Hinterlegung - Rückerstattung

  • Hallo – mache neuerdings Hinterlegungssachen und habe einen schwierigen Fall.
    Folgender Sachverhalt: Kläger hat in der 1. Instanz verloren und Rechtsmittel eingelegt. Beklagter hat einen KFB erwirkt; der Kläger hat Sicherheit hinterlegt, um die Sicherungsvollstreckung aus dem KFB abzuwenden (§ 720a III ZPO). Der Kläger hat sein Rechtsmittel zurückgenommen. Nunmehr möchte der Klägervertreter den hinterlegten Betrag zurück. Hierbei habe ich aber Bedenken – habe mal trotzdem eine Empfangsvollmacht angefordert. Was meint Ihr dazu?

  • Eine Auszahlung kann nicht erfolgen.Die Sicherheit dient vor allem dazu, mögliche Schadensersatzansprüche des Beklagten abzusichern, die sich aus einer möglichen Verzögerung ergeben (sog. Verzögerungsschaden). Der Beklagte konnte ja nicht vollstrecken aus dem KFB, da die Sicherheit hinterlegt war. Ob ein Schaden entstanden ist oder nicht, hat die HL-Stelle nicht zu beurteilen. Wenn der Kläger seine Sicherheit wiederhaben möchte, muss er auf das Verfahren nach § 109 ZPO verwiesen werden. Der Rechtspfleger des Prozessgerichtes setzt dann der Gegenseite, dem Beklagten, eine Frist, binnen derer er seine evtl. Ansprüche durch Klageerhebung nachweisen muss. Hiernach (kein Eingang einer Klageschrift beim Prozessgericht durch den Bekl.) kann der Kläger einen Beschluss nach § 109 II ZPO erwirken, in dem der Rpfl. des Prozessgerichts die Rückgabe der Sicherheit anordnet.
    Erst dieser Beschluss führt zur Herausgabe. Wegen § 109 Absatz IV ZPO Ausfertigung mit Rechtskraftvermerk.

  • ähm - ich mache ja nun schon einige Jahre keine HL-Sachen mehr, aber im obigen Fall wäre bei Nachweis der Rechtskraft des KFB der HL-Betrag in (mittels KFB) titulierter Höhe doch auf dessen Antrag an den Beklagten (!) als obsiegender Partei auszuzahlen, zu dessen Sicherheit die HL erfolgte ?!

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Habe mit der Klägervertreterin gesprochen - der Beklagte werde keinen Antrag auf Auszahlung stellen. Er würde lieber gegen den Kläger vollstrecken (unverständlicherweise!). Kann mir jemand sagen, wo ich Infos zum Hinterlegungsverfahren finde?

  • The Bishop hat Recht. Bei Nachweis der Rechtskraft des KFB wäre sogar an den Beklagten auszuzahlen, sofern er einen Antrag stellt. Denn er hat ja sogar obsiegt. Dass in so einem Fall der Kläger seine Sicherheit wieder haben will, kommt leider öfters vor. Er ist dann auf das Verfahren nach § 109 ZPO zu verweisen. Stellt der Beklagte seinerseits den gleichen Antrag auf Auszahlung, würde ich das Verfahren "aussetzen" bis zur Entscheidung im Verfahren nach § 109 ZPO. Die Rechtskraft des obsiegenden Urteils (oder hier KFB's) k a n n zur Auszahlung führen. Bei widerstreitenden Herausgabeanträgen von Kläger und Beklagtem würde ich erst mal nicht auszahlen.

    Dass hier der Beklagte keinen Antrag aus Auszahlung stellen möchte, stattdessen lieber vollstrecken möchte, kann ich nicht nachvollziehen. Anscheinend geht es ihm mehr um "Druck ausüben" als darum ,sein Geld zu erhalten. Der Beklagte kann natürlich auch in den Herausgabeanspruch des Klägers gegen das Land vertr. d. die Hinterlegungsstelle pfänden und sich den Anspruch zur Einziehung überweisen lassen.

    Dass der Beklagte seinerseits Sicherheit leisten kann, ist unerheblich, es sei denn, er hat sie tatsächlich geleistet.

  • Ich danke Euch! Kann mir jemand sagen, wo ich z. B. einen Aufsatz über das Hinterlegungsverfahren finden (im Rpfleger oder so)!!

  • Zitat

    Stellt der Beklagte seinerseits den gleichen Antrag auf Auszahlung, würde ich das Verfahren "aussetzen" bis zur Entscheidung im Verfahren nach § 109 ZPO.



    Ich hingegen würde auf vorliegenden Antrag des Beklagten hin bei Vorlage des KFB in Ausf. mit RK-Vermerk an diesen gem. § 13 HinterlO auszahlen.

    Sollte ich die Tatsache der erfolgten HL durch den Bekl. als Vollstreckungsgericht mitbekommen, so würde ich die Zwvo mangels Rechtsschutzinteresse infolge ausreichender Sicherung durch die erfolgte HL ablehnen !

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Die Klägervertreterin teilt mir nunmehr mit, dass der Betrag nur hinterlegt wurde, da der Beklagte vor Einlegung des Rechtsmittels den Betrag in bar haben wollte und man sich auf eine Hinterlegung verständigte, ohne dass diese vom Gericht angeordnet war.
    Zudem habe der Kläger die Rücknahme nicht ausgeschlossen und hat somit das Recht die hinterlegte Sache jederzeit zurückzuverlangen nach § 379 III BGB! Was meint ihr dazu?

  • Bei einer Prozess-Sicherheit ist das Ausfüllen dieses Bereichs (Verzicht auf das Recht der Rücknahme) naturgemäß nicht vorgesehen, da in diesem Falle ganz einfach die obsiegende Partei des Zivilrechtsstreits nach rechtskräftiger Beendigung das Geld auf Antrag bekommt, § 13 HinterlO. Möchte die hinterlegende = unterlegene Partei das Geld haben, so geht das nur mit Zustimmung der Gegenseite.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Die §§ 372 ff BGB regeln die privatrechtlichen Verhältnisse zwischen Gläubiger und Schuldner. In diesem Gestaltungsrahmen ist das Rücknahmerecht nach § 376 II BGB zu sehen. Selbstverständlich kann der Hinterleger die die hinterlegte Sache daher auch wieder zurücknehmen, es sei denn es liegen die Voraussetzungen des Absatz 2 Ziff. 1-3 vor. (Es gibt übrigens zu diesem Thema einen Aufsatz von Dr. jur. Ludwig Beer erschienen im Verlag Hirschfeld im Jahre 1900, Titel „Die Hinterlegung zum Zwecke der Befreiung von Schuldverbindlichkeiten.“, der Aufsatz kann als Faksimile aus dem Internet heruntergeladen werden).

    Von den Fällen zur Befreiung von Verbindlichkeiten sind die Fälle zu unterscheiden, in denen z. B eine Prozesssicherheit hinterlegt wird. Die Lösung dieser Fälle ist im Kommentar zur Hinterlegungsordnung von Büow/Schmidt im Anhang zu § 13 ab VII (RN 40 ff) erschöpfend geregelt. Man braucht seinen Fall nur abzulesen, hier Rn 44, 45 und Fn 34

  • @Mobi und Jotschen:

    Im RpflJB (Rechtspfleger-Jahrbuch), das nicht mehr aufgelegt wird, gab es früher recht ausführliche Aufsätze, auch zur Hinterlegung.

    Hab ich aber leider selber nicht mehr, da ich keine HL-Sachen mehr bearbeite.

  • Und welcher Fall ist dann mit § 379 III BGB gemeint?



    Jedenfalls nicht die HL von Prozess-Sicherheiten, vgl. Palandt, BGB-Kommentar, Rdn. 3 vor § 372 BGB.

    Für diese HL (Prozess-Sicherheiten) gelten die §§ 232 ff. BGB, 108 ff. ZPO.

    Bei bestehendem Rücknahmerecht des Schuldners unmittelbar nach HL (wenn er die zur Abwendung der ZWVo erforderliche HL-Quittung in Händen hält) wäre der Gläubiger, zu dessen Sicherung die HL erfolgte, wohl auch leicht pikiert... ?!

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Darf ich diesen Thread vielleicht nochmal aufgreifen, habe nämlich einen ähnlichen Fall.

    Der Hinterleger, der 5000,- € zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem Urteil hinterlegt hat, hat verloren. Auf das Recht der Rücknahme hat er nicht verzichtet.

    Die Ansprüche der Klägerin und weiteren Empfangssberechtigten sind höher als die 5000,- €. Folglich hatte ich vor, die 5000,- € an die Klägerin auszuzahlen, habe aber glücklicherweise zuvor die Beklagtenseite angehört.

    Diese rechnet nun auf mit Ansprüchen aus einem KFB aus der gleichen Sache.

    Die Klägerin trägt nun vor, weitere Ansprüche aus anderen Titeln und Sachverhalten, die mit der Hinterlegungssache nichts zu tun haben, zu haben, wobei der Hinterleger behauptet, diese seien erloschen.

    Da die Parteien wechselseitige Ansprüche aus der gleichen Sache geltend machen, fordere ich nun eine Freigabeerklärung. Kann man das so sehen ?
    Weil wenn nicht, müsste ich ja in die Prüfung von materiellem Recht einsteigen.

  • Wenn der Hinterleger in voller Höhe hier verloren hat und die gesicherten Ansprüche (Hauptforderung, Zinsen, Kosten) die hinterlegte Prozesssicherheit übersteigen, könnte man an sich herausgeben.

    Zitat

    Diese rechnet nun auf mit Ansprüchen aus einem KFB aus der gleichen Sache.


    Hat denn die Gegenseite Ansprüche aus einem KFB in derselben Sache obwohl sie in voller Höhe verloren hat ?....ich kann mir den Fall gerade nicht vorstellen. Bei nur teilweisem Obsiegen sieht die Sache nämlich schon anders aus.
    Wird die Aufrechnung denn bestritten ? Wahrscheinlich nicht, oder ? Denn man hätte ja sonst auch ohne weiteres ins Beschwerdeverfahren gegen den KFB gehen können.

    Die Frage, die sich mir nun stellt: Ist die titulierte Forderung (Hauptforderung, Zinsen, Kosten) auch n a c h der Aufrechnung noch höher als die hinterlegte Sicherheit ? Wenn nein, würde ich nur das herausgeben, was auch besichert ist. Hier gibt es im Bülow/Mecke/Schmidt auch eine Kommentarstelle.....hab ihn gerade nicht zur Hand.

    Zitat

    Die Klägerin trägt nun vor, weitere Ansprüche aus anderen Titeln und Sachverhalten, die mit der Hinterlegungssache nichts zu tun haben, zu haben, wobei der Hinterleger behauptet, diese seien erloschen.



    Das ist unerheblich. Die Prozesssicherheit sichert eindeutig nur die Ansprüche in d i e s e m Verfahren. Wegen Ansprüchen der Klägerin aus anderen Verfahren und Titeln müßte sie erst in die Herausgabeansprüche gegen das Land, vertr. d.d. Hinterlegungsstelle bei dem AG, hineinpfänden und sich diese Ansprüche zur Einziehung überweisen lassen. Hat sie dieses noch nicht gemacht, pech.

    Also, ich würde die Aufrechnung hier (leider) sehr wohl prüfen, und dann nur den Teil-Betrag herausgeben, der sich nach der Aufrechnung mit den Kosten des Beklagten noch ergibt an Hauptforderung, Zinsen und Kosten. Für den Rest würde ich - in Übereinstimmung mit Dir - eine Freigabeerklärung nach § 13 HO fordern. Für den (insoweit ja "unbestrittenen") nicht der Aufrechnung unterliegenden Teilbetrag kannst Du das - meine ich - nicht zwingend verlangen.
    Die Klägerin hat ja immerhin rechtskräftig obsiegt. Die Sicherheit hat der Beklagte geleistet, um die Zwangsvollstreckung abzuwenden. Nun ist Rechtskraft eingetreten. Jetzt nur wegen der Aufrechnung des Beklagten aufgrund von Kosten in einem ihm in diesem Verfahren zustehenden KFB die Klägerin gänzlich auf eine Herausgabebewilligung des Beklagten, die gflls. noch eingeklagt werden muss, zu verweisen, ist m.E. unbillig.

    Hinzu kommt, dass etwa das Verfahren nach § 109 ZPO der Klägerin nicht zusteht, da sie nicht hinterlegt hat.
    Im übrigen müßte etwa auch bei der Kostenfestsetzung materielles Recht etwa bei einer Aufrechnung mit einem früheren KFB geprüft werden, wenn diese unstreitig ist. Es hätte also schon beim Erlass des 2. KFB die wechselseitige Forderung aus dem 1. KFB auf Antrag und nach rechtlichem Gehör angerechnet werden können mit der Folge, dass der 1. KFB gegenstandslos wird.

    Einmal editiert, zuletzt von Mobi (18. März 2009 um 00:08)


  • Eine Aufrechnung ist in Hinterlegungsverfahren nicht möglich. Die Aufrechnungen erfolgt gegenüber dem anderen Teil. (§ 388 BGB). Anderer Teil ist der andere Empfangsberechtigte, nicht die Hinterlegungsstelle. Die Aufrechungserklärung bewirkt das Erlöschen des Anspruch und keinen Rechtsübergang, geht also auch von den Rechtswirkungen nicht.

    An den Sicherungsberechtigten wird das herausgegeben, was ihm nach dem Urteil zusteht und das umfasst auch die Kosten, wenn ein rechtkräftiger Kostenfestsetzungsbeschluss in dieser Sache vorgelegt wird. Werden weitere Schäden, zum Beispiel aus unzulässiger Zwangsvollstreckung, geltend gemacht, sind diese zu titulieren und der Herausgabeanspruch zu pfänden.

    Wie kommen aber weitere Empfangsberechtigte (außer den Parteien) ins Verfahren?

  • Mobi hat natürlich recht, die Klägerin hat teilweise obsiegt in 1. Instanz (Unterhaltsstreit), dann Berufung eingelegt, diese zurückgenommen und hat dann die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    Weitere Empfangsberechtigte als die Parteien aus dem Unterhaltsstreit gibt es nicht.

    Ich denke, dass ich bezüglich des Betrags, bei dem sich Anspruch und Gegenforderung gegenüberstehen, Freigabeerklärung verlange und im übrigen auszahle.

    Gibt es eigentlich einen rechtsmittelfähigen Bescheid über eine Auszahlungsabsicht der Hinterlegungsstelle ? Sozusagen einen Vorbescheid ?

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