Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Besteht Streit, ob eine Zahlung des Geschäftsführers an sich selbst pflichtgemäß war, muss die Gesellschaft nur darlegen, dass der Geschäftsführer auf einen möglicherweise nicht bestehenden Anspruch geleistet hat. Es ist danach Sache des Geschäftsführers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er einen Zahlungsanspruch hatte.

    BGH, Beschl. v. 22. 6. 2009 - II ZR 143/08

  • 1.
    Eine persönliche Haftung des Insolvenzverwalters gemäß § 60 InsO kommt nicht in Betracht, wenn sie darauf gestützt wird, der Insolvenzverwalter habe es unterlassen, Arbeitnehmer rechtzeitig vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit freizustellen.
    2.
    Die Inanspruchnahme der Arbeitsleistung in einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis ist keine Rechtshandlung i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
    3.
    Eine Haftung des Insolvenzverwalters wegen verspäteter Anzeige der Masseunzulänglichkeit scheidet aus, wenn dieser zur Abarbeitung bestehender Aufträge aufgrund eines hinreichend fundierten Finanzplans die Fortführung des Betriebes bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entschieden hat.

    LAG Hamm, Urt. v. 27. 5. 2009 - 2 Sa 331/09

  • Der Schuldner muss im Verzeichnis der gegen ihn gerichteten Forderungen auch Forderungen angeben, deren Bestehen er bestreitet. Verschweigt er solche Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig, ist ihm die Restschuldbefreiung regelmäßig zu versagen.

    BGH, Beschl. v. 2. 7. 2009 - IX ZB 63/08

  • 1.
    Zahlt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern vorbehaltlos dreimal außer der tariflichen Zuwendung eine weitere Zuwendung, obwohl er weiß, dass dafür eine kollektiv- oder individualrechtliche Grundlage fehlt, verpflichtet er sich nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung vertraglich zur Zahlung der weiteren Zuwendung.
    2.
    Regelt eine Tarifvorschrift, dass Nebenabreden der Schriftform bedürfen, erfasst sie nicht Vereinbarungen der Parteien über die beiderseitigen Hauptrechte und Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis nach § 611 BGB.
    3.
    Sagt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine höhere als die tarifliche Vergütung zu, ist diese Abrede keine Nebenabrede.

    BAG, Urt. v. 1. 4. 2009 - 10 AZR 393/08

  • Ein bestandskräftiges Negativattest, das auf einen form- und fristgerecht eingereichten Antrag des Arbeitgebers ergeht, beseitigt ebenso wie die Zustimmung des Integrationsamtes die zunächst bestehende Kündigungssperre in Bezug auf einen schwerbehinderten Menschen (vgl. BAG, Urt. v. 6.9.2007 - 2 AZR 324/06). Da das Negativattest aber nur an die Stelle der an sich erforderlichen Zustimmung treten kann, muss es vor Ausspruch der Kündigung vorliegen.

    LAG Hamm, Urt. v. 31. 7. 2008 - 15 Sa 2027/06

  • Entsteht an dem Bier, das der Schuldner braut, eine Sachhaftung zur Sicherung der Biersteuer, wird dadurch eine objektive Gläubigerbenachteiligung bewirkt, selbst wenn mit dem Brauvorgang eine übersteigende Wertschöpfung zugunsten des Schuldnervermögens erzielt wurde.

    BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08

  • a) Bei der Ermittlung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens werden die Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem konkreten Bedarf berücksichtigt, soweit sie nicht den nach den Umständen des Einzelfalls und den örtlichen Gegebenheiten angemessenen Umfang übersteigen. Bei der gebotenen Prüfung ist vorrangig das ortsübliche Mietpreisniveau, wie es sich aus einem qualifizier-ten Mietspiegel (§ 558 d BGB), einem Mietspiegel (§ 558 c BGB) oder unmittelbar aus einer Mietdatenbank (§ 558 e BGB) ableiten lässt, heranzuziehen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 151/03, BGHZ 156, 30, 37).

    b) Auf die Miethöchstgrenzen aus der Tabelle zu § 8 WoGG a.F. kann als Maßstab der Angemessenheit der Kosten für die Unterkunft erst dann zurückgegrif-fen werden, wenn ein konkret-individueller Maßstab durch lokale Erkenntnismöglichkeiten nicht gebildet werden kann.
    BGH, Beschluss vom 23. Juli 2009 - VII ZB 103/08 -

  • BGH IX ZB 199/08 vom 9. Juli 2009, ohne Leitsatz:

    Es stellt eine Vermögensverschwendung dar, wenn der Schuldner eine zur Masse gehörende Einbauküche entsorgt und dadurch ein geringerer Kaufpreis für die schuldnerische Eigentumswohnung erzieht wird.

    Stichworte: Restschuldbefreiung, Vermögensverschwendung

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • 1.
    Ein Richterspruch ist nur dann willkürlich und verstößt gegen den Gleichheitssatz, wenn er unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist und sich der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Dies ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich.
    2.
    Auch in Fällen der zivilrechtlichen Unanfechtbarkeit kann ein Verstoß gegen das Willkürverbot den Weg zum Landesverfassungsgericht eröffnen.

    VerfGH Thüringen, Beschl. v. 6. 1. 2009 - VerfGH 19/08

  • Die Entlassung des (vorläufigen) Treuhänders setzt eine Pflichtverletzung voraus, die tatsächlich feststeht. Sie setzt weiter voraus, dass es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Treuhänder im Amt zu belassen.

    BGH, Beschl. v. 9. 7. 2009 - IX ZB 35/09

  • 1.
    Bei einer erfolgten Abwahlentscheidung hat das Gericht gem. § 57 Abs. 1 Satz 3 InsO nicht lediglich die Bestallungsurkunde auszustellen, sondern eine genaue Eignungsprüfung vorzunehmen, ob der durch die Gläubigerversammlung Gewählte die Kriterien des § 56 InsO erfüllt.
    2.
    Maßstab für die Eignung des neu gewählten Verwalters ist insbesondere seine Unabhängigkeit und das Fehlen von Interessenkollisionen.

    AG Gifhorn, Beschl. v. 31. 3. 2009 - 35 IN 222/03

  • 1.
    Es besteht kein zivilrechtlich durchsetzbarer Rechtsanspruch eines Schuldners gegen den Insolvenzverwalter auf Beendigung des Insolvenzverfahrens in Form der Beantragung des Schlusstermins.
    2.
    Der Schuldner kann lediglich Aufsichtsmaßnahmen des Insolvenzgerichtes anregen und Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter geltend machen.

    AG Göttingen, Urt. v. 3. 6. 2009 - 21 C 24/09

  • Nach Neufassung des § 4a GmbHG, der es erlaubt, dass eine deutsche GmbH ihren Verwaltungssitz an jeden beliebigen Ort im Ausland verlegt, mithin ihre Geschäfte auch vollständig im oder aus dem Ausland tätigt, ist - auch mit Blick auf die denkbare Möglichkeit einer Anordnung des persönlichen Erscheinens des Geschäftsführers der GmbH durch ein inländisches Gericht oder eine inländische Behörde - nicht anzunehmen, dass ein Geschäftsführer mit Staatsangehörigkeit und Wohnsitz eines Nicht-EU-Staates seine gesetzlichen Aufgaben bei fehlender Einreisemöglichkeit typischerweise nicht erfüllen könnte.

    OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16. 4. 2009 - I-3 Wx 85/09

  • 1.
    Wird der gem. § 613a Abs. 2 Satz 1 BGB haftende Betriebsübernehmer auf Zahlung von Arbeitsentgelt in Anspruch genommen, so steht ihm gem. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB in voller Höhe ein Ausgleichsanspruch gegen den Veräußerer zu, da diesem allein die Gegenleistung, nämlich die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer, zugute gekommen ist.
    2.
    Erfüllt der Übernehmer die Lohnforderungen der Arbeitnehmer in der Form, dass er eine Forderung der Arbeitsagentur wegen geleisteten Insolvenzgeldern erfüllt, so geht die Forderung kraft Gesetzes zunächst auf die Arbeitsagentur (§ 187a SGB III) und mit der Erfüllung der Forderung der Arbeitsagentur auf den Übernehmer über.
    3.
    Der Übernehmer ist dann berechtigt, diese Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden.

    OLG Brandenburg, Urt. v. 6. 5. 2009 - 7 U 129/08

  • Hat die Geschäftsführerin eines Unternehmens weder in dem Unternehmen mitgearbeitet, noch irgendwelche Informationen erlangt, so kann ihr die vorsätzliche Vorenthaltung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung jedenfalls nicht als vorsätzliche unerlaubte Handlung vorgeworfen werden.

    OLG Brandenburg, Urt. v. 31. 3. 2009 - 6 U 150/07

  • Die Ausnahme in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates v. 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass sie eine Entscheidung eines Gerichts in einem Mitgliedstaat A über die Eintragung als Inhaber von Anteilen einer im Mitgliedstaat A ansässigen Gesellschaft erfasst, wonach die Übertragung dieser Anteile deshalb als unwirksam betrachtet werden muss, weil das Gericht des Mitgliedstaats A die Befugnisse eines Konkursverwalters eines Mitgliedstaats B im Rahmen eines im Mitgliedstaat B durchgeführten und beendeten Konkursverfahrens nicht anerkennt.

    EuGH, Urt. v. 2. 7. 2009 - C-111/08

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