Erhöhung Freibetrag- Anrechnung gemäß § 9 II s.2 SGB II

  • Hallo,

    folgendes Problem knapp dargestellt:

    Kontopfändung, Antrag auf Erhöhung des Freibetrages nach § 850k IV ZPO für 3 weitere Personen,
    weil das Arbeitseinkommens des Schuldners gemäß §9 II s.2 SGB II teilweise auf die Sozialleistungen seiner 3 Stiefkinder (Kinder der Ehefrau) angerechnet wird. Die Kinder erhalten nur noch unter 100 €.
    Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass der Schuldner zum Teil für seine Stiefkinder aufkommt- kann er aber nicht, da sein Konto gepfändet ist.
    (Die Sozialleistungen gehen übrigens auf das Konto der Ehefrau ein).

    Wie würdet ihr entscheiden:
    Einmalige zusätzliche Freigaben nach § 765a ZPO in Höhe der Anrechnung, weil der Schuldner tatsächlich Unterhalt leistet und darin die Härte liegt? Entsprechende Anwendung von § 850k IV , II s.1 Nr.1, weil "quasi Unterhalt" durch Gesetz erzwungen wird? Oder gar Zurückweisung?

  • Seeehr interessant.

    Um noch eine zusätzliche Möglichkeit ins Spiel zu bringen:

    Ich würde eine Freigabe nach § 850k V S. 4 ZPO i.V.m. § 850k II Nr. 2 ZPO (analog) in Erwägung ziehen.

    Zweck von § 850k II Nr. 2 ZPO ist es, dass eingehende Gelder für Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft geschützt sind (weil die unterhaltsbedingte Erhöhung des Freibetrages ggf. nicht erfolgt).

    Gem. SGB II ist das Einkommen des Vollstreckungsschuldners zu berücksichtigen. Da hier nicht an der Quelle gepfändet wird und es sich nicht mehr um Einkommen handelt, sehe ich auch keine Möglichkeit zur Nichtberücksichtigung seitens des Sozialleistungsträgers (bin allerdings kein Experte in Sozialrecht). Darin würde ich die planwidrige Regelungslücke für die analoge Anwendung sehen.

  • Naja, der Fall ist ja schon geregelt,
    §§ 850k Abs. 2 Nr. 1.b) und Abs. 5 Satz 2 ZPO.

    Entsprechend würde der SV hier wohl keinerlei Schwierigkeiten bereiten, wenn die ergänzenden Sozialleistungen der Bedarfsgemeinschaft auch auf das Konto des Schuldners überwiesen werden würden, was bitte veranlasst werden mag.

  • Er verdient auch gar nicht so schlecht. (-Mehr als ich ;-)). Ich glaube, ich bevorzuge § 765a ZPO.- Auch wenn das zu weiteren Freigaben führt. Vielleicht findet die Kindesmutter ja irgendwann Arbeit und dann hören die Verrechnungen ja auf und der Schuldner kriegt dann mehr als im zusteht (wenn man´s nicht zeitlich begrenzt).

  • § 765a ZPO würde ich aus zweierlei Gründen nicht in Erwägung ziehen:

    1. Es ist eine Ausnahmevorschrift die sich mit einer (wohl notwendigen) Dauerfreigabe nicht vereinbaren lässt.
    2. Das Existenzminimum der Bedarfsgemeinschaft sollte m.E. in jedem Fall geschützt sein. Bei § 765a ZPO bedarf es jedoch einer Abwägung mit den Schutzinteresse des Gläubigers.
  • Hallo, ich habe einen ähnlichen Fall. Schuldnerin ist Frau K. Eine Kontopfändung ist ausgebracht. Frau K. hat mit Hilfe der Schuldnerberatung nun beantragt ihr einen festen monatlichen Freibetrag in Höhe von 1657,46 € gemäß § 850 k Absatz 4 festzusetzen. Sie trägt vor, dass sie Alleinverdienerin ist. Ihr Lebensgefährte und dessen Kind, erhalten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Hartz IV). Diese Leistungen gehen auf das Konto des Lebensgefährten, ebenso das Kindergeld. Die Frau hat ein schwankendes Arbeitseinkommen zwischen ca. 600,00 € bis ca. 1150,00 €. Desweiteren hat sie im Juli noch Fahrtkosten vom Arbeitsamt in Höhe von 192,00 €, eine Lohnnachzahlung für April 2014 in Höhe von 81,85 € und 117,00 € Einkommenssteuerausgleich für das Jahr 2013 erhalten. Arbeitseinkommen hat sie im Juli für Juni in Höhe von 1104,12 € erhalten. Ich gehen davon aus, dass ich eine grundsätzlich Freigabe von 1657,46 € nicht machen kann, da ich nur Einkommen freigeben kann. Da der Lebensgefährte die ergänzenden Sozialleistungen erhält, gehen ich davon aus, dass die 1657,46 € sowieso zu hoch angesetzt sind. Ich würde dazu neigen, mit dem Gesamteinkommen (außer ESA) in die Tabelle zu gehen und den pfandfreien Betrag unter Berücksichtigung von 2 Unterhaltsberechtigten zu ermitteln. Ich wäre für Arbeitshinweise meiner Kollegen jedoch sehr dankbar.

  • Würde es auch so machen, wie von Dir vorgeschlagen.

    Mit der Berücksichtigung von zwei Unterhaltsberechtigten gem. § 850k Abs. 4 ZPO i.V.m. § 850c ZPO dürfte der Betrag von 1.650,00 EUR doch erreicht sein.

    Also Dauerfreigabe ja - nur die Begründung ist halt 'ne andere.

  • Ja, ich würde eben keine Dauerfreigabe machen wollen, da der Lebensgefährte ja die ergänzenden Sozialleistungen erhält. Im Übrigen bin ich bisher davon ausgegangen, dass man nur das laufende Einkommen freigeben kann und da das Arbeitseinkommen in manchen Monaten nicht einmal die 1045,00 € erreicht, würde ich nur in den Monaten eine Freigabe machen wollen, in den das Arbeitseinkommen die 1045,00 € überschreitet. Ich habe hier das Problem das auf dem Kontoauszug der letzten Monate viele Gutschriften aus Ebay-Verkäufen erkennbar sind. Bei der Festsetzung eines festen monatlichen Betrages von 1657,46 € würde ich diese mit freigeben. Das gefällt mir nicht so, da dieses eine Besserstellung des Schuldners bedeutet.

  • Na ja, eine "Freigabe" in dem Sinne ist ja auch nicht.

    Auf dem P-Konto wird ja grundsätzlich nicht unterschieden, woher das eingehende Geld kommt. Du gibts also nicht Arbeitseinkommen "frei" sondern setzt den unpfändbaren Betrag fest - und der errechnet sich nach § 850c ZPO.

    Wenn sich der Schuldner über ebay was dazu verdient, verkauft er ja (hofft man) Sachen, die ihm gehören. Wenn der Freibetrag des P-Kontos das abdeckt, ist das in Ordnung. Auch das "Einkommen" des Ehegatten würde ich nicht rausrechnen - wenn dem Gläubiger die unpfändbaren Beträge zu hoch sind, kann er einen Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO stellen.

    Nachtrag vom 27.8.2014: Beitrag war ein Schnellschuss --> siehe # 15

    Einmal editiert, zuletzt von promotor iustitiae (27. August 2014 um 07:42)

  • Eine Erhöhung auf die beantragten 1.657,46 € würde ich auch ablehen, schon alleine deshalb, weil lt. SV im Monat noch nicht einmal so hohe Einnahmen überhaupt auf dem Konto eingehen, so dass m. E. schon das Rechtsschutzbedürfnis für eine Freigabe in dieser Höhe fehlt.

    Die Orientierung an der Pfändungstabelle mit 2 unterhaltsberechtigten Personen kann ich zwar nachvollziehen, halte ich aber für bedenklich. Nach meinem Kenntnisstand können in Bedarfsgemeinschaft mit dem Schuldner lebende, nicht mit dem Schuldner verwandte Personen allenfalls im Rahmen einer Erhöhung nach § 850 f Abs. 1 ZPO berücksichtigt werden (vgl. OLG Frankfurt/M. v. 04.07.2008, 24 U 146/07) - und dann m. E. auch nur mit dem (Teil-)Betrag des Schuldnereinkommens, das vom Sozialamt auch für die weiteren Personen herangezogen wird. Die Pauschalbeträge der Tabelle können m. E. nicht einfach so zugrunde gelegt werden, da diese (sind ja für Arbeitnehmer) höhe sind als die Beträge, die das Sozialamt bei der Bedarfsberechnung berücksichtigt. Ansonsten würde eben tatsächlich auch ggf. eine Zahlung aus ebay-Verkauf oder die ESt-Rückerstattung (beides pfändbar) in den Freibetrag fallen.

    Eine Dauerfreigabe halte ich für zulässig, allerdings nur bzgl. des (erhöhten) Arbeitseinkommens, ggf. auch des ganzen Arbeitseinkommens. Würde anhand der letzten Lohnabrechnung einen Durchschnittsbetrag des Einkommens ermitteln und diesen zugrunde legen. Wenn das der Schuldnerin nicht passt, bleibt ihr nur die monatliche Antragstellung/Entscheidung.

    Ggf. käme hier aber auch § 850 l ZPO in Betracht??

  • An sich passt ja der gesetzliche Grundfreibetrag, der ist ja für die Lebensführung der Schuldnerin ausreichend.

    Das einzige was ich hier u.U. einmalig berücksichtigen würde wären:
    - Fahrtkosten vom Arbeitsamt in Höhe von 192,00 € (weil diese wohl unpfändbar sind)
    - Lohnnachzahlung für April 2014 in Höhe von 81,85 € (falls diese bei Zahlung IM April zu keinem pfändbaren Betrag geführt hätten)
    - Arbeitseinkommen im Juli für Juni in Höhe von 1104,12 € (Differenz Tabelle zu § 850c im Vergleich zu Grundfreibetrag ~ 20 EUR
    - Lebensgefährte und dessen Kind allenfalls dann, wenn und soweit die Soz.Leistungen aufgrund des Einkommens der Schuldnerin gekürzt werden (dazu steht erstmal nichts im Antrag).

    Maximal würde ich also einmalig um Rund 293 EUR erhöhen (192 + 81 + 20 EUR).
    Für eine dauerhaft Erhöhung sehe ich keine Grundlage oder Notwendigkeit.


    EDIT: ... davon ausgehend das mit "Lebensgefährte" nicht Ehegatte gemeint ist und daher keine gesetzlichen Unterhaltspflichten bestehen.

  • Eine Erhöhung auf die beantragten 1.657,46 € würde ich auch ablehen, schon alleine deshalb, weil lt. SV im Monat noch nicht einmal so hohe Einnahmen überhaupt auf dem Konto eingehen, so dass m. E. schon das Rechtsschutzbedürfnis für eine Freigabe in dieser Höhe fehlt.

    Die Orientierung an der Pfändungstabelle mit 2 unterhaltsberechtigten Personen kann ich zwar nachvollziehen, halte ich aber für bedenklich. Nach meinem Kenntnisstand können in Bedarfsgemeinschaft mit dem Schuldner lebende, nicht mit dem Schuldner verwandte Personen allenfalls im Rahmen einer Erhöhung nach § 850 f Abs. 1 ZPO berücksichtigt werden (vgl. OLG Frankfurt/M. v. 04.07.2008, 24 U 146/07) - und dann m. E. auch nur mit dem (Teil-)Betrag des Schuldnereinkommens, das vom Sozialamt auch für die weiteren Personen herangezogen wird. Die Pauschalbeträge der Tabelle können m. E. nicht einfach so zugrunde gelegt werden, da diese (sind ja für Arbeitnehmer) höhe sind als die Beträge, die das Sozialamt bei der Bedarfsberechnung berücksichtigt. Ansonsten würde eben tatsächlich auch ggf. eine Zahlung aus ebay-Verkauf oder die ESt-Rückerstattung (beides pfändbar) in den Freibetrag fallen.

    Eine Dauerfreigabe halte ich für zulässig, allerdings nur bzgl. des (erhöhten) Arbeitseinkommens, ggf. auch des ganzen Arbeitseinkommens. Würde anhand der letzten Lohnabrechnung einen Durchschnittsbetrag des Einkommens ermitteln und diesen zugrunde legen. Wenn das der Schuldnerin nicht passt, bleibt ihr nur die monatliche Antragstellung/Entscheidung.

    Ggf. käme hier aber auch § 850 l ZPO in Betracht??

    Au Mist - ich war wohl zu schnell. Ich habe überlesen, dass es sich um den Lebensgefährten und dessen Kind handelt. Dann gilt § 850c ZPO natürlich nicht.

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