Beiträge von Silver

    Ich denke, dass die Justiz in Zukunft generell gezwungen sein wird, mehr mit der Zeit zu gehen und ihren Beamten mehr Flexibilität und Perspektiven zu bieten, sonst darf man sich über fehlenden Nachwuchs irgendwann auch nicht mehr wundern.

    Das kann man allerdings auch aus der anderen Perspektive sehen. Wir haben allein im letzten Jahr bei uns fünf Anwärter durch die Praxis an einem mittelgroßen Gericht gezogen - und wir haben vernünftig ausgebildet, nicht die jungen Kollegen mit einem Stapel Akten in ein Büro abgeschoben. Bei uns angekommen ist nach den Prüfungen nicht einer. Dieses Jahr werden es drei Anwärter sein und man hat uns schon angedeutet, dass wohl auch dieses Jahr die neuen Kollegen an uns vorbeigehen werden.

    Bei allem Verständnis dafür, dass sich Lebensplanungen ändern: allmählich bekomme ich einen Hals, wenn mal wieder jemand im ersten Studienjahr unverbindlich angefragt, wie er denn wohl nach dem Examen am besten was anderes machen kann, ohne seine Bezüge zurückzahlen zu müssen.

    Aus der Sicht eines bemühten Ausbilders verstehe ich das. Leider hat die Praxis bei mir eher zur Bestärkung der Umorientierung geführt. Die Theorie und das sehr interessante Wissen dahinter ist das eine. In der Praxis lernt man aber wie der Hase läuft, wie das Arbeitsklima ist usw. Ich persönlich musste sehr schlucken, als mir in der Praxis sehr viel Frustration, Resignation und mangelnde Motivation entgegenschlugen. Als junger Mensch, der Lust hat etwas zu lernen, ist das einfach ernüchternd. Ich hatte bei dem Maß an täglichem Wehklagen, was auch vor den Anwärtern nicht zurückgehalten wurde, wirklich nicht den Eindruck, dass auch nur ein einziger meiner Ausbilder zufrieden mit seinem Beruf war. Ein entsprechendes Feedback haben wir damals auch bei der Verwaltung abgegeben. Natürlich ist das nur meine sehr subjektive Erfahrung und ich bin überzeugt, dass es auch sehr bemühte RechtspflegerInnen gibt, die Anwärtern ihren Beruf mit Freude näherbringen.

    Ich studiere aktuell Jura im 3. Semester neben halber (50%) Rechtspfleger-Tätigkeit. Ich habe mich ebenfalls gegen eine Anrechnung von Klausuren entschieden und diese lieber nochmal mitgeschrieben. Die Praktika werden mir aber auch erlassen, wäre auch schwer zu vereinbaren mit meinen Arbeitszeiten. Ich habe vor, erst kurz vor dem Referendariat zu kündigen, sollte ich bis dahin noch beides einigermaßen unter einen Hut bekommen. Ich hab allerdings auch direkt nach dem Rechtspflege-Examen weiter studiert (dh mündliches Rpfl.-Examen gleichzeitig mit Studienstart Jura), so bin ich gar nicht erst in Verlegenheit geraten, lieber mein Vollzeit-Gehalt zu behalten :wechlach:Falls jemand Fragen zu dem Thema hat, kann er/sie sich gerne bei mir melden.

    Ich bin immer wieder verwirrt, wenn es heißt, dass Rpfl. direkt nach dem Examen das Jura Studium beginnen. Ich bin davon ausgegangen, dass man dann die Anwärterbezüge zurückzahlen muss. Das lässt sich also einfach umgehen, wenn man sofort Teilzeit arbeitet? Wie schafft man es sofort nach dem Examen eine Teilzeitregelung genehmigt zu bekommen? Ich habe kein Interesse am Jura Studium, aber an der Teilzeit und ggf. einem anderen fachfremdem Studium.

    Das wird meines Wissens nach auch nicht in jedem OLG-Bezirk genehmigt, in meinem zum Glück schon. Letztendlich ist es aber so, dass bei der aktuellen Personallage ein ,,halber'' Rechtspfleger immer noch besser ist als keiner. In NRW wurde jetzt sogar ein Förderprogramm für Rechtspfleger, die noch Jura studieren, ins Leben gerufen, hier hat sich also wirklich einiges getan. Auch wenn das wohl eher aus der Not heraus geschieht, weil sich einfach zu viele junge Rechtspfleger nach dem Examen verabschieden - nicht wenige davon ins Jurastudium. Ich denke, dass die Justiz in Zukunft generell gezwungen sein wird, mehr mit der Zeit zu gehen und ihren Beamten mehr Flexibilität und Perspektiven zu bieten, sonst darf man sich über fehlenden Nachwuchs irgendwann auch nicht mehr wundern. Zur Rückzahlung: Solange man mindestens 50% arbeitet, reduziert jedes volle Arbeitsjahr die Rückzahlung um ein Fünftel. Kehrt man nach dem Jurastudium allerdings in den öffentlichen Dienst zurück, entfällt die Rückzahlung komplett.

    Ich studiere aktuell Jura im 3. Semester neben halber (50%) Rechtspfleger-Tätigkeit. Ich habe mich ebenfalls gegen eine Anrechnung von Klausuren entschieden und diese lieber nochmal mitgeschrieben. Die Praktika werden mir aber auch erlassen, wäre auch schwer zu vereinbaren mit meinen Arbeitszeiten. Ich habe vor, erst kurz vor dem Referendariat zu kündigen, sollte ich bis dahin noch beides einigermaßen unter einen Hut bekommen. Ich hab allerdings auch direkt nach dem Rechtspflege-Examen weiter studiert (dh mündliches Rpfl.-Examen gleichzeitig mit Studienstart Jura), so bin ich gar nicht erst in Verlegenheit geraten, lieber mein Vollzeit-Gehalt zu behalten :wechlach:Falls jemand Fragen zu dem Thema hat, kann er/sie sich gerne bei mir melden.

    Als relativ ,,frischer'' Rpfl (Examen letztes Jahr) ist mir die Studienzeit, insbesondere die Examensvorbereitung unter Coronabedingungen, noch gut in Erinnerung. Wenn man auch die Ausdrucksweise des TE an mancher Stelle kritisieren mag, kann ich ihm doch in zwei Punkten Recht geben:

    - Die technische Kompetenz mancher Lehrkräfte ist ein Grauen. Dass durch Corona von heute auf morgen auf 100% Online-Lehre umgeschaltet werden musste, konnte zwar keiner ahnen. Dennoch kann das m.E.
    nicht zu Lasten der Studierenden gehen, von denen andererseits ja auch die normale Leistung abverlangt wird.
    - Das bereits angesprochene Phänomen, dass das Rechtspflegestudium viel ,,Hochreck-Jura'' bei erstaunlich wenig Grundlagen bietet, ist mir, besonders nun im anschließenden Jurastudium, ebenfalls aufgefallen.
    Da wird im Zivilrecht einerseits die forderungsentkleidete Hypothek auf- und abgebetet, andererseits kein Wort zum Schuldrecht verloren. Strafrecht BT mit Delikten wie Diebstahl und Betrug muss ein Anwärter
    beherrschen, aber Strafrecht AT ist anscheinend überbewertet. So ganz will sich dieser Aufbau mir nicht erschließen. Hauptsache man hat die Spezialprobleme drauf, aber für die Grundlagen bleibt keine Zeit?
    Erst mit fortschreitendem Jurastudium fällt mir immer mehr auf, dass ich in ganz vielen Bereichen bestenfalls gefährliches Halbwissen hatte.

    Alle anderen Aspekte, der hohe Leistungsdruck, viele und lange Klausuren in wenig Zeit, sind m.E. ,,normal'', wenn auch natürlich nicht angenehm. Auch die zeitweisen Versagensängste hatte ich und hatten die meisten meiner Mitstudierenden ebenfalls. Aber vielleicht sind wir als ,,junge Generation'' ,,einfach zu sehr abgelenkt von den sozialen Medien'', wer weiß das schon ;)

    Jedenfalls TE, lass dich nicht entmutigen von Stimmen, denen alles leicht gefallen ist. Glaub mir, auch wenn das unter JuristInnen nicht gerne zugegeben wird, hat fast jeder schon einmal gezweifelt und war mit allem überfordert. Gib dem Studium noch eine Chance und wenn es nicht klappt, ist das auch in Ordnung.