Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • 1. Die Klage eines Insolvenzverwalters gegen die Umsatzsteuerfestsetzung, in der der aus der Wahl der Nichterfüllung von Verträgen durch den Insolvenzverwalter resultierende Erstattungsanspruch dem Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugeordnet wurde, ist auch dann zulässig, wenn für den Veranlagungszeitraum keine abweichende, betragsmäßig bestimmte Steuerfestsetzung beantragt wird.
    2. Die Aufrechnung mit Insolvenzforderungen gegen einen Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch ist nicht möglich, wenn der Erstattungsanspruch daraus resultiert, dass der Insolvenzverwalter die Nichterfüllung von Verträgen wählt, aufgrund derer der Insolvenzschuldner Anzahlungen erhalten und versteuert hatte, für die er noch keine äquivalente Gegenleistung erbracht hat.

    FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. 6. 2009 - 6 K 1969/06 (Rev. eingelegt BFH - V R 34/09)

  • Die Leistungen eines Insolvenzverwalters bei dem freihändigen Verkauf von mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücken und der Einziehung mit Pfandrechten belasteter Mietforderungen im Wege der "kalten Zwangsverwaltung" gegen Einbehaltung eines Massekostenbeitrages bzw. Inkassogebühren unterliegen als entgeltliche Geschäftsbesorgung im Auftrag der absonderungsberechtigten Gläubiger der Umsatzsteuer. Die vereinbarte Massebeteiligung steht der gesetzlichen Massebeteiligung nach § 170 InsO nicht gleich. § 166 Abs. 2 InsO berechtigt den Insolvenzverwalter nicht zur Verwertung verpfändeter Forderungen.

    FG Düsseldorf URTEIL vom 10.06.2009 - 5 K 3940/07 U

  • BGH, IX ZA 36/09 vom 3.12.2009, ohne Leitsatz:

    Zur Frage der Kostentragungspflicht des Schuldners in der WVP bei Aufhebung der Stundung:

    Auch wenn der Treuhänder seinen subsidiären Anspruch gegen die Staatskasse behält, soweit er in einem Zeitraum tätig geworden ist, in dem die Verfahrenskosten dem Schuldner noch gestundet waren (vgl. auch LG Göttingen, NZI 2009, 257), muss er doch primär den Schuldner auf Ausgleich seiner noch offenen Vergütung in Anspruch nehmen. 

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  • AG Göttingen
    Beschluss vom 18.12.2009
    71 IN 51/04
    1. Der Insolvenzverwalter ist in vor dem 29.12.2006 eröffneten Verfahren berechtigt, den Vergütungsanspruch für die Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung geltend zu machen, wenn die Forderung verjährt ist.

    2. Das Insolvenzgericht ist nicht berechtigt, die Verjährung von Amts wegen zu berücksichtigen.

    3. Eine vorherige Anhörung von Schuldner und Gläubigern zu dem Vergütungsantrag ist nicht erforderlich.

  • OLG Stuttgart
    Beschluss vom 18.11.2009
    3 W 63/09
    1. Der Rückgewähranspruch nach § 11 AnfG kann durch einstweilige Verfügung gesichert werden.
    2. Der anfechtende Gläubiger ist beweisbelastet für eine nicht werterschöpfende Belastung. Da der Anfechtungsgegner in Folge der ihn treffenden sekundären Darlegungs- und Beweislast sich äußern muss, in welcher Höhe die Belastung im maßgeblichen Zeitpunkt valutierte, genügt im einstweiligen Verfügungsverfahren, dass der Gläubiger eine reale Belastung trotz der ersichtlichen nominellen Belastung mit Grundpfandrechten bestreitet.
    3. Einer Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes für das den Rückgewähranspruch sichernde Verfügungsverbot bedarf es nicht (§§ 885 I 2, 899 II BGB analog).

  • Ist das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden, kann die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters vom Insolvenzgericht nicht im Verfahren nach §§ 63, 64 InsO, §§ 8, 10, 11 InsVV festgesetzt werden; in diesem Fall ist der vorläufige Insolvenzverwalter wegen seines Vergütungsanspruchs auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen (Bestätigung von BGHZ 175, 48; BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004 - IX ZB 256/03).

    BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - IX ZB 280/08

  • LAG Köln, Urteil vom 09.09.2009 - 3 Sa 746/09

    1. Die Entscheidung über das Vorliegen eines Befristungsgrundes ist eine Prognoseentscheidung, für die es allein auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt.

    2. Bei einer Drittmittelbefristung muss nach dieser Prognose Kongruenz von Beschäftigungsdauer und Dauer der Drittmittelbewilligung bestehen. 

  • Ein Verbraucherdarlehensvertrag und eine für diesen abgeschlossene Restschuldversicherung können verbundene Geschäfte im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB bilden

    Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Darlehens- und ein Restschuldversicherungsvertrag verbundene Geschäfte bilden können. Diese Frage war bislang in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der rechtswissenschaftlichen Literatur unterschiedlich beurteilt worden.
    Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin, eine Bank, nimmt die beklagten Eheleute auf Rückzahlung eines gekündigten Darlehens in Anspruch. Die Beklagten hatten gleichzeitig mit dem Darlehensvertrag einen Restschuldversicherungsvertrag abgeschlossen, zu dessen Finanzierung die Darlehenssumme erhöht worden war. Sie sind der Auffassung, der Darlehensvertrag und der Restschuldversicherungsvertrag bildeten verbundene Geschäfte im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB. Da die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung nicht den bei verbundenen Geschäften zu beachtenden Anforderungen entspreche, seien sie noch zum Widerruf des Darlehensvertrages berechtigt.
    Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.
    Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Darlehensvertrag und der Restschuldversicherungsvertrag verbundene Geschäfte sind, weil das Darlehen teilweise der Finanzierung der Restschuldversicherung dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Hierfür ist maßgeblich, dass beide Verträge wechselseitig aufeinander Bezug nehmen, dass der Darlehensvertrag die teilweise Verwendung des Darlehens zur Bezahlung der Versicherungsprämie vorsieht und dass den Beklagten die freie Verfügungsmöglichkeit über den unmittelbar an die Versicherungsgesellschaft gezahlten Teil des Darlehens genommen war. Die Wirksamkeit des Restschuldversicherungsvertrages war zudem vom Zustandekommen des Darlehensvertrages abhängig. Die Versicherungsgesellschaft wird im Darlehensvertrag als "Partner" der Klägerin bezeichnet.
    Zur Aufklärung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Klägerin nach dem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages, der sich auch auf den verbundenen Restschuldversicherungsvertrag erstreckt, ein Anspruch gegen die Beklagten zusteht, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden.
    Urteil vom 15. Dezember 2009 XI ZR 45/09
    Karlsruhe, den 15. Dezember 2009
    LG Köln - 15 O 494/07 – Entscheidung vom 22. April 2008;
    OLG Köln - 13 U 103/08 – Entscheidung vom 14. Januar 2009

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  • AG Duisburg, Beschluss vom 25.05.2009 – 62 IK 59/00
    Nach Ablauf der Wohlverhaltenszeit ist die Erteilung der Restschuldbefreiung nicht mehr höchstpersönlich an den Schuldner gebunden, stellt das AG Duisburg hier fest. Denn für die Erteilung der Restschuldbefreiung sei nur erheblich, wie sich der Schuldner bis zum Zeitpunkt des Ablaufs der Wohlverhaltenszeit verhalten habe. 

  • AG Mannheim, Beschluss vom 07.12.2009 - AR 52/09
    1. Ein Prätendent hat keinen Anspruch auf Aufnahme in die Vorauswahlliste, wenn er aufgrund genereller Ungeeignetheit nach der ständigen Bestellpraxis des Gerichts keinerlei Aussicht auf tatsächliche Berücksichtigung hat (Fortführung von BVerfG, Beschl. v. 3.8.2009 - 1 BvR 369/08).

    2. Die generelle Ungeeignetheit eines Bewerbers ergibt sich, wenn er in von ihm bearbeitete Verfahren wiederholt gegen elementare Verwalterpflichten verstößt, insbesondere die Massesicherung unterlässt, keine zeitnahe Buchführung und eine intransparente Rechnungslegung vornimmt. Diese Verstöße sind dann relevant, wenn dadurch Gläubigerinteressen gefährdet, aber auch der Bearbeitungsablauf durch das Insolvenzgericht gestört wird. Zu dieser Feststellung genügt eine repräsentative Auswahl bisher vom Prätendenten bearbeiteter Verfahren; das amtswegig ermittelnde Insolvenzgericht schuldet keine Vollständigkeit.

    3. Der generellen Ungeeignetheit steht das Führen des Titels "Fachanwalt für Insolvenzrecht" nicht entgegen; dies jedenfalls dann, wenn der Prätendent anlässlich seiner mündlichen Anhörung zu erkennen gibt, seinen Bearbeitungsstil nicht ändern zu wollen. Auch die Unschuldsvermutung eines anhängigen Ermittlungsverfahrens gegen den Bewerber führt nicht zu seiner Geeignetheit, sondern bewirkt allenfalls einen befristeten Aufschub bis zum Streichen von der Vorauswahlliste.

    4. Die Aufnahme in die Vorauswahlliste ist auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - etwa beschränkt auf Verbraucherinsolvenzverfahren - zu rechtfertigen, da auch diese Verfahren bei ihrer Bearbeitung einem bestimmten Standard genügen müssen und sich "einfach gelagerte Fälle" vielfach nicht bereits bei der Auswahl des Insolvenzverwalters bestimmen lassen. 

  • BGH IX ZB 20/08 vom 10.12.2009, ohne Leitsatz zur Gewährung von PKH im Rechtsbeschwerdeverfahren:

    Dadurch das Schuldner sein Haus Dritten ohne Entgelt zur Nutzung überlassen hat, hat er die zu seinem Vermögen gehörende Nutzungsmöglichkeit verschwenderisch verwertet.

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  • OLG Koblenz vom 22.06.2009
    1 W 199/09

    1. Vorschüsse auf die Prozesskosten sind nur denjenigen am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten, welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und deren Befriedigungsmöglichkeiten sich bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskosten- und ggf, auch das Vollstreckungsrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung voraussichtlich deutlich verbessern werden.

    2. Es ist Sache des Insolvenzverwalters, die wirtschaftlich Beteiligten zum Aufbringen der Kosten zu veranlassen; entsprechende Bemühungen und etwaige Hinderungsgründe hat er konkret darzutun und ggf. glaubhaft zu machen.

  • LG Karlsruhe, Beschluss vom 14.09.2009 - 11 T 458/08
    1. Eine Hemmung der Verjährung des Vergütungsanspruchs des Insolvenzverwalters in analoger Anwendung des § 8 II 1 RVG kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen für eine Analogie nicht gegeben sind.
    2. Das Insolvenzgericht ist nicht aufgrund seiner Aufsichtspflicht über den vorläufigen Insolvenzverwalter (§§ 21 II 1, 58 InsO) befugt, die Verjährung des Vergütungsanspruchs im Vergütungsfestsetzungsverfahren von Amts wegen zu beachten. Das beruht darauf, dass es sich bei der Verjährung um eine materiell-rechtliche Einrede handelt, die nur berücksichtigt werden darf, wenn sie zuvor von mindestens einem der nach materiellem Recht hierzu Berechtigten erhoben wurde. Dazu zählt das Insolvenzgericht nicht. 

  • 1. Aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der von einem Unterhaltsberechtigten vor Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Unterhaltsschuldners erwirkt worden ist, kann nach der Insolvenzeröffnung die Zwangsvollstreckung wegen Unterhaltsrückständen aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung nicht mehr betrieben werden (§ 89 I InsO). Die Ausnahme von dem generellen Vollstreckungsverbot in § 114 III 3 i.V. mit § 89 II 2 InsO betrifft nur die während des Insolvenzverfahrens neu entstehenden laufenden Unterhaltsansprüche.

    2. Wird dem Schuldner des Verbraucherinsolvenzverfahrens Restschuldbefreiung nach § 291 InsO in Aussicht gestellt, kann auch in der Wohlverhaltensphase die Zwangsvollstreckung wegen Unterhaltsrückständen aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung nicht betrieben werden. Dem steht das Vollstreckungsverbot des § 294 InsO entgegen.

    BAG, Urteil vom 17. 9. 2009 - 6 AZR 369/08 ( LAG Nürnberg) 

  • AG Göttingen, Beschluss vom 27.11.2009 - 74 IN 271/09
    1. Für die örtliche Zuständigkeit gem. § 3InsO genügt es, dass ein zunächst unzuständiges Gericht vor der Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens zuständig wird. Die Rechtsprechung des EuGH, dass auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist, gilt hier nicht.
    2. Eine unter Missachtung dieser Grundsätze erfolgte Verweisung kann willkürlich sein und keine Bindungswirkung entfalten. 

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