Welche Gebühr?

  • Folgender Fall
    KV legt Berufung gegen Urteil ein ohne Übersendung einer Begründung. BV beantragt die Zurückweisung. Dann geht die Begründung ein, die an den BV übersandt wird. Dann stellt das OLG fest, dass es sich bei der Berufung gar nicht um eine Berufung handelt, sondern nur um eine Beschwerde, weil nur die KGE des erstinstanzlichen Urteils angegriffen wurde. Zwischenzeitlich hat auch der BV zu der "Berufung" Stellung genommen. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
    Jetzt beantragt der BV eine 1,6 VG nach Nr. 3200 VV-RVG, während der KV nur eine 0,5 Beschwerdegebühr für gerechtfertigt hält, da er nur die KGE angegriffen hat. BV meint, dass durch die Einlegung des RM der Berufung die 1,6 Gebühr entstanden sei, da der Beklagte ihn ja wegen der Berufung mandatiert habe. Wäre keine Berufungsbegründung eingereicht worden, wäre zumindest eine 1,1 Gebühr nach Nr. 3201 VV-RVG entstanden und erstattungsfähig.
    Ich tendiere zur 0,5 Gebühr, da der BV aus der Begründungsschrift hätte erkennen können/müssen, dass es sich nicht um eine Berufung, sondern nur um eine Beschwerde gehandelt hat. Andererseits wurde der BV von seinem Mandanten wegen einer Berufung mandatiert, wodurch zumindest eine 1,1 Gebühr entsteht.:gruebel:

  • Ich bin noch mal in mich gegangen und werde eine 1,6 Gebühr nach Nr. 3200 VV-RVG festsetzen, da die Berufungsbegründung übersandt wurde und daher ein Zurückweisungsantrag gestellt werden darf. Dass in der Berufungsbegründung Blödsinn stand, ist dabei aus meiner Sicht irrelevant, da es bei der Entstehung der 1,6 Gebühr nicht auf den Inhalt der Berufungsbegründung ankommt, sondern alleine darauf, dass eine übersandt wird und der RA sich damit beschäftigt.
    Wenn das jemand anders sieht, gerne melden.

  • Interessante Frage! Ich hätte aus der Hüfte geschossen: Für die Frage nach der Erstattungsfähigkeit kommt es darauf an, welches RM objektiv eingelegt wurde. Das OLG hat das RM trotz Falschbezeichnung "nur" als Beschwerde ausgelegt. Daher würde ich - wenn kein Fall der Vorb. 3.2.1 vorliegt - auch nur eine 0,5 für erstattungsfähig halten. Eindeutiger wäre der Fall, wenn das OLG eine Berufung als unzulässig (weil nur Beschwerde zulässig gewesen wäre) zurückgewiesen hätte. Dann wäre die 1,6 definitiv erstattungsfähig.

    Vielleicht kann man auch argumentieren: Prozessual ist nur eine 0,5 erstattungsfähig, während materiell-rechtlich(!) der vermeintliche Berufungskläger zum Ersatz des darüberhinausgehenden Betrages schadensersatzpflichtig ist (da Auftrag des vermeintlichen Berufungsbeklagten an seinen RA für den Anfall der entsprechenden Gebühr entscheidend ist)? Dann würde Letzteres aber im KfV keine Rolle spielen.

    Aber solche Konstellationen muß es doch eigentlich öfters schon gegeben haben in der Rspr (falsche RM-Bezeichnung, Gebühren entstanden auf beiden Seiten, objektive Auslegung des RM durchs Gericht und dann Zurückweisung mit Erstattung) ... muß doch was zu finden sein.

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    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Deine Sichtweise kann ich gut nachvollziehen, aber noch bleibe ich bei der 1,6 Gebühr, da es für mich darauf ankommt, dass der Berbekl seinem RA ein Mandat hinsichtlich der Berufung erteilt hat - und wäre keine Begründung eingegangen, wohl unstreitig eine 1,1 Gebühr entstanden und auch erstattungsfähig gewesen wäre.
    Rechtsprechungen dazu würden mich auch interessieren, habe aber bislang keine gefunden.

  • Wenn das OLG entscheidet, dass eine Beschwerde zurückgewiesen wird, dann kannst du doch im KFV nicht eine Berufung daraus machen !?!

    Außerdem würde ich mich an den Wortlaut der KGE hängen ("...die Kosten des Beschwerdeverfahrens..." oder "...der Berufung...trägt der KV") und fertig. Zumindest formuliert unser hiesiges LG das immer eindeutig.

  • Auch wenn in #5 ein wenig drastischer formuliert, ist es m. E. so auch richtig. Die Gebühren und Auslagen eines RA des allein entschiedenen Beschwerdeverfahrens sind prozessual-rechtlich erstattungsfähig (§ 91 II 1 ZPO). Ob darüber hinaus noch materiell-rechtlich ein (weitergehender) Erstattungsanspruch besteht, braucht im KfV nicht geklärt werden. Grundlage der hiesigen prozessualen Erstattung bildet die KGE eines Beschwerdeverfahrens.

    Im übrigen: Wieso soll die Beauftragung für eine Berufung und damit die 1,1 oder 1,6 notwendig sein? Der Beklagten-RA hätte genauso wie das Gericht erkennen können, daß es sich in Wahrheit "nur" um eine Beschwerde handelt und entsprechend sich auch nur einen solchen Auftrag erteilen lassen dürfen. Mal überspitzt: Wenn der Kläger in Deinem Fall "Revision" eingelegt hätte und das Gericht über die Beschwerde entscheidet, würdest Du dann auf die Idee kommen, für den Beklagten-RA eine 1,6 nach Nr. 3206 für erstattungsfähig zu halten? Das Beispiel zeigt, daß es m. E. für die Frage der prozessualen Erstattungsfähigkeit auf die objektive und nicht die subjektive Sicht ankommt.

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  • Ehrlich gesagt würde ich das auch gar nicht groß problematisieren: Wenn das OLG sagt dass es "nicht um eine Berufung handelt" , dann ist es für mich auch keine Berufung. Und ohne Berufung keine Berufungsgebühr.

    Sollen sie sich doch gegen die Entscheidung des OLG Beschweren.

  • Auch wenn in #5 ein wenig drastischer formuliert, ist es m. E. so auch richtig. Die Gebühren und Auslagen eines RA des allein entschiedenen Beschwerdeverfahrens sind prozessual-rechtlich erstattungsfähig (§ 91 II 1 ZPO). Ob darüber hinaus noch materiell-rechtlich ein (weitergehender) Erstattungsanspruch besteht, braucht im KfV nicht geklärt werden. Grundlage der hiesigen prozessualen Erstattung bildet die KGE eines Beschwerdeverfahrens.

    Im übrigen: Wieso soll die Beauftragung für eine Berufung und damit die 1,1 oder 1,6 notwendig sein? Der Beklagten-RA hätte genauso wie das Gericht erkennen können, daß es sich in Wahrheit "nur" um eine Beschwerde handelt und entsprechend sich auch nur einen solchen Auftrag erteilen lassen dürfen. Mal überspitzt: Wenn der Kläger in Deinem Fall "Revision" eingelegt hätte und das Gericht über die Beschwerde entscheidet, würdest Du dann auf die Idee kommen, für den Beklagten-RA eine 1,6 nach Nr. 3206 für erstattungsfähig zu halten? Das Beispiel zeigt, daß es m. E. für die Frage der prozessualen Erstattungsfähigkeit auf die objektive und nicht die subjektive Sicht ankommt.


    Aber die Partei ist doch berechtigt, vor Eingang der Berufungsbegründung einen RA zu beauftragen - passiert ja auch regelmäßig. Und wenn dann keine Begründung kommt, ist die 1,1 Gebühr nacht Nr. 3201 VV-RVG notwendig und auch erstattungsfähig. Hätte der KV die "Berufung" nicht begründet, hätte der BV eine 1,1 Gebühr verdient. Aber die Ausführungen zur Festsetzung einer Beschwerdegebühr ist mir auch einleuchtend.

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