• Hallo zusammen, ich schon wieder :oops:
    Eine - nunmehrige - Betreute hat vor drei Jahren mit Ihrem Sohn einen Erbteilsübertragungsvertrag gemacht. Im Innenverhältnis war sie zu 3/4 am Nachlaß beteiligt. Einzige Gegenleistung war ein Wohnungsrecht (Mitbenutzung), Jahreswert 1200 €.

    Der Sohn verkauft jetzt den Grundbesitz und will die Löschung des Wohnungsrechts gegen Zahlung eines Betrages von knapp 5500 €.
    Die Löschungsbewilligung hat er beim Notar schon abgegeben, ich soll jetzt genehmigen.
    Wie hoch der neue Kaufpreis ist weiß ich nicht, da ich den Kaufvertrag noch nicht gesehen habe, aus dem Grundbuch kann ich aber ersehen, dass Finanzierungsgrundpfandrechte über gut 200.000 € eingetragen sind.
    Der Ausgleichsbetrag wäre angesichts des hohen Alters der Betreuten laut Tabelle ok.
    Aber irgendwie sträubt es sich in mir doch ein wenig, dass der Sohn jetzt letztlich soviel Kaufpreis für eine Gegenleistung an die Mutter von lausigen 5500 € kriegen soll. Andererseits hat die gute Frau es doch zu "klaren" Zeiten so mit dem Sohn vereinbart - wenn sie es sich wohl auch letztlich sicher nicht so vorgestellt hat, dass sie nach ein paar Jahren im Heim landet, der Sohn das Haus vertickt und fast den kompletten Kaufpreis einsackt.

    Liebe Profis, seht Ihr
    1. eine Möglichkeit mehr für die Betreute herauszuschlagen (sollte man dies überhaupt tun)
    2. sehe ich es richtig, dass ich für die Löschungsbewilligung ohnehin einen Ergänzungsbetreuer brauche?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich würde den Kapitalwert des Wohnungsrechts nach Anlage 9 zu § 14 BewG berechnen. Wie alt ist denn die Betreute?

    Mehr ist nicht drin.

    Die Löschungsbewilligung (welche die Aufgabeerklärung i.S. des § 875 BGB) enthält) muss von einem Ersatzbetreuer i.S. des § 1899 Abs.4 BGB abgegeben werden. Wenn die Erklärung sowohl gegenüber dem GBA als auch gegenüber dem Eigentümer/Betreuer abgegeben werden kann (§ 875 Abs.1 S.2 BGB), ist § 181 BGB anwendbar, weil der Eigentümer/Betreuer der sachliche Erklärungsempfänger ist (BGHZ 77, 8). Der Wirkungskreis der Ersatzbetreuung ist nicht auf die Abgabe der Aufgabe/Löschungsbewilligung zu beschränken, sondern auch auf den Abschluss der Abfindungsvereinbarung zu erstrecken.

  • Wenn man nach dem BewG rechnet, müsste die Betreute 84 Jahre alt sein (1.200 x 4,468 = 5.361,60), um in etwa auf den Abfindungsbetrag von 5.500 € zu kommen. Da die Rechnung nicht "aufgeht", kann also nicht nach dem BewG gerechnet worden sein. Bei einem Alter von 83 Jahren würde sich der Abfindungsbetrag bei einem Faktor von 4,739 nämlich bereits auf 5.686,80 € belaufen.

    Woher stammt eigentlich der Jahreswert von 1.200 €? Das sind ja nur 100 € pro Monat! Darf die Mutter etwa nur ein einziges Zimmer benutzen? Den in der seinerzeitigen Überlassungsurkunde angegebenen Jahreswert darf man keinesfalls übernehmen, weil dieser Wert nur für Kostenzwecke angegeben und daher in der Regel viel zu niedrig veranschlagt wird.

  • Zitat von juris2112

    Woher stammt eigentlich der Jahreswert von 1.200 €? Das sind ja nur 100 € pro Monat! Darf die Mutter etwa nur ein einziges Zimmer benutzen? Den in der seinerzeitigen Überlassungsurkunde angegebenen Jahreswert darf man keinesfalls übernehmen, weil dieser Wert nur für Kostenzwecke angegeben und daher in der Regel viel zu niedrig veranschlagt wird.



    Guter Hinweis juris, danke. Darüber war ich auch schon gestolpert. Es war aber tatsächlich nur ein Mitbenutzungsrecht, ein Zimmer für sich, der Rest geteilt.
    Die Frau ist übrigens stolze 89 Jahre alt und ich habe mich für die Einordnung des angebotenen Betrages zunächst grob an der Tabelle zur Lebenserwartung orientiert, die in der Versteigerung verwendet wird (Sterbetafel). Die "Feinheiten" kommen dann noch.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Bei einem Lebensalter von 89 Jahren beläuft sich der BewG-Faktor auf 3,304. Mit dem Abfindungsbetrag von 5.500 € wäre somit ein Jahreswert von 1665 € bzw. ein Monatswert von knapp 140 € abgedeckt.

    Die Tabelle nach dem BewG hat den Vorteil, dass sie auch die gebotene Abzinsung des Abfindungsbetrags (mit 5,5 %) berücksichtigt.

  • So, heute hat der Richter - endlich - den Ergänzungsbetreuer bestellt. So langsam pressiert`s nämlich auch. Und da komme dann natürlich wieder ich als das letzte Glied in der Kette ins Spiel. Bei mir kann man dann ja mal anrufen und fragen, wie lange es denn noch dauert, grumpf.
    Nichtsdestotrotz, ich würde die Sache auch gerne abschließen: mir liegt die Löschungsbewilligung vor und die Abfindungsvereinbarung, nur eben vom Betreuer selber und nicht vom Ergänzungsbetreuer erklärt.
    Hättet Ihr Bedenken, die Abgabe der LB und den Abschluss der Abfindungsvereinbarung (beides natürlich schön und eindeutig konkretisiert) bereits jetzt zu genehmigen?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Meines Erachtens kannst Du nur die noch abzugebenden Erklärungen des Ergänzungsbetreuers vorab genehmigen, und zwar zum einen die Genehmigung der Abfindungsvereinbarung und zum anderen die schon wegen § 29 GBO vom Ergänzungsbetreuer nochmals neu zu erklärende Löschungsbewilligung.

  • Sehr schön, so wollte ich`s machen (hatte ich nicht ganz so konkret geschrieben, stimmt). Mir kommen in aller Regel nur Nachgenehmigungen über den Schreibtisch und wehe, wenn mal was von der Norm abweicht, dann bin ich immer noch rettungslos unsicher. :oops:

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Frage an omawetterwax:

    Warum hat eigentlich der Richter den Ergänzungsbetreuer bestellt? Der Richtervorbehalt in § 14 Abs. 1 Nr. 4 RPflG wurde aufgehoben soweit sich der Richtervorbehalt auf die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers (§1899 Abs. 4 BGB) und die Bestellung eines neuen Betreuers (§1908c BGB) nach dem Tod des bisherigen Betreuers bezieht. Die entsprechende Verordnung trat am 01.05.2006 in Kraft. Also bei uns bestellt der Rechtspfleger den Ergänzungsbetreuer.
    :gruebel:

  • @raton7: siehe Posting Nr. 8 :D
    Interessanter Hinweis, dem werde ich dann mal nachgehen. Danke!

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich fürchte, dass ist wieder mal eine bayerische Verordnung. Die Entscheidung ist nämlich vom Bayerischen Justizministerium. § 14 Abs. 4 RPflG lautet weiterhin wie früher. Keine Änderung erfolgt. Dies ergab ein Blick in Beck-online.
    :(

  • Ich fürchte, dass ist wieder mal eine bayerische Verordnung. Die Entscheidung ist nämlich vom Bayerischen Justizministerium. § 14 Abs. 4 RPflG lautet weiterhin wie früher. Keine Änderung erfolgt. Dies ergab ein Blick in Beck-online.
    :(



    Danke, dass Du nochmal nachgeschaut hast. Ich war schon ganz verstört (o.k., NOCH verstörter), weil ich mir so sicher war, dass ich die Zuständigkeit vor der Richtervorlage nochmal geprüft hatte.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Hat NRW nicht, da bin ich mir mal ausnahmsweise sicher. Ne Kollegin hat mir eben erzählt, dass sie kürzlich erst einen Berichtsbeitrag dazu schreiben musste.

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    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

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