LG: Betrug bei Abgabe eines Gebotes trotz Zahlungsunwilligkeit

  • Von UHU habe ich das Urteil des LG Berlin vom 09.03.1984 erhalten.

    Danch kann es Betrug darstellen, trotz Zahlungsunwilligkeit oder -unfähigkeit Gebote abzugeben. Der damalige Angeklagte wurde zu einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt.

    Trotz des Alters enthält es einige interessante Ausführungen, die mE heute noch Gültigkeit haben.

    Ich habe das Urteil mit einer Texterkennungssoftware eingescannt, anonymisiert und auf Fehler durchgesehen. Trotzdem sind Tippfehler u.a. nicht ausgeschlossen. Ich übernehme keinerlei Haftung. Mir ist auch nicht bekannt, ob das Urteil rechtskräftig wurde.

  • Anmerkung zu dem vorgenannten Urteil:

    Das Urteil ist rechtskräftig und der Verurteilte hat die Strafe voll abgesessen.

    Nach den mir vorliegenden Informationen soll es danach weitere Verurteilungen gegeben haben. Insoweit laufen noch meine Ermittlungen nach den Aktenzeichen.

    An dieser Stelle möchte ich mich bei Kai für die damit verbundene Arbeit ausdrücklich bedanken.

  • Wenn auch in vollstreckungsrechtliche Vorschriften "eingekleidet", handelt es sich in der Sache um eine Zwangsveräußerung (Zwangsverkauf nebst anschließender Zwangsübereignung). Von daher werden die entsprechenden Vorschriften des BGB betreffend Willenserklärungen etc. - zu Recht - herangezogen. Insoweit handelte es sich bei einer Erklärung (einer Willenserklärung des potentiellen "Käufers"), die nicht auf den Abschluss eines solchen "Kaufvertrages" bzw. nicht auf eine Befolgung hieraus resultierender "Käuferpflichten" gerichtet ist, um ein Gebot, das nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückzuweisen ist. Entsprechendes gilt, soweit es den §-81-Abs.-1-ZVG-Anspruch des "Käufers" anbelangt; auch hierbezüglich bleibt zu prüfen, ob er zuvor ein wirksames Gebot abgegeben hat.

    Freilich gibt es Konstellationen, in denen es Schwierigkeiten bereitet, zutreffend zu beurteilen, ob eine wirksame Willenserklärung vorliege oder eben nicht. Eine Willenserklärung besteht sowohl aus einem objektiven Tatbestandsmerkmal als auch aus mehreren subjektiven Tatbestandsmerkmalen. Nur Letztere, welche innere Umstände/den Willen des Erklärenden zum Gegenstand haben, bescheren Imponderabilien. Ich vermag allerdings keinen Grund zu erblicken, der es geböte bzw. rechtfertigte, solcherlei anders zu bewältigen als im "normalen Zivilrecht"; hier wie dort ist der wirkliche Wille (vgl. § 133 BGB) zu erforschen - notfalls ist unter Heranziehung von Erfahrungssätzen darauf zu schließen, was gewollt sei. Ferner/ergänzend: Auch Prozesshandlungen sind an § 133 BGB zu messen.

    Dass gelegentlich Gebote von Betrügern abgegeben werden, mag vorkommen. Sofern das Vollstreckungsgericht erkennt, dass ein solches Gebot - etwa gemäß § 138 BGB - unwirksam ist, hat es in Gemäßheit des § 71 Abs. 1 ZVG zu verfahren; bzw., wenn sich solcherlei erst während der Verhandlung über den Zuschlag herausstellt, Letzteren deshalb zu versagen.

    Darüber hinausgehend ist es indes nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichtes, "helfend" - weder "strafrechtlich" noch "zivilrechlich" - einzugreifen. Sofern diejenigen Beteiligten, denen nach den (gesetztlichen) Versteigerungsbedingungen das Recht zusteht, Sicherheit zu verlangen, von einem solchen Verlangen keinen Gebrauch machen, haben sie sich selbst einen hieraus etwa resultierenden "Schaden" zuzuschreiben. Ungeachtet dessen steht es insbesondere solchen Beteiligten frei, eine gerichtliche Verwaltung gemäß § 94 ZVG zu beantragen/anordnen zu lassen, soweit es das Eigentumsrecht des Erstehers ab Zuschlag anbelangt. Sofern auch von dieser "Schutzvorschrift" kein Gebrauch gemacht wird, haben sich die entsprechenden Beteiligten etwaigen "Schaden" wiederum selbst zuzuschreiben.

    Letztere (Ersteher-)Verwaltung schützt die Beteiligten ausreichend davor, dass bei einer Wiedervollstreckung "plötzlich" merkwürdige Mietverträge etc. zu vergegenwärtigen sind. Im Übrigen verhilft § 130 Abs. 3 ZVG dazu, dass die "erlösberechtigen" Beteiligten Vorrang "behalten", soweit es die Erlösverteilung betreffend die Wiedervollstreckung anbelangt.

  • Bossdom verkennt offensichtlich die Sachlage.

    In der Versteigerung hat niemand ein Schild um dem Hals zu hängen, auf dem steht: Ich habe in einer anderen Versteigerung den Zuschlag erhalten und den Versteigerungserlös nicht bezahlt.

    Nach dem Urteil hat der Verurteilte bei unterschiedlichen Kollegen Objekte ersteigert und nicht gezahlt. Ein Informationsystem über nicht zahlungswillige bzw. nicht zahlungsfähige Ersteher gibt es nicht. Die Inforamtionen, die unter der Hand weitergegeben werden, sind spärlich und lückenhaft.

    Es kann nicht angehen, dass redliche Bieter und Ersteher mit der gerichtlichen Verwaltung überzogen werden.

  • @ UHU

    Ich denke nicht, dass ich die Sachlage verkannt habe. Mir ist durchaus bewusst, dass einem Betrüger kaum anzusehen resp. anzumerken ist, dass er beabsichtige, nicht zu zahlen. Es geht im Übrigen auch nicht darum, dem Vollstreckungsgericht, das bei solcher Sachlage einem Betrüger "aufsitzt", einen Vorwurf zu machen.

    Der Ersteher hat es in der Hand, eine §-94-ZVG-Verwaltung zu beenden. Hierzu muss er lediglich das bare Meisgebot bezahlen resp. entsprechend hinterlegen. Hierbezüglich die Redlichkeit eines Erstehers ins Spiel zu bringen, verkennt, dass dem Ersteher eine Vorleistung beschert wird. Das nämliche Grundstück, dessen Eigentümer er bereits ist, befähigt ihn, Nutzungen zu ziehen. Von daher handelt es sich um einen gerechten Interessenausgleich - selbst wenn die dem Ersteher zugeordneten Nutzungen um Kosten dieses Verwaltungsverfahrens geschmälert werden.

    Solche Schutzvorschriften finden sich im Gesetz. Hieran sollte man sich halten. Ungeachtet dessen: Missfällt Ihnen die gesetztliche Vorgabe? Wie lautet Ihr "Lösungsvorschlag"?

  • Bei der Einführung der Insolvenzordnung hat sich der Gesetzgeber vergleichbare Regelungen im Ausland angesehen.

    Vorliegend müßte der Gesetzgeber jedoch den Mut aufbringen, das ZK-Recht vollständig zu ändern.

    Soweit mir bekannt, gibt es in Österreich und im DDR-Recht Regelungen, dass bevor das Eigentum auf den Ersteher übergeht, der Versteigerungs- erlös zu belegen ist. Entsprechendes sollte auch hier eingeführt werden.

  • Zitat von UHU


    Soweit mir bekannt, gibt es in Österreich und im DDR-Recht Regelungen, dass bevor das Eigentum auf den Ersteher übergeht, der Versteigerungs- erlös zu belegen ist. Entsprechendes sollte auch hier eingeführt werden.



    Ob nun das Eigentum sofort mit Zuschlag übergeht (wie im ZVG) oder wie in Österreich erst mit der Zahlung des Erlöses dürfte am Ergebnis nicht viel ändern. Wird nicht bezahlt wird wieder versteigert - je nach Recht entweder in einem neuen Termin unter dem alten Aktenzeichen oder in einem Wiederversteigerungsverfahren. Der Aufwand fürs Gericht und der Ärger für die Beteiligten dürfte bei beiden Varianten ähnlich sein.
    Eine diesbezügliche Änderung des ZVG erscheint mir daher überflüssig.

  • @ Bördie

    M.E. werden bei der angedachten Änderung die "Wiederversteigerungsverfahren" abnehmen.
    Die unredlichen Bieter sind ja interessiert, die Früchte zu ziehen. Man kann sie aber im Termin nicht erkennen.
    Oder eine andere Praxis von gewerblichen Bietern ist, WE oder TE zu ersteigern, zu versuchen sie schnell weiter zu verkaufen, um dann damit den Versteigerungserlös belegen zu können. Oft schon genug ist dies schon daneben gegangen, so dass im VT nichts zu verteilen gab.

  • @ all

    die Wiederversteigerungen kommen dann nicht mehr vor , wenn sofort und unmittelbar vor Zuschlag gezahlt werden muß.
    Die jetzige Gesetzeslage lädt geradezu ein zu diversen Versuchen , mißbräuchlich oder auch nicht , den Kaufpreis zu beschaffen , sei es durch Finanzierung oder Weiterverkauf .

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