Anrechnung bei Honorarvereinbarung

  • Hallo zusammen!
    Beim voll obsiegenden Beklagten habe ich dessen Vertreter bzgl. seines Kostenfestsetzungsantrages um Mitteilung gebeten, ob eine Geschäftsgebühr angefallen ist zwecks Anrechnung.
    Dieser teilte nun mit, dass er mit seinem Mandanten vorgerichtlich auf Grund einer Honorarvereinbarung nur einen Betrag von 300,00 € abgerechnet hat.
    Er führt aus, dass deshalb keine Geschäftsgebühr entstanden ist und somit keine Anrechnung zu erfolgen hat, G/S, 2300,2301 VV RVG Rn 38 wird dabei zitiert.
    Dort steht aber nur, dass keine Anrechnung zu erfolgen hat, wenn ein über dem gesetzlichen Anspruch liegendes Honorar verinbart wurde.
    Würdet ihr in diesem Fall die Hälfte, also 150 € anrechnen oder nicht?

  • Ich schon. :teufel: Enders hätte auch eine fiktive Gebühr angerechnet. Aber jetzt kommen gleich die entrüsteten Aufschreie der Nicht-Anrechner ;)

    Los geht`s. :D

    Und unter dem Aspekt, das § 15a RVG irgendwo verschwunden ist, wird es wohl auch für den obsiegenden Beklagten bei der Anrechnungsvorschrift bleiben - sagt jedenfalls der BGH. :nixweiss:

  • Würdet ihr in diesem Fall die Hälfte, also 150 € anrechnen oder nicht?


    Das haben wir hier schon mehrfach, mit Nachweisen aus aktueller Rechtsprechung (keine Anrechung: KG 2 W 228/08; OLG Stuttgart 8 WF 32/09 - unter ausdrücklicher Aufgabe bisheriger Rechtsprechung; OLG Bremen 2 W 13/09; OLG Frankfurt/M. AGS 2009, 157 = AnwBl 2009, 310), diskutiert. Der Trend geht erfreulicherweise dahin, eine Geschäftsgebühr, die nie entstanden ist, auch nicht anzurechnen.

  • Der Trend geht erfreulicherweise dahin, eine Geschäftsgebühr, die nie entstanden ist, auch nicht anzurechnen.


    Erfreulich, dass sich die Rechtsprechung noch besonnen hat und diesen Trend nunmehr befürwortet. Man stelle sich vor, nie Entstandenes anzurechnen. Unlogischer geht es wohl nicht mehr. Eigentlich schon unverständlich, dass solch ein Gedanke überhaupt aufgekommen ist. Na ja, ich als Nicht-Anrechner... :sagnix:

  • Vielen Dank, KoMa!:daumenrau
    Hab für meinen KFB die Entscheidung des OLG Stuttgart genommen.
    Da passt sogar der Betrag wie in meinem FAll mit den 300,00 €.

  • Los geht`s. :D


    Und schon wieder vorbei.... :teufel: :teufel:


    Zum Glück...

  • :pff: Überzeugend finde ich das bislang nicht. Ich bin immer noch der Meinung, dass eine Honorarvereinbarung nicht zum Nachteil des Gegners wirken kann. Vom Gegenteil hat mich bislang noch niemand wirklich argumentativ überzeugt.

  • Ich muss hier noch mal weiter stänkern:

    Wenn Anwalt mit seinem Mandanten eine Honorarvereinbarung macht und ihr das Entstehen der GG aus diesem Grunde verneint, klagt ihr dann auch keinen vorgerichtlichen Schadensersatz ein? Könnte man nicht eine fiktive Geschäftsgebühr als Schadensersatz einklagen, auch wenn man eine höhere Vergütung vereinbart hat?

    "Betrügt" ihr eure Mandanten damit nicht um einen Erstattungsanspruch, wenn ihr davon ausgeht, dass die GG wegen der Honorarvereinbarung gar nicht entsteht und damit auch nicht anrechnungspflichtig wird im Verhältnis zum Gegner?

    Eigentlich müsste man dem Mandanten erklären - wie auch bei den Gebühren für das streitige Verfahren - dass die vereinbarten Gebühren höher sind als die gesetzlichen, aber in Höhe der fiktiven GG (Höhe je nach Angemessenheit) einklagbar ist.

    Irgendwie kann ich eure Argumentation nicht verstehen. Ihr versenkt einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten.

    Oder seht ihr zufällig die fiktive GG nur dann als nicht entstanden an, wenn ihr den Beklagten vertretet?

  • Das sehe ich ganz und gar nicht so.
    Es scheitert doch hier schon schlicht am Begriff, nämlich, dass eine Honorarvereinbarung gerade keine GG darstellt und des eine zur Anrechnung geeignete GG auch nicht vorhanden ist. Es handelt sich begrifflich schlicht um 2 verschiedene Paar Schuhe.

    Deshalb kann man auch nicht von "Betrug" ausgehen. Die Gerichte haben ja z.T. den Aspekt der Honorarvereinbarung unter der Prämisse, die Anrechnung "hinterfotzig" zu umgehen, beleuchtet - und jeweils nichts feststellen können. Daran wird man sich orientieren müssen, auch wenn man die wahren Hintergedanken natürlich letztlich nicht wird aufdecken können.

  • Ich meinte ja auch nicht wirklich "Betrug" im herkömmlichen Sinne, sondern dahingehend, dass dem Mandanten möglicherweise ein Erstattungsanspruch (nämlich der in Höhe der Hälfte der angemessenen fiktiven Geschäftsgebühr) entgeht.

    Dann bekommt der Kläger zwar u. U. seine volle VerfG erstattet im Festsetzungsverfahren, aber die Hälfte der fikitven Geschäftsgebühr nicht - obgleich er sie meines Erachtens als Schadensersatzanspruch hätte klagweise geltend machen können. Wenn der eigene RA aber ausschließt, dass diese überhaupt entsteht, kann er sie selbstredend nicht einklagen und kürzt damit den Schadensersatzanspruch des eigenen Mandanten.

    Normalerweise würde er ja - wenn denn keine Honorarvereinbarung geschlosse wäre - die voll GG nebst Ausl. und USt klageweise geltend machen und die "gekürzte" VerfG im Festsetzungsverfahren auch noch "durch kriegen".

  • Diese Auswirkungen hat der Gesetzgeber entweder in Kauf genommen oder möglicherweise auch gar nicht gesehen... :teufel:
    Wäre es anders gewollt gewesen, hätte auch bzgl. der Honorarvereinbarung eine Anrechnungsbestimmung vorgelegen.

  • Dann bekommt der Kläger zwar u. U. seine volle VerfG erstattet im Festsetzungsverfahren, aber die Hälfte der fikitven Geschäftsgebühr nicht - obgleich er sie meines Erachtens als Schadensersatzanspruch hätte klagweise geltend machen können. Wenn der eigene RA aber ausschließt, dass diese überhaupt entsteht, kann er sie selbstredend nicht einklagen und kürzt damit den Schadensersatzanspruch des eigenen Mandanten.


    Der Kläger kann doch nicht jede GG automatisch einklagen! Die GG ist auch nicht in jedem Fall vom Schadenersatzanspruch umfasst.

  • Die Tragkraft der hier ausgetauschten Argumente erfährt eine Belastungsprobe, wenn man sich vorstellt, dass die Honorarvereinbarung ja auch niedriger ausfallen kann als die gesetzlichen Gebühren.

    Diese Frage habe ich vor langer Zeit hier einmal gestellt. Ich finde den Thread nicht mehr, erinnere mich aber, keine befriedigende Antwort erhalten zu haben.

  • Dann bekommt der Kläger zwar u. U. seine volle VerfG erstattet im Festsetzungsverfahren, aber die Hälfte der fikitven Geschäftsgebühr nicht - obgleich er sie meines Erachtens als Schadensersatzanspruch hätte klagweise geltend machen können. Wenn der eigene RA aber ausschließt, dass diese überhaupt entsteht, kann er sie selbstredend nicht einklagen und kürzt damit den Schadensersatzanspruch des eigenen Mandanten.


    Der Kläger kann doch nicht jede GG automatisch einklagen! Die GG ist auch nicht in jedem Fall vom Schadenersatzanspruch umfasst.



    Was wäre denn, wenn sie einklagbar wäre und dennoch eine Honorarvereinbarung geschlossen würde? Würdest du auf die Honorarvereinbarung verzichten oder die GG nicht einklagen?

  • Was wäre denn, wenn sie einklagbar wäre und dennoch eine Honorarvereinbarung geschlossen würde? Würdest du auf die Honorarvereinbarung verzichten oder die GG nicht einklagen?


    das kommt auf die HV an; d.h. den Grund für die HV.Ist die Hv höher als die GG, habe ich dafür gute Gründe gehabt und diese nebst Folgen mit dem Mdten erörtert.
    Ist sie niedriger, hatte ich ebenfalls gute Gründe; trotz Anspruches auf ersattung scheut der mdt das Kostenrisiko; dann gibt´s ne bdingte HV. Mit der Titulierung ist die Bedingung weggegafllen, so dass statt der Hv die Gg zum Targen kommt.


  • Normalerweise würde er ja - wenn denn keine Honorarvereinbarung geschlosse wäre - die voll GG nebst Ausl. und USt klageweise geltend machen und die "gekürzte" VerfG im Festsetzungsverfahren auch noch "durch kriegen".




    Na, na....
    Normalerweise eben nicht.


  • Normalerweise würde er ja - wenn denn keine Honorarvereinbarung geschlosse wäre - die voll GG nebst Ausl. und USt klageweise geltend machen und die "gekürzte" VerfG im Festsetzungsverfahren auch noch "durch kriegen".




    Na, na....
    Normalerweise eben nicht.



    Auf Beklagtenseite in der Regel nicht, als Kläger schon.

  • Es gibt doch immer mehr Gerichte, die dieses eben nicht so sehen. siehe auch bin-ganz-frisch.

    Die Erstattungsfähigkeit der GG ist kein Selbstläufer. Da muss man immer ganz genau unterscheiden.

  • Ich hatte vor kurzem den Fall, dass der Anwalt auf der Gegenseite noch schön materiell-rechtlich in der Klageschrift eine 1,3 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 60.000 € geltend gemacht hat (sogar unter Klageerweiterung), als es dann ins Kostenfestsetzungsverfahren ging legte er seinem Kostenfestsetzungsantrag eine Kopie der Kostenrechnung an seine Mandantschaft bei, wonach er "aufgrund der guten Geschäftsbeziehung" tatsächlich nur eine 1,0 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von ursprünglich 5.000,00 € berechnet hat. Da fällt man doch vom Glauben ab! Ich habe nun in meiner Stellungnahme ausgeführt, dass sich die Gegenseite an ihren Vortrag im Rechtsstreit gebunden fühlen muss und dass dann auch eine 0,65 nach einem Gegenstandswert von 60.000,00 € angerechnet werden muss. Das ist doch echt nicht wahr. Prozessbetrug pur, oder wie?! Bin mal gespannt, wie das der Rechtspfleger sieht.

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