1.Der Begriff "unerlaubte Handlung oder eine Handlung, dieeiner unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchenHandlung" in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung undVollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahinauszulegen, dass er Klagen wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht,erfasst, die von einem Gläubiger einer Aktiengesellschaft erhoben werden, umzum einen ein Mitglied des Verwaltungsrats dieser Gesellschaft und zum andereneinen Anteilseigner der Gesellschaft für deren Verbindlichkeiten haftbar zumachen, weil sie es zugelassen haben, dass die Gesellschaft ihrenGeschäftsbetrieb weiterführt, obwohl sie unterkapitalisiert war und einemLiquidationsverfahren unterworfen werden musste.
2.Der Begriff "Ort, an dem das schädigende Ereigniseingetreten ist oder einzutreten droht" in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr.44/2001 ist dahin auszulegen, dass dieser Ort bei Klagen, mit denen einMitglied des Verwaltungsrats und ein Anteilseigner einer Aktiengesellschaft fürderen Verbindlichkeiten haftbar gemacht werden sollen, an dem Ort belegen ist,an dem der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft und die damit verbundenefinanzielle Lage anknüpfen.
3.Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ist es fürdie Bestimmung des nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 zuständigenGerichts ohne Bedeutung, dass die fragliche Forderung vom ursprünglichenForderungsinhaber abgetreten wurde.
EuGH, Urt. v. 18. 7. 2013 - Rs. C-147/12
Rechtsprechungshinweise Insolvenz
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Die Anforderungen an die Überzeugungsbildung zur vollzogenenEinzahlung einer Stammeinlage bestimmen sich nach § 286 Abs. 1 ZPO. Die Vorlagevon Jahresabschlüssen mit Wiedergabe der Stammeinlage reicht für eine Bewertungder dahinter notwendigen Zahlungsvorgänge zumindest dann nicht aus, wenn nichtdie mit der Herstellung des Abschlusses betrauten Steuerberater oderWirtschaftsprüfer die Erfüllung der Einlagepflicht geprüft haben bzw. darlegen,welche Unterlagen sie für ausreichend erachtet haben.
OLG Jena, Beschl. v. 9. 4. 2013 - 2 U 905/12 -
Die Eröffnung eines Zweitinsolvenzverfahrens nach Freigabeeiner selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass eine Gläubigerbefriedigungmöglich ist. Sind nicht einmal die Verfahrenskosten gedeckt, kommt auch eineEröffnung auf Stundungsbasis nicht in Betracht.
AG Wetzlar, Beschl. v. 7. 11. 2013 - 3 IN 172/13 -
BGH, Urteil vom 19. November 2013 - II ZR 229/11
Hat der Insolvenzverwalter durch Vorlage einer Handelsbilanz und den Vortrag, dass keine stillen Reserven sowie aus der Bilanz nicht ersichtlichen Vermögenswerte vorhanden sind, die Überschuldung einer GmbH dargelegt, genügt der wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch genommene Geschäftsführer seiner sekundären Darlegungslast nicht, wenn er lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte behauptet. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat vielmehr substantiiert zu etwaigen stillen Reserven oder in der Bilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen.
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OLG Karlsruhe vom 12.08.2013 - 9 U 55/13
1. Ein vom Insolvenzverwalter abgeschlossener Vergleich kann unwirksam sein, wenn er "insolvenzzweckwidrig" ist.2. Verzichtet der Insolvenzverwalter auf eine aus seiner Sicht eindeutig bestehende Forderung, ist dies nicht insolvenzzweckwidrig, wenn der Masse dadurch andere wirtschaftliche Vorteile zufließen, die der Insolvenzverwalter ohne den Forderungsverzicht nicht ohne weiteres hätte realisieren können.
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OLG Saarbrücken, 21.11.2013 - 4 U 377/12
1. Der Anspruchsübergang auf den Leistungsträger erfolgt mit der jeweiligen Zahlung, wenn diese kausal ist, d.h., wenn und soweit bei rechtzeitiger Leistung des Dritten die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wäre.
2. Einem Anspruchsübergang bei Leistung nach Insolvenzeröffnung steht § 91 Abs. 1 InsO entgegen.
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BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 93/11
In die Prognose, die bei der Prüfung drohender Zahlungsunfähigkeit vorzunehmen ist, sind auch Zahlungspflichten einzubeziehen, deren Fälligkeit im Prognosezeitraum nicht sicher, aber überwiegend wahrscheinlich ist.
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OLG Hamm vom 21.11.2013 - 18 U 145/12 -
1. Auf Mietzinsansprüche, die einer aus den Gesellschaftern der Insolvenzschuldnerin bestehenden Gesellschaft gegen die Insovenzschuldnerin gem. § 108 Abs. 1 S. 1 InsO zustehen, findet § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO keine Anwendung (insoweit wie Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. vom 13.01.2012, Az. 4 U 57/11).
2. Die Regelung des § 135 Abs. 3 S. 2 InsO kommt nur zur Anwendung, wenn der Vermieter einen Aussonderungsanspruch bezüglich des Mietobjekts geltend macht.
3. Vereinnahmen die Gesellschafter der späteren Insovenzschuldnerin bzw. eine aus ihnen bestehende Gesellschaft vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens innerhalb der Fristen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO Mietzinszahlungen, die nicht innerhalb vertraglich üblicher Fälligkeitsregelungen erfolgten oder nicht innerhalb der durch verkehrsübliche Gepflogenheiten bestimmten Fristen geltend gemacht wurden, so sind diese Zahlungen gem. § 135 Abs. 1 S. 2 InsO anfechtbar.
4. Wird das Mietverhältnis mit dem Insolvensschuldner erst nach Insolvenzeröffnung beendet, schuldet die Masse grundsätzlich nur die Übertragung des Besitzes an den Vermieter, nicht hingegen auch die Räumung gem. § 546 Abs. 1 BGB, so dass die Rückgabe des "ungeräumten" Besitzes nicht bereits den Tatbestand der Vorenthaltung im Sinne von § 546 a BGB erfüllt und daher auch keine Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 InsO begründet. Ein Nutzungsentschädigungsanspruch als Masseverbindlichkeit entsteht jedoch dann, wenn der Insovenzverwalter in dieser Funktion den vertragswidrigen Zustand (bezüglich der fehlenden Räumung) selbst zu verantworten hat (wie OLG Saarbrücken, Urt. vom 9.3.2006, Az. 8 U 119/05).
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BGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - IX ZR 127/11
Tritt ein Schuldner eine Forderung an den Gläubiger ab und soll sich der Gläubiger nach dem Willen der Parteien aus der abgetretenen Forderung befriedigen, handelt es sich im Allgemeinen um eine Leistung erfüllungshalber.
Erlangt der Gläubiger aus einer erfüllungshalber abgetretenen Forderung Befriedigung, handelt es sich um eine inkongruente Deckung, wenn die Abtretung ihrerseits anfechtbar ist.
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1.Ein Insolvenzverwalter kann von einem Gläubiger desInsolvenzschuldners verlangen, dass dieser der Löschung einer zu seinen Gunstenauf einem Grundstück des Schuldners eingetragenen nachrangigenZwangssicherungshypothek zustimmt, wenn das Grundstück durch vorrangigeGrundpfandrechte derart wertausschöpfend belastet ist, dass eine Verwertungoffensichtlich nicht zu einer auch nur teilweisen Befriedigung diesesGläubigers führen kann und das Grundstück nur durch die Löschungsbewilligung imInsolvenzverfahren wirtschaftlich sinnvoll verwertbar ist. Dies gilt auch dann,wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger keine rechtsgeschäftlichenBeziehungen bestehen.
2.Der Gläubiger kann die Erteilung der Löschungsbewilligungnicht von der Zahlung einer Lästigkeitsprämie abhängig machen.
OLG Nürnberg, Urt. v. 19. 11. 2013 - 4 U 994/13 -
Der zur Rückgewinnungshilfe angeordnete und vollzogenestrafprozessuale dingliche Arrest und die hierauf beruhenden Pfändungsmaßnahmensind auch unter Berücksichtigung der Vorschriften über den staatlichenAuffangrechtserwerb mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das arretierteVermögen aufzuheben (Festhalten an Senatsrechtsprechung, Beschl. v. 15.3.2013 -2 Ws 561/12, 2 Ws 590/12, NZG 2013, 952 = NZI 2013, 552 [OLG Nürnberg15.03.2013 - 2 Ws 561/12] = NZWiSt 2013, 297 = WM 2013, 1238 = ZInsO 2013, 882= ZWH 2013, 225; entgegen KG, Beschl. v. 10.6.2013 - 2 Ws 190/13; OLG Hamm,Beschl. v. 20.6.2013 - 2 Ws 80/13, ZInsO 2013, 1790).
OLG Nürnberg, Beschl. v. 8. 11. 2013 - 2 Ws 508/13 -
1.Der Insolvenzverwalter hat einen Anspruch auf Abgabe einerLöschungsbewilligung gegen den nachrangigen Grundpfandgläubiger, wenn dessenbeschränktes dingliches Recht wirtschaftlich wertlos ist.
2.Kann der Grundpfandgläubiger wegen wertausschöpfendervorrangiger Belastungen sein Absonderungsrecht nicht auch nur teilweiseverwirklichen, darf er die freihändige Verwertung durch den Insolvenzverwalternicht stören und muss daher sein beschränktes dingliches Recht aufgeben.
LG Leipzig, Urt. v. 27. 11. 2013 - 05 O 3032/12 -
Unterrichtet der Insolvenzverwalter die Agentur für Arbeit nur unvollständig über die in § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG genannten Kriterien, führtdies zur Unwirksamkeit einer nachfolgenden betriebsbedingten Kündigung.
LAG Düsseldorf, Urt. v. 26. 9. 2013 - 5 Sa 530/13
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1.Die Regelung des § 171 Abs. 2 InsO enthält eine Vermutung.Eine beachtliche erhebliche Abweichung setzt ein Über-/Unterschreiten der tatsächlichentstandenen und erforderlichen Verwertungskosten um 50 % voraus.
2.Die Darlegungs- und Beweislast trägt, wer sich auf dieAbweichung beruft.
AG Göttingen, Urt. v. 10. 12. 2013 - 21 C 55/13 -
1.Auch wenn ein Schuldner sich inStrafhaft befindet, ist er verpflichtet, genaue Angaben über seinen vor derInhaftierung erzielten Verdienst zu machen. 2.Teilt der Schuldner nur denBruttoverdienst mit, kann zur Ermittlung der Beeinträchtigung derGläubigerbefriedigung gem. § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO das Nettoeinkommengeschätzt werden. AG Göttingen, Beschl. v. 4. 11.2013 - 74 IK 314/09
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1.Erbringt der selbstständig tätige Schuldner eine monatlichzugesagte Zahlung an den Treuhänder nicht, liegt eine Beeinträchtigung derGläubigerbefriedigung gem. § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO vor. Es ist Aufgabe desSchuldners, im Rahmen der Widerlegung seines Verschuldens seine fehlendeLeistungsfähigkeit darzulegen.
2.Die Restschuldbefreiung kann gem. § 295 Abs. 2 InsO versagtbzw. die Stundung der Verfahrenskosten für die Wohlverhaltensperiode gem. § 4cNr. 5 InsO aufgehoben werden.
AG Göttingen, Beschl. v. 11. 12. 2013 - 74 IN 324/07 -
Nach Verfahrenseröffnung entstandene Forderungen (wieUnterhaltsrückstände) berechtigen nicht zur Stellung eines Versagungsantragesgem. §§ 290 ff. InsO.
AG Göttingen, Beschl. v. 12. 12. 2013 - 74 IN 105/12 -
AG Stuttgart, Beschluss vom 10.01.2014 - 3 IN 806/13
Die angemessene Höhe der Vergütung des "isolierten"Sachverständigen nach § 9 Abs. 1 JVEG i. d. F. des 2. KostRMoG vom 01.08.2013beträgt im Regelfall 105,00 €. -
Die Zahlung auf die Miete für ein Grundstück, welches einGesellschafter oder eine einem Gesellschafter gleichzustellende Person an dieGesellschaft vermietet hat, stellt nicht per se eine Befriedigung einergleichgestellten Forderung im Sinne von § 135 Abs. 1 InsO dar.
LG Freiburg, Urteil vom 07.01.2014 - 12 O 133/13, -
Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung,eingetragene Genossenschaften und rechtsfähige Vereine werden nicht von § 230Abs. 1 Satz 2 InsO erfasst.
LG Potsdam, Beschluss vom 14.11.2013 - 2 T 62/13, BeckRS 2014,00004 -
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