Vorbescheid

  • Hallo,
    und noch ein kleines Problem bei der Vorbereitung ist aufgetaucht. :wall:
    Vorbescheid: Er ist erforderlich, wenn Rechte Dritter entgegenstehen. Kann mir jemand ein Beispiel geben, wenn das der Fall ist. Zudem habe ich in meinen Unterlagen stehen, dass ein Rechtsmittel gegen eine Genehmigung möglich ist, solang sie nicht wirksam ist. Ist dies richtig.

    Schonmal danke!

    Gruss

    Heidi

  • Kurz gefasst:

    Eine Entscheidung des Rechtspflegers kann nicht ohne vorherige richterliche Überprüfungsmöglichkeit rechtskräftig bzw. unabänderbar sein (vgl. § 11 RPflG).
    Dies wäre aber wegen §§ 55, 62 FGG in den Genehmigungsverfahren der Fall.
    Daher entschied das BVerfG (NJW 00, 1709), dass die §§ 55, 62 FGG insoweit verfassungswidrig seien.

    Das BVerfG sah zwei Möglichkeiten der Abhilfe:

    • die Einführung einer grundsätzlichen Beschwerdemöglichkeit gegen diese Entscheidungen des Rechtspfleger (gerichtliche Genehmigungen)

    oder (und diese Möglichkeit wurde favorisiert)

    • der Rechtspfleger hat vor dem Erlass der endgültigen Genehmigung einen Vorbescheid (= beschwerdefähige Zwischenentscheidung) zu erlassen, in dem er die beabsichtigte Entscheidung ankündigt.

    Das hat zur Folge, dass eine Genehmigung, die ohne Vorbescheid erteilt wurde, nicht endgültig wirksam wird, da insoweit die §§ 55, 62 FGG verfassungswidrig und daher unanwendbar sind. Daraus ergibt sich faktisch und von mehreren Obergerichten bestätigt eine Beschwerdemöglichkeit gegen die Genehmigung.

    Ich persönlich halte die Entscheidung des BVerfG allerdings nicht in jedem Genehmigungsverfahren für anwendbar bzw. nicht in jedem Genehmigungsverfahren einen Vorbescheid für notwendig. Siehe auch hier. Aber Vorsicht! Es könnte eher zu deiner Verwirrung beitragen :teufel:.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Hallo Tommy, danke für die schnelle Antwort.
    Welche Frage sich jetzt mir wieder stellt: Wenn eine Genehmigung mangels Vorbescheid nicht wirksam werden kann, können ja auch die Rechtsgeschäfte, für die die Genehmigung gedacht ist, nicht wirksam werden. Richtig?! Bei familiengerichtlichen Genehmigung kann doch aber eigentlich nach Ablauf der Beschwerdefrist von einem Monat die Genehmigung wirksam werden, oder? Wozu dann also ein Vorbescheid?

    Gruss
    Heidi

  • Puhh! Du willst Sachen wissen.:cool:

    Grundsätzlich gilt § 621e ZPO auch für die Entscheidungen des Rpfl in Familiensachen.
    M.E. ist aber §§ 55, 62 FGG für Genehmigungen lex specialis und schließt diese Beschwerdemöglichkeit aus, wenn und sobald die Genehmigung wirksam geworden ist.
    Wirksam wird sie, wenn der gesetzliche Vetrtreter von ihr Gebrauch gemacht hat (gegenüber einem Dritten im Rechtsverkehr).
    Nun ist aber insoweit §§ 55, 62 FGG verfassungswidrig, ob dann § 621e ZPO wieder ins Spiel kommt weiß ich nicht. Die Entscheidungen, die mir geläufig sind, haben auch noch nach längerer Zeit ggf. Jahren eine Beschwerdemöglichkeit bejaht. Auch sollte man davon ausgehen, dass auch die Verfassungsrichter § 621e ZPO kannten.

    Insgesamt eine etwas unausgegorene Sache. Wollen wir hoffen, dass die FGG-Reform hier was Besseres bringt und den Quatsch mit dem Vorbescheid beendet.

    Zitat

    Welche Frage sich jetzt mir wieder stellt: Wenn eine Genehmigung mangels Vorbescheid nicht wirksam werden kann, können ja auch die Rechtsgeschäfte, für die die Genehmigung gedacht ist, nicht wirksam werden. Richtig?!


    Ob man sie jetzt als schwebend unwirksam ansieht oder als wirksam aber anfechtbar ist wohl einerlei. Im Prinzip hast du Recht. Das macht mir in der Praxis aber keine schlaflosen Nächte.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Hi Tommy,
    auf so Fragen können nur leute kommen, die kurz vor der Prüfung stehen. :) Ich schlaf jetzt mal ne Nacht drüber und schaue mir das Ganze morgen nochmal an und hoffe ich sehe klarer!
    Gruss udn danke

  • Also m.E. kann hier § 621e ZPO keine Anwendung finden, da deren Geltungsbereich in Abs.1 auf bestimmte in § 621 ZPO genannte Entscheidungen beschränkt ist, zu denen Genehmigungsverfahren nach dem FGG nicht gehören, zumal dort grds. ja §§ 55, 62 FGG gilt. Das Problem, dass diese Normen gemäß § 31 Abs.2 BVerfGG unwirksam sind, soweit die Rechte Dritter berührt sind, kann m.E. keine (analoge) Anwendung dieser Norm zur Folge haben, da auch dies aus meiner Sicht die beschwerte Partei unzureichend beeinträchtigen würde. Daher ist es meiner Ansicht nach so, dass Genehmigungen die ohne Vorbescheid erlassen worden sind und die Rechte Dritter (z.B. des Mündels) berühren, letzlich ohne Zeitbegrenzung angreifbar sind (so auch einige Entscheidungen zu dem Thema).

  • Dass grundsätzlich eine Beschwerdefähigkeit befürwortet wird, ist ja in Ordnung:
    Für Fälle, in denen aber den Beteiligten ein Rechtschutzbedürfnis fehlt, ist aber dann doch eigentlich kein Vorbescheid nötig, da ja später gegen den Beschluss kein Rechtsmittel möglich wäre.

    Oder?

  • "Dritter" im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG ist der Vertretene selbst (Betreuter, minderjähriges Kind usw.), weil er nicht ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt wurde (OLG Dresden Rpfleger 2001, 232 = FamRZ 2001, 1307). Es ist also nicht der "Dritte" (= Vertragspartner) i.S. des § 55 FGG gemeint.

    Beim Vertretenen selbst kann es somit nie ein Problem mit dem Rechtsschutzbedürfnis geben.

  • "Dritter" im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG ist der Vertretene selbst (Betreuter, minderjähriges Kind usw.), weil er nicht ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt wurde. (...)



    ...oder, wie im entschiedenen BVG-Fall, Erben.

  • "Dritter" im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG ist der Vertretene selbst (Betreuter, minderjähriges Kind usw.), weil er nicht ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt wurde (OLG Dresden Rpfleger 2001, 232 = FamRZ 2001, 1307). Es ist also nicht der "Dritte" (= Vertragspartner) i.S. des § 55 FGG gemeint.

    Beim Vertretenen selbst kann es somit nie ein Problem mit dem Rechtsschutzbedürfnis geben.




    Wieso kann es kein Problem mit dem RSB geben? Bei der Ausschlagung eines festgestellt haushoch überschuldeten Nachlasses im Namen des Kindes ohne Vorbescheid wäre das Kind zwar nicht ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt worden. Ein Rechtschutzbedürfnis für eine Beschwerde wäre aber nicht gegeben, da die Beschwerde nur um der Beschwerde willen eingelegt werden könnte, nicht aber um die Entscheidung slebst abzuändern. Oder mach ichs mir zu einfach?

  • Meines Erachtens liegt eine Beschwer bereits allein darin, dass der Anspruch des Mündels auf rechtliches Geh..., ach nein stopp beim Rechtspfleger der Gtundsatz des fairen Verfahrens (BVerfG, a.a.O.) verletzt worden ist. Somit wäre ein Vorbescheid (sowie ggf. Verfahrenspfleger) praktisch in allen denkbaren Fällen zu erlassen. Es werden aber auch anderer Auffassungen vertreten (Fundstelle hierzu kann ich nachliefern)

  • dasjott:

    Das fehlende Rechtsschutzbedürfnis beseitigt die Zulässigkeit des Rechtsmittels. In dem genannten Ausschlagungsfall steht aber nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit des Rechtsmittels in Frage. Beides darf man nicht verwechseln.

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