Pfüb mit Drittschuldnersitz in Schweden

  • Hallo,
    hab einen Antrag auf Erlass eines Pfüb vorliegen, bei dem der Drittschuldner = Arbeitgeber seinen Firmensitz in Schweden hat. Hat jemand damit Erfahrung?

  • Die Zustellung zur Pfändung einer Forderung im Ausland ist ja schließlich ein Eingriff in die Hoheitsrechte des Staates Schweden. Deshalb bin ich an Überlegen.

  • Versuch es mal mit dem Europäischen Atlas für Zivilsachen/Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen Internetadresse habe ich gerade net im Kopf, aber googleln geht auch oder guck mal in die EG - VO 805/2004.

    Da finde ich immer eine Lösung, wenn bei mir mal wieder ein Drittschuldner im Ausland weilt.

  • Nach dem Länderteil der ZRHO ist eine unmittelbare Zustellung des inl. Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch den schwedischen Gerichtsvollzieher nach Art. 15, 16 VO (EG) Nr. 1393/2007 zulässig.

    Die Vorschrift des § 31 c IV ZRHO dürfte in Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 25. 06. 2009 (Entscheidung der 3. Kammer des Europäischen Gerichtshofs vom 25. 06. 2009 - Rs C -14/08 Roda Golf), abgedruckt in Heft 17 der FamRZ 2009, S. 1471 ff.) nicht mehr aktuell sein.

    Die vorgenannte Entscheidung betrifft zwar noch die VO (EG) Nr. 1348/2000; dürfte nunmehr nach ihrer Aufhebung jedoch zweifelsfrei ebenfalls auf die VO (EG) Nr. 1393/2007 Anwendung finden.

    Bei einer Zustellung durch den schwedischen Gerichtsvollzieher hätte ich daher keine Bedenken.
    Zweckmäßigerweise würde ich die Gläubigerpartei auf die Vorschrift des § 31 c IV ZRHO und die o. g. Entscheidung des EuGH hinweisen.

    Sollte die Gläubigerpartei dennoch auf eine Amtszustellung bestehen, kann die Zustellung u. a. wirksam durch Einschreiben gegen Rückschein - international - erfolgen.


    Sofern die Gläubigerpartei die Amtszustellung begehrt, gilt folgendes:

    Die Zustellung erfolgt nach der VO (EG) Nr. 1393/2007, vergl. Länderteil der ZRHO.

    Die Zuständigkeit des Amtsgerichts ergibt sich aus §§ 1069 ZPO, 31 d II ZRHO (das die Zustellung veranlassende inl. Gericht; hier: inl. Vollstreckungsgericht).

    Die Zustellung kann erfolgen durch:

    a) unmittelbare Postzustellung mit EgR - international - gem. §§ 183 I, 1068 I, 1069 I Zi. 1 ZPO, Art. 14 VO (EG) Nr. 1393/2007
    oder
    b) Zustellungsantrag des inl. Gerichts an die zuständigen schwedische Empfangsstelle gem. §§ 183 I, 1069 I ZPO, Art. 4 VO (EG) Nr. 1393/2007.


    In beiden Fällen sind beizufügen:
    begl. Abschrift des Antrags,
    begl. Abschrift (Ausf.) des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses,
    Entwurf der Drittschuldnererklärung.

    Zweckmäßigerweise wird ein Entwurf der Drittschuldnererklärung ebenfalls beigefügt.
    Die Beifügung der Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten ist entbehrlich, zumal in der Regel keine weiteren Zustellungen an die Drittschuldnerpartei erfolgen.

    Die Beifügung eines Belehrungsvordrucks (Vordruck ZRH 6) zum Zustellungsantrag ist nicht mehr erforderlich, da die VO (EG) Nr. 1393/2007 nur noch eine Belehrung durch die ausl. Empfangsstelle vorsieht, vergl. Art. 8 VO (EG) Nr. 1393/2007);
    der Vordruck ZRH 6 ist daher mit Inkrafttreten der vorgenannten VO insoweit ersatzlos weggefallen.

    Nur im Fall der unmittelbaren Postzustellung mit Einschreiben gegen Rückschein ist weiterhin eine Belehrung durch das inl. Gericht erforderlich;
    in diesem Fall ist der EU-einheitliche Belehrungsvordruck (Formblatt in Anhang II der Verordnung ("Belehrung des Empfängers über sein Annahmeverweigerungsrecht")) beizufügen, vergl. Art. 8 VO (EG) Nr. 1393/2007, § 31 q III ZRHO beizufügen.

    Für den Zustellungsantrag ist das EU-einheitliche Formblatt (Formblatt in Anhang I der Verordnung ("Antrag auf Zustellung von Schriftstücken")) zu verwenden;
    im Zustellungantrag ist u. a. anzugeben:
    Zustellungsart (in der Regel ist Ziffer 5.1 anzukreuzen (gemäß den schwedischen Rechtsvorschriften),
    Art des zuzustellenden Schriftstücks: ("gerichtlich") ist in Ziffer 6.1.1 anzukreuzen;
    die gerichtlichen Schriftstücke sind nach Ankreuzen des Kästchens in Ziffer 6.1.1.4 anzugeben ("begl. Abschrift des Antrags vom .., Ausfertigung bzw. begl.Abschrift des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom ..., Entwurf der Drittschuldnererklärung");
    Originalsprache der Schriftstücke: ("DE" ist in Ziffer 6.3.1 fett zu markieren),
    ggfs. Übersetzung: (betr. Sprache, z. B. "SV" ist in 6.3.2 fett zu markieren)
    Anzahl der Anlagen (Zi. 6.4 des Formblatts),
    Rücksendung des Zweitstücks der zuzustellenden Schriftstücke zusammen mit der Zustellungsbescheinigung: (in der Regel "Nein" in Ziffer 7.2 ankreuzen).

    Nach dem Länderteil der ZRHO kann der Zustellungsantrag nicht in deutscher Sprache ausgefüllt werden;
    eine Übersetzung der Eintragungen im Zustellungsantrag in die schwedische Sprache ist daher erforderlich.

    Die Beifügung eines Belehrungsvordrucks (Vordruck ZRH 6) zum Zustellungsantrag ist nicht mehr erforderlich, da die VO (EG) Nr. 1393/2007 nur noch eine Belehrung durch die ausl. Empfangsstelle vorsieht, vergl. Art. 8 VO (EG) Nr. 1393/2007);
    der Vordruck ZRH 6 ist daher mit Inkrafttreten der vorgenannten VO insoweit ersatzlos weggefallen.

    Nur im Fall der unmittelbaren Postzustellung mit Einschreiben gegen Rückschein ist weiterhin eine Belehrung durch das inl. Gericht erforderlich;
    in diesem Fall ist der EU-einheitliche Belehrungsvordruck (Formblatt in Anhang II der Verordnung ("Belehrung des Empfängers über sein Annahmeverweigerungsrecht")) beizufügen, vergl. Art. 8 VO (EG) Nr. 1393/2007, § 31 q III ZRHO beizufügen.

    Die VO (EG) Nr. 1393/2007 verlangt nicht zwingend die Beifügung von Übersetzungen;
    der Zustellungsempfänger hat jedoch u. U. ein Annahmeverweigerungsrecht aufgrund der verwendeten Sprache.
    Vor Ausführung der Zustellung ist daher bei der Gläubigerpartei nachzufragen, ob erwartet werden kann, dass die Drittschuldnerpartei die deutsche Sprache versteht und ob aus Kostengründen auf die Beifügung von Übersetzungen verzichtet wird - ggfs. mit dem Risiko der Annahmeverweigerung aufgrund der verwendeten Sprache.
    Im Falle der Annahmeverweigerung aufgrund der verwendeten Sprache entscheidet der Sachbearbeiter (zuständige Rechtspfleger in Zwangsvollstreckungssachen) über das Annahmeverweigerungsrecht der Schuldnerpartei.

    Weitere Einzelheiten hinsichtlich der grenzüberschreiten Zustellung - insbes. zur Frage, ob Übersetzungen beizufügen sind - können der Internetseite des Amtsgerichts Warendorf entnommen werden:
    http://www.ag-warendorf.nrw.de/aufgaben/aufga…achen/index.php

    PS:
    Informationen über die Zustellung von Schriftstücken in Schweden können dem Europäischen Justiziellen Netz für Zivil- und Handelssachen (EJN) entnommen werden.
    Die (zuständige) schwedische Empfangsstelle ist aus dem Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen ersichtlich.
    Die vorgenannte Internetseite des Amtsgerichts Warendorf enthält eine direkte Verlinkung auf das EJN, den Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen sowie auf die Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO).

    9 Mal editiert, zuletzt von rolli (8. Mai 2010 um 17:12)

  • Hinweise zum Zustellungsantrag (Amtszustellung):


    1.
    Der Antrag der Gläubigerpartei ist ggfs. wie folgt zu ergänzen:

    "Es wird beantragt, den nachstehend entworfenen Beschluss zu erlassen und die Zustellung an den Drittschuldner zu vermitteln mit der Bitte, die Drittschuldnererklärung ausgefüllt dem Gericht zurückzusenden."

    Auf dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist folgender Zusatz anzubringen (auf dem oberen Rand als Überschrift):
    "Die Zustellung dient der Unterrichtung des Drittschuldners."

    Die vorbereitete Drittschuldnererklärung ist beizufügen.

    Hinweis:
    Die Gläubigerpartei kann also die Abgabe der Drittschuldnererklärung durch die Drittschuldnerin im Ausland nicht erzwingen;
    sie erfolgt insoweit auf freiwilliger Basis.

    Erfahrungsgemäß senden die Drittschuldner die beigefügte vorbereitete Drittschuldnererklärung dem Gericht zurück.

    Beim hiesigen Gericht wurden diese sodann an die Gläubigerpartei weitergeleitet.

    Ob die Zwangsvollstreckung letztendlich für die Gläubigerpartei erfolgreich ist, bleibt jedoch abzuwarten.


    2.
    Die Zustellung des inländischen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die Drittschuldnerpartei in Schweden erfolgt nach der VO (EG) Nr. 1393/2007.
    Der Länderteil der ZRHO enthält keine besonderen Bestimmungen zum Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, so dass davon ausgegangen werden kann, dass entsprechende Zustellungsanträge von den schwedischen Gerichten in der Regel erledigt werden.
    Während in der ZRHO Bestimmungen über die Zustellung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen an den inländischen Drittschuldner enthalten sind (§ 59 ZRHO), enthält die ZRHO hinsichtlich der ausgehenden Zustellungsanträge keine Bestimmungen.

    In Hinblick auf die RV des JM NRW vom 09. 02. 2001 - 9341 - II B. 274 - hat die Zustellung durch das Gericht zu erfolgen.

    In dem Zustellungsantrag ist unter Ziffer 6.1.2 folgender Zusatz erforderlich:

    "Die Zustellung dient der Unterrichtung des Drittschuldners. Die Gegenseitigkeit wird versichert."

    Eine weitergehende Belehrung des Drittschuldners ist nicht erforderlich und entbehrlich, s. auch RV des BJM vom 18. 01. 2000 - I A. 4 - 9341 - 13 798/1999, I A 4 - 9341 S. 4 - 130009/1999 -.

    2 Mal editiert, zuletzt von rolli (7. Mai 2010 um 21:08)

  • Hinweise zum Zustellungsnachweis einer Amtszustellung:

    Zustellungsnachweis ist bei der unmittelbaren Postzustellung der Rückschein; im anderen Falle die Zustellungsbescheinigung des schwedischen Gerichts (= EU-einheitliches Formular (Formblatt in Anhang I "Bescheinigung über die Zustellung bzw. Nichtzustellung von Schriftstücken").

    Nach den Angaben des deutschen Gesetzgebers (vergl. Mitteilung der EU-Mitgliedstaaten) kann das vorgenannte Formblatt von den schwedischen Gerichten in deutscher Sprache oder in englischer Sprache ausgefüllt werden.
    Soweit das Formblatt in schwedischer Sprache ausgefüllt wird, ist ggfs. von dem schwedischen Gericht eine Übersetzung der Eintragungen im Formblatt in deutscher Sprache den zurückgesandten Erledigungsstücken beizufügen

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