Verschwundener Testamentsvollstrecker

  • Hallo.

    Trotz mehrjähriger nachlassgerichtlicher Tätigkeit erlebt man doch immer wieder etwas Neues :

    Ich habe mehrere Einzeltestamente, die kleckerweise eingetrudelt sind und nacheinander eröffnet wurden.

    Im letzten Testament (ohne Erbeinsetzung) ordnete der Erblasser in Ergänzung seines Testaments vom ... (dieses beinhaltet die Erbeinsetzung) Testamentsvollstreckung an und bestimmte Rechtswanwalt X (mit Büroanschrift aus 2008) zum TV.

    Zusatz : Sollte der TV nicht in der Lage sein, das Amt anzunehmen, so soll das Nachlassgericht einen geeigneten TV ernennen.

    Herr RA X ist nunmehr nach meinen Ermittlungen seit 2009 nicht mehr als RA zugelassen und Angaben eines Bekannten d. Erbl. wohl schwer erkrankt.

    Alle Ermittlungen (auch über die RA-Kammer - dort erfolgte ein Hinweis auf § 76 BRAO betreffend die Daten ehem. Mitglieder) nach einer Privatanschrift des eingesetzten TV verliefen erfolglos und ich sehe keine weiteren Ermittlungsansätze, um diesen pflichtgemäß vom Testamentsinhalt in Kenntnis zu setzen und zugleich zur Frage der Annahme oder Ablehnung des Amtes als TV zu befragen.

    Der Erbe begehrt nunmehr einen Erbschein ohne TV-Vermerk, da er bereits vor Bekanntgabe des letzten Testaments infolge Unwissenheit über die Anordnung der TV den Nachlass vollumfänglich verwaltet und geregelt hätte und nunmehr den Erbschein lediglich noch zur Inbesitznahme / Auflösung eines Kontos benötige...

    ich bin etwas ratlos...

    Habt ihr Ideen, wie ich diese Kuh vom Eis bekomme ?

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich würde wie folgt vorgehen:

    Anregung eines Antrags des Miterben auf Fristsetzung zur Annahme des TV-Amtes (§ 2202 Abs. 3 S. 1 BGB) nach den üblichen Regeln bei unbekanntem Aufenthalt des TV.

    Da keine Annahme erfolgen wird, ist der vom Erblasser ernannte TV nach formeller Rechtskraft und nach erfolgtem Fristablauf aus dem Spiel, weil das Amt dann als abgelehnt gilt (§ 2202 Abs. 3 S. 2 BGB).

    Nächster Schritt ist dann, ob das Nachlassgericht entsprechend dem Ersuchen des Erblassers einen TV ernennt oder nicht (§ 2200 BGB). Die Ernennung ist bekanntlich nicht zwingend, falls die Anordnung oder Fortdauer der TV nicht mehr zweckmäßig erscheint (was zu ermitteln wäre). Will man nicht ernennen, ist ein Beschluss zu fassen, wonach kein TV ernannt wird.

    Damit ist die angeordnete Testamentsvollstreckung als solche materiell "tot" und der beantragte Erbschein ohne TV-Vermerk kann erteilt werden - vorher nicht, weil erst feststehen muss, dass die TV materiell erloschen ist.

  • Zunächst vielen Dank.

    D.h., ich müsste mangels (praktischer) Ermittelbarkeit der aktuellen Privatanschrift des augenscheinlich noch am Leben weilenden und "lediglich" erkrankten und nicht mehrs als RA zugelassenen, benannten TV die Aufforderung i.S.v. § 2202 III BGB öffentlich zustellen und dann in eigener Zuständigkeit über die Ernennung entscheiden?

    Dann stellt sich mir in diesem Zusammenhang die Frage, ob dies der ratio des § 19 I 3, 16 I 2 RpflG entspricht und diese Frage der (Nicht-) Ernennung infolge Landesverordnung in rechtspflegerischer funktioneller Zuständigkeit zu entscheiden ist, da es - zumindest dem Wortlaut nach - nicht dem Inhalt des Testaments entspricht ?

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

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