Amtsärztl. Attest bei 765a?

  • Habe ich mal erschienen, diesen Thread nochmal "aufzuwärmen" denn er passt ganz gut zu meiner Frage:
    Ich habe einen Antrag auf Räumungsschutz nach § 765 a ZPO. Die Vollstreckung wird aus einem Zuschlagsbeschluss betrieben. Die Schuldnerseite reicht mir zunächst so ein Wald- und Wiesen Attest ein, es ginge ihr gerade nicht so gut, und deshalb ist's mal schlecht mit Räumung; möge der Gläubiger in 6 Monaten noch mal nachfragen. Meine Zwischenverfügung war dann recht deutlich und vor allem wollte ich ein anständiges Attest mit Diagnose, Auswirkungen, Grad der Wahrscheinlichkeit und dem ganzen Chi-Chi. Danach bekam ich das nächste Wald- und Wiesen Attest, was aber zumindest mal eine Diagnose enthielt. Gaaaaaanz schlimme Sachen! Sowas wie Durchfall, Husten und natürlich die viel gelobten Depressionen, die schlagartig bei Übersendung der Räumungsbenachrichtigung einsetzten....Der Herr Schuldneranwalt meint jetzt bereits zum wiederholten Male, wenn mir das Attest nicht reicht, solle ich doch ein amtsärztliches Attest einholen. Hmmmm?? Wieso ich? Mich würde mal interessieren, wie ihr soetwas handhabt. Habe mich eigentlich auf den Standpunkt gestellt, dass ist kein FGG Verfahren und die Schuldnerin müsse schon entsprechende Atteste vorlegen. Hier liegen ja auch nun welche vor...nur Sittenwidrigkeit ist weit und breit nicht zu sehen. Ist es denn jetzt meine Aufgabe als Vollstreckungsgericht einen Amtsarzt zu beauftragen oder kann die Schuldnerin da nicht auch von sich aus hingehen? Davon mal ganz abgesehen, dass ich im vorliegenden Fall kein weiteres Attest von einem Amtsarzt brauche, würde mich die Sache mal ganz grundsätzlich interessieren. Hat allein der Schuldner die Beibringungspflicht?

  • Habe ich mal erschienen, diesen Thread nochmal "aufzuwärmen" denn er passt ganz gut zu meiner Frage:
    Ich habe einen Antrag auf Räumungsschutz nach § 765 a ZPO. Die Vollstreckung wird aus einem Zuschlagsbeschluss betrieben. Die Schuldnerseite reicht mir zunächst so ein Wald- und Wiesen Attest ein, es ginge ihr gerade nicht so gut, und deshalb ist's mal schlecht mit Räumung; möge der Gläubiger in 6 Monaten noch mal nachfragen. Meine Zwischenverfügung war dann recht deutlich und vor allem wollte ich ein anständiges Attest mit Diagnose, Auswirkungen, Grad der Wahrscheinlichkeit und dem ganzen Chi-Chi. Danach bekam ich das nächste Wald- und Wiesen Attest, was aber zumindest mal eine Diagnose enthielt. Gaaaaaanz schlimme Sachen! Sowas wie Durchfall, Husten und natürlich die viel gelobten Depressionen, die schlagartig bei Übersendung der Räumungsbenachrichtigung einsetzten....Der Herr Schuldneranwalt meint jetzt bereits zum wiederholten Male, wenn mir das Attest nicht reicht, solle ich doch ein amtsärztliches Attest einholen. Hmmmm?? Wieso ich? Mich würde mal interessieren, wie ihr soetwas handhabt. Habe mich eigentlich auf den Standpunkt gestellt, dass ist kein FGG Verfahren und die Schuldnerin müsse schon entsprechende Atteste vorlegen. Hier liegen ja auch nun welche vor...nur Sittenwidrigkeit ist weit und breit nicht zu sehen. Ist es denn jetzt meine Aufgabe als Vollstreckungsgericht einen Amtsarzt zu beauftragen oder kann die Schuldnerin da nicht auch von sich aus hingehen? Davon mal ganz abgesehen, dass ich im vorliegenden Fall kein weiteres Attest von einem Amtsarzt brauche, würde mich die Sache mal ganz grundsätzlich interessieren. Hat allein der Schuldner die Beibringungspflicht?


    Der Sch will was besonderes, also muß er auch entsprechende Urkunden vorlegen. Macht er das nicht, kann er gegen den Zurückweisungsbeschluß ja Rechtsmittel einlegen.
    "Jede Zwangsvollstreckungsmaßnahme stellt eine Härte für den Sch dar" (unbekannt))

  • Du kannst dem Schuldner aufgeben, binnen einer bestimmten Frist ein amtsärztliches Gutachten vorzulegen. Auf seine eigenen Kosten, denn Auftraggeber ist der Schuldner selber.

    Oft macht man sich das Leben schwer, obwohl es gar nicht nötig wär. ;)

  • In solchen Fällen, in denen der Schuldner angibt, seine Gesundheit würde eine Räumung nicht zulassen und es ist meiner Ansicht nach nicht gerade weltbewegend, habe ich immer zurück gewiesen mit der maßgabe, dass der Gläubiger dafür sorgen muss, dass bei der Räumung ein Arzt anwesend sein muss. Hat bis jetzt immer funktioniert...

  • Durch die verfassungsgerichtlich geforderte peinlichst genaue Sachverhaltsaufklärung besteht zumindest eine Tendenz zum FGG-Verfahren. Der Schuldner hat aber auch eine erhebliche Mitwirkungspflicht, man sollte also das übliche Auflagenpaket loslassen (Nachweis Zahlung, Bemühen um Ersatzwohnraum, fachärztliche Attestierung, Therapie, Mitteilung eines zur Unterstützung vorhandenen sozialen Umfeldes, etc.) und dadurch seiner Pflicht zur Ermittlungsarbeit nachkommen.
    Ist denn überhaupt eine Kausalität zwischen drohender Vollstreckung und Gesundheitsrisiko attestiert?
    Wird der Amtsarzt nicht nur auf behördliches Ersuchen hin tätig? Eventuell erhält man über eine Eilbetreuung (die mir hier aber eher unnötig erscheint, wenn dann aber auch Unterbingung nach PsychKG nebst Belehrung anregen) auch zügig ein amtsärztliches Gutachten.

    Nicht vergessen sollte man im Rahmen dieser ausnahmsweise nötigen Ermittlung von Amts wegen auch, dass der Grundsatz eines fairen Verfahrens nur noch zu wahren ist, wenn gleichzeitig geprüft wird, was zu Gunsten des Gläubigers sprechen könnte (also z. B. Zahlungsrückstände aus dem Erkenntnisverfahren sowie hinsichtlich laufender Nutzungsentschädigung, keine Chance zur Kostenminimierung per Vermieterpfandrecht, also hoher Kostenvorschuss an Gerichtsvollzieher, eigene Kreditfinanzierung zum Hauskauf, eventuell drohende eigene Pflicht zum Schadensersatz wegen bereits gekündigten Mietverhältnisses.

  • Also im konkreten Fall spreche ich mal eine deutliche Sprache: Die Räumung erfolgt aus einem Zuschlagsbeschluss. Hier will jemand das Verfahren in die Länge ziehen, weil man sich mit dem Verlust der Eigentumswohnung nicht so recht abfinden kann. Mietrückstände bestehen natürlich nicht.
    Das Attest sagt wörtlich: aus ärztlicher Sicht kann die Schuldnerin nicht umziehen und keinen neuen Wohnraum suchen. Dazu dann noch eine Diagnose, die aber keine wirklich schwerwiegenden Erkrankungen aufzählt. Reicht natürlich nicht für einen Räumungsschutz. Dazu der Antrag, bitte mal für 6 Monate ohne Auflagen einzustellen. Das ist ja noch das Beste dabei! Wie gesagt, ich tu mich nicht schwer, das zurückzuweisen, bin nur unsicher inwieweit hier meine Aufklärungspflicht geht. Ich habe ja nicht mal begründeten Verdacht für einen sittenwidrige Härte, da die bereits eingereichten Atteste (übrigens lediglich vom Allgemeinmediziner) ja auch nicht wirklich etwas erkennen lassen. Nun ist bis zum Räumungstermin noch ein wenig Zeit, so dass ich nicht auf der Stelle entscheiden müsste. Aber irgendwie finde ich den Antrag entscheidungsreif. Möchte nur nicht, dass es dann heißt, ich hätte mal noch dieses oder jenes veranlassen müssen...

  • Das hängt dann aber auch von der Cleverness des Anwalts und der Beschwerdekammer ab. Wenn die pedantisch, ängstlich oder sehr führsorglich eingestellt ist, dann fängt man sich in jedem Fall den Elfmeter. Teilweise bestimmt auch zu Recht. Es hängt eben vom Einzelfall ab. Die Gefahr, durch Instrumentalisierung oder Inszenierung gesundheitlicher Risiken gehört aber einfach zum Geschäft.
    Die Depressionsgeschichte kann man natürlich als Aufhänger nehmen, um weiter zu ermitteln. Das kann ja durchaus auch probates Mittel sein, um unliebsame juristische Lösungen zu umschiffen.
    Ich selbst habe gerade einen Beschluss im Beschwerdeverfahren (einziger Härte: Bilanzsuizid) und das Landgericht hat auch auf die Bremse getreten, um dem Betreuer Zeit fürs geruhsame Umziehen zu verschaffen. Ich bin schon gespannt, wie die Gutachten so lauten werden, aber nachdem ich die Einstellungsentscheidung gelesen habe ahne ich es...

  • Der Amtsarzt hier im Gerichtsbezirk macht keine Untersuchungen nur auf Antrag des Schuldners (zumindest nicht so kurzfristig wie nötig). Ich mache in diesen Fällen eine Zwischenverfügung, aus der ersichtlich ist, dass der Schuldner einen Termin beim Amtsarzt ausmachen muss und ein Attest bis ... vorlegen muss. So wird der Amtsarzt schnell tätig.
    Kosten trägt natürlich der Schuldner!

    Außerdem mache ich, falls doch mal bewilligt wird, entsprechende Auflagen. Regelmäßige Therapienachweise und Zahlungsnachweise sind da sehr beliebt!

  • Der Amtsarzt hier im Gerichtsbezirk macht keine Untersuchungen nur auf Antrag des Schuldners (zumindest nicht so kurzfristig wie nötig). Ich mache in diesen Fällen eine Zwischenverfügung, aus der ersichtlich ist, dass der Schuldner einen Termin beim Amtsarzt ausmachen muss und ein Attest bis ... vorlegen muss. So wird der Amtsarzt schnell tätig.
    Kosten trägt natürlich der Schuldner!

    Außerdem mache ich, falls doch mal bewilligt wird, entsprechende Auflagen. Regelmäßige Therapienachweise und Zahlungsnachweise sind da sehr beliebt!



    allein schon der Hinweis, man würde die Sache an das Vormundschaftsgericht abgeben, macht die Leutz vorsichtiger.
    P.S. Unter Sch ist das AG Hamburg-Georgianien als recht hart bekannt

  • Ich habe noch überhaupt nie Räumungsschutz gewährt, blos weil jemand ein Attest vorgelegt hat aus dem sich dann was auch immer für eine angebliche Krankheit ergeben hat, auch nicht wenn dort von Suizidgefahr die Rede war (hatte ich nur einmal vor Jahren, die Schnecke lebt immer noch ;) halt nicht mehr in ihrem Ex-Haus) . . . ;)

    Hier gibt's Räumungsschutz bei einem zulässigen Antrag (Frist) nur wenn neuer Originalmietvertrag vorgelegt wird, Beginn Mietverhältniss 01.01.2008 oder 01.12.2007 und Räumungstermin etwa 15.11.2007 und wenn gleichzeitig die für den beantragten Zeitraum zu zahlenden Nutzungsentschädigungen - etwa durch Hinterlegung des ursprünglichen Mietbetrages, ggf. anteilig - sichergestellt wurden . . . so dass kein weiterer Schaden für den Räumungsgläubiger entsteht :)

    :pff:aber niemals wegen angeblichen und leicht zu attestierenden Krankheiten . . . alles Schauspielerei und Zeitschinderei . . . :pff:

  • Hier gibt's Räumungsschutz bei einem zulässigen Antrag (Frist) nur wenn (...) aber niemals wegen angeblichen und leicht zu attestierenden Krankheiten . . . alles Schauspielerei und Zeitschinderei . . . :pff:



    Ich bin ja immer wieder erstaunt, was für naive Plattheiten man so von sich geben kann.
    Und eine derart reaktionär-verfassungswidrige Entscheidungspraxis nimmt Eure Anwaltschaft hin? Vermutlich nicht, aber in der Provinz scheint die Welt schon mit Blick auf Fallzahlen noch in Ordnung zu sein. Als SZ-Leser möchte ich nur kurz darauf hinweisen, dass selbst in Bayern von Zeit zu Zeit Räumungsschuldner Suizidversuche unternehmen.
    Ich kann Dir nur wünschen, dass die normative Kraft des Faktischen Dir nie den Schlaf rauben wird, weil Du jemanden nicht angemessen gewürdigt hast...

  • Deswegen lasse ich mir ein amtsärztliches Attest vorlegen. Zurückweisen kann ich dann immer noch, wenn das Attest einen 765a nicht rechtfertigt. Diejenigen, die es nicht wirklich ernst meinen, schrecken schon ab und bringen ohnehin kein Attest.

    Bei Bewilligung ist die Therapie, die regelmäßig nachzuweisen ist, auch optimal (der Schuldner ist krank und braucht Hilfe, und es soll sich ja in absehbarer Zeit was verbessern...).

    Meine Kollegin hat vor ca. 3 Wochen einen Räumungschutz wg. Suizid abgewiesen (pauschal wie meistens...), eine Bevollmächtigte hat nun Beschwerde eingelegt, nachdem der gute Mann jetzt auf der Intensivstation liegt...

  • Ich meinte in meinem früheren Beitrag die Kosten des amtsärztlichen Attests, nicht evtl. Gerichtskosten. Diese Kosten entstehen, für den beizubringenden Nachweis (den er ja auch schon vor dem Antrag nach 765a haben könnte) und fallen nicht unter die PKH.
    Also: PKH wenn Erfolgsaussicht und Finanzen ok -> ja

  • Ich halte Kosten eines amtsärztlichen (nicht solche eines fachärztlichen) für absolut notwendige Auslagen, die ja auch gerade aus dem Willen des Gerichts zur Beweiserhebung erst entstehen.
    Alles andere würde schließlich zu einer Zurückweisung auf kalten Weg führen: Verlangen, dass man Beweise erbringt, die der Schuldner ob seiner Situation als illiquider Schuldner aller Wahrscheinlichkeit gerade nicht erbringen kann ist m. E. eine zwar effektive, aber eben auch unfaire Verfahrensgestaltung.
    Erfolgsaussichten lassen sich natürlich erst zum Zeitpunkt der Abwägeentscheidung treffen. Die ist ermessensfehlerfrei nur nach gründlicher Sachverhaltsaufklärung (also mit Vorliegen eines zumindest fachärztlichen Attests) denkbar. Eine vorläufige abstrakte Rechtsgüterabwägung wird im Stadium der Beweiserhebung wohl fast immer eine mögliche Erfolgsaussicht bejahen müssen.
    Überzeichne gedacht könnten ansonsten Kosten einer von Anfang an unnötigen Beweiserhebung ja sogar Regresspflichten auslösen.

    Auch das Kostenproblem begründet aus meiner Sicht deswegen sehr gut, erstinstanzlich auf ein amtsärztliches Gutachten zu verzichten.

  • Hier gibt's Räumungsschutz bei einem zulässigen Antrag (Frist) nur wenn (...) aber niemals wegen angeblichen und leicht zu attestierenden Krankheiten . . . alles Schauspielerei und Zeitschinderei . . . :pff:



    Ich bin ja immer wieder erstaunt, was für naive Plattheiten man so von sich geben kann.



    Wenn Du meinst . . . aber wenn man mit den hier auf der RAST sehr wenigen (kleines AG) Antragstellern redet, bekommt man oft rasch heraus, dass es sich mit der angeblichen Suizidgefahr (bisher immer) um eine reine Schutzbehauptung handelte, und wie gesagt, ich hatte genau einen Fall (nach Aussage des GV war das Haus nicht mehr bewohnbar, da völlig zugemüllt, wollte hier aber nicht den ganzen SV reinschreiben) bzw. Antrag, den zweiten habe ich gar nicht erst aufgenommen . . .

    . . . da kam ein junger Mann mit seiner hübschen jungen Freundin und einem Säugling auf dem Arm in die RAST spaziert und fängt an was von Räumungsschutz und Suizidgefahr zu stammeln . . .

    . . . weder war hier bereits eine Räumung anberaumt noch hatte der junge Mann vor sich auch nur das geringste anzutun, wie er am Schluß zugab, er hätte aber in den Medien aufgeschnappt . . . und so weiter . . .

    . . . also was soll ich dann davon halten :gruebel: aber bitte nochmal, in 8 Jahren RAST waren es nur diese zwei Fälle mit angeblicher Suizidgefahr . . . mehr nicht :)

    wenn das bei Dir naive Plattheiten sind, dann bitteschön, nach meiner Auffassung aber nicht solche von mir sondern von den beiden Antragstellern damals :)

  • Ist eben alles nicht so einfach. Aber das persönliche Kennenlernen des Schuldners auf der RAST erleichtert mir auch oft die Entscheidung! Vor allem direktes unerwartes Nachbohren..."ähm"...

    Habe oben wohl zu pauschal geschrieben...ich fordere natürlich nicht in jedem Verfahren das amtsärztliche Attest, sondern nur, wenn kein anderes aussagekräftiges Attest vorgelegt wird und die Situation nicht eindeutig ist.

    Außerdem kommt es zusätzlich natürlich immer auf die weiteren Umstände an wie bisherige Bemühungen, Nutzungsentschädigungen.... an.

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