Nießbrauch lebt wieder auf?

  • Hallo zusammen,

    ich hab mal wieder ein Problem(chen):

    eingetragen ist ein bis zum 31.12.2005 befristeter Nießbrauch (Befristung ist leider nicht miteingetragen).

    Nun liegt mir ein Antrag auf Inhaltsänderung des Nießbrauchs vor, dahingehend, dass der Nießbrauch nunmehr unbefristet ist. Die Urkunde ist vom August 2006.

    Meiner Meinung nach, ist der Nießbrauch erloschen. Also müsste ich den "alten" Nießbrauch löschen und einen neuen eintragen, da die Inhaltsänderung nach Fristablauf vereinbart wurde, also zu einem Zeitpunkt als der Nießbrauch erloschen und das Grundbuch somit unrichtig war.

    Oder lebt der Nießbrauch durch die Eintragung der Inhaltsänderung wieder auf? Entscheidungen dahingehend hab ich leider keine gefunden.

    Rangprobleme gibt es keine, da lediglich für den gleichen Berechtigten eine Rück-AV im Rang nach dem Nießbrauch eingetragen ist.

    Was meint ihr dazu?

  • Zunächst einmal ist zu prüfen, ob das ursprüngliche Nießbrauchsrecht überhaupt entstanden ist. Denn ist es nicht entstanden, braucht auch nicht darüber diskutiert zu werden, ob es erloschen ist.

    Es geht wieder einmal um das alte Problem, dass Einigung und Eintragung nicht übereinstimmen, weil sich die dingliche Einigung auf ein befristetes Recht bezieht, während im Grundbuch ein unbefristetes Recht eingetragen wurde, weil die Befristung im Grundbuch ausdrücklich vermerkt werden muss und insoweit nicht i.S. des § 874 BGB auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden kann.

    Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich Einigung und Eintragung i.S. des § 873 Abs.1 BGB vollständig decken müssen, damit die der Einigung entsprechende Rechtsänderung materiellrechtlich stattfinden kann. Ist dies nicht der Fall, ist in entsprechender Anwendung des § 139 BGB zu prüfen, ob das betreffende Recht jedenfalls insoweit entstanden ist, als sich Einigung und Eintragung decken, und zwar unabhängig davon, ob die Einigung hinter der Eintragung oder ob die Eintragung hinter der Einigung zurückbleibt.

    Bei gewolltem bedingten oder befristeten Recht und eingetragenem unbedingten oder unbefristeten Recht wird überwiegend befürwortet, dass das dingliche Recht als bedingtes oder (wie im vorliegenenden Fall) befristetes Recht entstanden ist (RGZ 106, 109; BayObLG NZM 1998, 531; MünchKomm/Wacke § 873 RdNr.52 m.w.N.), das jedoch als von einem Dritten als unbedingtes oder unbefristetes Recht gutgläubig erworben werden kann, was beim Nießbrauch allerdings aufgrund dessen Unübertragbarkeit ausscheidet. Ist demnach im vorliegenden Fall (nur) ein befristeter Nießbrauch entstanden, so versteht es sich von selbst, dass dieser Nießbrauch mit dem Eintritt des Befristungstermins (also mit Ablauf des 31.12.2005) materiellrechtlich erloschen ist.

    Da es auf der Hand liegt, dass ein bereits erloschenes Recht begrifflich nicht mehr inhaltlich "geändert" werden kann, bleibt im vorliegenden Fall nur die Eintragung eines neuen unbefristeten Nießbrauchsrechts: Nur was lebt, bleibt lebendig, aber die Toten stehen nicht auf! Allerdings hätte ich nach Sachlage keine Probleme damit, die vorliegende Eintragungsbewilligung entsprechend auszulegen. Dass der gestellte Eintragungsantrag abzuändern ist, versteht sich von selbst. Allerdings kann der neue Nießbrauch natürlich nur den Rang nach der eingetragenen Vormerkung erhalten, es sei denn, der Berechtigte der Vormerkung tritt im Rang zurück (bzw. räumt den Gleichrang ein).

    Exkurs:

    Die Verlängerung des Nießbrauchs stellt im Rechtssinne keine (teilweise)Neubelastung des Grundstücks, sondern eine Inhaltsänderung des bestehenden Nießbrauchs dar (KG JFG 13, 75 = JW 1935, 3235 unter Aufgabe von KGJ 50 A, 188). Wenn die (z.B. am 30.9.2006 endende) Befristung noch nicht abgelaufen wäre, würde der Nießbrauch für den nach dem 30.9.2006 liegenden Zeitraum allerdings seinen Vorrang im Verhältnis zur Vormerkung verlieren, da der Wegfall der Befristung eine Erweiterung des Rechts darstellt, dem die gleich- und nachrangigen Berechtigten zur Erhaltung der Vorrangsposition des Nießbrauchs zustimmen müssen. Stimmen sie nicht zu, ist der zustimmungsbedürftige Teil der Inhaltsänderung ihnen gegenüber nachrangig (RGZ 132, 106).

  • :zustimm: .
    Dass nach Fristablauf nur noch eine Neueintragung in Betracht kommt, das Recht also nicht mehr, wie juris2112 bereits beste(l)ns ausgeführt hat, wiederauflebt, findet man auch in einer OGH-Entscheidung vom 2.5.1949 (MDR 1949, 470).

  • Bin jetzt kein super Fachmann, aber gerade in Praxis beim Grundbuchamt..... Wenn die Befristung eh nicht im Grundbuch vermerkt ist ists doch egal :gruebel: ?? Gut. Egal ists auch nicht. Aber löschen auf keinen Fall. Ich (und so machts mein Notar auch)würde einfach in Veränderungsspalte vermerken: ..Inhaltsänderung: Nießbrauch unbefristet.... Bezug: Bewilligung vom....
    Hoffe ist brauchbar...

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