Geldstrafenvollstreckung im Ausland

  • Hallo,

    hat jemand Erfahrung mit der Vollstreckung von Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafe im Ausland wenn der Verurteilte einen festen Wohnsitz im Ausland hat?
    Bisher wurde von unserer Behörde eine formlose Ladung zum Strafantritt vorgenommen ( ohne Erfolg) und der Verurteilte zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. Bei Grenzkontrollen erhalten wir von der Polizei nur die Mitteilung, das der Verurteilte noch unter der bekannten Anschrift im Ausland wohnt - klar. Zusätze bei der Ausschreibung lässt unser System nicht zu. Wiedervorlage ist oft Verjährung. Bei der Vielzahl der Verfahren ein sehr unbefriedigendes Ergebnis.

    Wie wird das bei anderen Staatsanwaltschaften gehandhabt?

    Vielen Dank

  • Hier bei uns (in Darmstadt und Offenbach) wird das wie folgt gehandhabt:
    Wenn ZU-Bevollmächtigter vorhanden, dann alles über den, ansonsten:

    Rechnung ins Ausland.

    Danach ist das weitere Verfahren abhängig davon, WO im Ausland der VU seinen Wohnsitz hat. Gem. Nr. 121 RiVAST i.V. mit Art. 52 SDÜ (Schengener Durchführungsabkommen) ist es möglich, in den Ländern, die dem SDÜ beigetreten sind, Rechnungen und Ladungen zum Strafantritt direkt zu übersenden. Die darin ggf. angedrohen Folgen verletzen nicht das Hoheitsrecht des jeweiligen Staates (auf Grund des SDÜ).

    Eine solche Ladung ist erforderlich, da das OLG FFM in seiner Entscheidung vom 18.03.05 (3 VAs 11/05) die Rechtswidrigkeit eines Vollstreckungshaftbefehls ohne vorherige Ladung festgestellt hat und sowohl Willkürverbot als auch Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als verletzt ansah. In dem o.g. Beschluss hat das OLG ausgeführt, dass die Ladung durch einfachen brief erfolgen kann (vgl. § 27 StVollstrO). Die Zuständigkeit der JVA richtet sich nach § 24 III StVollstrO. Natürlich muss die Ladungsfrist angemessen sein.

    Bei Nichtstellung (also immer...): Ausschreibung

    Bei Verurteilten, die nicht in einem SDÜ-Land leben: Auschreibung zur Festnahme.

  • Wir (in BAWÜ) schicken ebenfalls Rechnung. Wenn keine Reaktion erfolgt, gibts die Ausschreibung zur Festnahme. Da ist die Festnahmequote recht hoch, weil viele doch oft nach Deutschand zu Verwandten etc pendeln und bei manchen kann man sich auch nicht so sicher sein, dass die wirklich im Ausland wohnen, bzw. sich aufhalten.

    Aufgrund der Ausschreibungen werden die Leute oft auch in der Bahn (Kontrollen der BuPo) oder eben am Flughafen festgenommen.

    Nur Mut! In 80 % der Fälle zahlen die dann auch den offenen Betrag. :strecker

  • Ich ( BaWü) habe auch immer zur Festnhme ausgeschrieben. Zuerst natürlich Mahnung oder Ladung, wobei dabei die angedrohten Zwangsmaßnahmen herauszunehmen sind, da wir keine Hoheitsgewalt im Ausland haben. Nur Androhung rein, dass ggf. Auschreibung zur Festnahme erfolgt. In abgeschwächter Form kann man ihn/sie auch zur Aufenthaltsermittlung ausschreiben. Wird er dann an der Grenze kontrolliert oder sonstwo, weiß er spätestens zu diesem Zeitpunkt, dass er sich melden sollte. Danach dann Ausschreibung zur Festnahme.

  • Ich ( BaWü) habe auch immer zur Festnhme ausgeschrieben. Zuerst natürlich Mahnung oder Ladung, wobei dabei die angedrohten Zwangsmaßnahmen herauszunehmen sind, da wir keine Hoheitsgewalt im Ausland haben.



    Wie oben bereits beschrieben, können die Androhungen bei Wohnsitz in einem SDÜ Staat drin bleiben.

    SDÜ-Staaten sind (Stand Juni 2005): Dänemark, Frankreich, BeNeLux, Italien, Spanien, Schweden, Polen, Litauen, Lettland, Estland, Tschechien, Zypern, Ungarn, Malta, Slowenien, Slowakei, Österreich.

  • Wie oben bereits beschrieben, können die Androhungen bei Wohnsitz in einem SDÜ Staat drin bleiben.

    SDÜ-Staaten sind (Stand Juni 2005): Dänemark, Frankreich, BeNeLux, Italien, Spanien, Schweden, Polen, Litauen, Lettland, Estland, Tschechien, Zypern, Ungarn, Malta, Slowenien, Slowakei, Österreich.


    Ja! in nicht EU / EwG / SDÜ (?) Ländern wie z.B. Schweiz aber nicht!

  • Nur mal so am Rande gefragt: Was bringt eigentlich eine Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung, wenn der Beschuldigte bei der Einreise nach D dann bloß erklärt "ich wohne jetzt da und da" und anschließend durchgewunken wird, Adresse selbstredend falsch.

    Ich hatte im Referendariat bei der StA mal eine Akte, da hat der das zwei- oder dreimal gemacht. :eek: Darf die (Bundes-)Polizei einen dann z.B. nicht einmal für die Dauer der Anschriftenprüfung festhalten? Oder war das evtl. ein Fall aus der Rubrik "wenn es schon schief geht, dann richtig"?

  • Nur mal so am Rande gefragt: Was bringt eigentlich eine Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung, wenn der Beschuldigte bei der Einreise nach D dann bloß erklärt "ich wohne jetzt da und da" und anschließend durchgewunken wird, Adresse selbstredend falsch.

    Ich hatte im Referendariat bei der StA mal eine Akte, da hat der das zwei- oder dreimal gemacht. :eek: Darf die (Bundes-)Polizei einen dann z.B. nicht einmal für die Dauer der Anschriftenprüfung festhalten? Oder war das evtl. ein Fall aus der Rubrik "wenn es schon schief geht, dann richtig"?



    Nö, da wird nur der Aufenthalt ermittelt. In manchen Fällen konnte man nicht ausschreiebn, weil es unverhältnismäßig ist ( OWI ). Aber sehr wohl zur AE. Das kann dann mitunter soooo nervig sein, dass der Typ dann zahlt. Oder aber um zu Bezwecken, dass der Typ erstmal Wind von der Sache bekommt. Siehe mein Beitrag oben. Oft werden die Strafbefehe ja an einen ( gerichtlichen ) ZU-Bevollmächtighten gesandt. Ob die Dinger weitergesendet dann irgendwann tatsächlich in Tackatucka Land ankommen, weiß ja niemand!

  • Wenn der VU keinen festen Wohnsitz in der BRD hat:
    Rechnung (ohne Mahnung), wenn er sich nicht meldet Ausschreibung zur Festnahme!

    Genau zu dieser Praxis (wurde in Berlin bisher auch so gehandabt) hat sich unser Kammergericht äußerst deutlich geäußert! Bei bekannter Anschrift ist der im SDÜ-Ausland wohnenende VU zum Strafantritt (nach Berlin) zu laden. Andernfalls lägen die Voraussetzungen für den Erlass des HB nicht vor. Kann bei Bedarf mal nach der Fundstelle suchen! Seit dem gibt es bei uns die LAdung zum Strafantritt jetzt auch als polnischsprachiges Formular. Weitere Übersetzungen sind wohl in Arbeit.

  • Genau zu dieser Praxis (wurde in Berlin bisher auch so gehandabt) hat sich unser Kammergericht äußerst deutlich geäußert! Bei bekannter Anschrift ist der im SDÜ-Ausland wohnenende VU zum Strafantritt (nach Berlin) zu laden. Andernfalls lägen die Voraussetzungen für den Erlass des HB nicht vor. Kann bei Bedarf mal nach der Fundstelle suchen! Seit dem gibt es bei uns die LAdung zum Strafantritt jetzt auch als polnischsprachiges Formular. Weitere Übersetzungen sind wohl in Arbeit.



    Soweit es keine großen Umstände macht, wäre ich an der Fundstell bzgl. der oben genannten Kammerentscheidung sehr interessiert. :habenw

  • Soweit es keine großen Umstände macht, wäre ich an der Fundstell bzgl. der oben genannten Kammerentscheidung sehr interessiert. :habenw



    Kann dir mit der Entscheidung des OLG FFM vom 18.03.05 (3 VAs 11/05) dienen. Ungefährer Inhalt: durch das OLG wurde die Rechtswidrigkeit eines Vollstreckungshaftbefehls ohne vorherige Ladung festgestellt und sowohl Willkürverbot als auch Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als verletzt angesehen. In dem o.g. Beschluss hat das OLG ausgeführt, dass die Ladung durch einfachen brief erfolgen kann (vgl. § 27 StVollstrO). Die Zuständigkeit der JVA richtet sich nach § 24 III StVollstrO. Natürlich muss die Ladungsfrist angemessen sein.

  • Soweit es keine großen Umstände macht, wäre ich an der Fundstell bzgl. der oben genannten Kammerentscheidung sehr interessiert. :habenw

    Schon in Arbeit! Bitte aber um etwas Geduld, da ich im Moment verhindert bin.

  • Seit dem gibt es bei uns die LAdung zum Strafantritt jetzt auch als polnischsprachiges Formular. Weitere Übersetzungen sind wohl in Arbeit.



    hmmm.... wenn mich nicht alles täuscht ist die Amtssprache Deutsch !

    Hier in OS haben einige Kollegen so etwas auch versucht einzubringen für die ganzen Niederländer, aber das ist nur vereinzelt auf Zuspruch gestoßen.
    Der VU erhält eine Rechnung ins Ausland (weltweit) zugesandt und bei Fristablauf und Nichtzahlung HB mit Ausschreibung zur Festnahme im INPOL !

  • hmmm.... wenn mich nicht alles täuscht ist die Amtssprache Deutsch !




    Gerichtssprache ist zwar deutsch, aber lt. Hausverfügung muss ich, wenn ich davon ausgehen kann, dass VU kein deutsch kann, die Ladung übersetzen lassen. K.A., ob sich das aus der OLG-Entscheidung ableitet... :gruebel:

  • #Quasitim: wird hier im Südwesten mit den Franzosen auch so gehandhabt... und den Schweizern :teufel: . Ladung geht per Einschreiben raus.

  • hmmm.... wenn mich nicht alles täuscht ist die Amtssprache Deutsch !

    Klar ist Amtssprache deutsch! Deswegen fassen wir die Ladung ja auch zweisprachig ab! :strecker (zweispaltig: deutsch und polnisch)

    Der VU erhält eine Rechnung ins Ausland (weltweit) zugesandt und bei Fristablauf und Nichtzahlung HB mit Ausschreibung zur Festnahme im INPOL !

    Und genau das ist das Problem! Der VU hat nie eine LAdung erhalten, weshalb der Erlass des HB nicht rechtmäßig ist. (so jedenfalls der Tenor von immer mehr (obergerichtlicher) Rechtsprechung)

  • Gerichtssprache ist zwar deutsch, aber lt. Hausverfügung muss ich, wenn ich davon ausgehen kann, dass VU kein deutsch kann, die Ladung übersetzen lassen. K.A., ob sich das aus der OLG-Entscheidung ableitet... :gruebel:



    Hmm... das ist ja alles schön und gut - aber Straftäter will ich nur in Deutschland sein, bei dem was alles für diese TÄTER getan wird selbst noch im VRs-Verfahren.

    Wenn ich in Nairobi was stehle, bekomme ich dann auch alles in deutsch (Ladungen, Kostenrechnungen, das Urteil mit allen Gründen pp. ???) Das wage ich manchen Ländern dieser Welt doch arg zu bezweifeln - aber hier muß das ja alles so sein :( :mad:

    Was ich noch schlimmer finde ist, daß die Personen mit Staatsangehörigkeit deutsch, die aus dem Ural oder so kommen und kein Deutsch können auch noch im Gerichtstermin einen Dolmetscher für die russische Sprache bekommen.... Ich kann und will so etwas nicht verstehen !!

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