Ausschlagungsfrist/Beginn

  • Mein EL ist am 20.4.2014 verstorben. Bis heute sind Ausschlagungserklärungen der Kinder und Enkel eingegangen, nicht aber der Ehefrau.
    Diese spricht am gestrigen Tag hier vor, überreicht ein handschaftliches Testament des Erblassers als offene Schrift und meint nun ausschlagen zu wollen.
    Mir ist klar: Kenntnis vom Erbfall und Berufungsgrund für Fristbeginn maßgeblich.

    Aber: Im Gespräch mit der Dame stellte sich heraus, dass sie am Todestag sehr wohl Kenntnis über die Zusammensetzung des Nachlasses hatte, als auch von diesem Testament und der darin enthaltenen Berufung ihrer Person als Alleinerbin.
    Auf Nachfrage teilte sie mit, dass sie bereits das Einzelkonto ihres Gatten (einziger Nachlasswert) aufgelöst hatte. Ob der Bank dabei das Testament vorgelegt wurde ist nicht bekannt.

    Frage an euch: Spielt mein "Aber" bei der Bewertung des Fristbeginns eine Rolle?

  • § 1944
    Ausschlagungsfrist

    (1) Die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen.

    (2) Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Frist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 entsprechende Anwendung.

    (3) Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält.


    Die Frage ob eine Ausschlagung nicht möglich ist, da die Verfügung über das Konto bereits eine Annahme im Sinne von § 1943 BGB ist, stellt sich eigentlich erstmal nicht, da die Erklärung nur entgegengenommen, die Wirksamkeit jedoch nicht geprüft wird.

  • Ich hatte den 1944 in einem Satz abgekürzt. Ich weiß schon. In mir rebeliert es, da die Dame so unverfroren war. Es wird kein ES-Verfahren geben so wie die Akte aussieht, um den 1943 ins Spiel zu bringen.
    Sie hat da ganz eiskalt gehandelt und so wie sie hier auftrat genau wissend wie das Verfahren läuft. Ich hatte in den letzten 10 Jahren keinen Gläubigerantrag. Die Familie hat ausgeschlagen.
    Also wird sie einfach so durchkommen, da das NLG ja erst mal nur Erklärungsempfänger ist. Für einen Pflegschaft gibt es derzeit keine Anhaltspunkte, kein Gst. etc.
    Ich hoffte auf eine mir nicht bekannte Rechtsprechung für mein "Aber".

  • Was hat sie denn mit dem Geld gemacht nachdem sie die Konten aufgelöst hat? Wenn sie nur die Beerdigung gezahlt hat und es war damit verbraucht ok, aber wenn sie es selber eingestrichen hat, kann aufgrund der unklaren Lage schon eine Nachlasspflegschaft anordnen, denn dann wäre zu klären, ob die Ausschlagung wirksam ist und wenn ja könnten sich ja zu realisierende Rückforderungsansprüche des Nachlasses gegen sie ergeben.

  • Sollte sie ausschlagen, und diese wirksame Ausschlagung hat man wohl anzunehmen, da die Frist noch nicht begonnen hat, muss sie wegen § 2018 BGB das Erlangte herausgeben. Demnach könnte eine Pflegschaft eben doch erforderlich sein. Schließlich hat der Pfleger das erlangte Vermögen von der Ehefrau wider heraus zu fordern.

  • Moment: Ausschlagen kann ich nur, wenn ich nicht schon angenommen habe. Ich nehme ebenso an, wenn ich mich wie ein Erbe verhalte und Rechtshandlungen eines Rechtsnachfolgers vornehme. Das ist hier ja wohl der Fall. Da kommt es doch auf die Frist gar nicht mehr an.... dann müsste sie schon die Annahme anfechten, wenn ein Grund vorliegt.

  • Ja aber genau das wissen die Leute nicht oder wollen es nicht wissen.
    Das Gesetz kennen sie ebensowenig. Die Aufklärung darüber erfolgt regelmäßig bei Gericht wenn sie zur Ausschlagung kommen. Da haben sie schon verfügt. Schlimmer noch: Angehörige werden von den Vermietern unmittelbar nach dem Todesfall ultimativ aufgefordert unter Androhnung von Forderungen die Wohnung zu beräumen, was die Allermeisten auch brav tun.
    Soll ich jetzt sagen: tut mir Leid, ich brech hier mal ab, sie haben gerade erklärt sich bis heute wie ein Erbe verhalten zu haben, ich nehme die EAS nicht auf und nicht entgegen?
    Geht wohl nicht.
    Wir sind in der Zwischenzeit in den Fällen (wegen der Häufigkeit solcher Sachlagen) dazu übergegangen den Autotext etwas zu ergänzen. a) um den Sachvortrag des Ausschlagenden was er bis dato so alles veranstaltet hat, denn es könnten ja auch notwendige Fürsorgemaßnahmen sein, die nicht zwangsläufig zur Annahme führen und b) um den Hinweis auf § 1943.
    Wer auf Nachfrage zur Verfügung über den Nachlass verneint, bekommt diese Aussage aufgenommen mit dem Satz, dass er dies auch in Zukunft nicht beabsichtigt zu tun, da er über 1943 belehrt worden ist.
    Ist inzwischen richtig aufwendig, so eine Ausschlagungsakte, nicht nur wegen der vielen Gläubigeranfragen, der aufwendigen Beurkundungen und der sich häufenden Fälle des 1643, nein auch weil sie inzwischen geschätzte 50 % aller Nachlassverfahren ausmachen.
    Zunehmend Probleme bereiten die not. EAS. Da steh fast nichts drin, regelmäßig fehlt z.B. Zeitpunkt Kenntnis vom Erbfall etc.

    Zum Ausgang: in diesem Fall ist nur die Dreistigkeit aufgestoßen, ich nehm das Geld, dann schlag ich aus.
    Ich habe die Bank angeschrieben, ob zur Auszahlung das Testament vorgelegt wurde. Wenn ja würde ich schon sagen: Annahme durch schlüssiges Verhalten, Annahmewille gegeben, auch wenn der Wille nur auf die Rechtsfoge - hier das Geld vom Konto- gerichtet war.

  • Ich denke, dann hätte zumindest die Anfechtung erklärt werden müssen (... ich wusste nicht.. blabla). Eine einfache Ausschlagung geht ins Leere.
    Ich verweise dann in solchen Fällen auf den rechtlichen Rat vor Aufnahme einer Erklärung.

    Ich denke, wir sollten nicht immer versuchen, es den Leuten recht und so angenehm wie möglich zu machen. Wir nehmen die Erklärungen entgegen und erteilen keinen rechtlichen Rat. Wir müssen die Erklärungen auch nicht in alle Richtungen auslegen. Wenn die Erklärung abgegeben wurde und die Erbschaft vorher schon angenommen wurde, dann ist es eben Pech.

  • Ich verweise vor Aufnahme einer Erklärung auf den rechtlichen Rat, welchen ich dringend anrate. Ansonsten lehne ich mich zurück und nehme auf, was erklärt wird. Auch wenn die Leute nach rechtlichem Rat zu mir kommen, nehme ich nur auf, was erklärt wird. Ich selbst doktore nicht rum und begebe mich nicht in die Position einer rechtlichen Beratung, indem ich vorformuliere, was sie eigentlich erklären könnten, damit es wirksam wird.

    Denn wir nehmen die Erklärungen eigentlich nur entgegen. :strecker

  • Ich denke wir beraten eben gerade nicht, sondern nehmen auf was bis dato passiert ist und teilen die Existenz des § 1943 mit, im Wortlaut.
    Ansonsten Erklärungsempfänger. Klar. Ich finde es nur hilfreich 3 Worte zur Sache vorzufinden, wenn dann ein Gläubiger nach Jahren kommt und einen Erbscheinsantrag stellt.

    Die Dame hat nun doch - sie war zwischenzeitlich bei einem Notar und einem Anwalt zur Beratung - das Erbe angenommen - einen Erbschein brauche sie nicht , hat aber gleichzeitig einen Antrag auf Aufnahme eines Inventarverzeichnisses gestellt mit der etwas wirren Aussage, dass Gericht würde nun einen Nachlassverwalter bestimmen und dieser einen Notar beauftragen.
    Ist das Verfahren, wie auch das Verfahren nach § 363 FamFG, nicht ausschließlich den Notaren übertragen worden?

    Das vorgelegte NLV sagt, dass keine 1000,-- EUR da sind. Ob es die Werte am Todestag sind oder nach Ihrer Verfügung wusste sie nicht mehr, da müsse sie nachschauen. :gruebel:
    Sie war wieder persönlich da und wollte das NLV erst gänzlich aus der Akte entfernt haben, hat es aber dann vor Ort auf obigen Betrag korrigiert. Sie hatte vorher einen PKW und Hausrat mit aufgeführt, der ihr ohnehin gehöre.

    Alle Abkömmlinge haben ausgeschlagen, schon vor Abgabe des handschriftlichen TES. Der Wortlaut der not. Erklärungen sind sehr unterschiedlich und reichen von: "Ich schlage aus." bis zu Ausschlagungen aus allen Berufungsgründen, auch für den Fall, dass nachträglich ein Testament eingereicht wird/aufgefunden wird.
    Die Kinder stammen alle aus der 1. Ehe des Erblassers. Der EL wurde im Alter von 81 Jahren von der jetzigen Erbin geheiratet und war Dr. und Steuerfachmann.

    In dem Testament ist eine Pflichtteilsklausel die u.a. besagt, dass die Kinder bei Geltendmachung ihnen zugewandte Beträge anrechnen lassen müssen. In der Summe sind dies ca 70.000 EUR. Das Testament wurde Ende 2013 geschrieben, Anfang 2014 ist der Erblasser verstorben. Das ließe den Schluss zu, er ging bei der Testierung davon aus, dass sein Vermögen sehr viel mehr als o.g. Summe beträgt.

    Was schicke ich den "pflichtteilsberechtigten" Kindern zu?
    Lässt die Formulierung "ich schlage aus" eher die Vermutung zu das gesetzliche Erbe wurde ausgeschlagen, denn ein Testament lag nicht vor/war nicht bekannt oder ist hier im Zweifel jeder Berufungsgrund gemeint.

    In Unkenntnis über das Testament - es wurde in keiner Erklärung erwähnt - haben sie sich ja im Zweifel mit der frühzeitigen Ausschlagung um ihr Pflichtteil gebracht.

    Ich wäre für weitere Hinweise dankbar, da sich Dinge förmlich aufdrängen, die es momentan schwierig machen, die Sache rechtlich sauber zu handhaben.

  • Die Ausschlagungserklärungen, die alle Berufungsgründe umfassen, sind eindeutig. Ich würde diesen Personen das Testament nicht mehr übersenden. Bei allen anderen ist es Auslegungssache und daher würde ich das Testament übersenden.

  • Darf ich an der Stelle noch mal nachfragen, die Akte wird immer spannender.

    Wir hatten die Ehefrau nach dem vorgelegten Tes berufen und den Kindern entsprechend Mitteilung gemacht, insbesondere im Hinblick darauf, dass nicht alle Ausschlagungen aus allen Berufungsgründen erfolgten.
    Nun erklären alle Kinder, dass es sich bei dem Testament eher um die Handschrift der Ehefrau handelt, in keinem Fall um die des EL. Er kannte in den letzten Jahren!! nicht einmal mehr seinen Namen. Die Kinder beabsichtigen anzufechten, eine Erklärung liegt noch nicht vor.
    Das TES wurde datiert auf 10 Monate vor dem Ableben des EL. Es ist kein gemeinsames TES, was ja üblich wäre, zumal der EL Steuerberater war.
    Auch der Inhalt des TES zeugt von reiner Eigennützigkeit der Ehefrau.

    Als gesetzliche Erbin befand sie sich wegen Fristablauf schon vor Abgabe des TES in Erbenstellung.

    Wie würdet Ihr in dem heute stattfindenden Ausschlagungstermin - sie will als testamentarische Erbin ausschlagen - damit umgehen?
    Ich gebe zu, mir fällt es schwer hier ganz pragmatisch zu verfahren.

  • Ist das Testament ein gemeinschaftliches Testament beider Ehegatten? Haben beide unterschrieben? Oder nur ein Testament des Erblassers? Du schreibst, es sei ein einseitiges Testament des Erblassers. Eigenhändig? Unterschrieben?

    Nach deinen Ausführungen (der Erblasser kannte nicht einmal mehr seinen Namen) spricht ja sogar etwas in Richtung Urkundenfälschung. Wer hat denn das Testament tatsächlich geschrieben bzw. unterschrieben? Ist wahrscheinlich ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

    Würde die Ausschlagung aufnehmen und ggf. Darauf hinweisen, dass ich die Akte der StA schicken werden. Vielleicht knickt die Ehefrau dann ein.

  • Antwort kam zu spät aber genau so hab ich es gemacht. Es ist ein einseitiges TES, die Ehefrau gab nach einiger Zeit zu es selbst geschrieben zu haben, aber die Unterschrift stamme vom Erblasser. Der EL hätte sie gebeten dies so zu tun, was aus meiner Sicht völlig unglaubwürdig ist, er war Dr. jur. Entweder der Grad der Demenz den die Kinder beschrieben haben stimmt und er wusste tatsächlich nicht mehr so richtig was geht und was nicht oder - so sagt mein Bauch, die Frau schwindelt was das Zeug hält.

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