Beiträge von haharo

    Im Grundbuch ist eine Erbengemeinschaft bestehend aus zwei Miterben als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen. Beide Erbteile sind durch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse durch denselben Gläubiger in Beschlag genommen worden. Der Gläubiger fragt jetzt, ob er ohne Zustimmung des Eigentümers über das Grundstück verfügen kann.

    Im Versteigerungstermin meldet sich ein Bieter und legt eine notarielle Bietvollmacht vor, aus der sich ergibt, dass er bevollmächtigt ist, das Beschlagnahmeobjekt für den Vollmachtgeber zu ersteigern. Die Vollmacht geht in Ordnung. Der Bieter bietet allerdings jetzt nicht für den Vollmachtgeber allein, sondern zugleich auch für sich und erklärt, er wolle in Bruchteilsgemeinschaft je zur Hälfte erwerben. Seht ihr darin ein Problem? Aus der Vollmacht ist jedenfalls von einer Bietergemeinschaft nicht die Rede.

    Was ich nur überlegt habe, ob tatsächlich zwingend Eigentümergrundschulden vorliegen. Wenn nur einer der beiden Eigentümer die zugrundeliegende Forderung bezahlt hat, könnten evtl. Ausgleichsansprüche bestehen und eine Zwangshypothek zumindest teilweise Fremdrecht sein, §§ 426 II, 412, 401 BGB. Dann müssten ins Geringste Gebot zu den bestehen bleibenden Rechten evtl. noch Zinsen von Amts wegen aufgenommen werden.

    Berechtigte Überlegung. Ergeben sich die Eigentümerrechte aus dem Grundbuch, oder hast du nur eine einfache Anmeldung mit dem Inhalt, dass die Rechte nicht mehr valutieren? Im letzteren Fall bräuchtest du ja eigentlich eine löschungsfähige Quittung des Gläubigers, da du sonst nicht weißt, wer gezahlt hat. Könnte ja auch ein mildtätiger Dritter gewesen sein.

    Es findet sich folgendes Schreiben des Anwalts der Gläubigerin der Zwangshypotheken in den Akten:
    "Wir teilen mit, dass aufgrund der von uns eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen die Forderung unserer Mandantschaft vollständig bezahlt wurde. Wir haben beiden Schuldnern heute die von uns auf ihren 1/2 Miteigentumsanteil eingetragene Zwangssicherungshypotheken jeweils eine Löschungsbewilligung zugeschickt, mit dem Hinweis, dass sie die Löschung beim Grundbuchamt umgehend veranlassen sollen."

    Ich denke, dass ich als Vollstreckungsgericht davon ausgehen kann, dass Eigentümergrundschulden entstanden, sollten Fremdrechte entstanden sein, beispielsweise weil ein Dritter gezahlt hat, müsste das zum Verfahren angemeldet werden.

    Lösungsvorschlag:

    Problem 1 (Bestehenbleiben oder nicht):
    Beide Zwangssicherungshypotheken bleiben bestehen (da beide Ehegatten das Verfahren betreiben und beide Hypotheken, jetzt Eigentümergrundschulden, betragsmäßig gleich hoch sind, siehe Stöber Ausführungen zu § 182 ZVG). Stöber führt aus: "Für jeden Miteigentümer gilt, dass er zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft Veräußerung des Grundstücks nur unbeschadet der auf seinem Miteigentumsanteil haftenden Rechte betreiben und durch Belastung des anderen einzelnen Anteils nicht beeinträchtigt werden kann. Einzelbelastungen bleiben bei Feststellung des geringsten Gebots nach dem Grundgedanken des § 180 Abs. 1 ZVG nur unberücksichtigt, wenn sie das Recht eines Antragstellers auf Aufhebung der Gemeinschaft beeinträchtigen. Wenn das nicht der Fall ist, brauchen sie dem Auseinandersetzungsanspruch des anderen Miteigentümers nicht weichen. Das gilt auch, wenn der Teilungsanspruch eines Miteigentümers durch die Belastung des anderen Anteils nicht stärker als bereits durch die eigene Anteilsbelastung beeincträchtigt ist....Nach dem Deckungsgrundsatz haben somit in diesem Fall alle Rechte in das geringste Gebot Aufnahme zu finden." Das leuchtet ein. Ein Ausgleichsbetrag nach § 182 Abs. 2 ZVG kommt nicht in Betracht, da beide Anteile gleich hoch belastet sind.

    Problem 2 (§ 85a Abs. 3 ZVG oder nicht):
    Da eine Eigentümergrundschuld kein Recht ist, das zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigt, kommt § 85a Abs. 3 ZVG nicht zum tragen. Wenn ein Ehegatte selbst bietet, wird er deshalb behandelt wie jeder Dritte auch. Ein Zuschlag unter 5/10 wird es also nicht geben. Im Übrigen ist es schon deswegen kein Fall des § 85a Abs. 3 ZVG, weil beide Zwangssicherungshypotheken bestehenbleiben und deswegen nicht ausfallen können.

    Problem 3 (die Eingangsfrage, wenn der Ehemann 20.000,00 € bietet, kann er den Zuschlag erhalten oder nicht):
    Ich würde sagen ja, da beide ehem. Zwangssicherungshypotheken, jetzt Eigentümergrundschulden, als bestehenbleibend ins geringste Gebot aufgenommen werden müssen. Es ist ja gerade kein Gesamtrecht, es sind zwei verschiedene Grundschulden und müssen entsprechend berücksichtigt werden:
    Also: 20.000,00 € (EigGr an MEH Ehem) + 20.000,00 € (EigGr an MEH Ehefr) + 20.000,00 € Bargebot = 60% des Verkehrswerts, mithin kann der Zuschlag erteilt werden.

    Was haltet ihr von diesem Lösungsvorschlag?

    Habe am kommenden Dienstag Versteigerungstermin. Ich stelle den Fall im Folgenden etwas vereinfacht dar, auch ohne Kosten, Zinsen usw.:
    Teilungsversteigerung. Verkehrswert: 100.000,00 €. Bestehenbleibende Rechte: 2 Zwangshypotheken, nämlich: Nr. 1 auf der Miteigentumshälfte des Ehemanns: 20.000,00 € für Bausparkasse. Nr. 2 auf der Miteigentumshälfte der Ehefrau: 20.000,00 € Zwangshypothek für die gleiche Bausparkasse. Ich vermute, beide Hypotheken sichern dieselbe Forderung. Die Bausparkasse teilt nun mit, dass beide Hypotheken nicht mehr valutieren. Wenn jetzt am kommenden Dienstag der Ehemann ein Bargebot von 20.000,00 € abgibt, ist dann die 5/10-Grenze überschritten oder nicht?

    Die Entscheidung des BGH vom 16.05.2012, I ZB 65/11, siehe Entscheidungssammlung hier im Forum, krieg ich nicht ganz in Übereinstimmung mit der Entscheidung des BGH vom 21.09.2006, V ZB 76/06. Nach der Entscheidung aus 2006 muss ich als Vollstreckungsgericht auf der Vorlage der Vollmacht samt Zustellungsnachweis bestehen. Nach der neuesten Entscheidung geschieht die Prüfung der Vollmacht im Klauselerteilungsverfahren. Wenn ich die Entscheidung durchlese, stelle ich fest, dass die Vollmacht dem Vollstreckungsgericht nicht einmal vorgelegt werden muss. Ja und was ist mit der Zustellung??

    Die Entscheidung des BGH vom 16.05.2012, I ZB 65/11, siehe Entscheidungssammlung hier im Forum, krieg ich nicht ganz in Übereinstimmung mit der Entscheidung des BGH vom 21.09.2006, V ZB 76/06. Nach der Entscheidung aus 2006 muss ich als Vollstreckungsgericht auf der Vorlage der Vollmacht samt Zustellungsnachweis bestehen. Nach der neuesten Entscheidung geschieht die Prüfung der Vollmacht im Klauselerteilungsverfahren. Wenn ich die Entscheidung durchlese, stelle ich fest, dass die Vollmacht dem Vollstreckungsgericht nicht einmal vorgelegt werden muss. Ja und was ist mit der Zustellung??

    Muss meinen Beitrag von gestern noch ergänzen:
    Die Übertragung des Minibruchteils an den Kumpel des geschiedenen Ehemanns hat folgenden Grund: Es soll verhindert werden, dass wenn die Ehefrau Ihren Zwangsversteigerungsantrag zurücknimmt oder einstweilen einstellen lässt, die Eigentümergrundschuld auf dem Anteil des Ehemanns bestehenbleibt. Nach der Niedrigstgebotstheorie erlischt nach der einstweiligen Einstellung der Ehefrau die Eigentümergrundschuld nach wie vor, da ja noch der Kumpel mit seinem Minianteil die Teilungsversteigerung betreibt und die Eigentmergrundschuld nicht auf dessen Anteil lastet. So ist der Ehefrau die Notbremse versagt und der Ehemann kann in aller Ruhe seine in meinem gestrigen Beitrag näher geschilderte Strategie durchziehen. Offenbar gibt es derzeit "Berater" , die gegen Geld diese Strategie anpreisen. Man hört immer wieder von Kollegen diese Story.

    Unterstellt, dass beide Eigentümer das Verfahren betreiben. Wenn jetzt einer der beiden (A) einen Minibruchteil an einen Fremden (D) überträgt und dieser sein Eigentum zum Verfahren anmeldet und auch betreibt, dann kann folgende Situation eintreten: A, der auf seinem verbliebenen Miteigentumsanteil eine Eigentümergrundschuld hat eintragen lassen und diese zum Verfahren angemeldet hat, gibt ein Gebot in Höhe des geringsten Gebots ab. Nach der Niedriggebotstheorie erlischt die Eigentümergrundschuld und A erwartet, dass er wegen § 85a Abs. 3 ZVG den Zuschlag erhält (wenn der Rechtspfleger mitmacht, was ich in einem gleichen Fall nicht getan habe). A könnte also auf diese Weise das Objekt quasi geschenkt bekommen. Wenn der Rechtspfleger nicht mitmacht, bietet er 5/10 und schreckt vorher alle Bietinteressenten ab, in dem er lauthals erklärt, er werde, wenn von anderen weniger als 7/10 geboten werden, den 7/10-Antrag stellen, dazu sei er berechtigt, da ihm die erlöschende Eigentümergrundschuld zustehe (womit er Recht hat). In meinem Fall hat er dann den Zuschlag zu 5/10 erhalten und will jetzt im demnächst stattfindenden Verteilungstermin eine Liegenbelassungserklärung abgeben, so dass er nur noch die andere Hälfte bezahlen muss. Sein Kumpel, dem er den Minibruchteil übertragen hat, gibt eine Befriedigungserklärung ab. Mit einer Zustimmung seinerseits zur Auszahlung der anderen Hälfte an B ist nicht zu rechnen, so dass die andere Hälfte hinterlegt werden muss. B muss dann wegen der ihm zustehenden Hälfte klagen. Eine absurde Situation.

    zu #8:

    Vielen Dank. Ich glaube das ist die Lösung. Habe zwischenzeitlich die verlinkten Beiträge gelesen. Sie waren sehr hilfreich. Ich denke ich werde im Versteigerungstermin einen Hinweis nach § 139 ZPO machen um so der geschiedenen Ehefrau die Möglichkeit zu geben, den Zuschlag zu verhindern. Nochmals vielen Dank.

    Verkehrswert: 223.500,00 EUR. Bestehenbleibende Rechte: Keine (nach der Niedrigstgebottheorie). Einseitig auf dem Miteigentumsanteil des Ehemanns eingetragene Eigentümergrundschuld: 125.000,00 EUR.
    Habe zwischenzeitlich im Forum was gefunden (bin leider nicht in der Lage hier einen Link zu setzen).

    Versteigerungstermin: 24.07.2012.
    Teilungsversteigerung, geschiedene Eheleute sind Eigentümer je zur Hälfte. Beide Parteien betreiben. Es geht jetzt eine Nachricht des Grundbuchamts ein, dass der Ehemann eine Eigentümergrundschuld auf seinen Anteil hat eintragen lassen. Außerdem ein Schreiben des Ehemann mit dem er seine Eigentümergrundschuld zum Verfahren anmeldet, außerdem wissen lässt, dass er, wenn er bietet, keine Sicherheit wird leisten müssen, dass er möglicherweise im Termin einen Antrag nach § 94 ZVG stellen werde, das Vollstreckungsgericht möge sich entsprechend vorbereiten, dass der diesbezügliche Beschluss gleich im Termin verkündet werden kann, dass er vorsorglich darauf hinweise, dass gem. § 85a Abs. 3 ZVG der Zuschlag auf ein von ihm abgegebenes Meistgebot nur dann zu versagen wäre, wenn das Gebot zuzüglich des Betrags, mit welchem seine Grundschuld ausfallen würde, die Hälfte des Verkehrswerts nicht erreicht. Soweit das Schreiben des Schuldners. Das mit der Sicherheitsleistung ist wohl o.k., das mit der Verwaltung nach § 94 ZVG wohl auch, aber ob § 85a Abs. 3 ZVG hier einschlägig ist, möchte ich doch sehr bezweifeln.Sicher gilt § 85a Abs. 3 ZVG auch bei Teilungsversteigerungen. Aber wenn ein Miteigentümer seinen Anteil mit Eigentümergrundschulden voll pflastert und dann selber bietet und dann § 85a Abs. 3 in Anspruch nimmt, riecht das so sehr nach Missbrauch. Also wenn er tatsächlich bieten sollte, werde ich bei der Berechnung der 5/10-Grenze die Eigentümergrundschuld nicht mitrechnen. Wie seht Ihr das?