Beiträge von Nachlasspfleger

    In wieviele Fällen haben bei Dir die Erben 3. oder 4. Ordnung die Erbschaft angenommen, wenn die Erben 1. und 2. Ordnung ausgeschlagen haben?

    Habe auch mehrere solcher Fälle. Die Erben haben ausgeschlagen, da es Grundbesitz mit herausfordernden Immobilien gab ("Ein Traum für jeden Handwerker", "Hier können Sie sich selbst verwirklichen") und nach Verwertung desGrundbesitzes wird nun in der 3. Ordnung ermittelt - bei einem Fall sogar in der 4. Ordnung.

    Es kommt auf die Regelungen im Versicherungsvertrag an. Sofern bezugsberechtigt die "gesetzlichen Erben" sind, wird ein Nachlasspfleger wegen §160 Abs. 2 VVG von der Versicherung keine Zahlung erhalten, weil der Nachlasspfleger nicht die zum Zeitpunkt des Todes als Erben Berufenen, sondern die schlussendlich tatsächlichen Erben vertritt.

    Geht es nur um die Entgegennahme der Versicherungsleistung, dann kommt eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte nach § 1882 BGB in Betracht. Wenn im vorliegenden Falls allerdings Ausschlagungen vorliegen, gibt es eine Chance, dass die nach § 160 Abs. 2 VVG Berechtigten aber bekannt sind. Diese könnten die Versicherung unter Erbringung der Nachweise in Anspruch nehmen.

    Beides hilft nun dem Bruder nicht so richtig weiter, der die Beerdigungskosten getragen hat und eine Erstattung wünscht, aber das ist kein nachlassgerichtliches Problem.

    Da gibt es ja Mittel und Wege, die Leistung dennoch für den Nachlass beizuziehen.

    Der Erblasser wird nicht nur einen Versicherungsvertrag hinterlassen haben…

    Sag ich ja :)

    Wenn das kein Fall für eine Nachlasspflegschaft ist, dann weiß ich auch nicht mehr.

    Nachlasspflegschaft anordnen. Der Nachlasspfleger kann die Leistung aus der LV für die unbekannten Erben entgegennehmen, die Kosten des Nachlasspflegschaftsverfahrens zahlen und die Bestattungskosten erstatten. Meist ist dann - je nach Höhe der Versicherungsleistung und der Bestattungskosten - nichts mehr da. Gegenüber den Gläubigern kann er die entsprechenden Einreden erheben.

    Allerdings stellt sich mir bei so einem Sachverhalt immer die Frage, ob der Erblasser nackt auf der Straße gelebt hat. Was ist denn mit dem Mietverhältnis? Wer hat das denn abgewickelt, wenn die Erben unbekannt sind? Gibt es denn noch weiteren Regelungsbedarf? Es hat ja keiner nichts - Verträge etc.?

    Wer wohnt denn in dem Haus?

    Das Haus steht leer.

    Bei einer Leerstandsimmobilie, bei der ich die Sicherstellung der Beheizung nicht gewährleisten kann, lasse ich die Heizungsanlage in der Regel außer Betrieb nehmen und die wasserführenden Leitungen leeren und durchpusten. Die Gebäudeversicherungen versichern in der Regel bei Leerstand auch keine Leitungswasserschäden.

    Bericht aus der Praxis vier aktuellen Verfahren, in denen ich "nur" zur Rückgabe der Wohnung bestellt wurde:

    Erblasserin 1 hat ca. 30.000,- Euro in einem Kulturbeutel im Wohnzimmer versteckt.

    Erblasser 2 hat eine Lebensversicherung mit einem Bezugsrecht zu Gunsten seiner vorverstorbenen Eltern. Leistung ca. 50.000,- Euro fällt in den Nachlass.

    Erblasserin 3 hat Schmuck in der vermüllten Wohnung im Wert von ca. 10.000,- Euro.

    Erblasser 4 lebt auf der Flucht vor seinen Gläubigern inkognito in einer Ferienwohnung, kein Geld in Sicht. Aus den gesichteten alten Unterlagen ergibt sich Grundbesitz in einem anderen Gerichtsbezirk. Hausgrundstück wird mit Genehmigung des Gerichts verkauft. Ergebnis: Alle Verbindlichkeiten gezahlt, ca. 60.000,- Euro "Überschuss" verbleiben. Erbenermittlung wird aufgenommen.

    Ohne jemanden etwas unterstellen zu wollen, bin ich allerdings nicht sicher, ob ein Vermieter bei "Freigabe" der Wohnung durch das Gericht die Gelder oder den Schmuck erstens gefunden hätte und zweitens herausgegeben hätte. Von der Lektüre alter Unterlagen zur Ermittlung der Lebensversicherung oder sonstiger Werte ganz zu schweigen.

    Ich habe mit "meinen" Gerichten eine gute Basis für die Zusammenarbeit. Im Regelfall wird eine umfassende Pflegschaft angeordnet (Ausnahmen bestätigen die Regel ;)) und ich mache das, was nötig und geboten ist. Wenn absehbar ist, dass außer der Rückgabe der Wohnung nichts zu erledigen ist und auch sonst kein größerer Regelungsbedarf besteht, wird auch nur das erledigt. Stellt sich heraus, dass größerer Handlungsbedarf besteht (s.o.), ist es eben so.

    Ich führe keine Statistik, aus dem Bauch heraus schätze ich aber, dass ich in 98% der Fälle soviel "Masse" generiere, dass hieraus die Gerichtskosten und die Vergütung gezahlt werden können. Vergütungsanträge gegen die Staatskasse stelle ich äußerst selten.


    Ich muss das Thema noch mal aufgreifen wegen Schlüsselaushändigung durch den Nachlasspfleger.

    Ausgangslage ist die , dass die Nachlasspflegschaft nach Ermittlung aller ( 35 ) Erben aufgehoben wurde.
    Trotz Grundbesitz des Erblassers ( Wohnhaus ; allerdings Bruchbude ) und Kapitalvermögen hat sich keiner der Erben zu einem Erbscheinsverfahren durchringen können.

    Was macht aber der Pfleger mit dem Hausschlüssel ? Der ist ja nicht hinterlegungsfähig.
    Die Literatur dazu schweigt sich dazu aus , weil diese offensichtlich von einer kooperativen Erbengemeinschaft ausgeht.

    Den Schlüssel entsprechend der Anzahl der Erben nachmachen lassen und an diese postalisch herausgeben. Dabei allen mitteilen, dass das Kapitalvermögen auf dem Wohnzimmertisch liegt... Vermutlich wird dann der eine oder andere mal nach dem rechten schauen :teufel:

    Ich möchte ja niemandem zu nahe treten, aber aus meiner Sicht sind solche Studiumsangebote weitgehend unnütz und zudem betrachte ich sie als Geldschneiderei (siehe Berlin: Kosten von mehr als 9.000 €).

    Was ist unnütz daran, wenn der z. B. bereits tätige rechtliche Betreuer, dessen Hintergrund eine sozialarbeiterische oder sozialpädagogische Ausbildung ist, sich weiterbildet und die für die Führung von Betreuungen oder Pflegschaften einschlägigen rechtlichen Kenntnisse durch ein Studium aneignet?

    Im hiesigen Gerichtsbezirk ist es zum Teil erschütternd, mit welch Hintergrundwissen oder auch Mangel an Wissen die hier beruflich tätigen Betreuer agieren. Einigen würde eine Weiterbildung sicher nicht schaden. Natürlich kann man sich das Wissen auch durch Weiterbildungskurse und Fortbildungen aneignen, die kosten aber auch Geld.


    Was ich mich außerdem frage: Wer hat denn früher (vor 1992) die Unmengen an Gebrechlichkeitspflegschaften und (nach 1992) die Unmengen an Betreuungsverfahren geführt? Sollen das vielleicht alles Dilettanten gewesen sein, nur weil sie keinen Studiengang vorweisen konnten?

    Sicher nicht alle. Allerdings ist insbesondere die rechtliche Betreuung nach meiner Auffassung ein komplexes Feld (geworden), das einerseits ohne einschlägige sozialarbeiterische Kenntnisse (Beispiel: Aufbau und Gestaltung von Beziehungen zu z. T. psychisch schwer kranken Menschen oder kognitiv sehr eingeschränkten Menschen) und andererseits ohne besondere rechtliche Kenntnisse (Beispiel: Zunahme der Komplexität im Bereich des Sozialleistungsrechts) nicht zu "beackern" ist. Es reicht mMn nicht aus, "nur" Anwalt oder "nur" Sozialarbeiter zu sein und den jeweiligen Rest hemdsärmelig "aus dem Bauch raus" zu machen.

    Wie bereits erwähnt, hier sind einige Kollegen unterwegs, die in 1992 Betreuer geworden sind, weil man sie eben brauchte. Ein Teil davon hat sich durch Weiterbildungen und jahrelange Erfahrungen durchaus beachtliches Wissen angeeignet, ein anderer Teil verfügt allerdings teilweise nur über sehr rudimentäre Kenntnisse, sowohl im Umgang mit den Klienten als auch im Umgang mit rechtlichen Fragen.


    Im Übrigen hatte ich in meinem besagten Aufsatz (Rpfleger 2005, 583) schon alles Erforderliche gesagt: Die Stundensätze des VBVG waren von Anfang an zu niedrig und eine Erhöhung wird es wegen des über allem schwebenden Fiskalgedankens kaum geben. Also sozusagen alter Wein in neuen Schläuchen, nur dass der Wein immer noch schmeckt - den Betreuern freilich (zu Recht) nicht.

    :daumenrau


    Letztlich werden sich derartige Probleme wohl erst verringern, wenn ein Studiengang für Berufsbetreuer geschaffen wird, in dem alles Wichtige (rechtlich und sozial) vermittelt wird.

    Gefahr erkannt, Gefahr gebannt:

    http://www.hwr-berlin.de/studium/studie…aftpflegschaft/

    Wobei ich finde dass das soziale etwas kurz kommt, d.h. dass die Teilnehmer ohne einschlägigen Hintergrund sich die diesbezüglichen Kompetenzen woanders aneignen müssen, z. B. hier: https://www.th-koeln.de/studium/beratu…-master_821.php.

    Wenngleich der Abschluss an der HWR allerdings ein Master of Laws ist und nicht Master of Arts o.ä., daher passt es dann auch, wenn der Schwerpunkt dort im rechtlichen Bereich liegt. Medizinische und psychologische Grundlagen werden auf jeden Fall in einem Modul vermittelt.

    Bei Beendigung des Amtes hat der bisherige Betreuer über die Verwaltung des Vermögens gegenüber dem Betreuten Rechenschaft abzulegen, § 1890 S. 1 BGB. Nur wenn er bereits gegenüber dem Betreuungsgericht Rechnung gelegt hat, kann er den Betreuten darauf verweisen, § 1890 S. 2 BGB.

    Insoweit hat der Betreute gegenüber dem vorherigen Betreuer Anspruch auf Schlussrechnungslegung. Diesen Anspruch kann der neue Betreuer, den passenden Aufgabenkreis vorausgesetzt, versuchen mit Hilfe eines Anwalts durchzusetzen. Eine vorherigen Festsetzung von Zwangsgeld dürfte nicht notwendig bzw. davon unabhängig sein.

    Im Ergebnis aber das Gleiche: Die Sozialbehörde geht leer aus.

    Guten Morgen, ich hänge mich mal hier dran:

    Ich habe derzeit einen solchen Fall, der Rententräger macht einen Erstattungsanspruch nach § 118 Abs. 3 und 4 SGB VI geltend, ca. 2.100,- Euro.

    Die Bank konnte den Anspruch nach dem Tode wegen noch ausgeführter Zahlungen nicht mehr erfüllen. Erst nachdem ich diverse Lastschriften zurückgegeben habe, um etwas Masse zu haben, wäre es möglich gewesen, aber da war das Konto schon aufgelöst und das Geld auf meinem Nachlasskonto. Parallel konnte ich noch die Leistung aus einer Lebensversicherung für den Nachlass beiziehen, so dass nun ca. 9.000,- Euro vorhanden sind. Mit dem Anspruch des Rententräger sind allerdings Nachlassverbindlichkeiten von ca. 21.000,- Euro vorhanden, der Nachlass ist also überschuldet.

    Ich erwäge nun die Beantragung eines Nachlassinsolvenzverfahrens, bin aber unsicher, ob der Erstattungsanspruch des Rententrägers vorab zu erfüllen ist oder im Rahmen des Nachlassinsolvenzverfahrens als Verbindlichkeit berücksichtigt werden muss.

    Gerichtskosten, Kosten der Pflegschaft und die Kosten der Bestattung werde vor Antrag auf Nachlassinsolvenz entnehmen.

    Für Meinungen bin ich dankbar.

    Ich regele als Nachlasspfleger auch viele Dinge per eMail, rechne allerdings nur den Zeitaufwand ab, der für das Erstellen der eMail angefallen ist (analog wie bei einem Brief, nur eben ohne Porto). An die eMail angehängte Anlagen rechne ich nicht als Auslagen ab, es sind ja auch keine real vorhandenen Kopien, die Kosten verursachen.

    Das Buch habe ich tatsächlich, aber derzeit nicht zur Hand, muss ich mir demnächst zurück organisieren.

    Klarnamen ist kein Problem, im "echten" Leben habe ich ja auch kein Pseudonym. Ich hatte mich vor längerem hier auch unter meinem Namen angemeldet und vermutlich direkt danach das PW verlegt :cool:

    Gruß
    Christian Möller

    Hallo,

    meine Erblasserin hat Leistungen der KVB (=Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten) erhalten. Einige Rechnungen (in nicht unerheblicher Höhe) liegen hier noch zur Erstattung bereit. Verbindlichkeiten aus alten, nur teilweise gezahlten Rechnungen und Bankdarlehen etc. liegen ebenfalls vor, nach derzeitigem Stand ist von einer Überschuldung auszugehen.

    Allerdings bin ich unsicher, ob ich analog der privaten Krankenversicherung verfahren kann, sprich: Erstattungsantrag einreichen, Geld für den Nachlass in Empfang nehmen und dann nicht an den jeweiligen Leistungserbringer erstatten, sondern im Rahmen der Gesamtabwicklung nach Begleichung vorrangiger Kosten ggf. quotal oder im Rahmen einer Inso begleichen oder schlimmstenfalls nach § 1990 BGB verfahren.

    Nun ist die KVB aber keine private Krankenversicherung, daneben findet sich in den Unterlagen ein an die Tochter der Erblasserin gerichtetes Schreiben (die nach dem Tode der Erblasserin bereits Rechnungen zur Erstattung eingereicht hat) in dem die KVB die Erstattung ablehnt mit der Begründung, dass eben nicht sichergestellt sei, dass die Tochter (die zwar laut Satzung ein Antragsrecht nach dem Tode hätte) die Erstattungsbeträge auch entsprechend weiterleitet.

    Ich habe dies grundsätzlich auch nicht vor, da ich hier erstmal Geld benötige um überhaupt tätig werden zu können. Ohne die Erstattungsbeträge kann die Sache schnell abgeschlossen werden, das sichergestellte Miniguthaben auf dem Girokonto reicht für Gerichtskosten und ein warmes Mittagessen, danach Dürftigkeitseinrede und Schluss. Mit Erstattung können die vorhandenen Gläubiger ggf. zum Teil befriedigt werden.

    Daher meine Frage: Kann man mit den Erstattungsbeträgen der KVB genauso verfahren wie mit den Erstattungen einer privaten KV? Oder sind diese zweckgebunden?

    Vielen Dank!