Vor- und Nacherbschaft, Vorausvermächtnis, Angabe im Erbschein

  • Hallo,

    ich habe ein privatschriftliches Testament vorliegen, in welchem der Erblasser seine beiden Söhne als Vorerben eingesetzt hat. Gleichzeitig soll der jeweils längerlebende Sohn Nacherbe werden. Eine Befreiung wurde ausdrücklich nicht gewollt.

    Nun bekommt ein Sohn noch ein Vorausvermächtnis zugewandt: 25 % des beim Tod des Erblassers vorhandenen Barvermögen und der Sichteinlagen.

    Im Erbschein ist ja anzugeben, worauf sich die Nacherbschaft nicht erstreckt. Würdet ihr dann einfach in den Erbschein aufnehmen: "Das Recht der Nacherben erstreckt sich nicht auf 25 % des beim Tod des Erblassers vorhandenen Barvermögen und der Sichteinlagen"? Anders kann ich diese Einschränkung doch nicht bezeichnen. :gruebel:

  • Was hat denn ein Vorausvermächtnis mit Vor- und Nacherbschaft zu tun? Der eine Bruder erhält ohne Anrechnung auf sein sonstiges Erbe im Voraus Geld. Diese Geldleistung beschwert den gesamten Nachlass. Diese Teile sind also im Voraus abzuziehen und haben mit Vor- und Nacherbschaft nichts zu tun.

  • Für so weit hergeholt halte ich die Frage nicht. Das dinglich wirkende Vorausvermächtnis an den Vorerben nach § 2110 Abs. 2 BGB unterliegt eben nicht der Nacherbfolge. Von daher könnte diese "Befreiung" des Vorerben ausnahmsweise Inhalt des Erbscheines sein.


  • Nun bekommt ein Sohn noch ein Vorausvermächtnis zugewandt: 25 % des beim Tod des Erblassers vorhandenen Barvermögen und der Sichteinlagen.

    Im Erbschein ist ja anzugeben, worauf sich die Nacherbschaft nicht erstreckt. Würdet ihr dann einfach in den Erbschein aufnehmen: "Das Recht der Nacherben erstreckt sich nicht auf 25 % des beim Tod des Erblassers vorhandenen Barvermögen und der Sichteinlagen"? Anders kann ich diese Einschränkung doch nicht bezeichnen. :gruebel:

    Hierliegt m.E ein Denkfehler vor. Ein Erbschein weist aus, wer Erbe ist, nicht wer Vermächtnisnehmer ist. Ausnahme -und die liegt hier nicht vor - ist ein sogen. dingl. Vorausvermächtnis für den Vorerben. Das wird im Erbschein vermerkt, denn das geht direkt auf den Erben über. Im Ausgangsfall hat der eine Sohn aber nur einen Anspruch auf Vermächtniserfüllung und die gehört nicht in den Erbschein. Das ist nicht anders, als wenn eine "normale" Erbengemeinschaft besteht.

  • Das Vorausvermächtnis hat nach § 2110 Abs. 2 BGB nur dingliche Wirkung, wenn es sich um einen alleinigen Vorerben handelt. Im vorliegenden Fall haben wir jedoch zwei Miterben als Vorerben, so dass das Vorausvermächtnis "ganz normal" durch dingliche Vollzugsgeschäfte erfüllt werden muss. Damit hat das Vorausvermächtnis bei der hier vorliegenden Konstellation im Erbschein nichts verloren.

  • @uschi und cromwell:

    Ich muss Euch widersprechen (vgl. u.a. Beck'scher Online-Kommentar: "In dem einem Vorerben erteilten Erbschein sind die ihm außerhalb des Erbteils bzw. Nachlasses vermachten Gegenstände mit dem Hinweis aufzuführen, dass sich das Nacherbenrecht nicht hierauf bezieht"). Es ist dabei nicht die Rede vom alleinigen Vorerben (sonst macht "Erbteil" keinen Sinn), demnach sind Vermächtnisse i.S.d. § 2110 Abs. 2 BGB m.E. im Erbschein darzulegen (so lese ich auch die weiteren Kommentare wie MüKo, Staudinger).

  • Mir bitte nicht widersprechen, ich habe nichts von "alleinigem" Vorerben geschrieben :D
    Recht in der Sache haben wir trotzdem: Hier darf das Vermächtnis nicht in den Erbschein aufgenommen werden, es bedarf einer Vermächtniserfüllung und geht nicht automatisch auf den Miterben über! Du hast allerdings insoweit (a bißle) recht, dass, wenn alle Konten beiden Vorerben als Vermächtnis zugewendet worden wären, dann würde dies im Erbschein vermerkt. Ist aber hier NICHT der Fall.

  • Die Kommentare unterscheiden hier nicht zutreffend zwischen alleinigem Vorerben und mehreren Mitvorerben und Avenarius (Staudinger § 2110 Rn. 10) schreibt sogar explizit unrichtig, dass der Vorausvermächtnisgegenstand auch in der Gesamthand nicht dem Nacherbenrecht unterliegt. Zutreffend ist demgegenüber, dass der mit dem Vorausvermächtnis bedachte Mitvorerbe lediglich die rechtsgeschäftliche Übertragung des Vorausvermächtnisgegenstandes in sein freies (nacherbschaftsfreies) Vermögen verlangen kann. Dies stößt auch auf keine Schwierigkeiten, weil der bedachte Mitvorerbe insoweit im Gegenzug keine Gesamthandsbeteiligung an anderen Nachlassgegenständen aufgibt und der Vorausvermächtnisgegenstand demzufolge nicht der (Erbteils-)Surrogation des § 2111 BGB unterliegt.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!