Verwirkung eines Titels

  • Hallo Leute!

    Ich muss das Problem noch mal aufgreifen.

    Meine Vollstreckungsschuldnerin (vollstreckt wird Unterhalt) wendet die Verwirkung ein.

    Ich bin von einer materiellen Einwendung ausgegangen (wie bei der Verjährung auch) und hab es an das Prozessgericht gegeben als Vollstreckungsabwehrklage.

    Dort wurde bereits die PKH mangels Erfolgsaussichten abgelehnt mit der Begründung, dass die Schuldnerin die Vollsteckung mit vollsteckungsrechtlichen Rechtsbehelfen abwenden muss. Diese sind bei dem Vollstreckungsgericht geltend zu machen. Das Rechtsschutzziel kann mit dem falschen Antrag nicht erreicht werden.

    Soll es sich etwa doch um eine formellrechtliche Einwendung handeln? Muss ich als Vollstreckungsrechtspfleger echt über ne Verwirkung entscheiden?

  • Soll es sich etwa doch um eine formellrechtliche Einwendung handeln? Muss ich als Vollstreckungsrechtspfleger echt über ne Verwirkung entscheiden?



    Nein, Dein erster Gedanke war schon richtig. Ich habe zwar keinen aktuellen ZPO-Kommentar zur Hand, aber schon in der 14. Aufl. hieß es bei Zöller/Schneider zum § 767 (Vollstreckungsabwehrklage) (Rn 12): Gründe, auf denen die Einwendung beruhen kann: Verwirkung ...
    Zuständig für solche Einwendungen ist gem. § 767 Abs. 1 ZPO das Prozessgericht des ersten Rechtszugs.

    (Ich gehe aber davon aus, dass die Schuldnerin nicht den Begriff "Verwirkung" verwendet, aber im Sachvortrag dazu ganz andere Dinge vorträgt.)

  • Im Gegensatz zur Einrede der Verjährung, ist die Verwirkung ein Einwand der jederzeit von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Das mal kurz vorneweg.
    Ich bin allerdings der Auffassung, dass es im Zwangsvollstreckungsverfahren aufgrund des systembedingten Aufbaus nicht möglich ist eine Verwirkung zu prüfen insbesondere im Hinblick darauf, dass der Rechtspfleger/GV gerade nicht das bestehen der titulierten Forderung zu prüfen hat. Es bleibt daher m.M.n. bei der Vollstreckungsabwehrklage.
    Das diese zulässig ist zeigt z.B. folgendes urteil:

    OLG Hamburg 2001-05-11, 12 UF 114/00 FamRZ 2002, 327 Verwirkung titulierter Unterhaltsansprüche



  • (Ich gehe aber davon aus, dass die Schuldnerin nicht den Begriff "Verwirkung" verwendet, aber im Sachvortrag dazu ganz andere Dinge vorträgt.)

    Doch sie hat direkt "Verwirkung" geschrieben und die auch gemeint. Begründung passt dazu.

    Aber da find ich den Beschluss von unserem Fam.gericht schon komisch. Da es sich um einen Unterhaltstitel gehandelt hat, sind die ja auch das Prozessgericht des 1. Rechtszugs. Und dann so'ne Begründung?

  • Aber da find ich den Beschluss von unserem Fam.gericht schon komisch. ... Und dann so'ne Begründung?



    Nun ... auch Richter sind nicht vollkommen.

    Beispiel aus meinem Bereich:
    Einen Richter, der mich – seinerzeit noch Berufsanfänger – vor Jahren hinsichtlich der Voraussetzungen für eine einstweilige Verfügung wie einen Schuljungen belehrt hatte, ist z.B. von mir vor ca. 3 Jahren hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit bezüglich eines Antrags nach § 769 ZPO belehrt worden. Er wollte mir (Vollstreckungsgericht) den Antrag wieder zuschieben, obwohl längst er (Prozessgericht) befasst war. Die Rechtslage hierzu entsprach eindeutig meiner Auffassung. Er war halt im Vollstreckungsrecht nicht ganz so fit, wie in seinem Hauptdezernat. Das Ganze lief aber nicht als Retourkutsche sondern als knappe, sachliche Verfügung.

    Ich würde an Deiner Stelle persönlich mit dem Familiengericht Verbindung aufnehmen. Vielleicht hat – wider Erwarten – der Richter/die Richterin ja eine Kommentarstelle oder Rechtsprechung zur Hand, die wir alle nicht kennen ...

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