Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • 1. Hat ein Verbraucher seine auf den Abschluss eines Verbraucherkreditvertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen, so führt dies nicht dazu, dass aus den Darlehensvaluta an einen Versicherer gezahlte Prämien für eine Restschuldversicherung zurückzugewähren sind, da diese Rückabwicklung ausschließlich im Verhältnis der Bank zu dem Versicherungsunternehmen geschieht (§ 358 Abs. 4 Satz 3 BGB). Insbesondere besteht kein gegen die Bank gerichteter Anspruch auf Erstattung der Prämien.

    2. Eine Nichtanwendung des § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB auf die Fälle der darlehensfinanzierten Restschuldversicherung aufgrund einer teleologischen Reduktion dieser Vorschrift auf den vom Gesetz für sie eigentlich vorgesehenen Anwendungsbereich kommt nicht in Betracht.

    OLG Düsseldorf, Urt. v. 5. 11. 2009 - I-6 U 27/09

  • Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, sind auch Prozesse unterbrochen, die die persönliche Haftung eines Gesellschafters betreffen. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens können Ansprüche für die Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit nur durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.

    OLG Koblenz, Beschl. v. 15. 1. 2010 - 2 W 842/09

  • Auf die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters findet grds. die InsVV Anwendung. Allein der Umstand, dass die gerichtliche Geltendmachung der vom Sonderinsolvenzverwalter festgestellten Ansprüche bereits Gegenstand des ursprünglichen Auftrags war, hindert die Zuerkennung von Zuschlägen nicht. Maßgebend ist allein, ob deren Voraussetzungen vorliegen.

    BGH, Beschl. v. 21. 1. 2010 - IX ZB 163/08

  • AG Hamburg, Beschluss vom 19.02.2010 - 67g IN 127/06

    1. Das Insolvenzgericht kann die Restschuldbefreiung gemäß § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO von Amts wegen versagen, wenn ein hinreichender Verdacht dafür besteht, dass der Schuldner gegen seine Obliegenheiten aus § 295 InsO verstoßen hat. Ein solcher Verdacht kann sich insbesondere aus einem Versagungsantrag eines Insolvenzgläubigers oder einem Bericht des Treuhänders ergeben. Eines zulässigen Versagungsantrags bedarf es nicht.

    2. Ist der Schuldner unbekannt ins Ausland verzogen, so kann und braucht das Verfahren zur Erlangung von Auskünften (§ 296 Abs. 2 Satz 3 InsO) nicht durchgeführt werden, vgl. § 10 Abs. 1 InsO. Vielmehr kann dem Schuldner ohne vorherige Anhörung die Restschuldbefreiung gemäß § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO versagt werden.

    3. Das erforderliche Verschulden eines "abtauchenden" Schuldners liegt darin begründet, dass dieser weder dem Insolvenzgericht noch dem Treuhänder Mitteilungen über seine Erreichbarkeit gemacht hat.

  • Die Höhe der Mindestvergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters richtet sich nach der Anzahl der Gläubiger, denen nach den Unterlagen des Schuldners offene Forderungen gegen den Schuldner zustehen, soweit mit einer Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren zu rechnen ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich der vorläufige Verwalter mit den Forderungen konkret befasst hat.

    BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 - IX ZB 129/08

  • a) Sinn und Zweck des Zahlungsverbots des § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. ist, die verteilungsfähige Vermögensmasse der insolvenzreifen Gesellschaft im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern (vgl. Senat, BGHZ 143, 184, 186; 146, 264, 275).
    b) Zahlungen von einem debitorischen Konto an einzelne Gesellschaftsgläubiger berühren, wenn die Bank über keine diese deckenden Gesellschaftsicherheiten verfügt, weder die verteilungsfähige Vermögensmasse, noch gehen sie zum Nachteil der Gläubigergesamtheit. Es handelt sich danach vielmehr um eine Zah-lung mit Kreditmitteln, welche einen bloßen, masseneutralen Gläubigertausch zur Folge hat (vgl. BGHZ 143, 184, 187 f.; Sen.Urt. v. 26 März 2007 - II ZR 310/05, ZIP 2007, 1006 Tz. 8).

    BGH, Urteil vom 25. Januar 2010 - II ZR 258/08

  • AG Göttingen, Beschluss vom 01.03.2010 - 74 IK 47/10

    1. Die Gründe für eine Versagung der Restschuldbefreiung sind in der InsO abschließend aufgeführt und nicht analogiefähig.

    2. Die Vorschrift des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO kann nicht analog angewandt werden bei Verletzung der Auskunft-/Mitwirkungspflichten gem. § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO bzw. Nr. 6 InsO in einem vorherigen Insolvenzverfahren (a.A. BGH NZI 2009. 691 = ZInsO 2009, 1777).

    3. Dies gilt auch, wenn im Vorverfahren keine ausdrückliche Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 290 Abs. 1 Nr. 5/6 InsO erfolgte, sondern die Stundung gem. § 4 a Abs. 1 Satz 3, 4 InsO wegen zweifelsfreien Vorliegen eines Versagungsgrundes zurückgewiesen wurde (a.A. LG Duisburg, ZInsO 2009, 2407).

  • AG Göttingen, Urteil vom 26.02.2010 - 21 C 147/09

    1. Darlehensvertrag und Restschuldversicherungsvertrag bilden eine Einheit (BGH, Urteil vom 15.12.2009 - XI ZR 45/09). Bei Fehlen einer Belehrung kann der Insolvenzverwalter den Widerruf erklären.

    2. Die Auskehr der Versicherungsprämie kann auch vom Versicherungsunternehmen verlangt werden.

    3. Eine Saldierung des Rückzahlungsanspruch auf die Restschuldversicherungsprämie mit dem Darlehensanspruch findet nicht statt (a. A. zuletzt OLG Düsseldorf NZI 2010, 29).

  • BGH, Urteil vom 25. Januar 2010 - II ZR 258/08 -



    a) Sinn und Zweck des Zahlungsverbots des § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. ist, die verteilungsfähige Vermögensmasse der insolvenzreifen Gesellschaft im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern (vgl. Senat, BGHZ 143, 184, 186; 146, 264, 275).
    b) Zahlungen von einem debitorischen Konto an einzelne Gesellschaftsgläubiger berühren, wenn die Bank über keine diese deckenden Gesellschaftsicherheiten verfügt, weder die verteilungsfähige Vermögensmasse, noch gehen sie zum Nachteil der Gläubigergesamtheit. Es handelt sich danach vielmehr um eine Zah-lung mit Kreditmitteln, welche einen bloßen, masseneutralen Gläubigertausch zur Folge hat (vgl. BGHZ 143, 184, 187 f.; Sen.Urt. v. 26 März 2007 - II ZR 310/05, ZIP 2007, 1006 Tz. 8).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Sind ein zur Insolvenzmasse gehörendes Grundstück und daraufstehende Gebäude Gegenstand einer bauaufsichtlichen Sicherheitsprüfung, ist (auch) der Insolvenzverwalter als ordnungsrechtlicher Verantwortlicher „Veranlasser” der Amtshandlung und deshalb Kostenschuldner.

    VGH Kassel, Beschluss vom 2. 11. 2009 - 5 A 2533/09

  • Ein Rechtsstreit über eine Forderung ist auch dann unterbrochen, wenn der Schuldner die Forderung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgetreten hat, diese Abtretung jedoch nach insolvenzrechtlichen Vorschriften anfechtbar ist.



    Entfällt der Massebezug während des Insolvenzverfahrens, ohne dass der Insol-venzverwalter die Freigabe erklärt, ist die Unterbrechung des Rechtsstreits nicht automatisch beendet; es bedarf der Aufnahme nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften.

    Der Nebenintervenient des Schuldners hat keine Möglichkeit, für den Fall der Verzö-gerung der Aufnahme den Insolvenzverwalter nach § 239 Abs. 2 ZPO zur Verhand-lung zur Hauptsache laden zu lassen.

    BGH, Zwischenurteil vom 11. Februar 2010 - VII ZR 225/07 -

  • 1.
    Bei der Anordnung der Durchsuchung ist bei einem unverdächtigen Insolvenzverwalter Zurückhaltung geboten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet in jedem Verfahrensstadium das jeweils mildeste Mittel anzuwenden. Kann ein Ermittlungserfolg auf unterschiedliche Art und Weise erreicht werden, so muss dasjenige Mittel gewählt werden, welches den Betroffenen unter den Umständen des Einzelfalles bestmöglich schont.
    2.
    Vor einer Durchsuchung ist regelmäßig die Möglichkeit eines Herausgabeverlangens nach § 95 StPO als sanktionsfähige strafprozessuale Maßnahme vordringlich zu prüfen.


    LG Saarbrücken, Beschl. v. 2. 2. 2010 - 2 Qs 1/10

  • Soweit der Insolvenzverwalter in den Fällen der freihändigen Grundstücksverkäufe in entsprechender Vereinbarung mit den Grundpfandgläubigern Massekostenbeiträge einbehalten hat, handelt es sich bei diesen Beträgen nach der Rechtsprechung des BFH um (Brutto-)Entgelt für umsatzsteuerpflichtige Geschäftsbesorgungsleistungen des Klägers an die Gläubigerbanken. Bei der Vereinbarung einer "kalten Zwangsverwaltung" gegen Beteiligung der Masse an den eingezogenen Mietforderungen zwischen Insolvenzverwalter und Grundpfandgläubigern handelt es sich um ein Leistungsaustauschverhältnis i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.

    FG Düsseldorf, Urt. v. 10. 6. 2009 - 5 K 3940/07 U

  • 1.
    Ein Kündigungsschutzprozess wird durch die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitnehmers nicht unterbrochen. Ein solcher Prozess betrifft nur einen höchstpersönlichen Anspruch des Schuldners und nicht die Insolvenzmasse.
    2.
    Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist unwirksam, wenn sie allein wegen des Eingehens eines neuen Arbeitsverhältnisses ("Abkehrwillen") erklärt wird.

    BAG, Urt. v. 5. 11. 2009 - 2 AZR 609/08

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