Ja, da gibt es wohl doch noch Diskussionsbedarf, obwohl die ganze Gesetzessystematik da doch eindeutig sein sollte.
Aber klar, rein pragmatisch betrachtet: es gibt am Ende außer dem Schuldner nur Verfahrensbeteiligte, die an möglichst langen und hohen Zuflüssen interessiert sind und einen Schuldner, der froh ist dass es vorbei ist und Angst hat, dass da noch was dazwischenkommt. Zudem handelt es sich außer in den Jahresprämien(Pseudo-Weihnachtsgeld) Monaten angesichts des Ganzen um verschmerzbare Beträge.
Ob da irgendwann mal jemand gerichtlich was entschieden hat, weiß ich auch nicht.
Andere Verfahren zum Thema 300a InsO geben in keinster Weise irgendeinen Hinweis darauf, dass man an eine Quotelung auch nur ansatzweise denken könnte - im Übrigen wie im gesamten pauschalierten System der Berechnung pfändbarer Einkommensanteile. Eine korrekte Quotelung würde ja bei einem Verfahrensende zum 15. des Monats auch bedeuten, dass man nicht die Hälfte des pfändbaren Monatsanteils zur "Masse" zieht sondern eine zweite Netto-Lohnabrechnung durchführen müsste um den theoretisch zum 15. des Monats bestehenden Nettolohnanspruch und den sich daraus ergebenden theoretischen pfändbaren Anteil usw. Oder, wann entsteht der Anspruch auf Zahlung des 13 Monatsgehalts usw. usw.
In den angesprochenen Verfahren (und es gibt noch ein paar) hat sich niemand Gedanken über Quotelungen gemacht:
LG Bochum, Urteil vom 23.04.2021 - 9 S 115/20: „….Daraus folgt, dass bereits ab dem Zeitpunkt, indem die Voraussetzungen für eine vorzeitige Restschuldbefreiung vorliegen - hier nach 3 Jahren - Neuerwerb dem Schuldner zusteht. Mit anderen Worten behandelt der Gesetzgeber alles, was noch nach diesem Zeitpunkt einbehalten wird, so, als wäre die Abtretung rückwirkend entfallen.“
„…denn dieser hat schuldhaft eine ihm nach der InsO obliegende Pflicht verletzt, indem er als Treuhänder Gehaltsanteile der Klägerin im Zeitraum September bis Dezember 2019 (Ablauf 3 Jahre war 18.09.) in dieser Höhe einzog und an ihre Gläubiger auszahlte.“ …keine Quotelung sondern „alles was (für …Monate) einbehalten wird“.
Ebenso:
LG Lübeck Urt. v. 07.07.2022 – 14 S 122/21 (rechtskräftig; AG Lübeck) „….die Zuordnung des zwischenzeitlich abgeführten pfändbaren Einkommens zur Verteilungsmasse für die Gläubiger entfällt…“ ...also alles, was danach abgeführt wurde
Bestätigt durch BGH IX ZR 150/2
„Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 2 die ihn auf Grund der Treuhänderstellung gegenüber der Klägerin treffenden Pflichten verletzt hat, indem er die streitbefangenen Beträge in Höhe von 2.044,98 € aus den Monaten September bis November 2020 (Ablauf hier 17.09.) nicht an die Klägerin herausgegeben, sondern mit der Rechtsfolge des § 301 Abs. 3 InsO an die Gläubiger ausgekehrt hat. Damit liegt entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Revision ein Schaden vor.“
…also auch dort kein Hinweis auf eine Quotelung sondern „aus den Monaten“
Noch ein anderer Blickwinkel:
Abtretungsfrist endet am 15. des Monats, am 16. geht eine Lohnpfändung ein. 89 Abs. 2 InsO gilt nicht. Da kommt doch auch keiner auf die Idee, dem pfändenden Neugläubiger nur einen kompliziert zu errechnenden Anteil von xy auszuzahlen. Und jeder Arbeitgeber wäre gut beraten, am Tag der Abrechnung - an dem keine wirksame Abtretungserklärung mehr vorliegt - den pfändbaren Anteil an den berechtigten Gläubiger zu zahlen
Oder noch ne lustige Idee
Abtretung endet am 02., alle arbeiten schnell, Beschluss RSB am 20., schreibt dann der Treuhänder dem Arbeitgeber "rechnen sie mir bitte noch aus, wie der pfändbare Anteil für die ersten beiden Tage..."