Versagung RSB bei Unterhaltsschuldner

  • Guten Abend!

    Ich bin ein absoluter InsO-Frischling, also bitte ich gleich vorweg um Geduld. :oops:

    Mein Problem ist folgendes:
    Wir hatten gegen den Kindesvater vollstreckt. Vor 2 Jahren hat er Verbraucherinsolvenz beantragt. Inzwischen befindet er sich in seiner hart erarbeiteten Wohlverhaltensphase. Der Treuhänder meinte es würde auch nach den 6 Jahren bei einer "Null-Runde" bleiben. :heul:

    Mir ist klar, dass nun sämtliche bis zur Verfahrenseröffnung aufgelaufenen Unterhaltsrückstände in die InsO-Masse gefallen sind. Aber für alle danach fälligen Unterhaltsansprüche gilt die InsO ja nicht mehr - bin Neugläubiger!!! :karnevali

    Die ZV wurde nicht aufgehoben. Gem. § 89 InsO darf ich wegen der regelmäßig neu entstehenden Forderungen weitervollstrecken und das mach ich auch fleißig. :schreiben Nun ist es aber so, dass durch die Pfändung nicht alle monatlichen Unterhaltsansprüche abgedeckt werden. Vielmehr laufen jeden Monat ca. 200,00 EUR UH-Rückstand auf.

    Jetzt würde ich dem Schuldner am liebsten schreiben, er soll den Rest schön brav monatlich selbst zahlen, da ihm sonst eine Versagung der Restschuldbefreiung - zumindest wegen unserer Ansprüche - droht. Allerdings befürchte ich, dass mir der Gesetzgeber da einen Strich durch die Rechnung macht. :teufel:

    Wenn ich die §§ 290, 295 ff InsO richtig verstanden habe, kann ich aber trotz der Neuverschuldung des Schuldners keine RSB wegen der seinerzeit in die Insolvenz angemeldeten UH-Rückstände von gut 22.000,00 EUR beantragen. Oder habe ich doch noch eine Chance??? :idee:

    Wenn ich schon nicht mehr an die zur InsO angemeldeten Ansprüche komme, möchte ich wenigstens, dass er mir den laufenden UH komplett zahlt und nicht nur den sich aus der Pfändung ergebenden Betrag. :wall:

    Es wäre wirklich furchtbar nett, wenn mir jemand aus der Klemme helfen könnte.
    :blumen:

    Liebe Grüße
    Tohato

  • Ich denke, du siehst die Rechtslage schon völlig richtig. Neben der Unterhaltspfändung läuft wohl nix.

    Wovon soll der Schuldner die 200 EUR auch nehmen?

    Achja: Herzlich willkommen!

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Sehe ich genauso! Das Wundermittel ist immer die Anzeige wegen Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 StGB), geht die durch, oder ginge durch, zahlt der Schuldner oft freiwillig, um die Straftat ( § 302 insO) zu vermeiden. Machen viele Jugendämter bei UVG Ansprüchen. Geht die Anzeige durch oder hat Erfolgsaussichten oder erfolgt die Einstellung unter der Auflage der Zahlung, wird die UH meistens beglichen -und ich glaube, auch für Rückstände. Ausnahmsweise.


    Alllerdings sehe ich da bei dir auch keine Chancen, da der Schuldner ja zahlt (bzw. die Pfändung läuft) und er auch nicht mehr zum zahlen hat. Eine Unterhaltsverletzung ist also nicht vorhanden.
    :oops:

  • :zustimm: ...mit einer kleinen Ergänzung für Sadisten:

    Bei einer strafrechtlichen Verurteilung wegen einer Unterhaltspflichtverletzung wird in aller Regel keine Geld-, sondern eine Freiheitsstrafe angeordnet (da Geldstrafe ja kontraproduktiv für den geschädigten Unterhaltsgläubiger wäre). Wenn es - evtl. wegen Wiederholungen - nicht mehr bei der Bewährungsstrafe bleiben sollte, kriegt der Schuldner Zwangsurlaub. Er kann dann - zumindest in dieser Zeit - seiner Erwerbsobliegenheit nicht nachkommen, was einen Versagungsantrag nach § 295 I Nr. 1 rechtfertigen könnte.:teufel:

  • Auch ein in Haft befindlicher Schuldner kann Restschuldbefreiung erlangen. Sie darf nicht mit der Begründung versagt werden, der Schuldner könne während der Wohlverhaltensperiode keine Erwerbstätigkeit ausüben.

    Landfermann in: Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl. 2006, § 290 Rn 1;

    a.A. LG Hannover, 12.02.2002, 20 T 2225/01-80-

  • Noch ein weiterer Gedanke, wenn Du vor Eröffnung bereits gepfändet hattest und laufend weitere Rückstände entstehen:

    Die Pfändung ist hinsichtlich der gewöhnlichen Pfandbereichs unwirksam geworden (§ 114 Abs. 3 InsO in Verbindung mit § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO).

    Wenn nun das Verfahren aufgehoben wird und die WVP beginnt erhält der TH die möglicherweise pfändbaren Beträge nach § 850c ZPO (wenn überhaupt was pfändbar ist). Die Pfändung bleibt also nur hinsichtlich des erweiterten Pfandbereichs bestehen und erfasst den normalen pfändbaren Betrag auch nach der Laufzeit der Abtretung nicht mehr.

    Wenn also irgendwann die Aussicht mal bestehen sollte, dass pfändbare Beträge nach der Tabelle anfallen, dann musst Du nach der Aufhebung des Verfahrens neu pfänden, damit auch der gewöhnliche Pfandbereich nach dem Ende der WVP zur Verfügung steht.

  • Ein Schuldner, der einsitzt, bekommt bei mir keine Stundung mehr. Ich habe mal eine andere Ansicht vertreten, aber das Unvermögen eines Häftlings seiner Erwerbsobliegenheit nachzukommen hat dieser schuldhaft herbeigeführt.
    Bislang wurden diese meine Entscheidungen über Stundung nicht angefochten.
    Über Versagung RSB war dabei noch nicht zu befinden.

  • Hallo zusammen!
    Vielen Dank für die schnellen Antworten und die guten Ideen. :2danke

    Ich scheine zwar momentan keine rechtliche Handhabe zu haben, aber ich hab den Schuldner jetzt trotzdem mal angeschrieben und ihn auf den Rückstand aufmerksam gemacht. Vielleicht habe ich ja Glück und er zahlt freiwillig Raten auf den UH-Rückstand. Ansonsten müsste ich halt die WVP abwarten. Als Neugläubiger dürften mir ja dann beim "schuldenfreien Schuldner" alle Türen offen stehen. :troest:


    Leider Gottes beantragen ja immer mehr Leute InsO! Da kommt wohl keiner mehr drum herum. :aufgeb: Kennt vielleicht jemand ein gutes Fachbuch zu dem Thema, das er empfehlen könnte??? Wäre super, wenn es nicht nur allgemeine Infos zum Verfahren sondern auch Tipps, Tricks und Kniffe beinhalten würde. :lesen:
    (Gibt es so etwas überhaupt???)

    Ich wünsche noch einen schönen Abend.
    Liebe Grüße aus dem heute mal verschneiten Füssen.
    Tohato

  • Warum willst Du die WVP abwarten. Als Neugläubiger kannst Du auch in der WVP vollstrecken. Das gilt auch für das Vermögen, das von der Abtretung an den TH erfasst ist. Allerdings geht die Abtretung für die Dauer der WVP vor. Aber rangwahrend wäre es schon, nicht dass ein anderer Neugläubiger schneller ist.

  • Warum willst Du die WVP abwarten. Als Neugläubiger kannst Du auch in der WVP vollstrecken. Das gilt auch für das Vermögen, das von der Abtretung an den TH erfasst ist. Allerdings geht die Abtretung für die Dauer der WVP vor. Aber rangwahrend wäre es schon, nicht dass ein anderer Neugläubiger schneller ist.



    :nzfass: *das geht??!!*
    Hört sich ja gut an. Da werd ich doch gleich mal sämtliche Bücher bei uns durchwälzen und es versuchen. :akten

    Vielen Dank! :blumen:
    Tohato

  • Aus Präsenzkommentar:

    Neugläubiger können - wie auch schon im laufenden Insolvenzverfahren - unbeschränkt - mit Ausnahme der an den Treuhänder abgetretenen Bezüge (§ 287 Abs. 2 InsO) - in das Vermögen vollstrecken. Bei nicht selbstständig tätigen Schuldnern bestehen kaum Erfolgsaussichten. Gegebenenfalls kann eine Vollstreckung in den Selbstbehalt des Schuldners gem. § 292 Abs. 1 Satz 4 InsO Erfolg haben. Neugläubiger müssen das Ende der Wohlverhaltensperiode abwarten und konkurrieren dann ggf. mit Altgläubigern, denen von der Restschuldbefreiung ausgenommene Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zustehen (§ 302 Nr. 1 InsO). Nicht gehindert sind Neugläubiger an der Titulierung der Forderung.

  • Da Neugläubigern in der WVP die Vollstreckung auch in die an den TH abgetretenen Teile des Einkommens nicht verboten (wie Insolvenzgläubigern nach § 294 Abs. 1 InsO) ist, halte ich die Ausführungen in dem Kommentar für irreführend. Der Vollstreckung in die Bezüge geht zwar die Abtretung an den TH vor, aber rangwahrend kann der Neugläubiger auf jeden Fall vollstrecken und muss dann nur warten bis die Laufzeit der Abtretung beendet ist.

    § 89 Abs. 2 Satz 1 InsO verbietet den Neugläubigern lediglich die Vollstreckung während der Dauer des Verfahrens.

  • Da Neugläubigern in der WVP die Vollstreckung auch in die an den TH abgetretenen Teile des Einkommens nicht verboten (wie Insolvenzgläubigern nach § 294 Abs. 1 InsO) ist, halte ich die Ausführungen in dem Kommentar für irreführend. Der Vollstreckung in die Bezüge geht zwar die Abtretung an den TH vor, aber rangwahrend kann der Neugläubiger auf jeden Fall vollstrecken und muss dann nur warten bis die Laufzeit der Abtretung beendet ist.

    § 89 Abs. 2 Satz 1 InsO verbietet den Neugläubigern lediglich die Vollstreckung während der Dauer des Verfahrens.



    So sind die Kommentare eben, wenn sie nicht überzeugen können, dann verwirren sie einen eben. :D

  • Ich beschäftige mich auch mit Unterhaltsschuldnern. Und diskutieren des öfteren mit den zuständigen Heranziehungsbehörden.
    diese gehen in den letzten Jahren dazu über vuuH zu beantragen. Begründung: der Schuldnern wußte das er leisten mußte und ein Familienrichter hat die Unterhaltshöhe festgestellt. (
    Es wird - widerlegbar - vermutet, dass, wer titulierten Unterhalt nicht gezahlt hat, dies voller Absicht nicht getan, dies also voller Absicht unterlassen, sich absichtlich der Erfüllung der Unterhaltspflicht entzogen hat.
    OLG Düsseldorf, Beschluß vom 17.10.2006 - AZ II-3WF 192/06 (AG Emmerich am Rhein 5 F 65/06, PKH-Beschwerde))
    Wenn also Unterhalt gepfändet wird, diese Pfändung aber nicht ausreicht den laufenden Unterhalt zu decken wird von den Unterhaltsbehörden versucht VuuH anzumelden. Die Argumentation dagegen ist natürlich, wenn er leistungsfähiger wäre könnte mehr gepfändet werden.
    Dazu ein aktuelles Urteil vom LG Aschaffenburg 4 Zivilkammer, Beschluss vom 16.04.07 -4 T 191/06 "Die Höhe des einem Unterhaltsschuldner pfandfrei zu belassenden Erwerbseinkommens bemisst sich nach den Vorschriften zur Berechnung de Arbeitslosengeldes II (SGB II)

    Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht hinsichtlich VuuH und Unterhaltsschulden??

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