Rentenabfindung

  • Kleiner Fall fürs Wochenende:
    Der Betreuer (Rechtsanwalt) möchte einen Rentenabfindung vereinbaren. Dem Betreuten soll jetzt ein Betrag von 12.000,00 € gezahlt werden. Der Anspruch auf Weiterzahlung der Rente erlischt.
    Wenn die Rente noch 10 Jahre gezahlt würde, würde der Abfindungsbetrag erreicht (ohne Berücksichtigung einer Verzinsung).
    Der Betreute ist 63 Jahre alt, hat Pflegestufe II und ist Alkoholiker. Möglicherweise ist Lebenserwartung nur noch gering, habe keine ärztliche Stellungnahme dazu.
    Der Betreute könnte den Betrag gut für die Rückzahlung von Heimverbindlichkeiten gebrauchen.

    Der Betreuer beantragt Genehmigung der Abfindungsvereinbarung.

    Würdet Ihr ein Gutachten zur Lebenserwartung verlangen, oder ist das makaber?

    Anhörung scheidet aus: Verfahrenspfleger?

  • Ein Glücksspiel. Ich würde nicht genehmigen.
    a) Stirbt der Berechtigte morgen, hat der Verpflichtete Glück gehabt.
    b) Wird der Berechtigte 100 Jahre alt, hat er Pech gehabt.

    Wem dient diese Vereinbarung?

  • Wahrscheinlich ist das eine LV auf Rentenbasis mit Wahlrecht auf Einmalzahlung. Im Laufe meines Anwaltslebens bin ich ziemlich abgehärtet worden, was makabre Fragen angeht. Ein amtsärztliches Gutachten zur Lebenserwartung würde ich aber nicht gerade einholen.
    Letzlich ist es wahrscheinlich gehupft wie gesprungen. Wenn jetzt der Betrag ausgezahlt wird, werden Altschulden beim Pflegeheim gezahlt. Wird die laufende Rente gezahlt, ist der Beitrag des Sozialamtes geringer. Den Rest zahlt eh der Steuerzahler.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Es handelt sich um eine Rente der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (gesetzliche Unfallrente) . Aufgrund einer Gesetzesänderung soll eine Abfindungsaktion möglich sein.

    Ich habe einige Anhaltspunkte dafür, dass der Betreute in den nächsten Jahren stirbt. Es ist bescheuert, aber dieses Kriterium ist doch für die Genehmigungsfähigkeit entscheidend, oder?

  • Also mit der Einschätzung der Lebenserwartung wäre ich zurückhaltend. Ich habe hier zwei Fälle erlebt, bei denen man auch dachte, das läuft nicht mehr lange und deshalb die Zahlungen zu Gunsten der Betreuten nicht begrenzt hat. Ist bzw. war gut für die Betreuten, aber nicht für die Zahlungspflichtigen.

    Ich würde einen gescheiten Verfahrenspfleger bestellen und dann dessen Stellungnahme abwarten.

    Je nach Höhe der Heimverbindlichkeiten (wie sind die eigentlich entstanden?), kann es im Interesse des Betreuten liegen, diese Verbindlichkeiten abzulösen und dazu die Abfindung aus der Versicherung zu verwenden.

  • Exakt diesen Fall habe ich heute morgen auch auf den Tisch bekommen. Es geht um eine Abfindung von 24000.- EUR, der Betreute ist nicht ansprechbar.

    Ich vermute mal, dass der Betreuer einen höheren Satz abrechnen möchte und das Sozialamt eine Rückforderung an den Betreuer stellen wird. ( Beide sind von der Abfindung "begeistert")

    Aber wenn beide Zahlung geleistet wurden und evtl. auch noch GK angefordert werden, sind die 24.000.- weg. Der Betreute hat nichts davon.

    Ich weiß auch noch nicht genau, was ich machen werde. :mad:

  • Es handelt sich um eine Rente der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (gesetzliche Unfallrente) . Aufgrund einer Gesetzesänderung soll eine Abfindungsaktion möglich sein.

    Ich habe einige Anhaltspunkte dafür, dass der Betreute in den nächsten Jahren stirbt. Es ist bescheuert, aber dieses Kriterium ist doch für die Genehmigungsfähigkeit entscheidend, oder?

    Aha, jetzt sehe ich, welch' Fall dies ist.

    Die Abfindungslösung in der gesetzl. Unfallversicherung ist so neu nicht, sondern steht schon länger in den §§ 76 ff. SGB VII. Bedeutsam ist - sozialversicherungsrechtlich - § 76 Abs. 2 SGB VII: "Eine Abfindung darf nur bewilligt werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit wesentlich sinkt." Weiter zu beachten ist § 77 Abs. 1 SGB VII: "Werden Versicherte nach einer Abfindung Schwerverletzte, lebt auf Antrag der Anspruch auf Rente in vollem Umfang wieder auf" und § 76 Abs. 3 SGB VII: "Tritt nach der Abfindung eine wesentliche Verschlimmerung der Folgen [...] ein, wird insoweit Rente gezahlt."

    Da der Alkoholismus und das zu erwartende Ableben erkennbar keine Gründe sind, die ein Wiederaufleben der Rente erzwängen (die Trunksucht dürfte nicht Folge des Berufsunfalls sein) oder die Bewilligung einer Abfindung verböten (der MdE wird nicht steigen), spräche sozialversicherungsrechtlich nichts dagegen, sich abfinden zu lassen.

    Aus Sicht des Betreuungsrechts würde ich bei nachvollziehbarer negativer Prognose hinsichtlich der Lebenserwartung auch eher für die Abfindungslösung plädieren.

  • In Anbetracht des Alters des Betreuten würde ich zunächst prüfen, welche Einschränkungen Folge des Unfalls sind und ggf. welche noch zu erwarten sind. Ganz sicher nimmt die Versicherung in den "Abfindungsvergleich" auf, dass weitere Zahlungen ausgeschlossen (egal ob aus derzeit bekannten oder unbekannten Folgen des Unfalls) werden. Welche Folgekosten hat der Betreute aufgrund des Unfalls (Rezepte, Behandlungen etc.) jetzt schon und ist damit zu rechnen, dass diese mit den Jahren steigen? Die Zahlung der rückständigen Heimkosten aus der Einmalzahlung (die ja irgendwo den Schaden des Betroffenen wieder gutmachen soll) ist sicher nicht im Sinne des Betroffenen, da er davon ja nicht wirklich etwas hat, da er von dem Geld dann auch noch die (erhöhte) Betreuervergütung bezahlen darf und den Rest die Staatskasse wieder einziehen wird. Nicht außer Acht zu lassen ist tatsächlich, woher die Rückstände der Heimkosten kommen (würde mich mal interessieren).

  • Also noch ein bißchen weiterer Sachverhalt:
    Der Betreute hat noch ein abruchreifes Haus. Der Betreuer versucht das Haus zu versilbern. Also eine erhöte Vergütung ist kein Thema. Der Betreuer erhält den erhöhten Satz wg. des vorhandenen Grundbesitzes. Heimverbindlichkeiten sind durch den Heimaufenthalt entstanden......:cool:

    Nein, im Ernst: Der Sozialhilfeträger will nicht zahlen, da Grundbesitz vorhanden ist. Auch eine darlehensweise Gewährung wird derzeit abgelehnt. Ein evtl. Rückforderungsanspruch des Sozialamtes spielt daher auch keine Rolle.

    So wie ich den Betreuer verstanden habe, entstehen alle derzeitigen Behandlungs- und Arztkosten durch die Alkoholkrankheit.

    Ob Abfindung oder Rente: Von dem Geld hat der Betreute aufgrund seines Gesundheitszustandes nichts!!!

  • (Heimverbindlichkeiten sind durch den Heimaufenthalt entstanden......:cool:)

    Scherzkeks ;)das hatte ich zumindest gehofft, nicht dass man dem armen irgendwelche Forderungen anhängt... Meines Erachtens muß - sofern nicht andere Sozialleistungen vorrangig greifen - stets das Sozialamt bei Bedürftigkeit zahlen und dann erst weiter prüfen um evtl. zu einer Darlehnsgewährung zu kommen, welche durch den Betreuer dinglich gesichert wird (so verfahren zumindest die Sozialämter hier in der Region).
    Mit welcher Begründung hat denn das Sozialamt die Leistungen versagt, liegt Dir der Bescheid über die Ablehnung vor? Was hat der Betreuer gegen diesen Bescheid unternommen?
    Das mit den Arzt- und Behandlungskosten durch die Alkoholkrankheit verstehe ich nicht ganz (wie behandelt der Arzt diese, was fällt denn da konkret an? Kann mir nur vorstellen, dass der Betroffen aufgrund der Trunkenheit stürzt und sich dabei Verletzungen, welche ärztlicher Behandlung bedürfen, zuzieht.) Das bedeutet aber wiederum, dass der Betreute mobil ist und damit sehr wohl in der Lage Geld auszugeben (wofür auch immer) also hätte er von dem Geld doch schon irgendwas?

  • So weit ich weiß liegt kein Bescheid des Sozialamtes vor. Die Leistungen wurden (mündlich) abgelehnt, da einzusetzendes Vermögen (nicht bewohnter Grundbesitz) vorhanden ist.

    Der Betreute ist Pflegestufe 2. Ich weiß nicht genau aus welchen Gründen (Akte liegt momentan nicht vor), aber der Alkoholkonsum hat solche Schäden verursacht, dass Probleme mit dem Herzen aber auch gesistige Defizite vorhanden sind. Der Betreute ist nicht mehr mobil. Eine Verständigung ist wohl zeitweise möglich, wobei der Betreute auch viel "daneben" redet.

    Ich habe jetzt schon mal einen Verfahrenspfleger bestellt und den Betreuer über die Gründe der Unfallrente befragt.

  • Eine sehr betagte Betreute bezieht eine kleine Rente von einer landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft. Sie ist sehr vermögend und auf die Rente nicht angewiesen.

    Nach dem am 01.01.2008 in Kraft getretenem Gesetz zur Modernisierung des Rechts der landwirschaftlichen Versicherungen kann unter bestimmten Umständen eine Abfindung beantragt werden. Die Betreuerin hat den Antrag gestellt und das Geld erhalten. Bei Vorlage der Abrechnung beantragt sie nun die Genehmigung dazu. Von der Sache her kein Problem. Verfahrenspfleger bestellt, der keine Bedenken hat.

    Aber, wenn ich den Antrag als einseitige Willenserklärung und als genehmigungspflichtig nach § 1812 BGB ansehe, ist die Geschichte unwirksam und wird auch durch die nachträgliche Genehmigung nicht geheilt. Wie seht Ihr das? Trotzdem genehmigen und gut ist?

  • Mein Fall ist bereits durch, der Verfahrenspfleger hatte zugestimmt und ich die Genehmigung erteilt.

    Ich halte die Abfindung nicht für ein einseitiges RG. Die Abfindung wird nicht bereits mit Zugang des Antrages beim Rententräger wirksam, sondern sie muss erst positiv beschieden werden.

  • Es ist keine Vereinbarung. Es gibt nach dem in #17 genannten Gesetz die Möglichkeit, die Abfindung zu beantragen. Die Abfindung ist zu bewilligen, solange die dafür bereit gestellten Mittel ausreichen, es geht/ging hier also nach dem Windhundprinzip. Der in Betracht kommende Personenkreis ist von der Berufsgenossenschaft auf die Möglichkeit, den Antrag zu stellen, hingewiesen worden.

    Wir haben das hier auch diskutiert. Wenn ich einen Betreuer darauf hinweise, dass er die Aufwandspauschale beantragen kann und der Betreuer stellt den Antrag dann, haben wir keine Vereinbarung getroffen, der Betreuer nimmt ein ihm gesetzlich zustehendes Recht war.

    Ich habe mich entschlossen, die Genehmigung zu erteilen, indem ich die Antragstellung bzw. die Annahme des Abfindungsangebotes genehmige. Wenn man die Abfindung auf die Rente umrechnet, wäre das die Rente für ca. 3,5 Jahre. Wenn die Betreute vorher stirbt, hat die Versicherung ein schlechtes Geschäft gemacht. Ob die Versicherung von dem Tod erfährt und sich dann noch jemand die Gedanken macht, dass das Ganze in diesem speziellen Fall unwirksam sein könnte, glaube ich nicht.

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