Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Das Arbeiten des Schuldners, wodurch er Forderungen gegen seine Auftraggeber erwirbt, ist Rechtshandlung i.S.v. § 133 InsO und kann - auch wenn eine Pfändung solcher zukünftiger, aber noch werthaltig zu machender Ansprüche anfechtungsfest ist - mit der Folge der Rückzahlungspflicht angefochten werden.

    OLG Frankfurt/M., Urt. v. 31. 8. 2013 - 19 U 80/13

  • 1.
    Die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB, dass demjenigen, für den im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, das Recht auch zusteht, gilt auch für das Grundbuchamt. Ein eingetragenes Recht ist deshalb als bestehend und der eingetragene Berechtigte als der verfügungsberechtigter Inhaber des Rechts anzusehen, solange diese Vermutung nicht durch den vollen Beweis ihres Gegenteils widerlegt ist.
    2.
    Ein Eintragungsantrag kann nur dann mit der Begründung abgelehnt werden, das Grundbuchamt dürfe nicht sehenden Auges an einem gutgläubigen Rechtserwerb mitwirken, wenn die Vermutung des § 891 BGB widerlegt ist und feststeht, dass das Grundbuch unrichtig ist. Auch die erwiesene Grundbuchunrichtigkeit steht der Eintragung aber nicht entgegen, wenn ein gutgläubiger Erwerb wegen eines eingetragenen Widerspruchs gemäß § 892 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ausgeschlossen ist.
    3.
    Der gute Glaube des Erwerbers im Sinne des § 892 Abs. 1 BGB muss grundsätzlich noch bei Vollendung des Rechtserwerbs vorliegen. Die Eintragung eines Widerspruchs hindert einen gutgläubigen Erwerb nach § 892 Abs. 1 BGB deshalb auch dann, wenn sie zwar nach Eingang des Eintragungsantrages, aber noch vor Eintragung der Rechtsänderung erfolgt; § 892 Abs. 2 BGB ist insoweit nicht entsprechend anwendbar.
    OLG Köln, Beschl. v. 22. 5. 2013 - 2 Wx 94-97/13 und 2 Wx 109-112/13

  • Beachtet ein Drittschuldner das an einer Forderung bestehende und außerhalb des Dreimonatszeitraums begründete Pfändungspfandrecht nicht, so läuft dieses leer. Für die Entstehung des neuen Pfändungspfandrechts ist auf den Zeitpunkt der Entstehung eines neues Guthabens auf dem Konto innerhalb des Dreimonatszeitraums abzustellen.

    LG Berlin, Urt. v. 14. 11. 2012 - 50 S 25/12

  • Im Rahmen der Wertfestsetzung nach § 58 Abs. 2 GKG ist der wirtschaftliche Wert des Unternehmens zugrunde zu legen, sodass von den Betriebseinnahmen die fortführungsbedingten Betriebsausgaben abzusetzen sind. Der kostenrechtliche Wert der Insolvenzmasse nach § 58 Abs. 1 GKG ist schon von seiner Zweckbestimmung nicht mit der Definition der Insolvenzmasse in §§ 35 - 37 InsO gleichzusetzen.

    OLG Dresden, Beschl. v. 26. 8. 2013 - 3 W 739/13

  • 1. Es ist unerheblich, ob der Antragsteller eines Insolvenzeröffnungsverfahrens bei Antragstellung erklärt, nicht bereit zu sein, die Kosten des Verfahrens zu tragen.
    2. Stellt er einen Antrag, so hat er im Fall der Antragsrücknahme die Kosten des Verfahrens zu tragen.

    AG Köln, Beschl. v. 15. 7. 2013 - 73 IN 180/13

  • Pressemitteilung zu V ZR 209/12 vom 13.09.2013, eigener Leitsatz:

    Das Vorrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft für Hausgeldrückstände in der Zwangsversteigerung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) führt nicht dazu, dass ein Erwerber von Wohnungseigentum für die Hausgeldschulden des Voreigentümers haftet.
    Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG begründet kein dingliches Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Erwerber.

    jetzt ist es raus:


    Das in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG enthaltene Vorrecht begründet kein dingliches Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

    2 Mal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (1. Oktober 2013 um 09:34)

  • OLG Frankfurt/M., Urt. v. 13. 8. 2013 – 15 U 8/12
    § 35 Abs. 1 Fall 2. InsO setzt für die Frage der Massezugehörigkeit einer Sache nicht zwingend voraus, dass der Insolvenzschuldner Eigentümer der betreffenden Sache ist

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (27. September 2013 um 12:01)

  • 1. Der Treuhänder (Verwalter) ist weder verpflichtet noch berechtigt, für einen abhängig beschäftigten Insolvenzschuldner die Lohn- oder Einkommensteuer abzugeben.

    2. Deshalb kann das Insolvenzgericht den Schuldner auch nicht auffordern, die zur Erstellung der Steuererklärung benötigten Dokumente an den Treuhänder (Verwalter) auszuhändigen.

    3. Bei abhängig beschäftigten Insolvenzschuldnern ist allein der Insolvenzschuldner zur Abgabe der Steuererklärung berechtigt und verpflichtet. (Leitsätze des Gerichts)

    AG Bochum, Beschluss vom 09.09.2013 - 88 IK 913/11, BeckRS 2013, 16651

  • BGH vom 30.09.2013, IX ZA 17/12, ohne Leitsatz:

    Behauptetet der Gläubiger eine Vorsatztat, ist die schlüssige Darlegung des Lebenssachverhalts notwendig, aus dem sich der Zahlungsanspruch und der deliktischen Haftungsgrund herleitet.

    Dem Vorwurf "hinterzogener Arbeitnehmeranteile" hat das Berufungsgericht den Tatsachenkern entnommen, dass die vom Schuldner geleitete GmbH im ersten Quartal 2001 noch über genügend Zahlungsmittel verfügt haben soll, um unter Zurückstellung anderer Leistungen die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung an die Klägerin abführen zu können, während sie ihr tatsächlich vorenthalten worden sind.

    Dieser Vortrag genügt dem Anmeldungszweck, dem Insolvenzverwalter und dem Schuldner die Prüfung von Forderung und Schuldgrund zu ermöglichen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH vom 19.09.2013, IX ZB 122/11, ohne Leitsatz:

    Die Anzahl der Anfechtungsgegner oder auch eine Vielzahl von anfechtbaren Zahlungsvorgängen (mehr als 10) begründet allein keinen Zuschlagstatbestand. Maßgeblich ist ist ob die Ermittlung und Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen den Insolvenzverwalter stärker oder schwächer als in entsprechenden Insolvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen hat, was eine Frage des Einzelfalls ist und nicht zuletzt vom Zuschnitt des jeweiligen Verfahrens abhängt.

    Soweit ein Zuschlag bejaht wird, ist weiterhin zu prüfen, ob bereits durch die erfolgreiche Verfolgung von Anfechtungsansprüchen und der damit einhergehenden Erhöhung der Berechnungsgrundlage der Aufwand abgegolten ist (Vergleichsrechnng gem. IX ZB 162/11).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die mit dem Insolvenzplan bewirkte (teilweise) Befreiung der Schuldnerin von ihrer Steuerschuld führt nicht zu einem Erlöschen der Steuerforderung i.S.d. § 47 AO. Sie berührt nicht den Bestand der Forderungen als solchen, sondern nur deren Durchsetzbarkeit. Sie ist kein "Erlass" und steht deshalb der Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners nicht nach § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AO entgegen.

    BFH, Beschl. v. 15. 5. 2013 - VII R 2/12

  • 1.Die Neugläubiger haben bei Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht einen Anspruch gegen den Geschäftsführer auf Ausgleich des Schadens, der ihnen dadurch entsteht, dass sie in Rechtsbeziehungen zu einer überschuldeten oder zahlungsunfähigen Gesellschaft getreten sind. Das Verbot der Insolvenzverschleppung dient nicht nur der Erhaltung des Gesellschaftsvermögens, sondern hat auch den Zweck, konkursreife Gesellschaften mit beschränktem Haftungsfonds vom Geschäftsverkehr fernzuhalten, damit durch diese nicht Gläubiger geschädigt oder gefährdet werden.

    2.Auszugleichen ist lediglich das negative Interesse, z.B. in Form von Waren- und Lohnkosten, die der Neugläubiger wegen des Vertragsschlusses mit dem Schuldner aufgewendet hat.

    3.Ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) kann einem Neugläubiger nur dann zustehen, wenn ihm wegen des Vertragsschlusses mit der insolventen Gesellschaft ein Gewinn entgangen ist, den er ohne diesen anderweitig hätte erzielen können.

    OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6. 3. 2013 - I-24 U 204/12

  • Hat der Insolvenzverwalter einer Lastschriftbuchung, die im Verfahren nach dem Abkommen über den Lastschriftverkehr (LSO) vor Insolvenzeröffnung eingelöst worden war, widersprochen und ist ihm daraufhin der Betrag von der Schuldnerbank wieder gutgeschrieben worden, so kann die Gläubigerin selbst dann, wenn die Lastschriftbuchung vor Insolvenzeröffnung bereits konkludent genehmigt worden war, vom Insolvenzverwalter nicht die Rückzahlung des Betrages aus ungerechtfertigter Bereicherung verlangen. Der Gläubiger muss sich vielmehr mit einem Anspruch auf Wiedergutschrift an seine Bank halten.

    OLG Frankfurt/M., Urt. v. 23. 1. 2013 - 4 U 62/12

  • Setzt die Schuldnerbank als Zahlstelle die Erledigung von Aufträgen des Schuldners lediglich zahlungstechnisch um, kommt eine Vorsatzanfechtung ihr gegenüber auch bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners regelmäßig nicht in Betracht, weil es sich bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs durch ein Kreditinstitut um alltägliche Geschäftsvorgänge handelt, denen ein Wille des Überweisenden, seine Gläubiger zu benachteiligen, für die Bank regelmäßig nicht zu entnehmen ist.

    OLG Stuttgart, Urt. v. 12. 6. 2013 - 9 U 37/13

  • Allein die Tatsache, dass die Insolvenzschuldnerin fällige Forderungen per Raten ausgleicht, ist kein ausreichendes Indiz dafür, dass die Empfängerin von der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Gläubigerbenachteiligungsabsicht wusste. Der Grund für die Ratenzahlungen muss nicht zwingend eine Zahlungsunfähigkeit sein, sondern kann auch in dem Geschäftsgebaren der Insolvenzschuldnerin liegen.

    LG Mannheim, Urt. v. 21. 6. 2013 - 8 O 334/12

  • Die Bildung einer separierten Insolvenzmasse für den Sonderverwalter ist - wie die Sonderverwaltung selbst - gesetzlich nicht vorgesehen. Daher gibt es auch keine Vorschrift, die besagt, dass ein Beschluss über die Bildung einer Sonderinsolvenzmasse anfechtbar sei.

    LG Stendal, Beschl. v. 16. 8. 2013 - 25 T 133/13

  • Die Vermutung für die Angemessenheit einer in der Wohlverhaltensphase ausgeübten Erwerbstätigkeit, bezieht sich nicht auf den Fall, dass der Schuldner bereits während des Laufes des Insolvenzverfahrens eine gegenüber der vorherigen Tätigkeit schlechter bezahltes Arbeitsverhältnis fortführt, wenn er dies erst unmittelbar vor Antragstellung aufgenommen hat.

    LG Freiburg, Beschl. v. 9. 4. 2013 - 3 T 30/13

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