Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • 1. Auch im Fall der Zahlung der Forderung und Glaubhaftmachung eines relevanten Vorantrags nach § 14 Abs. 1 InsO hat das Gericht seine Ermittlungen davon abhängig zu machen, dass weiterhin die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Insolvenzantrags vorliegen.

    2. Die Glaubhaftmachung einer neuen, weiteren Forderung der Antragstellerin gegen den Schuldner ist nach § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO entbehrlich. Eine Antragstellerin hat jedoch die andauernde Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit das Vorliegen eines Insolvenzgrundes glaubhaft zu machen.

    LG Berlin, Beschl. v. 10. 1. 2012 - 85 T 386/11

  • Bei dem Aussteller einer Bescheinigung nach § 270b InsO muss es sich um eine unabhängige und neutrale Person handeln. Es sind ähnliche strenge Anforderungen zu stellen wie bei der Auswahl eines vorläufigen Insolvenzverwalters nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 1 und 56 Abs. 1 InsO. Einem vormalig bestellten Insolvenzverwalter, der diese Tätigkeit seit mehreren Jahren nicht mehr ausübt, fehlt es an der notwendigen Qualifikation.

    AG München, Beschl. v. 29. 3. 2012 - 1507 IN 1125/12

  • 1. Beruht die Berichtigung nach § 15a UStG auf einer steuerfreien Veräußerung durch den Insolvenzverwalter im Rahmen der Verwaltung und Verwertung der Masse, ist der Berichtigungsanspruch eine Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

    2. Im Verhältnis zwischen Festsetzungs- und Erhebungsverfahren ist die im Festsetzungsverfahren vorgenommene Steuerfestsetzung für das Erhebungsverfahren vorgreiflich. Dies gilt auch für die Frage, ob Berichtigungen nach § 15a UStG zu Lasten oder zu Gunsten der Masse in einem an den Insolvenzverwalter gerichteten Steuerbescheid zu berücksichtigen sind.

    BFH, Urt. v. 8. 3. 2012 - V R 24/11

  • Der Abschluss einer besonderen Haftpflichtversicherung nach § 4 Abs. 3 Satz 2 InsVV ist gerechtfertigt, wenn keine auskunftsbereite und auskunftsfähige Geschäftsleitung vorhanden ist, die den Insolvenzverwalter mit ausreichenden Informationen versorgt.

    LG Gießen, Beschl. v. 29. 3. 2012 - 7 T 434/11

  • AG Bremen: Urteil vom 19.04.2012 - 9 C 0344/11

    Im Fall der Barzahlung des Schuldners an den vollstreckenden Gerichtsvollzieher ist in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitpunkt der Geldübergabe an das Vollstreckungsorgan und nicht auf den späteren Zeitpunkt der Weiterleitung bzw. der Gutschrift des Geldbetrages auf dem Konto des Zahlungsempfängers

  • AG Brandenburg: Urteil vom 25.04.2012 - 31 C 175/10

    Wenn zwei Mieter (hier: nichteheliche Lebensgemeinschaft) gemeinsam eine Wohnung anmieten und eine Mietekaution entrichten, fehlt ihnen nach Beendigung des Mietverhältnisses hinsichtlich der Rückzahlung der Mietkaution die Prozessführungsbefugnis, wenn während des bestehenden Mietvertagsverhältnisses über das Vermögen eines oder beider Mieter ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

  • AG Hamburg: Beschluss vom 04.04.2012 - 67g IN 74/12

    Das Insolvenzgericht kann im (herkömmlichen) vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren nicht den Schuldner, wohl aber den vorläufigen Sachwalter ermächtigen, Masseverbindlichkeiten zum Zwecke der Insolvenzgeldvorfinanzierung zu begründen, da das Gericht gem. § 270a I 2 InsO einen vorläufigen Sachwalter anstelle eines vorläufigen Insolvenzverwalters einsetzt. § 270b III InsO ist nur im Sonderfall des sog. Schutzschirmverfahrens anwendbar und aufgrund der Besonderheiten dieses Verfahrens (insbesondere: keine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bei Antragstellung) nicht analogiefähig.

  • LAG Baden-Württemberg: Beschluss vom 03.05.2012 - 5 Ta 3/12

    1. Für die Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts gemäß § 63 Abs. 2 GKG kommt es gemäß § 40 GKG ausschließlich auf den Zeitpunkt der Einleitung des Rechtszuges an.

    2. § 40 GKG wird jedoch für den Fall der Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter mit einer geänderten Klage auf Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle durch § 182 InsO verdrängt. In diesem Fall ist daher ein Stufenstreitwert zu bilden(Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts vor und ab der Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter mit unterschiedlicher Streitwerthöhe).

  • Zur Frage einer konkludenten Genehmigung bereits gebuchter Einzugsermächtigungslastschriften bei Zuführung neuer Liquidität durch den Schuldner.

    Zum Einwand der Deckungsanfechtung bei Genehmigung von Einzugsermächtigungslastschriften.

    BGH, Urt. v. 03.04.2012 - XI ZR 39/11

  • Ein uneigennütziger Treuhänder unterliegt der Vorsatzanfechtung, wenn er nach Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ihm überlassene Geldbeträge vereinbarungsgemäß an bestimmte, bevorzugt zu befriedigende Gläubiger des Schuldners weiterleitet.

    Ein uneigennütziger Treuhänder, der anfechtbar erlangte Gelder des Schuldners weisungsgemäß an dessen Gläubiger auszahlt, ist zum Wertersatz verpflichtet, ohne sich auf einen Wegfall der Bereicherung berufen zu können (Aufgabe von BGH, Urteil vom 9. Dezember 1993 - IX ZR 100/93, BGHZ 124, 298, 301 ff).

    BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11 -

  • BGH vom 19.04.2012, IX ZB 192/11, ohne Leitsatz

    Eine Verletzungshandlung muss vom Schuldner selbst aufgedeckt werden.

    Es stellt keine eigenständige Selbstoffenbarung dar, wenn der Schuldner lediglich aufgrund einer Nachfrage des Insolvenzverwalters die Auskünfte erteilt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • LG Saarbrücken: Beschluss vom 18.04.2012 - 5 T 203/12

    1. § 89 Abs. 3 Satz 1 InsO, findet auf das Restschuldbefreiungsverfahren keine Anwendung. Über eine Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) gegen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, die nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, aber vor dem Abschluss des Restschuldbefreiungsverfahrens eingelegt wird, entscheidet nicht das Insolvenzgericht, sondern das Vollstreckungsgericht.

    2. Während der Laufzeit des Restschuldbefreiungsverfahrens ist die Zwangsvollstreckung auch dann durch § 294 Abs. 1 InsO untersagt, wenn die ihr zugrunde liegende Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung stammt, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begangen worden ist.

  • AG Hagen: Beschluss vom 14.02.2012 - 10 C 491/2011

    Der Insolvenzverwalter hat klar und verständlich spätestens zum Prüfungsstichtag anzugeben, wenn er die angemeldete Forderung nur unter dem Vorbehalt der näheren Prüfung "vorläufig bestreiten" will; vier Monate nach der Anmeldung hat der Gläubiger mit einem solchen Vorbehalt nicht zu rechnen.

  • Dem Pfändungsschutz nach § ZPO § 850b Abs. ZPO § 850B Absatz 1 Nr. 4 ZPO unterliegen auch Ansprüche des Schuldners gegen seinen privaten Krankenversicherer, die auf Erstattung von Kosten für ärztliche Behandlungsmaßnahmen im Krankheitsfall gerichtet sind.


    Ist eine Hauptleistung aus einem gegenseitigen Vertrag wegen Unpfändbarkeit insolvenzfrei, fehlt es an den Voraussetzungen des § INSO § 103 InsO. Weder unterliegt die Forderung gegen den privaten Krankenversicherer dem Insolvenzbeschlag noch ist der Insolvenzverwalter anstelle des VN Schuldner der VersPrämie.

    LG Dortmund, Urteil vom 19. 1. 2012 - 2 O 449/10

  • Macht der Insolvenzschuldner geltend, Steuerbescheide seien unter Verletzung des § 87 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an ihn zugestellt worden, macht er keinen Anspruch hinsichtlich des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens geltend; er rügt vielmehr nur die mangelnde Einhaltung der Regelungen der InsO. Es ist ernstlich zweifelhaft, dass der Schuldner in einem solchen Fall keine Befugnis haben soll, die Bescheide anzufechten und Anfechtungsklage bzw. Nichtigkeitsklage gem. § 41 Abs. 2 Satz 2 FGO zu erheben.

    BFH, Beschl. v. 31. 1. 2012 - I S 15/11

  • 1. Im Schutzschirmverfahren, § 270b InsO, ist eine Einzelermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten zu Gunsten des Schuldners zu erteilen.

    2. Ist Eigenverwaltung beantragt, ohne dass ein Antrag nach § 270b InsO vorliegt, so ist die Einzelermächtigung ebenfalls zu Gunsten des Schuldners zu erteilen. In diesem Fall ist zu prüfen, ob die Begründung der Masseverbindlichkeiten unter den Vorbehalt der Zustimmung des vorläufigen Sachwalters nach § 275 Abs. 1 Satz 1 InsO zu stellen ist.

    AG Köln, Beschl. v. 26. 3. 2012 - 73 IN 125/12

  • 1. Für die Annahmefähigkeit eines unter Abwesenden gemachten Vertragsangebotes kann es darauf ankommen, welches Verhalten der Angebotsempfänger vor seiner Annahmeerklärung gezeigt hat (§ 147 Abs. 2 BGB).

    2. Dreiseitige Verträge zwischen den Parteien eines Arbeitsverhältnisses und einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft können in Anbetracht eines anschließenden Betriebsübergangs wirksam sein, wenn sie auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet sind.

    3. Dagegen wird § 613a BGB umgangen, wenn zugleich ein anderes, neues Arbeitsverhältnis vereinbart oder zumindest verbindlich in Aussicht gestellt wird.

    4. "Verbindlich" ist die Vertragsaussicht dann, wenn ein Losentscheid für die Auswahl der Arbeitnehmer gelten soll, die einen solchen neuen Arbeitsvertrag erhalten. Insoweit hat sich der nachfolgende Betriebsinhaber seinerseits dem Losverfahren verbindlich unterworfen.

    5. Ein Aufhebungsvertrag ist nur dann in Anbetracht eines nachfolgenden Betriebsübergangs wirksam, wenn er auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet ist. Das ist nicht der Fall, wenn ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Betriebserwerber gleichzeitig verbindlich in Aussicht gestellt worden war.

    BAG, Urt. v. 18. 8. 2011 - 8 AZR 312/10

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