtigkeit des Vorgehens.

    Nach den Grundsätzen der BFH-Entscheidungen vom 15.12.2016 (V R 26/16) und vom 29.03.2017 (XI R 5/16) sind Umsatz- und Vorsteuer für den ursprünglichen Zeitraum zu berichtigen. Somit wäre wieder die Aufrechnungsmöglichkeit des FA gegeben und die Vorsteuer nicht Massebestandteil. Oder übersehe ich da etwas?

    Beim Schuldner wurde eine Zwangsversteigerung beantragt, diese aber durch Zahlung abgewendet.

    In der Gerichtskostenrechnung für das beendete ZV-Verfahren wurde nun der Einheitswert der Immobilie als Berechnungsgrundlage angesetzt und nicht der Streitwert, welcher nur etwa 25% des Einheitswertes (und knapp 2% des Marktwertes) beträgt. Da ich normalerweise nur im Thema Insolvenz unterwegs bin, kam mir das seltsam vor.

    Wird das einheitlich so gehandhabt und gibt es evtl. diesbezügliche Entscheidungen?